Rat vom Fachmann: Ist das historisch oder muss das weg?
In der teils sehr emotionalen Debatte der vergangenen Monate über das Traditionsverständnis der Bundeswehr und Bezüge zur Wehrmacht kam auch immer wieder die Frage auf: Was sind Exponate mit historischem Bezug, was sind – merkwürdiges Wort – Wehrmachts-Devotionalien, was kann und darf als Ausstellungsstück in einer Bundeswehr-Kaserne stehen und was muss raus?
Für diese Frage gibt es jetzt Informationen vom Fachmann – die Bundeswehr hat dafür eine eigene Ansprechstelle geschaffen. Die Mitteilung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr vom (heutigen) Donnerstag:
Ansprechstelle für militärhistorischen Rat eingerichtet
Ab sofort gibt es am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam eine Ansprechstelle für militärhistorischen Rat (AmR).Diese berät ab sofort Dienststellenleiter und Vorgesetzte in der Bundeswehr im Umgang mit historischen Ausstellungs- und Erinnerungsstücken in Bezug zum bundeswehreigenen Traditionsverständnis. Die Ansprechstelle soll dazu beitragen, durch fachliche Beratung ein handlungssicheres und angemessenes Vorgehen in den zuständigen Truppenteilen und Dienststellen zu ermöglichen. Dies betrifft besonders die Zeit des Nationalsozialismus und der Wehrmacht.
Kontaktdaten und Ansprechpartner:
Internet: AnsprechstellefuermilitaerhistorischenRat@bundeswehr.org
Lono: Ansprechstelle für militärhistorischen Rat/BMVg/BUND/DE
Tel.: 90-8529-527 oder -570, 0331/9714-527 oder -570
Fax: 90-8529-507, 0331/9714-507
Leiter: Oberst Dr. Frank Hagemann
Stv. Leiter: WissDir Dr. Torsten Diedrich
(Foto: Wandzeichnung im „Bunker“ des Jägerbataillons 291 in Illkirch im Mai 2017)
Bieten unsere UniBw eigentlich Studiengang milGesch an?
Sehr interessanter Aspekt mit der Anlaufstelle. Da fragt man sich doch, warum hier das Rad neu erfunden wird. Da die Bundeswehr in einer von zwei Universitäten, in Hamburg, eine eigene Fakultät für Geisteswissenschaften besitzt und diese hervorragende Professoren verfügt, wieso nutzt man nicht das in Verbund mit dem ZMSBw? Zumal hier der Nachwuchs mit eingebunden werden kann, die angehenden Historiker, und Führungspersonal der Truppe, im Rahmen von Seminaren. Quasi von der Truppe für die Truppe.
MkG
Früher hätte ich so ein Vorgehen ja entrüstet zurück gewiesen. Meine Argumente wären gewesen: 1. Ein Amt kann aus der Ferne nicht die Tradition der Truppe vor Ort bestimmen. 2. Das ZMSBw hat bei „politisch sensiblen“ Gutachten in den letzten Jahrzehnten (leider) regelmäßig nicht vollumfänglich überzeugen können.
Aber angesichts der derzeit mehr als nur schwierigen Lage und der fast schon als „Bildersturm“ zu bezeichnenden Überreaktionen ängstlicher Vorgesetzter, ist es glaube ich eine notwendige Entscheidung.
Glücklich bin ich darüber nicht, aber es ist m.E.n. ein „notwendiges Übel“…
Bitte machen Sie nicht auch diesen furchtbaren faux-pas, und sprechen von „Devotionalien“-innerhalb der Bundeswehr wurden die erwähnten Gegenstände vermutlich nicht verehrt bzw. als Symbol einer Gesinnung angebetet…
Um es mal sehr deutlich zu sagen: Anwürfe nach dem Muster „erst mal sehen, welcher politischen Richtung die genannten Wissenschaftler vom ZMSBw sind“ finden hier nicht statt und werden als Pöbelei rückstandslos entsorgt.
@ huey: +1
@ Koffer: ich hatte als DisziVorg vor Jahren auch einmal das MGFA um Rat/Einschätzung bei einem für mich nicht eindeutigen Sachverhalt gebeten. Ich hoffe nur, dass sich Politik auch von Zeit zu Zeit an das ZMSBw wendet, so dass bspw. Helme künftig klarer zugeordnet werden können – Stichwort Feuerwehrhelm ;-))
Ich denke auch das die Debatte nicht so hochkochen würde wenn man die Gegenstände nur als gegenstände betrachten würde. Die Leute und das wirre gedankengut dass damit verbunden wird sind das Problem. Für mich ist eine MP oder ein karabiener lediglich ein stück Technik. Wenn jemand seinen Nachbar aufgrund der hautfarbe, der Religion oder sonstwas mit nem hammer erschlägt hat das am wenigsten mit dem Hammer zu tun.
@ KPK:
Zumindest zu meiner Studienzeit (vor rund zehn Jahren) gab es an der UniBwH keinen Studiengang Militärgeschichte, „nur“ Geschichte, entweder mit zweitem Hauptfach Pädagogik oder Sozialwissenschaft. Es gab Seminare, die sich mit Militärgeschichte befassten, aber das war eher Ausnahme denn Regel. Allein die Seminare bei Prof. Wegner waren schon ein Highlight, er ist ja ein ausgewiesener Fachmann auf dem Gebiet des Rußlandfeldzuges und der Waffen-SS.
Wenn ich es richtig weiß, wird an der Uni Potsdam Militärgeschichte gelehrt, allerdings genießt diese Fachrichtung in deutschen Historikerkreisen keine allzu große Reputation – ganz im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Sprachraum.
Der nächste Level des Absicherungsdenkens ist erreicht: darf ich ein Bild von E. Rommel im Casino aufhängen – erstmal die Ansprechstelle einbeziehen, um sich von Schaden fernzuhalten. Natürlich wieder alles am Dienstweg vorbei. Wird diese Stelle auch künftig die Reden von Kommandeuren bewerten, ob kein falscher historischer Bezug hergestellt wird?
BTW: Das oben beschriebene Studium an der UniBwHH ergibt keine Spezialisierung im Hinblick auf die Traditionsfrage. Da ist das Personal beim Ex-MGFA schon besser aufgestellt (wobei dies keineswegs Qualität in Abrede stellt oder eo ipso erzeugt). Verschiedene Historiker sind einfach verschiedener Meinung, ganz wie Juristen.
Es besteht die Gefahr, in das falsch-oder-richtig Schema zu verfallen, das jedem Historiker eigentlich fremd sein müsste.
Also finde ich eine gute Sache. Allerdings finde ich das, daß nun 60 Jahre zu spät kommt. Aber gut es ist nie zu früh und selten zu spät. Interessant währe ob Zivillee Personen sich auch informieren können?
@ KPK
Ja, in HH kann man auch das Fach Geschichte studieren. Was irgendwie absurd wirkt, wenn nun ein Historiker den anderen fragt (fragen muss?), ob er dieses oder jenes Objekt ausstellen darf/kann/sollte… Aber ein Rat ersetzt nicht die Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten, insofern scheint das letzte Wort noch bei diesem zu liegen?
Wie dem auch sei – in meinen Augen nimmt man mit der Anlaufstelle ZMSBw wenigstens etwas Emotion aus der Debatte.
Man beachte die Aussage in der Beschreibung der Ansprechstelle: „Dies betrifft besonders die Zeit des … „. Man sieht also in der Tat auch jenseits dieses Zeitraums einen realen Handlungsbedarf, die politisch korrekte Harmonie mit dem Traditionsverständnis der Bundeswehr Einzelfall-bezogen zu bewerten und entsprechende Richtvorgaben der dankbaren Truppe zur Verfügung zu stellen. Wie weit will man da eigentlich zeitlich zurückgehen? Nur mal spaßeshalber angenommen, es ginge um ein aufgefundenes Großgemälde der „Schlacht am Teuteburger Wald“, bei der Arminius der germanische Cheruskerfürst mit seinen Truppen die Römer verhauen hat, – immerhin ein Beispiel für eine erfolgreiche Landesverteidigung gegen eine Besatzungsmacht. Ich wäre mächtig gespannt auf die Aussage dieser neuen Ansprechstelle, ob so etwas u.U noch „im grünen Bereich“ wäre. Aber vielleicht klärt uns ja der überarbeitete Traditionserlass dazu bald auf.
Popartkulturell sind heutzutage „Wehrmachts-Devotionalien“ einfach „too close for political comfort“ an „Nazi-Devotionalien“ zu verorten ( Der „Pop-Landser“ als Abbild des idealtypischen, ewig treuen, deutschen Soldaten- wobei ausgeblendet wird, wem der Landser zur Treue verpflichtet war). Von daher kann man nur hoffen, dass diese neue Ansprechstelle auch über kulturhistorische Kompetenz verfügt.
Im Hinterkopf muß man auch behalten, dass „Devotionalien“ eine Art Streitfall zwischen Katholizismus und Protestantismus in Sachen Ethik und Symbolismus ist, der fast schon urdeutsche, politische Streitkultur-Tradition ist ;-)
Die Sache ist nicht so neu wie sie scheint. Bei der Luftwaffe gab schon vor 10 oder mehr Jahren einen Stabsoffizier für solche Fragen. Ich halte das grundsätzlich für richtig.
In Sachen Verwendung des Namens Werner Mölders hat seinerzeit das ZMSBw (damals noch MGFA) ein Gutachten veröffentlicht, das sehr kontrovers beurteilt wurde. Mir als ex-Artilleristen ist Mölders gleichgültig. Aber der Duktus dieser Ausarbeitung war meiner Meinung nach stellenweise ein grober Ausrutscher und ein Tiefpunkt in der Arbeit des MGFA.
Nach meiner Beobachtung gibt es heute am ZMSBw (glücklicherweise) ein breites Spektrum an Auffassungen unter den Historikern.
Nicht verkehrt. Aber was darf die Stelle? Selbständig entscheiden, ob Wand oder Mülltonne? Gibt es ein Label? Darf vdL mit ihrem ach so tollen Sachverstand übersteuern? Wird dann der Oberst gefeuert? PS: Hübsche Email-Adresse
„Zumindest zu meiner Studienzeit (vor rund zehn Jahren) gab es an der UniBwH keinen Studiengang Militärgeschichte, „nur“ Geschichte, entweder mit zweitem Hauptfach Pädagogik oder Sozialwissenschaft. “
Das war schon immer sehr merkwürdig, zumal man mit dem MGFA die militärgeschichtliche Kompetenz quasi vor der Nase hat. Wenn man als Soldat schon Geschichte studiert, dann liegt doch Militärgeschichte nahe und ist möglicherweise im Dienst auch noch sehr nützlich. Aber gut, das muss Bundeswehr-Logik sein.
Auslandsdiener | 13. Juli 2017 – 13:55
„Der nächste Level des Absicherungsdenkens ist erreicht: darf ich ein Bild von E. Rommel im Casino aufhängen – erstmal die Ansprechstelle einbeziehen, um sich von Schaden fernzuhalten. … “
Ja – aber dennoch oder gerade deshalb positiv! Das ist der einzige Weg, um zukünftig frei zugängliche Räumlichkeiten in den Bw-Liegenschaften noch ein militärisches Ambiente zu verleihen, welches das deutsche Militär eben nicht alleine auf die Bundeswehr reduziert.
Ich seh da eine echte Chance. Und auch die Möglichkeit, dass sich die Truppe ggf. schriftliche, bildliche und figürliche Hin- und Nachweise ihrer Entstehung und ihrer Helden (hervorragende Einzeltaten Unbelasteter und Soldaten im Widerstand) erstreiten kann.
Gut so!
Hans Schommer
Vielleicht kann man über die Liegenschaftsverwaltung einen Katalog freigegebener Deko-Gegenstände herausgeben analog zur Ausstattung der Arbeitsplätze, ggf. gestaffelt nach Besoldungsgruppen?
Man könnte auch Deko-Sätze für Gemeinschaftszimmer zusammenstellen. ^^
Die Güte der Arbeit des ZMSBw möchte ich gar nicht beurteilen. Dafür kenne ich zu wenig davon und bin auf dem Gebiet Geschichte nur interessierter Laie aber….
Das ZMSBw ist eine Einheit der Bundeswehr und dadurch natürlich an das Prinzip Befehl und Gehorsam gebunden.
Ohne den dortigen Herrschaften konkret „Auftragsforschung“ untersellen zu wollen, so ist die Möglichkeit dafür im System Bundeswehr angelegt. Das ZMSBw kann konzeptionell m.E. nur bedingt „akademisch frei“ sein. Selbst wenn es keine dienstliche Weisung/Befehl zu einem bestimmten Aussagen des ZMSBw geben würde, ist doch ein/e Gutachten/Beratung im Geiste eines voraueilenden Gehorsams ggü. dem BMVg in der Bundeswehr und somit auch im ZMSBw immanent.
Und nein, ich möchte diese Aussage nicht pro/contra Wehrmachtsstahlhelm im Gemeinschaftsraum der Gruppe xy verstanden wissen.
Unter den Kommentaren scheinen die Skeptiker zu überwiegen. Meine Empfehlung:
Das von der Webseite des ZMSBw als PDF herunterladbare aktuelle Heft 2/2017 der „Militärgeschichte“ hat einen hochaktuellen Bezug zum hier diskutierten Thema, weil das Titelbild (!) und ein Aufsatz sich mit General Johannes Steinhoff beschäftigen.
Zugegeben, das Heft ragt auch mit zwei anderen Aufsätzen über den typischen Heftinhalt von „Militärgeschichte“ deutlich hinaus.
Man sollte es mit dem ZMSBw wie mit jedem neu zuversetzten Soldaten machen: nichts auf fremde Urteile geben, sondern sich aus dessen tatsächlichem Verhalten ein eigenes bilden.
Ich bin auch ein Absolvent des wohllöblichen Studiengangs Geschichtswissenschaften. Kein ZMSBw kann „Gutachten“ erstellen, die gerichtsverwertbar richtig sind – das verbietet der akademische Ethos. Personen sind aus der Zeit heraus zu bewerten, nicht mit heutigem Anspruch.
@Hans Schommer: ich verstehe Ihren Ansatz sehr gut. Aber Historiker sind keine besseren Menschen! Nur weil dort ein A14er (oder ähnliches) etwas schreibt, muss das nicht richtig sein, aber auch nicht falsch. Es wird immer auf den Willen ankommen, zu einer Sache oder Person zu stehen, wenn man ein Casino dekoriert!
Ich meine wie andere hier auch, dass man sich schon lange an das MGFA/ZMSBw wenden konnte (und bei Einrichtung einer Lehrsammlung seit Minister Volker Rühe auch musste).
@JPeelen | 13. Juli 2017 – 20:41
Danke für den Hinweis.
In der Bundeswehr dienten 674 Ritterkreuzträger der Wehrmacht, davon einige EK I Träger aus dem WK I. Davon waren 117 bei ihrer Pensionierung in einem Generalsdienstgrad.
Zwei Beispiele, die Eichenlaub und Schwerter trugen: Smilo Freiherr von Lüttwitz, 4 deutsche Armeen, WK I und II, zuletzt KG III. Korps in der Bundeswehr und somit Generalleutnant zum Schluss und Heinz-Georg Lemm, dessen Ordensspange im Artikel abgebildet ist, 2 Armeen, WK II, zuletzt als Generalleutnant Amtschef Heeresamt – beide waren aber auch Träger des Verdienstkreuz‘ des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern und des Legion of Merit.
Was Heinz-Georg Lemm umtrieb, nach seiner Dienstzeit sich zum Ehrenpräsidenten der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger -seit 1999 unter Minister Scharping ist der Umgang für Bundeswehrsoldaten mit dieser Vereinigung untersagt- machen zu lassen, weiß ich nicht zu erklären, soll aber nicht verschwiegen werden.
Welche Geschichte erzählen wir denn jetzt? Ich wäre für die Ganze.
Hermann Graf, wie Erich Hartmann Pilot und Brilliantenträger, wird kaum rezipiert. Er distanzierte sich nach Rückkehr aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft und benannte die begangenen Kriegsverbrechen offen und machte klar, dass man Wehrmachttätigkeit nicht sachlogisch von SD/SS-Verbrechen trennen kann.
Entgegen der mantramäßigen Behauptung gab es sehr wohl Menschen im Nachkriegsdeutschland, die sich kaum bis gar nicht an der „Weißwaschung“ der Wehrmacht beteiligten. Sie waren wohl in der, zumindest im öffentlichen Diskurs, Minderheit.
Auch hier: Welche Geschichte erzählen wir denn jetzt? Auch hier wäre ich für die Ganze.
Und weil das mitunter eben komplex ist, finde ich das Angebot der Militärhistoriker gut.
P.S.: Zum Artikel -> Bandenkampfabzeichen: In der Tat saßen in der Kommission auch „Linke“, die keinerlei Einwände erhoben. Dass diese getäuscht wurden oder den Stiftungserlass inkl. Stifter nicht kannten, ist nahezu ausgeschlossen. Auch BPräs Heuss dürfte nicht zuletzt durch das Bundespräsidialamt umfangreich unterrichtet gewesen sein. Da saßen Fachleute. Ich habe eine klare ablehnende Haltung dazu. Aber ich entstamme einer jüngeren Generation, ich kann mir das leisten.
Die anderen erwähnten Abzeichen und Abzeichen ähnlicher Art wie die Nahkampfspange, usw? Diese sehe ich im allgemeinen unkritisch. Gerade in Bezug auf Stiftungserlasse und Verleihungspraxis.
Orden? Ich habe keinen Bezug zu Orden und Ehrenzeichen. Ich trage mir Beliehene nicht. Aber jeder, der sie sich ehrlich, fleißig und/oder tapfer verdient hat, soll sie gemäß der gültigen Erlasslage von mir aus gern mit Stolz am Uniformrock tragen: Ob nun das Deutsche Sportabzeichen oder das Ehrenkreuz für Tapferkeit.
Ob ich beeindruckt bin von den Schnallen auf den Bildern in der Zeitschrift von Steinhoffs und von Lemms? Ja, natürlich. Und das darf ich auch.
Zum Narvikschild: Meines Wissens war es Soldaten der Bundeswehr nicht gestattet, in Norwegen und in integrierten Verwendungen es zu tragen. Vielleicht weiß einer der dienst- und lebensälteren Kameraden(-innen) etwas dazu?
@aufreger
„Das ZMSBw ist eine Einheit der Bundeswehr und dadurch natürlich an das Prinzip Befehl und Gehorsam gebunden.“
Gott sei Dank unzutreffend. Die Wissenschaftler/Innen des ZMSBw sind GG §5 verpflichtet (Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre). Man kann ihnen also „befehlen“, was sie beforschen sollen, aber nicht, zu welchem Ergebnis sie kommen sollen. Die Ansprechstelle hat, soweit ich das sehe, die Aufgabe eines Clearing House, soll also konkrete Hilfestellung liefern, wenn ein Dienststellenleiter irgendwas mit Geschichte auf seiner Liegenschaft entdeckt und sich sagt: „Oh, Kacke, da kenne ich mich nicht aus“.
Militärgeschichte wird an den UniBw nicht unterrichtet. Der einzige einschlägige, zivile Studiengang in Deutschland ist „War and Conflict Studies“ an der Uni Potsdam, im Übrigen im Kooperation mit dem ZMSBw.
@JPeelen
Danke für diese Empfehlung. Hervorragende guttuende Sachlichkeit in dieser augenblicklichen hysterischen Zeit.
Die Ministerin und Ihre Inspekteure wären gut beraten, sich einmal in Ruhe, mit zum Beispiel dem Gesetz über Titel, Orden und Ehrenabzeichen aus dem Jahre 1957, zu befassen.
Damit könnte man ziemlich einfach die Brücke zu ausstellungsfähigen Devotionalien bauen.
„Es darf alles ausgestellt werden, aber OHNE Hakenkreuz.“
Bei der KAS-Veranstaltung „Traditionserlass und Traditionspflege in der Bundeswehr“ (Berlin, 13. Juni) fragte ich den Referenten, , warum sich denn das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam nicht schon viel früher um das Thema gekümmert habe. Die Antwort von Prof. Dr. Winfried Heinemann, Stabschef im Potsdamer Zentrum: „Wir haben Berge von Büchern dazu geschrieben, …das müsste der Traditionspflege-Referent im Ministerium eigentlich wissen.“
Die generelle Kritik am Ministerium war: Die haben dort keine Ahnung von Traditionspflege, die Ministerin wird nicht richtig oder kaum beraten. Offenbar gibt es viel zu wenig Kontakte zwischen Institut für Militärgeschichte und Ministerium. „Die brauchen doch nur bei uns nachfragen, wenn sie Fragen haben.“
Ich meine: Das Institut hat auch eine vorsorgliche Bringschuld, bevor Traditions-Mängel öffentlich werden. Bevor punktuell falsche Traditionspflege zum politischen Skandal hochstilisiert wird. Bevor die Ministerin in einem sehr harten ZDF-Interview in die Enge getrieben wird – und mit einer Verallgemeinerung rhetorisch versagt.
Proaktive Beratung des BMVg gehört zur Kernaufgabe der Potsdamer- nicht nur „Berge von Büchern schreiben“ – die dann im Archivregal verstauben. .
P.S.: Wer die mehrfache Entschuldigung der Ministerin zu ihrem rhetorischen Fehler nicht annimmt, fällt für mich unter die Haltungs-Kategorie „wehleidig“. Da hat der GI mit seiner Verteidigung einfach recht.
@ xyz und andere
Bez. Militärgeschichte an der BwUni. Zugegeben: Der Gedanke liegt nahe. Es gibt ja bei Maschinenbau auch eine Vertiefungsrichtung Wehrtechnik.
Gleichwohl halte ich (ich darf mich auch Historiker bzw. Mag. Art. nennen [ich bevorzuge die österreichische Abkürzung, da ich nicht mit dem „Master of Arts“, der auch M.A. abgekürzt und dem Nachnamen nachgestellt wird, verwechselt werden möchte ;-)] aus grundsätzlichen Erwägungen nichts davon. Die Bundeswehruniversitäten sind zwar dem Namen und der Finanzierung nach Universitäten der Bundeswehr, jedoch ansonsten – von der Besonderheit des „militärischen Stranges“ („Studentenbereich“) als truppendienstliche Führung und dem Trimestersystem abgesehen – eine Universität wie jede andere auch. Darauf legt der akademische Bereich auch zurecht sehr großen Wert, da nur so ein Abschluss der BwUni einem einer zivilen Universität nicht nur de jure, sondern auch „akademisch“ gleichwertig ist. Dass dies keine hohle Phrase ist, weiß vermutlich jeder Student einer BwUni zumindest mittelbar zu berichten, da einem dort sowohl Professoren begegnen können, die Oberstlt d.R. sind, als auch Alt-68er, die daraus und aus ihrer Ablehnung z.B. Uniformen gegenüber keinen Hehl machen. Dazu kann man stehen wie man möchte, ich finde es gut, da man auch die Welt „außerhalb der Bundeswehr“ kennenlernt. So empfand ich das zumindest, als es nach 39 Monaten an die Uni ging, das war schon ein kleiner Kulturschock. Ob das die Kameraden heute nach 15 Monaten aus so sehen/erleben, je ne le sais pas!
lies.das | 14. Juli 2017 – 8:58
“ … P.S.: Wer die mehrfache Entschuldigung der Ministerin zu ihrem rhetorischen Fehler nicht annimmt, fällt für mich unter die Haltungs-Kategorie „wehleidig“. Da hat der GI mit seiner Verteidigung einfach recht.“
Auch Sie liegen falsch, wenn Sie von einer „Entschuldigung“ der Ministerin sprechen. Die gab es eben nicht. Die Dame hat sich lediglich selbst bedauert. Wie eine Entschuldigung aussieht, konnte man sich vor kurzem in der Hamburger Bürgerschaft anschauen.
Link ist wahrscheinlich verboten – Hinweis hoffentlich nicht (schon wieder).
Hans Schommer
@lies.das | 14. Juli 2017 – 8:58
“ … P.S.: Wer die mehrfache Entschuldigung der Ministerin zu ihrem rhetorischen Fehler nicht annimmt, fällt für mich unter die Haltungs-Kategorie „wehleidig“. Da hat der GI mit seiner Verteidigung einfach recht.“
Es geht nicht um ihr Eingestehen eines Fehlers mit der Äußerung zur Haltung der Führung. Es geht um die Instrumentalisierung von disziplinaren Vorgängen durch das Umfeld von UvdL und deren Durchstechen an die Presse. Dies erfolgte im Übrigen bis zur Rede von A. Wüstner, trotz Eingestehen eines angeblichen Fehlers.
@ Bodenwelle
„Gott sei Dank unzutreffend. Die Wissenschaftler/Innen des ZMSBw sind GG §5 verpflichtet (Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre). Man kann ihnen also „befehlen“, was sie beforschen sollen, aber nicht, zu welchem Ergebnis sie kommen sollen.
Die Aussage ist aus meiner Sicht mit Blick alleine auf die Ergebnisse zutreffend. Aber was veröffentlicht werden darf und was nicht liegt dann doch nicht mehr alleine in der Entscheidungsgewalt des ZMSBw. In diesem Hause nach meiner Kenntnis eine Menge Studien und wissenschaftliche Arbeiten angefertigt worden, die dann aufgrund der Ergebnisse eingestuft und nicht veröffentlicht werden.
Es ist dann halt doch eine Dienststelle der Bundeswehr. :-)
@Bodenwelle | 14. Juli 2017 – 0:15
„Gott sei Dank unzutreffend. Die Wissenschaftler/Innen des ZMSBw sind GG §5 verpflichtet (Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre). Man kann ihnen also „befehlen“, was sie beforschen sollen, aber nicht, zu welchem Ergebnis sie kommen sollen.“
Das halte ich für unzutreffend. Das ZMSBw ist m.E.n. keine Forschungseinrichtung IM SINNE des GG. Es ist eine Dienststelle der Bundeswehr mit einem ressortinternen „Arbeitsauftrag“.
Von daher kann man m.E.n. sehr wohl der Dienststelle Ergebnisse befehlen.
Allerdings wäre dieser Befehl natürlich aktenkundig aufzunehmen und würde daher politisch als Bumerang zurück kommen.
Darüber hinaus ist den Angehörigen des ZMSBw eine „nebenberufliche“ private Forschungstätigkeit gestattet und in dieser Bereich wiederum wäre dann grundgesetzlich geschützt. Der entsprechende Beamte/Offizier könnte also unter seinem Namen die ihm befohlenen Ergebnis legal und legitim wiederum außerdienstlich „fachlich zerlegen“ ohne ein Dienstvergehen zu begehen!
@lies.das | 14. Juli 2017 – 8:58
1. vdL hat sich NICHT entschuldigt! Sie hat „Bedauern“ geäußert, aber das ist etwas komplett anderes.
2. Sie erhält die inhaltlichen Vorwürfe so oder so aufrecht.
3. Ihr Verhalten hat sich zudem nicht geändert.
„Bevor die Ministerin in einem sehr harten ZDF-Interview in die Enge getrieben wird – und mit einer Verallgemeinerung rhetorisch versagt.“
?!?! Hartes ZDF-Interview? Wo ist das denn bitte passiert, ich habe keinerlei harten Fragen erlebt :(
Aber wenn man nach fast vier Jahren als IBuK halt immer noch kein Interesse am Denken, Handeln und Fühlen des eigenen Geschäftsbereichs hat und zudem auch keine Fachleute in den eigenen „engen Kreis“ zulässt, dann passiert halt so etwas.
Wenn es nicht die Bw wäre, die darunter zu leiden hätte, hätte ich gesagt: Selbst Schuld vdL!
Eine Frage habe ich schon. Dürfen wir uns im Winter mit dem Armenmantel und der Sammeldose auf den Marktplätzen der Republik versammeln und nach alter Tradition für die Kriegsgräber sammeln? Ich meine: Ausgerechnet für die in den Weltkriegen Verstorbenen Geld einsammeln? Ich freue mich auf die Antwort(die ich schon kenne) und auf meine Reaktion, die möglicherweise aufzeigen kann wie bescheuert wir sind.
Gruß
Ted
[Das ist jetzt hart an der Grenze zur gewollten Provokation… Bitte so nicht. T.W.]
Ich bin nicht der Pressesprecher des ZMSBw, aber eben dort arbeitend und spreche hier nicht offiziell, sondern persönlich. Vielleicht kann ich dann auch einiges hier Vermutetes klar stellen (Dank an den Hausherrn für seine Geduld):
Zur Ansprechstelle:
Das BMVg (ziemlich oben) hat entschieden, eine solche einzurichten und den Fachleuten des ZMSBw die Federführung zuzuweisen. Dies ist letztlich eine Reaktion auf immer noch herrschende Handlungsunsicherheiten im Umgang mit den Traditionsrichtlinien von 1982 und den Richtlinien für militärgeschichtliche Ausstellungen (Sammlungen) von 1999, die immer noch/wieder in beinahe allen Führungsebenen der Bundeswehr festzustellen sind. Immer wieder kennen beispielsweise Kommandeure diese Grundlagendokumenten nicht – oder sie werden beharrlich übersehen (so meine langjährige persönliche Erfahrung nicht nur in der Luftwaffe).
Zu beachten ist auch, dass im ZMSBw der Beauftragte für das Museumswesen der Bundeswehr tätig ist, der die Fachaufsicht über alle Sammlungen in der Truppe und über das Militärhistorische Museum mit seinen Standorten Dresden, Königstein und Berlin-Gatow hat.
Ihn unterstützten in den den OrgBereichen Historikerstabsoffiziere, die in den Kommandos die Aufsicht und Betreuung der Sammlungen gewährleisten. – Dazu folgender Hinweis: Die Luftwaffe hat als erstes 2000 einen entsprechenden zentralen Dienstposten (M/OTL mit Studium Geschichte) eingerichtet. Die anderen TSK und OrgBer sind erst zu Beginn der Jahrzehnts und später nachgezogen und manchmal hatte fehlten HistorikerStOffz für den Dienstposten. Sie finden ihre sachliche Begründung im o.g. Sammlungserlass der GenInspBw von 1999.
Die Fragen an die Mailadresse – nicht ganz glücklich, nicht im ZMSBw definiert! Dafür gibt es keinen Pullitzerpreis! Aber es ist auch nicht das übliche BwAbkWTUngTümEinfach@irgendwas.de – beantwortet grundsätzlich das ZMSBw. Vieles davon wird „Tagesgeschäft“ sein. Gleichwohl ist bei den Fragen zu unterscheiden zwischen solchen, die sozusagen Handlungsunsicherheiten auf der taktischen Ebene (Flurbilder bei Kompanien, Bataillonen etc.) ausgleichen und solchen, die durchaus strategisch zu sehen sind (z.B. Ehrenhaine, wenn es sowas gäbe).
Zum Studium Militärgeschichte:
Seit 1997 gibt es an der Uni Potsdam die einzige Professur für Militärgeschichte – später erweiteret zu „Kulturgeschichte der Gewalt“ in Deutschland. Zuvor gab es in der Bundesrepublik so etwas nicht. Sie wurde in den ersten 5 Jahren durch das BMVg mitfinanziert (1. Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Bernhard R. Kroener, zuvor im MGFA).
Nach seiner Emeritierung hat Prof. Dr. Sönke Neitzel den Lehrstuhl inne. Mit ihm erfolgte die Ablösung des bisherigen Studienganges „Military Studies“ (v.a. Militärgeschichte und Militärsoziologie) durch den neuen „War and Conflict Studies“ (spricht für sich). An beiden Studiengängen war bzw. ist das ZMSBw durch das Angebot von Lehrveranstaltungen etc. beteiligt.
Insofern kann man an den BwUnis wie auch an anderen Universitäten in Deutschland nicht Militärgeschichte studieren. Gleichwohl gibt es an vielen Unis entsprechende Lehrveranstaltungen oder Dozenten, die in dieser Hinsicht tätig sind. Man kann vielleicht verallgemeinernd sagen, dass man Militärhistoriker nicht unbedingt durch den Studiengang an sich, als mehr durch die Beschäftigung mit entsprechenden Themen und Veröffentlichung solcher Ergebnisse wird. (Schaut man sich sich die Viten der Historiker am ZMSBw an, wird ersichtlich, dass dann auch viele anfängliche Nicht-Militärhistoriker darunter sind oder waren, die mittlerweile eben solche sind. Und wenn einer von denen schon als Masterarbeit eine militärgeschichtliche eingereicht hat, dann lag das immer auch am Betreuer an der Bundeswehr- oder sonstigen Universität.)
Prof. Dr. em. Gerd Krumeich (Uni Freiburg/Düsseldorf) sagte mal: Militärgeschichte ist zu wichtig, als dass man sie den Soldaten überlässt! Stimmt!
Zum Problem Dienststelle versus Forschungsfreiheit nur so viel: Art. 5 GG ist der Maßstab. Oder auch: Das ZMSBw ist eine Dienststelle der Bw, die (auch) die Bw zum Untersuchungsgegenstand hat. Militärgeschichtliche Themen werden ihm dabei i.d.R. nicht vorgegeben, aber manchmal als Wunsch formuliert. Der wird ggf. erfüllt (de Maiziere-Studie 2012 oder MAD-Geschichte in Kürze). Aber die Ergebnisse sind dabei frei von politischer Einflussnahme. Für die sozialwissenschaftlichen Untersuchungen gilt anderes. Hier werden Untersuchungen – auch regelmäßig wiederkehrend wie „Bevölkerungsstudien“. Diese werden aber mittlerweile deutlich problemloser als im früheren SOWI auf der Website des ZMSBw bereitgestellt. Wichtig war dem ZMSBw bei seiner Konstituierung, dass solche aufwändigen Forschungen nur dann Sinn machen,wenn Ergebnisse auch diskutiert werden können. Mit dieser Auffassung hat das ZMSBw das Ministerium überzeugt.
@Heiner Moellers
Dann ist ja die Umbenennung der Straßen im Fliegerhorst Faßberg bestimmt auch beraten worden ;-)
@Heiner Moellers | 14. Juli 2017 – 21:13
„Das BMVg (ziemlich oben) hat entschieden, eine solche einzurichten und den Fachleuten des ZMSBw die Federführung zuzuweisen.“
Wenn Sie meinen Fachleute für Geschichte, stimme ich zu.
Wenn Sie meinen Fachleute für Tradition, dann stimme ich nicht zu. Tradition ist Angelegenheit der Truppe und nicht von truppenfremden Ämtern auf akademisch-esoterischem Niveau.
„Seit 1997 gibt es an der Uni Potsdam die einzige Professur für Militärgeschichte – später erweiteret zu „Kulturgeschichte der Gewalt“ in Deutschland. Zuvor gab es in der Bundesrepublik so etwas nicht.“
Das ist falsch. Bis Ende der 90er/Anfang der 2000er gab es einen Lehrstuhl für Militärgeschichte an der UniBwM (und einen Lehrstuhl für Sicherheitspolitik), bis beide durch die Uni umgewidmet worden sind. Zu etwas zwar ähnlichem, aber halt nicht mehr so „böse“ militärischen :(
„Zum Problem Dienststelle versus Forschungsfreiheit nur so viel: Art. 5 GG ist der Maßstab. “
Wenn Sie damit meinen, dass das BMVg keinen Einfluss nehmen SOLLTE, dann bin ich bei Ihnen.
Wie Sie damit meinen, dass das BMVg keinen Einfluss nehmen darf, dann haben Sie Unrecht.
@zimdarsen 14/7, 23:02
Nein, das ZMSBw hat hier nicht beraten. Dennoch ist natürlich zu fragen, ob militärische Verantwortliche für die Bombardierung Belgrads 1941, Unternehmen Strafgericht, z.B. Martin Fiebig, unbedingt als Namensgeber der Bundeswehr geeignet sind.
@koffer,
Danke für die unterschwelligen Verunglimpfungen.
1. An der BwUni in München gab es nie einen Lehrstuhl oder eine Professur für Militärgeschichte. Sie verwechseln das mit den Themen, die die Professoren Demel, Schulze und Wolfssohn anboten. Mehr nicht. Aber: gut gebrüllt Löwe. Grundsatz im Militär:lieber eine starke Behauptung, als ein schwacher Beweis..
2. Nennen Sie einen Fall, in dem das BMVg die Herausgabe von Forschungsergebnissen durch das MGFA/ZMSBw beeinflusst hat! (siehe Schlusssatz bei 1.!)
Und nennen Sie Beispiele, bei den das BMVg Einfluss nimmt. (Wissen Sie da mehr, als wir im ZMSBw? Sind Sie Insider, Adju vom GI oder was? Oder sind Sie auch nur mutmaßendes „Truppenschwein“?)
3. Wenn wir im ZMSBw allesamt „akademisch-esoterisch“ arbeiten, dann ist Ihre Argumentation nicht gerade kommunikationsfördernd. Hier gilt: quod non est in acta, non est in mundo.
Und: Wenn Truppe und Kommandeure die Regeln kennen würden, hätten wir in der Bw nicht immer wieder die gleichen Probleme. Illkirchs Wandmalereien sind doch das beste Beispiel für den Unfug, der immer wieder beobachtet werden kann. Ich frage mich schon, was sich der örtliche Kommandeur dachte, als er die Malereien das erste mal sah.
Und noch was: Melden Sie sich doch mal dienstlich bei mir, vielleicht bringt es uns weiter.
(Nun habe ich nach einer langen Zeit des stillen Mitlesens doch den Schritt zum kommentieren getan. In diesem Sinne ein herzliches Moin in die Runde.)
Ein kurzer Hinweis zum Thema: Im gestrigen Spiegel ist ein Interview mit besagtem Herrn Prof. Neitzel zum Thema Traditionspflege der Bundeswehr enthalten. Meiner Meinung nach ein interessanter Beitrag zur Diskussion.
[Auch Moin, aber ebenso eine Bitte: beim interessierten stillen Mitlesen auch die vorangegangenen Kommentare berücksichtigen. Da ist das Interview schon mehrfach erwähnt… T.W.]
@Heiner Möllers | 16. Juli 2017 – 12:43
Lieber @Heiner Möllers, ich habe Sie wieder offen noch unterschwellig Verunglimpft.
Sehr wohl habe ich aber Ihren Behauptungen widersprochen. Das sind aber zwei unterschiedliche Paar Schuhe ;)
Zu Ihren Punkten.
1. Nein, ich verwechseln da gar nichts. Sie beziehen sich in der Tat auf Lieblings-„Themen“ bzw. auf von studierenden Offizieren und Offizieranwärtern eingeforderte Themen von Professoren mit anderen Lehrstühlen.
Ich hingegen bezog mit ausdrücklich auf den bis 1998 existierenden Lehrstuhl für Neuere Geschichte, insbesondere Sozial- und Militärgeschichte, der im Zuge der „Entmilitarisierung“ der UniBwM umgewidmet wurde (parallel übrigens mit der Umwidmung des Lehrstuhls für Sicherheitspolitik!).
Soviel zu Thema „starke Behauptung und so“… ;)
2. Gerne nochmals. Ich habe nicht gesagt, dass das BMVg Einfluss NIMMT (obwohl diese Behauptung beim damaligen Mölders-Gutachten glaube ich nicht abwegig wäre ;) ), ich habe festgestellt, dass das BMVg Einfluss nehmen DÜRFTE und damit nicht gegen den Schutzbereich des Art. 5 GG verstoßen werden würde.
Außerdem habe ich meine Meinung kund getan, dass es dies aber nicht tun SOLLTE.
Lesen bildet ;)
3. „Wenn Truppe und Kommandeure die Regeln kennen würden, hätten wir in der Bw nicht immer wieder die gleichen Probleme.“
Zunächst einmal akzeptiere ich Ihre Prämisse nicht. Weder „kennt die Truppe die Regeln nicht“. Noch hat die Truppe immer wieder „Problem“.
Aber selbst wenn wir eine durch Angst und Politik erzeugte Unsicherheit in der Regelanwendung zugestehen, dann heisst das noch lange nicht, dass dadurch die Lösung in einem truppenfernen Amt liegen muss.
„Illkirchs Wandmalereien sind doch das beste Beispiel für den Unfug, der immer wieder beobachtet werden kann.“
Wieso die Verschönerung eines Uffz-Kellers mit für die Infanterie typischen Soldatenmalereien „Unfug“ sein soll, erschließt sich mir jetzt nicht.
Heiner Möllers | 16. Juli 2017 – 12:43
„Illkirchs Wandmalereien sind doch das beste Beispiel für den Unfug, der immer wieder beobachtet werden kann.“
das mag für Sie „Unfug“ sein – für die Kameraden dort war es das wohl eher nicht.
Daraus folgt natürlich
„Ich frage mich schon, was sich der örtliche Kommandeur dachte, als er die Malereien das erste mal sah.“
Das wird sich Ihnen meiner Einschätzung nach nie erschließen.
Wenn ich mir Ihre Kommentare hier so durchlese, muss ich mit meiner weiter oben genannte Einschätzung (Hans Schommer | 13. Juli 2017 – 19:38) zurückrudern. Und das tu ich hiermit.
Hans Schommer
@Zimdarsen
„Dann ist ja die Umbenennung der Straßen im Fliegerhorst Faßberg bestimmt auch beraten worden ;-)“
Wann ist das denn geschehen und was wurde getilgt?
Das große Problem des MGFA bzw. ZMSBw ist das überhebliche Agieren nicht weniger Mitarbeiter gegenüber den Soldaten. Das zeigt sich auch in der Diskussion mit Herrn Möllers recht eindrucksvoll. Man meint den Soldaten vorschreiben zu können, welche Vorbilder geeignet seien, lässt aber häufig selbst jegliche objektive Distanz zu der historischen Persönlichkeit vermissen und beschwert sich dann, dass die Ratschläge nicht angenommen werden. Die Truppe hat aber ein feines Gespür für den fairen Umgang mit historischen Persönlichkeiten und lässt sich ungern für dumm verkaufen.
Daraus folgere Ich, dass die Soldaten nicht so „doof“ sind, wie einige im MGFA/ZMSBw denken. Zudem sehe ich, dass das MGFA in der Truppe massiv an Reputation eingebüßt hat und deren teilweise dauerempörte Mitarbeiter schon lange nicht mehr als ihresgleichen wahrgenommen werden.
[Das ist jetzt wieder hart am Rande der hier unerwünschten persönlichen Anwürfe. Und das „überhebliche Agieren“ kann man bei etlichen Kommentaren hier, wenn man es so sehen will, mit deutlich mehr Berechtigung auch finden. Bitte diese Art der Debatte nicht. T.W.]
@Heiner Möllers
„Dennoch ist natürlich zu fragen, ob militärische Verantwortliche für die Bombardierung Belgrads 1941, Unternehmen Strafgericht, z.B. Martin Fiebig, unbedingt als Namensgeber der Bundeswehr geeignet sind“
Genau das ist zum Beispiel zu hinterfragen (in aller Unaufgeregtheit) ……..doch warum benötigt es dazu als Anlass einen angeblich (sehr wahrscheinlich) kriminellen Oberleutnant?
Zimdarsen | 17. Juli 2017 – 16:35:
„Genau das ist zum Beispiel zu hinterfragen (in aller Unaufgeregtheit) ……..“
Ist das denn aktuell? Der General Fiebig ist ja wohl in Jugoslawien wegen Kriegsverbrechen hingerichtet worden – habe ich aus Wikipedia. Aber da steht nicht, was dem Mann zur Last gelegt wurde. Ich frage rein Interesse halber, weil dieser (mir völlig unbekannte) Fall ja hier zum Thema von Herrn Möller explizit als Beispiel eingebracht wurde.
Hans Schommer
Auch ein Militärhistoriker – hier im SPIEGEL-Interview:
http://tinyurl.com/yavjynet
Der Artikel ist m.E. jeden Cent wert.
Ich stimme da weitgehend mit dem Prof überein.
Hans Schommer
Interessant ein Artikel zum Thema „Überarbeitung Traditionserlass“ von drei Stabsoffizieren der Bundeswehr, veröffentlicht in Tichys Einblick (TE):
„Anfang Juni leitete Frau von der Leyen persönlich mit einer “Kick-Off-Veranstaltung“ die Überarbeitung des Erlasses ein. Sie betonte die Bedeutung der bundeswehreigenen Geschichte, die sich als Armee in der Demokratie bewährt habe. Es ginge ihr „nicht um die Würdigung der Geschichte, sondern um Soldatinnen und Soldaten von heute und morgen“. Dabei solle auch die Frage geklärt werden, warum „junge Soldatinnen und Soldaten auf die 12 dunkelsten Jahre unserer Geschichte“ zurückgriffen, „wenn es doch 61 Jahre Bundeswehr“ gebe? „Gibt es ein Vakuum?“ fragte sie und leitete damit die Diskussion mit 25 Generalen und Admiralen ein.“
Wie auch hier bei AG bereits mehrfach festgestellt, könnte eine Antwort auf diese Frage sein, so die Autoren,“ dass junge Soldaten sich nicht auf die „12 dunkelsten Jahre unserer Geschichte“ beziehen, sondern auf die Kampferfahrung, die in knapp 6 Jahren dieser Zeit gesammelt wurde und bis heute international auch vielfältige Anerkennung findet.“
Beim Besuch des „Waldes der Erinnerung“ in Potsdam sagte Bundespräsident Steinmeier: „Hier wird nun deutlich, was wir jungen Menschen abverlangen, die im Einsatz für unser Land Risiken auf sich nehmen, um in schwierigen Einsatzgebieten wie Afghanistan und Mali auch unsere Interessen und unsere Sicherheit zu verteidigen.“
Sehr zutreffend, Herr Bundespräsident.
Nun fehlt nur noch, dass man den Soldaten der Bundeswehr, zumindest aber den Kampftruppen, Traditionslinien zugesteht, die den Kampf auch abbilden.
Das Blatt mit den vier Buchstaben kann fragwürdige Überschriften nicht lassen, und meldet unter der Überschrift Skandal Kaserne, daß die Sex-Vorwürfe der Verteidigingsministerin in Pfullendorf, wegen der Tanzstange, in sich zusammengefallen seien und dem Ausbilder jetzt noch vorgeworfen wird, er habe sich durch die Annahme der Tanzstange bestechen lassen und dies hätte er nicht dürfen.
Und es spricht nicht für ein Traditionsverständnis der BW, wie das Ministerium diese Niederlage kommentiert, anstatt sich mal bei den Soldaten aus Pfullendorf zu entschulden, die wegen nichts an den Pranger gestellt worden sind:
„Allein die Existenz einer Tanzstange in einem dienstlichen Aufenthaltsraum steht im Widerspruch mit einem respektvollen, modernen Arbeitsumfeld, das Tausende junge Menschen heute in der Bundeswehr suchen.“
Offensichtlich hat die Mnisterin immer noch nicht verstanden, daß die BW kein normaler Arbeitgeber sein kann und die Kampf- und Kampftruppenunterstützungssoldaten nicht wegen Flachbildschirmen zur BW kommen.
Diese wollen Deutschland dienen, Deutschland verteidigen, Abenteuer erleben, Kameradschaft finden……und sicher lieber funktionierende Waffen und genug Munition haben, als ein angeblich modernes Arbeitsumfeld.
Interessant ist noch, daß heute in vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen 4 Klagen verhandelt werden sollen wegen den Aufnahmeritualen, wo die Soldaten gegen ihre Entlassungen klagen. Da können wir mal gespannt sein, wieviel von diesen Vorwürfen stehen bleibt oder ob diese auch in sich zusammenfalllen?
@Politikverdruß
Vielen Dank für den Lesetipp, gut auch die Aussage franz. Historiker von 2005:“Sie (die Geschichte) sei weder „die Moral“ noch die Sklavin der Aktualität.“
Schade allerdings, daß sich weiterhin nur aktive Soldaten unterhalb A16 zu Wort melden.
@ zimdarsen und @XYZ
Wenn sie akzeptieren, dass Historiker durchaus zu andere Bewertungen historischer personen und Ereignisse kommen können, dürfen und sollen, wäre ich schon beruhigt. Wenn sie sich bei ihren Polemiken (gilt primär für xyz) nicht hinter dem alias verstecken würden, würde ich auch einen Dialog beginnen.
Aber für @XYZ kann ich wohl schreiben was ich will, er wird es nicht akzeptieren wollen….
Ich denke, dass es eine Debatte auf zwei Ebenen ist: was die „Truppe“ sucht und was politisch für die Armee der Inneren Führung opportun ist.
Dabei steht das ZMSBw ohne Frage im Grabe zwischen beiden. Und da kommen wir auch nicht raus, weil die Geschichtswissenschaft vielen fremd ist die sich für Geschichten interessieren.
Angebot an alle: melden Sie sich bei mir!
Ende der Durchsage.
@einer Möllers | 19. Juli 2017 – 22:41
„Ich denke, dass es eine Debatte auf zwei Ebenen ist: was die „Truppe“ sucht und was politisch für die Armee der Inneren Führung opportun ist.“
Den von Ihnen beschriebenen Konflikt sehe ich auch, aber die Formulierung „politisch für die Armee der Inneren Führung opportun“ akzeptiere ich nicht.
Ich würde statt dessen formulieren „politisch opportun“…
uli | 19. Juli 2017 – 13:49,
„Mit gesenktem Haupt eilt man nervös durch die Gänge in Berlin und hofft, dass der Sturm der IBUK einen selbst nicht trifft.“ (JamesJMellen | 16. Juli 2017 – 18:09)
Aber gerne zählt man sich heute zu jenen, die, hätten sie nur früher gelebt, den Diktatoren in den Arm gefallen wären. Je größer die Distanz zu den Ereignissen, desto stärker nimmt die Zahl der „Widerstandskämpfer“ zu.
[So, können wir jetzt mal beenden, dass Protest gegen das Verhalten einer Politikerin mit „Widerstand“ im NS-Regime gleichgesetzt wird? Diese unglaubliche Verharmlosung der Nazis bei gleichzeitiger Überhöhung politischen Protests, natürlich nur des eigenen, findet anderenorts schon zur Genüge statt – hier ist das ziemlich daneben. T.W.]