„Keine gesicherten Erkenntnisse“ für kurdischen Einsatz deutscher Waffen gegen Irakis (Nachtrag: BPK)

Peshmerga_G36_campbell_kl

Das Bundesverteidigungsministerium hat bislang keine gesicherten Erkenntnisse dafür, das kurdische Peshmerga-Kämpfer von Deutschland gelieferte Waffen in Auseinandersetzungen mit der irakischen Zentralregierung eingesetzt hätten. Medienberichte über irakische Soldaten, die mit diesen deutschen Waffen getötet worden sein sollen, hätten sich bei den bisherigen Nachforschungen nicht bestätigt, sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff am (heutigen) Montag vor der Bundespressekonferenz.

Flosdorff verwies darauf, dass die kurdische Autonomieregierung schon bisher Hinweisen auf abhanden gekommene Waffen aus deutscher Lieferung nachgegangen sei und es keinen Grund gebe, an der Vertragstreue der Regierung in Erbil zu zweifeln. Die Bundeswehr hatte den kurdischen Peshmerga-Kämpfern für den Kampf gegen ISIS mehrere zehntausend Sturmgewehre der Typen G3 und G36 samt Munition, Panzerfäuste und Milan-Panzerabwehrlenkraketen geliefert. Dabei hatte sich die kurdische Regierung verpflichtet, diese Waffen ausschließlich für den Kampf gegen ISIS zu nutzen. Bei einer Teillieferung zum Beispiel hatten Probleme mit dieser Zusage der Kurden die Lieferung verzögert.

Das kann in der derzeitigen Lage im Nordirak nur ein Zwischenstand sein; weiter dann nach Entwicklung.

Die Bundeswehr hatte erst am (gestrigen) Sonntag nach Unterbrechung die Ausbildung von Peshmerga im Nordirak wieder aufgenommen, die wegen der Auseinandersetzungen zwischen Kurden und der irakischen Regierung nach einem kurdischen Unabhängigkeits-Referendum unterbrochen worden waren.

Nachtrag: Hier in voller Länge das Transkript der Aussagen dazu in der Bundespressekonferenz, von Flosdorff, von Beate Baron vom für Waffenexporte grundsätzlich zuständigen Bundeswirtschaftsministerium und von Maria Adebahr vom Auswärtigen Amt:

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Flosdorff, und zwar zum Auslandseinsatz im Nordirak. Nach der Aussetzung wurde die Ausbildung jetzt wieder aufgenommen. Ich wüsste von Ihnen gern, was sich im Vergleich zum Ende der vergangenen Woche an der Lage so grundlegend geändert hat, dass man jetzt wieder ausbildet und warum das keine, so möchte ich sagen, Zickzackbewegung dieses Einsatzes ist.

Dann würde mich in diesem Zusammenhang noch Folgendes interessieren: In den Bundestagsdebatten zur letzten Verlängerung im Januar gab es vonseiten der Grünen und sicherlich auch von anderen Bedenken in Bezug auf die Endverbleibskontrolle von Waffen. Da jetzt wieder Meldungen die Runde machen, dass diese Waffen im innerirakischen Konflikt eingesetzt werden, will ich fragen: Wie stellen Sie sicher, dass die Waffen, die Sie geliefert haben, nicht zweckentfremdet werden?

Flosdorff: Vielen Dank für die Frage. – Wenn Sie im Protokoll noch einmal genau nachschauen, dann werden Sie sehen, dass ich am Freitag der vergangenen Woche schon gesagt habe, dass sich die Lage weiter beruhigt hatte. Die Ministerin hatte sowohl mit dem irakischen Regierungschef al-Abadi als auch mit dem Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan, Herrn Barzanî, telefoniert. Sie hatte mit ihrem amerikanischen Amtskollegen gesprochen. Die große Richtung war, dass alle an einem Strang ziehen wollen, um die Lage weiter zu beruhigen, die Interessenkonflikte auf friedlichem Wege beizulegen, wieder an den Verhandlungstisch zu kommen und es nicht in gewaltsame Konflikte größeren Ausmaßes ausarten zu lassen.

Am vergangenen Freitag gab es in geringerem Umfang noch einmal Gefechte; das ist richtig. Vorweg: Wir haben keine Anzeichen dafür, dass dort zum Beispiel, wie in Medien berichtet, Panzerabwehrraketen vom Typ MILAN zum Einsatz gekommen sind. Es ist möglich, dass sich dort Kräfte vonseiten der Peschmerga aufgehalten haben, die über deutsche Gewehre verfügten. Ich verweise aber auch darauf, dass es im Raum Kirkuk durchaus noch die Präsenz von IS-Kräften gibt.

Im Großen und Ganzen konsolidiert sich die Lage im Nordirak. Das hat uns dazu bewogen, am vergangenen Sonntag die Ausbildung wieder aufzunehmen. Dabei handelt es sich um wöchentliche Module, die immer sonntags beginnen. Wir haben sie also für eine Woche ausgesetzt. Aktuell sind wieder 400 Peschmerga in der Ausbildung. Dabei geht es vornehmlich um Minenräumung und ABC-Abwehr.

Ich verweise auch darauf, dass Deutschland dort nicht allein aktiv ist oder allein ausbildet, sondern dass wir dort ein sehr wichtiges Element in einem Verbund von Alliierten sind, die diese Ausbildung gemeinsam stemmen. Deutschland stellt unverzichtbare Beiträge dazu.

Wenn Sie darauf verweisen, dass es jetzt eine Revision dieses Auslandsengagements gibt, dann ist das richtig. Deswegen haben wir das Mandat im Kabinett erst einmal um drei Monate verlängert, sodass Gelegenheit besteht, sich über die weitere Ausrichtung in Ruhe Gedanken zu machen.

Zusatzfrage: Eine Nachfrage zur Endverbleibskontrolle: Können Sie beschreiben, welche Sicherungen Sie eingezogen haben, damit das nicht schieflaufen kann?

Flosdorff: Ich als Vertreter des Verteidigungsministeriums bin für das Thema der Endverbleibskontrolle nicht zuständig. Wir hatten das Thema hier öfter. Wir haben Zusicherungen vonseiten der Peschmerga, dass die von Deutschland gelieferten Ausrüstungsgegenstände dort ausschließlich im Kampf gegen den IS benutzt werden.

Zusatzfrage: Kann das Wirtschaftsministerium dazu ergänzen?

Baron: Ich kann noch einmal darauf verweisen, dass es sich um Fälle von Bundeswehrabgaben handelt und nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz damit das Bundesverteidigungsministerium die zuständige Behörde ist. Grundsätzlich gilt, dass die Endverbleibserklärung natürlich bei jeder Exportgenehmigung eingeholt werden und die Nachweisführung erfolgen muss. Die Details liegen bei dieser Genehmigung aber beim Bundesverteidigungsministerium.

Frage: Herr Flosdorff, wir haben das Thema des Einsatzes deutscher Waffen in der vergangenen Woche erörtert. Sie hatten vergangenen Freitag noch einmal gesagt, es gebe keine Erkenntnisse darüber, dass von den Peschmerga deutsche Waffen gegen Regierungstruppen eingesetzt worden seien. Nun habe ich Sie vorhin so verstanden, dass Sie sagten, in dem Gebiet seien ja auch IS-Kräfte unterwegs. Wollen Sie damit andeuten, dass möglicherweise diese IS-Kräfte solche deutschen Panzerabwehrwaffen einsetzten? Wie gehen Sie solchen Berichten nach? Offensichtlich sind Regierungssoldaten durch Einsatz deutscher Waffen getötet worden. Nur zu sagen: „Wir haben ein Versprechen der Peschmerga“, kann in dieser Situation doch nicht ausreichen.

Flosdorff: Ich möchte an dieser Stelle erst einmal feststellen, dass es keine gesicherten Erkenntnisse darüber gibt, ob Regierungssoldaten der irakischen Armee durch deutsche Waffen zu Tode gekommen sind.

Es hat auch Nachforschungen gegeben. Wir beobachten die Lage sehr genau. Wir lassen uns auch ständig unterrichten. Wenn Sie genau in die Meldungen hineinschauen, dann sehen Sie, dass es hier Medienberichterstattung über Medienberichterstattung ist und dass es sich noch lange nicht um irgendwelche amtlich bestätigten Quellen handelt. Trotzdem nehmen wir das sehr ernst. Wir gehen allen Meldungen und Hinweisen nach auf den Wegen, die wir haben – also zum einen in Zusammenarbeit mit der Regionalregierung in Erbil, aber zum anderen sprechen wir natürlich auch mit der Zentralregierung im Irak -, und versuchen immer zu verifizieren, was an der Medienberichterstattung dran ist. Wir haben das in den vergangenen zwei Jahren hier ja häufiger gehabt. Ich erinnere mich sehr gut. Da tauchen Fotos und Filme auf. Hinterher stellt man fest, dass diese Bilder zu einem ganz anderen Zeitpunkt an einem ganz anderen Ort aufgenommen wurden. Man muss sich immer die Zeit nehmen, um genau zu verifizieren, was tatsächlich geschehen ist.

Es stimmt, Deutschland hat in sehr großem Umfang Waffen an die kurdische Autonomieregierung geliefert. Diese hat sie höchst erfolgreich im Kampf gegen den IS im Nordirak eingesetzt, Millionen eigener Bürger dort Schutz geboten und den IS zurückgedrängt. Sie haben dort auch Millionen Flüchtlingen Schutz geboten. Sie sind bisher auch allen Anfragen aus Deutschland, wenn es zu Verlusten von Waffen gekommen ist, penibel nachgegangen und haben Berichte abgeliefert. Auch dieses Thema hatten wir schon häufig hier in der Bundespressekonferenz.

Wir haben bisher keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass sich die kurdische Regionalregierung in toto hierbei vertragstreu verhält. Im Gegenteil, das wurde auch von kurdischer Seite immer ernst genommen. Insofern bitte ich um Verständnis, dass man nicht ungeprüft Dinge übernimmt, sondern dass man sich die Zeit nimmt, abzuwarten, was dabei herauskommt.

Wir können hier nur sagen: Wir beobachten die aktuelle Situation sehr genau. Wir lassen uns unterrichten. Wir gehen den Meldungen nach. Wir werden von Tag zu Tag und auch von Woche zu Woche entscheiden, wie man die Situation neu bewertet. Wir haben auch eine Phase vor uns, in der die Mandate noch einmal im Bundestag besprochen werden und in der es vielleicht neue Regierungskonstellationen gibt, die ebenfalls eigene Bewertungen vornehmen. Das ist durch die Kabinettsbeschlüsse, die wir vergangene Woche hier schon besprochen haben, auch schon angelegt. So wird es weitergehen.

Zusatzfrage: Können Sie uns zusagen, dass Sie proaktiv über mögliche neue Erkenntnisse, was den Verbleib und den Einsatz dieser Waffen angeht, berichten?

Flosdorff: Wenn es gesicherte Erkenntnisse gibt, die auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – ich kann Ihnen jetzt nicht sagen, aus welchen Quellen sie alle kommen können -, dann werde ich hier sicherlich gern darüber Auskunft geben. Ansonsten wird das in den zuständigen Gremien verhandelt.

Frage: Herr Flosdorff, da Ihr Haus ja für den Endverbleib zuständig ist, interessiert mich, was eigentlich dann passiert, wenn Sie irgendwann einmal über gesicherte Erkenntnisse verfügen sollten, dass deutsche Waffen ordnungswidrig eingesetzt wurden. Sagt die Ministerin dann: „Ihr müsst die Waffen alle wieder zurückgeben“, oder gibt es eine Konventionalstrafe oder einen Brief mit einer Rüge bei rechtswidrigem Einsatz gelieferter deutscher Waffen? Was fordert das Verteidigungsministerium?

Flosdorff: Wir hatten so etwas in der Vergangenheit ja schon einmal. Es gab Berichte. Die kurdische Regionalregierung wurde dann durch die Kollegen vom Auswärtigen Amt und uns aufgefordert, den Berichten nachzugehen und zu prüfen, welche Waffen verloren gegangen sind und was von dem, was Deutschland geliefert hat, noch da ist. Das ist in einem peniblen Bericht sowohl im Auswärtigen Amt als auch bei uns zur Zufriedenheit aller vorgestellt worden.

Ansonsten gilt, dass Zuständigkeiten in der Bundesregierung sicherlich nicht hier live in der Bundespressekonferenz hin und her geschoben werden, sondern es gibt bewährte Regeln, die auch schriftlich festgelegt sind.

Zusatzfrage: Dann muss ich aber einmal nachfragen: Erzählen Sie in Sachen Endverbleibsklausel jetzt falsches Zeug oder das Wirtschaftsministerium, oder habe ich nur falsch verstanden, dass das Wirtschaftsministerium gerade gesagt hat, das Verteidigungsministerium sei zuständig, und dass das Verteidigungsministerium sagt, das Wirtschaftsministerium sei zuständig?

Flosdorff: Ich habe nur gesagt: Für die Verfolgung des Endverbleibs ist das Verteidigungsministerium nicht zuständig.

Zusatzfrage: Dem hat das Wirtschaftsministerium nicht widersprochen, oder habe ich das nur falsch verstanden?

Baron: Ich habe lediglich das Genehmigungsverfahren dargestellt. Bei Bundeswehrabgaben liegt nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz die Zuständigkeit beim Bundesverteidigungsministerium. Natürlich bedarf jede Genehmigung einer Endverbleibserklärung, die – das hat Herr Flosdorff auch dargelegt – hier eben durch die Regionalregierung in Kurdistan erteilt worden ist. Alles Weitere hat Herr Flosdorff dargelegt; dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Frage: Ich habe es nicht verstanden. Welches Ministerium ist zuständig für die Endverbleibskontrolle?

Meine eigentliche Frage: Frau Adebahr, Herr Röttgen hat gestern in einem Interview eine Nahostkonferenz vorgeschlagen, ein politischer Vorstoß nach einer militärischen Phase, initiiert von den Europäern. Was meinen Sie aus Sicht des Auswärtigen Amtes: Wie viel Substanz hat solch ein Vorschlag? Ist er möglicherweise schon konkret?

Flosdorff: Zu Ihrer ersten Frage: Ich kann meinen Äußerungen nichts hinzufügen. Ich bitte um Verständnis. Die Peschmerga haben das in dem Zusammenhang versichert. Das ist die Endverbleibserklärung. Wir sind zuständig für das Genehmigungsverfahren. In einem Kriegsgebiet nachzuverfolgen, wo jede einzelne Waffe ist, ist eine sehr, sehr schwierige Aufgabe, insbesondere in einem Konflikt. Wir haben es auch nicht mit einer Armee zu tun, die dort Waffenlager hat und in der alles aus gesicherten Kasernen und geordneten Verhältnissen heraus erfolgt. Die Peschmerga haben sich im Kampf gegen den IS sehr effektiv und sehr tapfer eingesetzt. Trotzdem wohnen die Kämpfer der Peschmerga häufig auch zu Hause, fahren gemeinsam organisiert an die Front. Das ist nicht mit Verhältnissen in anderen Armeen vergleichbar. Deshalb ist in diesem Fall aus gutem Grund eine andere Regelung getroffen worden als in anderen Fällen. Das Bundesverteidigungsministerium – ich kann es Ihnen noch einmal versichern – ist bei diesen Lieferungen nicht für die Kontrolle der Endverbleibserklärung zuständig.

Adebahr: Ich habe die Äußerung von Herrn Röttgen nicht im Detail im Ohr. Ich kann Ihnen zu der Frage von Frieden und Friedensordnung im Nahen Osten gern sagen, dass dafür aus Sicht des Auswärtigen Amtes ganz verschiedene Komponenten ineinandergreifen.

Zum einen haben wir die Notwendigkeit den politischen Prozess in Genf zu Syrien fortzuführen. Daneben haben wir ein Format in Astana, das sich mit der technischen Umsetzung des Waffenstillstands befasst. Dann haben wir zum Irak und zum Großkomplex des Kampfes gegen ISIS die internationale Anti-ISIS-Koalition, in der Deutschland Mitglied ist und zu der es einen aktiven Beitrag in der Stabilisierungsgruppe leistet. Diese Koalition wird im Zuge des Kampfes gegen den IS und der weiteren Erfolge ihre Strategie natürlich anpassen, und sie wird beraten müssen, wie sich das fortentwickelt.

Wir haben in Israel eine schwierige Situation. Wir sehen dort im Moment gerade die Versöhnungsbemühungen zwischen Fatah und Hamas, die wir grundsätzlich begrüßen, auch wenn dabei noch viele Fragen offen sind.

Ich will sagen: der Nahe und Mittlere Osten haben viele Konflikte und viele Formate, die auch in politischer Weise bearbeitet werden müssen – auch durch die EU, weshalb wir uns auch für eine Stärkung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik einsetzen. Ich denke, auf allen diesen Feldern müssen wir vorankommen und auch versuchen, politische Lösungen für alle Konflikte dort – das sind eben einige, und sie sind auch verschiedener Art – zu finden. Das Nuklearabkommen mit dem Iran ist ein weiterer Strang, der in den Nahen Osten hineinspielt. Wir als Bundesregierung bewegen uns dort, wie gesagt, auf einer Vielzahl von politischen Handlungsfeldern.

Frage: Frau Baron, jetzt hat Herr Flosdorff noch einmal glasklar gesagt, das Verteidigungsministerium sei für die Kontrolle der Endverbleibserklärung nicht zuständig. Ist das Wirtschaftsministerium für diese Kontrolle zuständig? Ich habe Sie vorhin so verstanden, dass Sie sich dafür auch nicht zuständig fühlen. Wenn dem so ist, würde dies bedeuten, dass in diesem Fall offenbar niemand in der Bundesregierung für das zuständig ist, was man eine Endverbleibskontrolle nennen könnte. Ist dieser Eindruck richtig?

Baron: Der Eindruck ist nicht richtig. Ich schildere gern noch einmal das Genehmigungsverfahren. Es handelt sich um Bundeswehrabgaben. Zuständige Behörde nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz ist das Bundesverteidigungsministerium. Jeder Genehmigung, der sich dann eine Außenwirtschaftsgenehmigung anschließt, muss eine Endverbleibserklärung beigefügt werden. Herr Flosdorff hat mehrmals dargelegt – wir haben das auch in der Regierungspressekonferenz mehrmals getan -, dass diese erfolgt ist, nämlich durch die Regionalregierung in Kurdistan. Damit sind diese Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt.

Im Folgenden gab es – auch das hat Herr Flosdorff dargestellt – die Aufforderung an die Regierung in Kurdistan. Sie erging durch das Auswärtige Amt oder das Bundesverteidigungsministerium. Die Berichte sind erfolgt. Insofern gibt es das Genehmigungsverfahren. Ich habe dargestellt, dass es hierbei einen Unterschied – eine Abweichung – zu sonstigen Rüstungsgenehmigungen gibt, die im Fall von Bundeswehrabgaben greifen, die Zuständigkeit nach Kriegswaffenkontrollgesetz.

Zusatzfrage: Das ist eben genau der Punkt. Es gibt ein Genehmigungsverfahren. Aber Ihrer beider Darlegungen konnten wir entnehmen, dass es keine Kontrolle gibt. Es gibt ein Verfahren, es gibt eine Erklärung der Empfängerseite. Es gibt aber offenbar keine Kontrolle über den tatsächlichen Verbleib. Richtig?

Baron: Die Kontrolle wurde ja gerade dargestellt. Wenn es Hinweise gibt – – –

Zuruf: Nein, die gibt es nicht. Entschuldigung! Herr Flosdorff hat gesagt, dass das Verteidigungsministerium in diesem Fall die Kontrolle nicht ausübt. Da Sie sie auch nicht ausüben: Wer übt sie dann aus, oder wird sie tatsächlich überhaupt nicht ausgeübt?

Baron: Nein. Es gibt ein Genehmigungsverfahren; das habe ich dargestellt. Dann geht es darum, ob es gesicherte Erkenntnisse gibt, ja oder nein. Herr Flosdorff hat dargestellt, dass es keine gesicherten Erkenntnisse gibt. Deshalb kann es jetzt auch keine Konsequenzen in etwaigen Genehmigungsentscheidungen geben.

Das Regularium sieht vor, dass bei jeder Genehmigungsentscheidung über den Endverbleib entschieden wird. Dazu werden alle Informationen gesammelt: Hat man gesicherte Erkenntnisse oder nicht? Dann wird das entsprechend bewertet. Der Endempfänger verpflichtet sich über die Enderklärung. Sollte es bei neuen Genehmigungen Zweifel geben, dass der Endverbleib gesichert wurde, wenn es also gesicherte Erkenntnisse gegeben haben sollte, dass dies nicht der Fall ist, dann werden entsprechende Ausfuhranträge abgelehnt. Das ist das Regularium der Endverbleibskontrolle.

Flosdorff: Um es noch einmal einzuordnen: Das eine ist das Genehmigungsverfahren. Dann werden Waffen ausgeliefert. Es gibt eine Endverbleibserklärung. Dann stellt sich die Frage, inwieweit man danach nachverfolgen kann, wo jede einzelne Waffe oder jeder ausgelieferte Munitionsteil geblieben ist.

Das ist im Zug von Länderabgaben – wenn es also staatliche Beziehungen gibt, wie wir sie in der Vergangenheit ja auch häufiger gehabt haben – aus Beständen der Bundeswehr relativ einfach möglich und gut nachvollziehbar, wenn auf der anderen Seite vergleichbare militärische Strukturen bestehen. Hier hat Deutschland in einer akuten Situation gehandelt – wohlüberlegt, wohlabgestimmt, und zwar sowohl innerhalb der Koalition als auch mit internationalen Partnern -, um sich diesem Vormarsch des IS und dem drohenden Völkermord an den Jesiden entgegenzustellen. Ich erinnere genau wie am Freitag noch einmal daran: Der IS stand kurz vor Bagdad. Insofern war es wichtig, dass man aktiv wird und diejenigen unterstützt, die sich vertrauenswürdig dem IS entgegenstellen. Wir haben hier viel darüber gesprochen, auch über den Erfolg, den die Ausrüstung und Unterstützung – auch die Ausbildungsunterstützung – der Peschmerga im Irak ausgemacht hat; denn es ist ein ganz wichtiger Faktor, den IS zurückzudrängen.

Jetzt stellt sich einfach die Frage: Wie kann man praktisch in diesen Strukturen, die im Nordirak bestehen, ein tagesaktuelles Register über den Bestand – also darüber, wo welche Waffe ist – haben? Da muss man sagen: Das ist in einem Kriegsgebiet schlichthin nicht möglich, und angesichts der Strukturen, in denen die Peschmerga ihre Armee aufgestellt haben, ist es noch viel schwieriger möglich. Müssen wir deswegen irgendwie ein grundsätzliches Misstrauen hegen? Wir hatten in den vergangenen Jahren so viele einzelne Fälle – und da waren Sie ja häufig auch beteiligt -, in denen es hieß, dass mit Blick auf diesen oder jenen Raum beziehungsweise Ort etwas Bestimmtes berichtet worden sei, und die Frage war dann: Stimmt das? Am Ende des Tages – ich weiß nicht, ob Sie sich erinnern können – muss man sich fragen, ob es überhaupt einen einzigen Fall gibt, in dem sich das dann auch einmal zweifelsfrei bestätigt hat und keine Falschmeldung beziehungsweise vielleicht auch bewusst von irgendeiner Seite eingestreute Propaganda war.

Als wir dann einmal einen Bericht angefordert haben, sind die Peschmerga dem nachgekommen und haben gesagt: Diese Waffen sind zerstört und eine einstellige Zahl von Waffen ist verloren worden. Sie haben auch zugegeben – – Wenn irgendwo Waffen auf dem Schwarzmarkt verkauft worden sind, dann sind sie diesen Fällen nachgegangen. Das waren Einzelfälle, und das Gegenteil ist auch nie irgendwo aktenkundig bewiesen worden. Berichtend aus dem Telefonat, das die Ministerin in der vergangenen Woche mit dem kurdischen Regionalpräsidenten geführt hat, kann ich auch sagen: Dem ist die Unterstützung aus Deutschland sehr wichtig, die sind sich sehr bewusst, dass es eine sehr ernste Angelegenheit ist, wenn gegen Vereinbarungen, die sie mit der deutschen Seite geschlossen haben, verstoßen wird. Die haben ein hohes Interesse daran, weiterhin die Unterstützung zu erhalten, und sie erkennen auch an, dass sich Deutschland immer wieder für die Einheit des Iraks einsetzt. Sie wissen das und haben auch gesagt: Das ist klar und wir haben von euch auch immer wieder gehört, dass das für euch ein ganz wichtiger Punkt ist, genauso wie die Endverbleibserklärung auch.

Insofern haben wir wirklich keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass gegen diese Vereinbarungen in größerem Umfang verstoßen wird, und da bitte ich hier jetzt auch wirklich einmal, das Ganze nicht auf die Spitze zu treiben. Wir reden hier über ein großes Konfliktgebiet, wir reden hier über einen geografischen Raum, in dem der IS lange noch nicht geschlagen ist und in dem es auch weiterhin akute Bedrohungsszenarien gibt, und wir sehen im Nordirak eine Lage, die sich seit den Konflikten in den letzten zehn Tagen weiter beruhigt hat.

(Foto: Peshmerga-Kämpfer mit deutschen G36 – mit freundlicher Genehmigung von Campbell Macdiarmid)