Tiger-Hubschrauber dürfen wieder fliegen – Absturzursache weiter ungeklärt (Neufassung)

Fast zwei Monate nach dem tödlichen Unfall eines Tiger-Kampfhubschraubers der Bundeswehr in Mali am 26. Juli dürfen die Helikopter wieder starten. Der Flugsicherheitsausschuss beim Luftfahrtamt der Bundeswehr gab die Nutzung der Maschinen unter Auflagen wieder frei, wie die Bundeswehr am (heutigen) Freitag den Abgeordneten des Verteidigungsausschusses und  auf ihrer Webseite mitteilte*. Die Ursache für den Absturz, bei dem zwei deutsche Soldaten ums Leben kamen, bleibt allerdings weiter ungeklärt.

Nach dem Absturz hatte die Bundeswehr Flüge mit den Tiger-Maschinen vorerst untersagt. Ausnahmen waren nur Einsätze bei Gefahr für Leib und Leben, zum Beispiel zur Unterstützung von Soldaten in Bedrohungssituationen im MINUSMA-Einsatz in Mali.

Laut Bundeswehr wurden bei Untersuchung der Daten der abgestürzten Maschine auffällige Unterschiede zu anderen Tiger-Hubschraubern festgestellt. Unter anderem sei der Steuerknüppel der so genannten zyklischen Blattverstellung bei der Unglücksmaschine weiter nach vorne geschoben gewesen als bei dem zweiten Hubschrauber, der neben dem abgestürzten Helikopter flog.

Für die neue Starterlaubnis wurden Einschränkungen bei Geschwindigkeit und Gewicht vorgegeben, zudem wurde die Verwendung des Autopiloten begrenzt. Während des Fluges werden zusätzliche Inspektionen vorgeschrieben. Der so genannte Betriebsverantwortliche für die Nutzung der Hubschrauber, Heeresinspekteur Jörg Vollmer, stimmte nach Bundeswehrangaben der Wiederaufnahme des Flugbetriebs zu.

Aus dem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Markus Grübel an die Abgeordneten:

Die Erstbefundung der wesentlichen Bauteile der dynamischen Hauptkomponenten des Rotorsystems (Rotorblätter bis Hauptgetriebe) wurde abgeschlossen. Aus den bislang untersuchten Materialproben der Wrackteile lassen sich nach derzeitigem Kenntnisstand keine Hinweise auf ein für den Absturz ursächliches Ereignis ableiten. Weitere tiefgreifende Untersuchungen im Rahmen der Schadensanalytik zur Verifizierung der Ergebnisse der Erstbefundung werden in den nächsten Wochen folgen.
Ein Vergleich der beiden in Rotte geflogenen Kampfhubschrauber hat ergeben, dass das Unfallluftfahrzeug bei hoher Geschwindigkeit im Bereich der Längssteuerung eine auffällige Abweichung hatte. Im Unterschied zum zweiten Luftfahrzeug der Rotte betrug die Abweichung zwischen 5 bis 7 Grad, die der Steuerknüppel der zyklischen Blattverstellung bei nahezu gleicher Geschwindigkeit weiter vorne war. Zudem wurden bei den Einstellwerten der Flugsteuerung (Rigging) auffällige Unterschiede zwischen dem Unfallluftfahrzeug und anderen zum Vergleich ausgewerteten Kampfhubschraubern TIGER festgestellt.
Basierend auf diesen Erkenntnissen hat der Flugsicherheitsausschuss (FSA) in der Sitzung am 21. September 2017 nach sorgfältiger Risikoabwägung die Empfehlung ausgesprochen, den Flugbetrieb mit dem Waffensystem TIGER unter Auflagen wieder freizugeben. Die Auflagen umfassen vor allem flugbetriebliche Einschränkungen im Geschwindigkeitsbereich gekoppelt an Gewichtsgrenzen in Kombination mit Einschränkungen in der Verwendung des Autopiloten. Zusätzlich sind vor Wiederaufnahme und den Flugbetrieb begleitend Inspektionsmaßnahmen durchzuführen.
Mit den für den Flugbetrieb erlassenen Auflagen wird ein breites Spektrum an möglichen Unfallursachen abgedeckt. Dies führt zu geringen und damit hinnehmbaren Einschränkungen im operativen Bereich.

*Angesichts einer absehbaren technischen Umstellung der Bundeswehr-Webseiten wird der Link irgendwann nicht mehr funktionieren; der Text auf der Webseite mit Stand 22.09.2017:
20170922_Bw_Tiger_Freigabe_Auflagen

Nachtrag 6. Oktober, fürs Archiv: Der erste Einsatzflug in Mali nach Aufhebung des Startverbots fand am 5. Oktober statt, wie die Bundeswehr mitteilte:

Am 5. Oktober sind zwei deutsche Kampfhubschrauber Tiger zu ihrem ersten Einsatzflug nach Wiederaufnahme des Flugbetriebs gestartet.
Der Flug fand im Auftrag der Vereinten Nationen zum Schutz eines UN-Konvois südostwärtig von Gao statt. Nach erfolgreicher Auftragserfüllung sind die Kampfhubschrauber Tiger am Nachmittag wieder sicher in Camp Castor gelandet.
Die unmittelbar nach Anzeige der Verfügbarkeit erfolgte Auftragserteilung der Vereinten Nationen an die deutschen Kampfhubschrauber Tiger unterstreicht die hohe Bedeutung der Kampfhubschrauber für die Mission MINUSMA.

Auch hier das pdf der Webseite:
20171006_Bw_Tiger-Flugbetrieb_Mali

(Foto: Ankunft der ersten zwei Kampfhubschrauber des Typs Tiger in Gao/Mali im Rahmen der Mission MINUSMA am 25.03.2017 – Bundeswehr/Marc Tessensohn)