Pilotprojekt „Soldat in 20 Tagen“ – In Bayern schon Realität

Anfang des Jahres gab es, auch hier heftig debattiert, ein Papier des Reservistenverbandes mit dem Vorschlag, Ungediente im Schnellkurs zu Soldaten auszubilden – einschließlich Ausbildung an der Waffe. Die Absicht ist dabei, in zwanzig Ausbildungstagen Ungediente eine militärische Grundausbildung durchlaufen zu lassen, an deren Ende die Zertifizierung durch die Bundeswehr steht, hieß es in dem Konzept des Verbandes. Das Angebot sollte sich an Interessierte an einer militärischen Grundausbildung richten, die jedoch keinen Wehrdienst leisten wollten oder könnten.

Da es aus dem Verteidigungsministerium im Januar dazu hieß, das müsse noch zwischen Reservistenverband und Bundeswehr konkretisiert werden, habe ich das erst mal ins Archiv gepackt und nicht weiter verfolgt. Bis mich jetzt ein Bericht der Augsburger Allgemeinen* hellhörig machte:

Seit der Abschaffung der Wehrpflicht ebbt der Zustrom an Reservisten ab. Diese sollen nun über die neue Form einer verkürzten Grundausbildung gewonnen werden. Dabei ist an keine Vorbereitung für einen Gefechtseinsatz gedacht, vielmehr sind die Absolventen schwerpunktmäßig für Wach- und Sicherungsdienste ausgebildet. Dazu gehört auch der Umgang mit Schusswaffen.

Mit anderen Worten: Das Projekt, Ungediente in 20 Tagen, über einen längeren Zeitraum verteilt, zu Reserve-Soldaten auszubilden, läuft schon – hab‘ ich das verpasst?

Am Freitagnachmittag ist das so einfach nicht zu klären, aber es ergibt sich folgendes Bild: Der Reservistenverband und der für Reservistenangelegenheiten zuständige stellvertretende Generalinspekteur Vizeadmiral Joachim Rühle haben sich auf ein Konzept Ausbildung Ungedienter im VdRBw verständigt. Dazu soll es als erstes einen Pilotversuch in Berlin geben, in dem die 20-tägige Ausbildung auf etwa zwölf Wochenenden verteilt wird. 25 weitere Piloten sind geplant.

Hintergrund ist ein Fehl von rund 5.000 Mannschaftsdienstgraden der Reserve, die vor allem für Wach- und Sicherungsaufgaben zur Verfügung stehen könnten. Die Ausbildung soll im Schwerpunkt durch den Reservistenverband erfolgen; die Waffen- und Schießausbildung bleibt aber Aufgabe der Bundeswehr. Rechtliche Hemmnisse sieht das Verteidigungsministerium nicht, nur: Keine Auslagerung von staatlichen Maßnahmen und Sicherheitsüberprüfungsgesetz im Sinn beachten, heißt es aus der Abteilung Führung Streitkräfte (zu dem Punkt mehr unten).

Aber während noch über Pilotversuche und ähnliches geredet wird, hat die Bundeswehr in Bayern längst Fakten geschaffen. Über den obigen Bericht der Augsburger Allgemeinen fand ich dann auch auf der Facebook-Seite der Bundeswehr in Bayern das Video dazu:

Die nächste Info-Veranstaltung dazu ist auch für den 11. November schon angekündigt:

Wollt Ihr Euch wie Kathi und ihre Kameraden als Reservist bei der Bundeswehr engagieren, obwohl ihr keinen Wehrdienst geleistet habt? Dann ist die AGA Ungediente das Richtige für euch. Auch 2018 gibt es wieder die Möglichkeit, an der in Module gegliederten AGA teilzunehmen. Die Informationsveranstaltung des Regionalstabes Süd gibt euch einen Überblick darüber, was euch erwartet und wie ihr euch als Ungediente bei uns engagieren könnt.

Den offiziellen Flyer dazu gibt es hier.

(Nachtrag: Der offizielle Flyer wurde von der Webseite entfernt; die Gründe kenne ich nicht.)

Nachtrag 2: an anderen Stellen ist er im Netz zu finden (wurde vielleicht ja nur verschoben….), nämlich hier und hier. Aber vorsorglich hab‘ ich die Datei mal gesichert:

20171029_Bw_Bayern_Ungediente

Interessant sind daran zwei Dinge: Zum einen gibt es in Bayern etwas, was im Rest der Republik noch nicht so angekommen scheint – aus welchen (rechtlichen?) Gründen auch immer.

Zum anderen fällt auf: Auch wenn das Ministerium mahnt, Sicherheitsüberprüfungsgesetz im Sinn beachten, zeigt sich da, militärisch gesprochen, ein Delta. Denn erst in diesem Jahr hat der Bundestag auf Betreiben der Bundeswehr als neue gesetzliche Regelung eingeführt, dass jeder Bewerber für den Dienst in den Streitkräften vor der Ausbildung an Kriegswaffen vom Militärischen Abschirmdienst überprüft werden soll, bei den seit Juli vorgenommenen Routine-Überprüfungen wurden bislang keine Extremisten ausgemacht. Aber gilt diese Regelung auch für die Ungedienten mit Schnellkurs? Oder was bedeutet das im Sinn beachten?

Da gibt’s also noch ein paar Fragen zu klären; sicherlich aber nicht mehr an diesem Wochenende.

*Deutsche Verlagswebseiten werden hier in der Regel aus bekannten Gründen nicht verlinkt; in diesem Fall scheint mir aus inhaltlichen Gründen eine Ausnahme angezeigt.

(Archivbild 2013: Schiessausbildung der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskompanien – Reservistenverband/Dennis Hallac)