Fürs Archiv: Der GI im Morgenmagazin

Fürs Archiv nachgetragen: Am (gestrigen) 4. Mai ist Generalinspekteur Volker Wieker im ARD-Morgenmagazin zu den aktuellen Vorfällen in der Bundeswehr befragt worden – und ich müsste sehr lange nachdenken, um mich zu erinnern, wann der Generalinspekteur der Bundeswehr zuletzt in Uniform bei einer Live-Sendung in einem TV-Studio saß.

Das Interview ist hier als Video verfügbar, allerdings begrenzt bis zum 04. Mai 2018; deshalb (und zum Nachlesen statt -hören) das Transkript:

Frage:… Sie haben das gestern (in Illkirch) gesehen, Sie haben auch gesehen, dass dort Wehrmachtsdevotionalien hingen, und Sie wissen, was da passiert ist. Fühlen Sie sich selbst auch in der Verantwortung?

Antwort: Natürlich, wir fühlen uns alle gemeinsam in der Verantwortung, denn, wie die Ministerin schon ausführte, die Wehrmacht ist in keiner Weise traditionsstiftend für die Bundeswehr. Das wurde schon in einem Traditionserlass 1982 festgelegt und gilt unverändert.

Frage: Wir alle fragen uns natürlich, Franco A.,… ist der jetzt ein Teil eines Netzwerkes oder einer Gruppe oder ist es wirklich ein Einzelfall.

Antwort: Das können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Die Ermittlungen werden ja durch das Bundeskriminalamt geführt und nunmehr unter Führung des Generalbundesanwaltes. Wir stehen gewissermaßen im zweiten Glied, aber parallel versuchen wir natürlich, das soldatische Umfeld dieses Verdächtigen auszuleuchten. Und da gab es eben auch einen Berührungspunkt im Standort Illkirch, wo er nach seiner Offiziersausbildung zunächst seinen Dienst antrat.

Frage:… Der Vorgesetzte dieses Soldaten (hat) ja offensichtlich nicht reagiert. Bedeutet das, dass man überhaupt keine Alarmglocken mehr hat in der Bundeswehr für solche ja sehr krasse Einlassungen?

Antwort: Ja, er hat reagiert, aber nach meiner Einschätzung eben nicht richtig. Nach dieser Masterarbeit wurde ein wissenschaftliches Gutachten durch einen Mitarbeiter unseres eigenen Institutes erarbeitet, das in derart eindeutiger Weise eine völkische Gesinnung, ja sogar eine agitatorische Gesinnung aufdeckt.

Die Anhörung des Verdächtigen durch den Wehrdisziplinaranwalt konnte dieses Bild nicht bestätigen, jedenfalls konnte er dem gegenüber glaubhaft versichern, eine andere Auffassung angenommen zu haben. Dem hat sich der Disziplinarvorgesetzte angeschlossen, was ich in keinster Weise nachvollziehen kann.

Frage:… Wie kann man das denn umsetzen, dass die Innere Führung… innerhalb der Bundeswehr sich in Zukunft doch so gestaltet, dass man das sofort bemerkt und dass man dann auch tatsächlich was unternimmt?

Antwort: Ja, das heißt eben ganz bewusst „Innere Führung“, und die beschreibt Haltungen und Einstellungen. Daher geht es auch nicht um einen Generalverdacht, sondern um die ganz berechtigte Sorge, dass all die Selbstreinigungsmechanismen, die eine Großorganisation in dieser Tiefenstaffelung wie die Bundeswehr auf allen Ebenen benötigt, nicht so zur Wirkung gelangen, wie wir uns das alle wünschen. Und das muss uns auf den Plan rufen. Wir müssen aufklären, wo diese Gründe zu verorten sind.

Es fielen ja eben bereits Stichworte. Gibt es einen Zielkonflikt, der möglicherweise in einem falsch verstandenen, übertriebenen Korpsgeist begründet ist? Gibt es Zielkonflikte im Loyalitätsverständnis desjenigen, der auf der einen Seite rechtliche Beratung sicherstellt für den Disziplinarvorgesetzten, auf der anderen Seite Vergehen ermitteln muss, also im gleichen Verantwortungsbereich? Das müssen wir aufarbeiten, und dazu treffen wir uns auch heute Nachmittag im Führungskreis.

Frage: Wir haben gehört, dass es nicht nur diesen rechtextrremen Fall gab, sondern auch Fälle von Demütigung und schlechter Behandlung von Rekruten. Wie wollen Sie denn neue Freiwillige gewinnen, wenn dieses Bild der Bundeswehr jetzt nach vorne kommt?

Antwort: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Deswegen müssen wir selbst auch kritikfähig bleiben und auch selbstkritisch miteinander umgehen. Natürlich ist die politische Auseinandersetzung, die auch in einem Wahljahr mit einigermaßen Schärfe geführt wird, nicht der tatsächliche Imageschaden für die Bundeswehr, sondern unser Erscheinungsbild leidet durch die tatsächlichen Vorkommnisse. Die müssen wir aufarbeiten, deren Ursachen ergründen und für die Zukunft die Weichen stellen, dass so etwas nicht wieder vorkommt.

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(Foto: Screenshot aus dem Interview)