Soldaten brachen mit Hitzschlag zusammen – Ursache unklar (Nachtrag)

Die vier Offizieranwärter, die am 19. Juli bei einem Marsch in Munster kollabierten, hatten alle einen Hitzschlag erlitten. Das geht aus einem Bericht zu den bisherigen internen Untersuchungen hervor, die Augen geradeaus! teilweise einsehen konnte. Was ursächlich für diesen Hitzschlag war, ist allerdings noch ungeklärt. Bei den aufputschenden Mitteln, die die Soldaten vor dem Marsch eingenommen haben, handelte es sich nach Angaben des Verteidigungsministeriums um einen so genannten Energy Drink.

Als Folge des Zusammenbruchs war ein Soldat im Krankenhaus gestorben, ein weiterer befindet sich noch in stationärer Behandlung.

Zu dem Hitzschlag heißt es im internen Bundeswehr-Bericht:

Einschränkungen der Dienstfähigkeit für den OA-Lehrgang bzw. die Ausbildung bestanden bei keinem der vier betroffenen Soldaten.
Bei allen vier Soldaten wurden Körperkerntemperaturen von > 40° C gemessen, sodass von einem Hitzschlag (Hyperthermie-Syndrom) ausgegangen wird.

Dies ist die schwerste Form der generalisierten Gesundheitsstörungen bei thermischer Belastung, die auch bei einer optimalen klinischen Versorgung in 10-20% der Fälle und unbehandelt fast immer zum Tode führt.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann auch weiterhin keine eindeutige Ursache für die Häufung von Hitzschlagerkrankungen am 19. Juli 2017 benannt werden.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hatte zuvor berichtet, einer der kollabierten Soldaten habe ausgesagt, dass er und andere Offizieranwärter vor dem Marsch Aufputschmittel eingenommen hätten. Der stellvertretende Ministeriumssprecher Oberst Boris Nannt erläuterte dazu vor der Bundespressekonferenz, dabei habe es sich laut eigener Aussage des Soldaten um eine Dose eines Energy Drinks gehandelt, nicht um eventuelle illegale Substanzen:

BPK_Bundeswehr_14aug2017     

 

 

Abschrift des Audios:

Frage: Ich habe eine Frage an Herrn Nannt vom Bundesverteidigungsministerium. Medienberichten zufolge könnten Aufputschmittel eine Rolle bei dem Tod eines Soldaten nach einem Übungsmarsch gespielt haben. Inwiefern liegen Ihnen hierzu Erkenntnisse vor, möglicherweise auch Erkenntnisse darüber, ob das Problem der Verwendung von Aufputschmitteln zugenommen hat?

Nannt: Ich habe die Berichterstattung vom gestrigen Tag und auch heute zur Kenntnis genommen. Wie Sie wissen, laufen die Untersuchungen zu dem Vorfall insgesamt noch. Wir haben unmittelbar nach dem Vorfall ein Untersuchungsteam eingesetzt, das auch vor Ort in Munster zahlreiche Vernehmungen durchgeführt und dort mit den Betroffenen gesprochenen hat. Wie gesagt, diese Untersuchungen laufen noch. Es liegt noch kein Abschlussbericht vor.

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, was die Ursachen für dieses tragische Unglück sein könnten. Es gibt keine Gründe, die das erklären könnten. Wir haben auch keine Erkenntnisse darüber, dass durch die betroffenen Soldaten irgendwelche illegalen aufputschenden Substanzen genommen wurden. Ein Soldat, das ist richtig, soll ausgesagt haben, dass er vor dem Marsch eine Dose eines Energydrinks zu sich genommen hat. Ob dies nun die Ursache dafür ist, ist, wie gesagt, völlig offen. Wir wissen derzeit noch nicht, was die Ursache ist. Ein Obduktionsbericht liegt uns auch noch nicht vor.

Daher warne ich davor, dass wir jetzt bereits Spekulationen oder Mutmaßungen in der Öffentlichkeit diskutieren und die Ursachensuche frühzeitig verengen. Das verbietet sich auch mit Blick auf die Hinterbliebenen des verstorbenen Soldaten. Heute findet ja auch die Trauerfeier statt.

So viel vielleicht zu Ihrer Frage. Uns liegen, wie gesagt, keine Erkenntnisse vor, auch keine weiteren Erkenntnisse zu irgendwelchen illegalen Aufputschmitteln, die in der Bundeswehr genommen werden sollten.

Zusatzfrage: Liegen Ihnen generell Erkenntnisse dazu vor, dass das Problem des Aufputschmittelgebrauchs zugenommen hat?

Nannt: Nein. Dazu liegen mir keine Erkenntnisse vor.

Frage : Herr Nannt, habe ich es richtig verstanden, dass Sie von einer größeren Menge Energydrinks sprachen? Wenn ja, können Sie das spezifizieren?

Zum anderen: keine Erkenntnisse zu Aufputschmitteln. – Gibt es eigentlich interne Untersuchungsscreenings, ähnlich wie es das ja in anderen Berufszweigen gibt, inwieweit es Medikamentenmissbrauch, Gebrauch von Aufputschmitteln, frei verkäuflichen Schmerzmitteln etc. in der Bundeswehr gibt?

Nannt: Die Aussage des Soldaten war, dass er zwischen zwei Märschen eine Dose eines Energydrinks zu sich genommen habe. Dazu, ob irgendwelche größere Mengen genommen wurden, liegen uns mit heutigem Stand keine Erkenntnisse vor.

Zum Stand insgesamt kann ich Ihnen jetzt keine Erkenntnisse liefern, die irgendwie wissenschaftlich fundiert wären.

Aber vielleicht doch noch etwas zum Punkt der körperlichen und gesundheitlichen Anforderungen, weil ja auch immer ein bisschen mitschwingt – das lese ich auch in dem Artikel von heute und sehe es auch immer häufiger in anderen Artikeln -, dass bei uns die körperlichen und gesundheitlichen Anforderungen gesenkt worden wären. Das ist nicht so. Auch der BMI liegt heute unverändert wie auch in den letzten Jahren noch bei 29,9. Allein in speziellen Berufen wie zum Beispiel bei IT-Fachkräften haben wir spezielle Korridore von 30 bis 35, in denen Bewerber nach Einzelfallprüfung gegebenenfalls eingestellt werden – Stichwort „Fachkräftemangel“. Das gilt natürlich nicht für Offizierbewerber oder Offizieranwärter. Dafür gilt diese Ausnahme grundsätzlich nicht.

Auch die sportlichen Anforderungen – weil auch das ein Punkt ist, den ich immer wieder gelesen habe – sind jetzt nicht verringert worden. Der seit 2014 bei der Einstellung durchzuführende Sporttest ist gleich dem, den alle Soldaten in jedem Jahr durchführen. Warum werden Sporttests geändert? – Das liegt einfach daran, dass sich die sportwissenschaftlichen Erkenntnisse ändern. Ich bin jetzt 28 Jahre Soldat. In dieser Zeit hat sich einfach die Erkenntnislage verändert. Insofern haben sich auch Sporttests verändert. Es geht aber nicht darum, dass dadurch irgendwelche Anforderungen gesenkt werden. Denn am Ende steht als Ziel immer der Einsatz. Bis zum Einsatz in jeglicher Bandbreite müssen wir unsere Soldatinnen und Soldaten fit bekommen. Das ist der Maßstab, den wir uns setzen.

Damit bleibt die Ursache des Vorfalls weiterhin offen. Nach Angaben der Bundeswehr war es bei dem Ausbildungsmarsch zwar warm, aber nicht übermäßig, zudem sei der Marsch mit Erleichterungen absolviert worden:

Die gemessene Höchsttemperatur am 19. Juli betrug im Raum Munster 27,7 Grad Celsius, weshalb die Soldaten nur mit leichter persönlicher Ausrüstung unterwegs waren. Insgesamt waren an diesem Tag 43 Offizieranwärter in die Ausbildung eingebunden.

Nachtrag 16. August: Bei einem Besuch der Division Schnelle Kräfte in Stadtallendorf wurde Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auch nach diesem Vorfall gefragt. Nach den Worten der Ministerin gibt es bislang keine weiter gehenden Erkenntnisse, ein Abschlussbericht soll aber Ende August, also in zwei Wochen, vorliegen und an das Parlament gehen. Hier ihr O-Ton aus dem vom Ministerium veröffentlichen Audio:

vdL_OA-Vorfall_Munster_16aug2017     

 

 

(Archivbild 2010: Marsch in der Grundausbildung in Torgelow – Thomas Koehler/photothek.net)