Neue „schwere“ Heeresstruktur, mehr Artillerie, 27 zusätzliche Bataillone? (Nachtrag: BMVg)
Das Deutsche Heer steht nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vor einer neuen, weitreichenden Umstrukturierung, die vor allem mehr Artillerie und mehr gepanzerte Gefechtsfahrzeuge mit sich bringen soll. Das berichtet der FAZ-Ableger Frankfurter Allgemeine Woche in einer Vorabmeldung am (heutigen) Donnerstag. Unter anderem sei der Aufwuchs von bislang drei auf 14 Artilleriebataillone geplant.
Künftig wolle das Heer drei voll aufgestellte Divisionen, zwei einheitlich schwere und eine einheitlich leichte Division, in die NATO einbringen, berichtet das Blatt. Dafür seien insgesamt 27 zusätzliche Bataillone erforderlich: Der damit verbundene Aufwuchs an schweren gepanzerten Truppen, Ausrüstung, Personal und vermutlich auch Standorten dürfte nach Ansicht von Bundeswehrexperten deutlich teurer werden als die Investitionen in die Cyberabwehr.
Mit Details ist die Online-Meldung* noch zurückhaltend (ob in dem eigentlichen Bericht, der am morgigen Freitag erscheint, mehr steht, weiß ich nicht).
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums erklärte dazu am Donnerstagabend lediglich:
Es scheint sich um NATO-Planungen zu handeln, die über das Jahr 2032, also über einen Zeitraum von 15 Jahren, hinausgehen. Dazu gibt es im Bundesministerium der Verteidigung noch keine Entscheidung.
So richtig hilft einem das auch nicht weiter.
*Deutsche Verlagswebseiten werden hier in der Regel nicht verlinkt; in begründeten Fällen gibt es auch mal eine Ausnahme.
(Archivbild: Scharfer Schuss mit dem Mittleren Artillerieraketensystem II (MARS) des Artilleriebataillons 131 aus Weiden bei der multinationalen Übung Iron Sword 2016 in Litauen – Bundeswehr/Jane Schmidt)
Die Struktur einer Brigade, einer Division sollte sich aus ihrer Aufgabe und dem zu Grunde gelegten Kriegsbild ergeben.
Nach dieser allgemeinen Binse ein paar Punkte.
Bei Landesverteidigung erlaubt die Abstützung auf nahe Infrastruktur und kurze Abschub- Instandsetzungswege eine Ausplanung von Kompanien in Brigaden. Bei Szenarien zur Bündnisverteidigung ist das nicht ohne weiteres so. Hier kommt es darauf an die Brigade logistisch im fremden Land so durchhaltefähig zu machen, dass der Auftrag glaubwürdig erfüllbar ist. Also eher ein Btl als eine Kp.
Anderes Beispiel, Pioniere:
Gegen einen mechanisierten Feind in der Bündnis-/ Landesverteidigung gewinnt die Sperrfähigkeit überragende Bedeutung. Dann wird jedes Kampftruppenbataillon durch eine Sperrstarke PzPiKp verstärkt. Dies bedeutet ein PzPi Btl pro Brigade.
Die Erhöhung der Artilleriebataillone stellt nur das alte Verhältnis von 1:3 zur Kampftruppe wieder her. Die Komponente Feuer ist zur Zeit im Heer gefährlich untergewichtet. Dies ist der eigentliche Kern der „afghanisierung“ der Bundeswehr.
@ Karl Mohr:
Warum dann nicht gleich Pz(Gren)Rgt’er aufstellen, mit integrierter Log, Pi, etc. pp. Kp? In Bezug auf Logistik bin ich ja geneigt, in Richtung VersBtl zu gehen, in Bezug auf Pi überzeugt mich das nicht so recht. Man muss schon in „wäre schön, wenn“ und „ist unabdingbar“ unterscheiden, also priorisieren und gucken, was sich schlussendlich realisieren lässt.
Danke für die aufschlussreichen Kommentare. Können denn nun die bestehende Verbände, Divisionen und Brigaden, so aufgepäppelt werden oder kommt das alles eher einer Neuaufstellung gleich?
Bis 2022 soll der rüstungsinvestive Anteil im Einzelplan 14 mehr als verdoppelt werden. Aufgrund des Investitionsstau der letzten 20 Jahre und der hier nun dargestellten Bedarfe aus meiner Sicht noch nicht ausreichend bzw. auf einer angedachten Zeitachse von 15 Jahren gerade umsetzbar wenn Marine und Luftwaffe nicht wären. ….
Man wird natürlich an Neuaufstellungen nicht vorbeikommen, insbesondere, was Artillerie und PzTr anbelangt. Die Frage ist, was man durch Umorganisation des Bestehenden „herausholen“ kann – und da gehen die Meinungen ganz offenkundig auseinander. In meinen Augen besteht zumindest im Bereich Pi und Aufkl die Möglichkeit, (Teil-) Fähigkeiten aus der Brigadeebene auf die Divisionsebene zu verlagern. So oder so, es wird ein Kraftakt, der uns Soldaten und unseren Familien wieder mal viel abverlangen wird.
@klabautermann | 10. April 2017 – 11:36
Aber ich bin kein Herrestaktiker, also bitte ich um „Belehrung“.
Mag sein. Aber von Manstein (seine Argumentation Brigade statt Regimentsstruktur) und die Argumentation für die Struktur einer Kampftruppenbrigade in der Heeresstruktur IV dürften nicht vollkommen an Ihnen vorbei gegangen sein.
Je schwerfälliger ich mein Combat Package strukturiere, desto mehr Probleme bekomme ich im Berich operative und taktische Mobilität.
Das ist ganz sicher richtig. Es ist aber auch eine Binse, dass sich die operativen Tiefen am Gesamtpaket des Truppenkörpers bemessen.
Ich meine, es kommt in der Landes- und Bündnisverteidigung weniger auf die Befähigung zum Panzer-Raid , zum Legen eines Verteidigungsschleiers bzw/oder .das Freie Operieren an, sondern auf die Befähigung zum Gefecht hoher Intensität in einem relativ (!) starren Korsett und relativ (!) wenig Raum (-> Baltikum und die Republik Polen), mit deutlicher Befähigung zur Vorneweg-Verteidigung.
Man kann glaube ich nicht ohne Berechtigung sagen, dass uns eine Heeresstruktur IV jetzt mehr brächte als die derzeitige – mit der ist kein Blumentopf zu gewinnen. Weshalb also das Rad neu erfinden? Das als Vorlage, ein paar Änderungen en detail (2017 ist halt nicht 1985) und man sollte schon schon mal grob im Ziel liegen. Interessant dürfte in dieser Hinsicht sein, wie sich die „Zersplitterung“ der „Landstreitkräfte“ in Heer, ZSanDst und SKB diesbezüglich auswirkt, da das ja früher alles „Heer“ war, grauer Rock, fertig.
@Sachlicher
Ich glaube nicht, das wir auf Expedition oder Einsatzfähigkeit wie in Afghanistan oder Irak verzichten dürfen und können.
Dafür sollte die Möglichkeit bestehen eine Brigade autark zu machen ohne die Division operativ zu schwächen.
@ Sachlicher | 10. April 2017 – 20:17
Als marinirter wage ich mich evtl in falsche Wissensgebiete. Aber als globaler Nautiker halte ich die Aussage:
“ relativ (!) wenig Raum (-> Baltikum und die Republik Polen),“
fuer recht gewagt.
Das sind 1200km N-S und ca 500km E-W, da kann man mW die ganze Bw incl der oestl Buendnispartner vielfach drin verstecken bzw ausgeduennt ueberrennen lassen.
Bei dieser ganzen neuen „Rückbesinnung“ auf schwere Kräfte wird aber wieder völlig außer acht gelassen, dass zwar zur Zeit der böse gefräßige russische Bär gern in dunkelschwarz plakativ an die Bedrohungswand gepinselt wird, wir aber in der Realität bereits wieder mit 1000+ Mann Tendenz steigend im nächsten endlosen Stabilisierungseinsatz in völlig überdehnten Räumen für leichte Kräfte stehen…..
Vor allen Überlegungen zu Strukturen und Ausrüstung gehört eine – in der Gesellschaft nach offener Debatte mitgetragene – Idee („Strategie“), wofür diese unsere Streitkräfte als Mittel der Politik in den nächsten 10 – 15 Jahren perspektivisch eingesetzt werden sollen und wofür eben nicht. Und daran muss man sich dann auch irgendwann mal halten.
Wir reden bei den vorliegenden Ideen und Gedankenspielen von Umsetzungen um 2030+.
In 3-5 Jahren wird dann die nächste Reformsau zur 180° Wende durchs Dorf getrieben.
So lange in der Masse und Breite dieser Gesellschaft Streitkräfte und deren Einsatz als politisches Werkzeug nur ein ungeliebtes schmuddeliges Stiefkind sind, welches man entweder bevorzugt ignoriert oder aktiv verpönt, sind Debatten über Innengliederungen von Brigaden und Divisionen hier im Blog aktiver „Fachinteressierter“ mehr oder weniger für die Katz.
Das 2016er Weißbuch liefert da keine überzeugende Hilfe und von gesellschaftlichem Konsens brauchen wir bei seiner Erstellung gar nicht erst reden.
@Hans Dampf
Heeresstruktur IV!
So ist es!
Mehr braucht nicht nur nicht, darf auch nicht gesagt (zu) werden, es wäre nämlich Zerreden eines Erfolgsmodells.
ThoDan | 10. April 2017 – 21:00
Darum ist eine Jg Div Vorgesehen
wo die Leichten Jg Einheiten weiter zu Verfügung stehen
nur ist die Div nicht für Baltikum geeignet
@ Fix
Der Bevölkerung konnte und kann man eine Struktur, die der Landes- und Bündnisverteidigung dient, also Art. 87 (1) GG entspricht, ohne Probleme verkaufen. Das Problem sehe ich nicht. Alles andere ist und bleibt unpopulär. Das Ergebnis einer (erzwungenen) Debatte wird nicht wesentlich anders ausfallen als in den letzten Jahrzehnten.
@Hans Dampf | 10. April 2017 – 21:00
Sie haben absolut Recht: Natürlich MIT Nachjustierungen. Es ging mir nur um den Grundsatz.
ZSanDst wurde geschaffen, wie Sie ganz sicher wissen, um der Personalnot im Sanitätswesen zu begegnen. Das Problem gälte es zu lösen.
Die SKB wurde geschaffen, auch das dürfte Ihnen bekannt sein, um querschnittliche Aufgaben zu bündeln. Ich finde das organisatorisch (Schule, Amt und Truppe in einer jeweiligen Hand) gut umgesetzt. Jeder der einen Fachmann aus dem Bereich Heeresamt zu einer Abstellung unter Feder des Heeresführungskommandos abfragte, dürfte sich erinnern :)
Letztlich gibt es zu wenig“Querschnittler“ und zu viele unterschiedliche Aufgaben für diese, um stabile Coleurverhältnisse auszubilden- wie dies eben die „früheren“ Brigade- und z. T. Divisionseinheiten konnten- was die “ Auslagerung in die SKB“ heilen könnte.
Der neueste Gag, „Führungsunterstützung aus einer Hand“, spricht nun leider nicht nur für eine Trendwende :)
Andererseits gelang es natürlich schon sehr früh ( Sei es in der von Michail Tuchatschewski, Wladimir Triandafillow geschriebenen, von Boris Schaposchnikow zwar gelehrten aber praktisch viel zu lange sträflich vernachlässigten „Theorie der tiefen Operation“ oder eben in den militärtheoretischen wie -wissenschaftlichen Aussendungen des Deutschen Generalstabs) den Kampftruppen in Gestalt von Kampf-, Einsatz- und Führungsunterstützungskräften, Aufklärungskräften sowie der Luftwaffe ideell, konzeptionell und militärpraktisch für Operationen zur Verfügung zu stellen.
Wir wissen das. Und wir wissen um die Konsequenzen, gelingt das nicht.
@ThoDan | 10. April 2017 – 21:00
Ich glaube nicht, das wir auf Expedition oder Einsatzfähigkeit wie in Afghanistan oder Irak verzichten dürfen und können.
Das schrieb ich auch nicht.
Dafür sollte die Möglichkeit bestehen eine Brigade autark zu machen ohne die Division operativ zu schwächen
Man nimmt mit, was man benötigt bzw zu benötigen glaubt in Bezug auf den Auftrag.
@Sachlicher
Ich wollte ihnen nichts in die Tastatur schieben.
Hier noch ein Hinweis auf die aktuelle Diskussion in den USA:
http://breakingdefense.com/2017/03/battle-for-armys-soul-resumes-lessons-from-army-after-next/
Im Kern sind aus meiner Sicht nicht die Kästchen entscheidend, sondern die Anpassungsfähigkeit.
Kern hierfür ist ein sehr hohes Ausbildungsniveau.
Die Kampfgruppe
Die Division war nie mehr als das Vehikel zur Ertüchtigung der ihr unterstellten Brigaden.
Dies erfordert heute sicherlich heute mehr/andere/zusätzliche Fähigkeiten als vor 25 oder 30 Jahren … das Prinzip muss sich aber deshalb nicht verändern.
@MikeMolto | 10. April 2017 – 21:
Als marinirter wage ich mich evtl in falsche Wissensgebiete. Aber als globaler Nautiker halte ich die Aussage:
“ relativ (!) wenig Raum (-> Baltikum und die Republik Polen),“
fuer recht gewagt.
In Ihrer Darstellung bzw. in Anbetracht der Größe des Raumes in Relation zum gegenwärtigen Kräftedispositiv ist das nicht ganz von der Hand zu weisen- geht dem vermeintlichen Gegenüber aber auch nicht viel anders.
Ich meinte aber durchaus eher die „operative Enge“.
@Fux | 10. April 2017 – 21:04
Sie haben im Wesentlichen Recht.
So lange in der Masse und Breite dieser Gesellschaft Streitkräfte und deren Einsatz als politisches Werkzeug nur ein ungeliebtes schmuddeliges Stiefkind sind, welches man entweder bevorzugt ignoriert oder aktiv verpönt, sind Debatten über Innengliederungen von Brigaden und Divisionen hier im Blog aktiver „Fachinteressierter“ mehr oder weniger für die Katz.
Es dürfte den Meisten hier durchaus bewusst sein, wieviele politische, ökonomische und gedankliche Parameter zu beachten sind, um eine Brigade/Division, geschweige denn ein Heer, „auszuplanen“.
Es ist also vor allem nicht nur für die Katz. Es ist nicht relevant. Es sind Gedankenaustausche. Ich finde es interessant sich auszutauschen. Nicht mehr aber auch nicht weniger.
Nachtrag:
Die Kampfgruppe im zweiten Weltkrieg zeigte beispielhaft, dass oftmals nicht die Grundgliederung entscheidend war, sondern die Fähigkeit lagebezogen umzugliedern und in ad-hoc-Verbänden zu kämpfen.
Noch ein Hinweis auf die Diskussionen in den USA: http://nationalinterest.org/blog/the-skeptics/the-us-army-may-have-prepared-the-wrong-war-19711
Wesentlich sind hier die RSG. Eine Brigade en miniature.
Es wäre mehr als erfreulich wenn darüber aus deutscher Sicht auch substanziell diskutiert würde – und sei es in der ÖMZ.
Vielleicht wäre auch ein Blick auf die neue Doktrin der russischen Streitkräfte hilfreich …
Bildung von Bataillons- und Kompaniekampfgruppen mir Kampfunterstützung wie Artillerie/Flugabwehr/Pioniere etc. bis hinunter auf die Ebene Companie Task Group.
Die nächst höhere Führungsebene dient lediglich zur Bereitstellung der erforderlichen Fähigkeiten sowie zum Ergänzen durch einige wenige „Spezialfähigkeiten“ wie besondere Aufklärungsmittel, Lbwgl Kr, SOF etc. .
Bei der Bw nennt sich das Einsatzverband oder neudeutsch Task Force. Das zusammenhängende Gefecht der verbundenen Waffen über mehrere TF hinweg läßt sich damit aber nicht führen, m.E.
@ThoDan | 10. April 2017 – 21:00:
Hier Memoria | 10. April 2017 – 22:31 und noch mehr hier Memoria | 10. April 2017 – 22:48 finden Sie eine gute Antwort zu den Umsetzungsmöglichkeiten bzw. Weiterentwicklung Ihres Gedankens:
Dafür sollte die Möglichkeit bestehen eine Brigade autark zu machen…
Bei der Bundeswehr ist das aber seit Langem nicht mehr mit entsprechendem Üben hinterlegt, ist eher ein Kind aus der Not AFGs. Ich meine diese Einsatzstruktur (von mir aus auch Gefechtsgliederung) als Standard – geübt, erprobt im Frieden.
@Sachlicher & Memoria
Danke, war eine interessante Lektüre.
Simulant | 10. April 2017 – 23:00
„Vielleicht wäre auch ein Blick auf die neue Doktrin der russischen Streitkräfte hilfreich …“
Volle Zustimmung. Einiges wird ja in den obigen Links bereits angedeutet.
Der Kern sind – wie von ihnen dargelegt – recht kompakte, aber kampfstarke – gemischte Gefechtsverbände.
Hier noch ein Überblick der US-Perzeption:
http://www.nextbigfuture.com/2016/05/us-army-studies-russian-ukraine-war-for.html
Dort bitte die Links am Beginn des Artikels beachten. Bei dem General McMaster handelt es sich um den neuen Nationalen Sicherheitsberater von Trump.
Bisher kann ich nicht erkennen, dass man sich in der Bundeswehr hiermit wirklich ernsthaft auseinandersetzt. Die oben erwähnte neue Struktur scheint eher eine Renaissance bisheriger Ansätze zu sein.
Dass sich der Blick auf den potentiellen Gegner lohnt, ist doch eine Binse. Grob gesagt kann man jedoch feststellen, dass die Russen einen ähnlichen Weg eingeschlagen haben wie „der Westen“, hin zu hochmobilen, kleineren Truppenkörpern, a la maniere „Task Force“. Allerdings sehe ich es genau so wie Thomas Melber: Das ist für sich genommen schön und gut, aber die Fähigkeit, im Verbund eingesetzt zu werden, dürfte begrenzt sein. Sich also daran ein Beispiel zu nehmen, halte ich für falsch. Zumal gelten dürfte: Aus einer „gesunden“ Struktur anlassbezogen Gefechtsverbände zu generieren, dürfte ungleich einfacher sein, als der umgekehrte Weg – der dürfte sich als nahezu unmöglich erweisen. Die Gedanken, die sich jetzt gemacht werden, sind richtig und überfällig. Ich denke, es ist wichtig, eine Perspektive zu haben, ein konkretes Ziel, auf das man hinarbeiten kann, nach Jahrzehnten des (oftmals sinnlosen) Kahlschlages und Kaputtsparens.
Mal wieder ein kleiner, nerviger Zwischenruf:
„Gefecht der verbundenen Waffen“ in Verbindung mit „Brigade“ (autonom, autark befähigt zum GdvW) erzeugt bei mir im Kopf das Bild einer „Flottenplattform“ (also alle Seekriegsfähigkeiten auf/in einem Schiff)
Wenn ich mir so anschaue, was heutzutage alles als gefechtsrelevante „Waffe“ anzusehen ist und wenn ich mir dann vorstelle, dass man das alles aufbauorganisatorisch in einer „Brigade“ abbilden will, dann wird mir schon etwas schwummrig, insbesondere dann, wenn ich mir vorstelle, dass so eine Brigade dann z.Bsp. ins Balikum verlegt werden sollte.
Von daher finde ich das Konzept der C5ISR-befähigten Brigade als strukturelle Kernkomponente des Heeres für etwas aus der Zeit – ganz abgesehen davon, dass wir essenzielle, querschnittliche Fähigkeiten in Sachen C5ISR in andere OrgBereiche , bzw. TSK ausgelagert haben. Von daher wäre eine Heeresstrukturreform mit Fokus auf C5ISR-Brigade eigentlich eine komplette Streitkräftestrukturreform. Ich denke einmal, das wird nicht statt finden. Um es einmal ganz klar zu formulieren. Das Konzept eines Gefechts der in einer Brigade verbundenen Heereswaffen ist imho ein Fall für die Mottenkiste oder das Wehrkundemuseum, sorry ;-)
Moment, Moment … die Struktur der Russischen Landstreitkräfte beruht nach wie vor auf dem „Divisions/Brigaden/Bataillone- Prinzip“. Die genannten Führungsebenen verfügen über all das, was es zur Bildung von BTG/CTGs (Bataillon/Company Task Groups)braucht.
Pro Brigade max 3 BTGs, pro Bataillon max 3 CTGs, der jeweilige Rest verbleibt unter Führung der übergeordneten Ebene und wird zur Bildung von Schwerpunkten eingesetzt. Der Schlüssel ist,,dass bereits die Kompanieebene über (nennenswerte)Fähigkeiten wie Artillerie, Aufklärung, Flugabwehr, Pioniere verfügt – geführt auf dieser Ebene.
@klabautermann .. Sie oller Ketzer :-D
Das Konzept selbst ist nicht aus der Mottenkiste (und das sage ich als NICHT dem Uniformtraegerbereich Heer Angehoeriger), es ist nichts viel anderes als ein US BCT und durchaus fuer die Gefechtsfuehrung geeignet. Aber die derzeitige strukturelle Aufstellung laesst eine Umsetzung des Konzeptes nur mit unglaublichen Klimmzuegen und Abstuetzung auf „Fremdleistungen“ zu.
Zum Thema komplette Streitkraeftestrukturreform stimme ich Ihnen durchaus zu. Diese sollte dann aber ggf. noch viel weiter gehen. Man koennte sich – abgesehen von der inneren Identifikation – grundsaetzlich Gedanken machen, ob man ueberhaupt noch TSK / MilOrgBer benoetigt oder einfach feste Strukturen oberhalb der Ebener Btl oder gar Kp zugusten von Joint-Baukasten ganz abschafft.
@ Fux
Obacht: Das haben andere Länder (z.B. Kanada) auch schon versucht und sind dabei mittlerweile wieder ein Stück zurückgerudert. Es geht eben nicht ohne sinn- und traditionsstiftende Strukturen, auch wenn „Joint“ gerne als Entschuldigung / Ausrede / Heilsbringer für Sachen gebracht wird, die nur aufgrund abgebauter Strukturen nicht mehr funktionieren ;-)
@ klabautermann
was die meisten hier vermutlich meinen wenn sie von einer full spectrum brigade reden bezieht sich vermutlich eher auf einen gewissen mindeststandard.
naturgemäß kann man eine brigade nicht auch noch mit psyops/MilNw/cybergedöns und sonstigen annexkompetenzen überfrachten.
chassisfähigkeiten im peng/bumm sektor sollten auf brigadeebene aber ins ausreichender tiefe/breite vorhanden sein. ergo Kampftruppe/Ari/San/Luftabwehr/Pioniere. Diese Brigade wäre dann elementar verbundsgefechtsfähig
alles andere ist dann + X und kann von extern je nach lage dazu garniert werden.
@wacaffe
Ich habe halt zweifel daran, dass die „elementar verbundsgefechtsfähige“ Brigade im Frieden, in der Krise und im „Kriegs“einsatz wirklich der optimale Organisationsansatz ist unter den Aspekten „effective, efficient and economic“ Was sie als „annexkompetenzen“ bezeichnen, kenne ich als enabler, multiplier etc.pp.
Ich habe auch meine Zweifel, dass „das Gefecht“ (im klassischen Sinne) im Rahmen moderner, konventioneller UND asymmetrischer Kriegsführung wirklich der Krstallisationspunkt der Verteidigung ist. Von hybrid ganz zu schweigen.
Mir kommt das so vor als ob man „neue Lagen“ in alte Konzepte denken will.
An die Träumer:
Wieviele Jahre waren das für die vergangenen 7 Reformen die strukturell nie eingenommen wurden ???
Es geht nicht um die Einsatzbereitschaft, bitte zur Kenntnis nehmen !!!
Dann muss ich mal blöd nachfragen: Was stellt man sich denn nun konkret als Neuerung vor in Hinblick auf die sog. hybride Kriegsführung, unter besonderer Berücksichtigung eines „high intensity conflicts“? Dass die Fähigkeiten der Kpf-, Fü- u. EinsUstg (neudeutsch „enabler“), die „früher“ in den Brigadeeinheiten (zzgl. BrigArtBtl) vorhanden waren, nun auf die Ebene des KpfTrBtl „rutschen“ (z.B. Log, Art, Aufkl), so wie beim ehem. lbwglJgRgt 1? Dass also die KpfTrBlt zu Miniaturbrigaden, die Brigaden zur Miniaturdivisionen und die Divisionen zu Miniaturkorps werden?
@Hans Dampf
Ihre Miniaturisierung des Heeres gefällt mir gut ;-)
@Klabautermann
Ein Korps lässt sich leichter begründen, als die Einzelaufzaehlung ;-) haben wir von den Amis mit den Traegerverbaenden gelernt
@Marahrens Sönke
Sieht finster aus für die Luftwaffe, die hat weder Träger noch Korps ;-)
@ Klabautermann:
Mir auch – man könnte das teutsche Heer dann im Miniatur-Wunderland auffahren lassen – derweil nebenan bei B+V MKS 180 und K130, 2. Los gebaut werden, oder auch nicht ;-)
@Hans Dampf
Na ja, das miniaturisierte Heer passt ja dann wunderbar auf den Flugzeugträger Schleswig-Holstein und MKS180 und K130 übernehmen dann die seeseitige Absicherung.
Luftseitig wenden sie sich bitte vertrauensvoll an die Luftwaffe ;-)
Fux | 11. April 2017 – 9:40
Wenn man genau liest steht 15 Jahre
da sieht man das die immer noch vor sich her träumen
Vor 15 hieß es Leo 2 ist altes System Boxer und DINGO ist die zukunft
KSK und Fallis ist Morgen
Vor 3 Jahren ging es erst los und wir brauchen eine Neue Bw altes ist wieder Modern
Keiner weiß was in 15 Jahre ist
Vielleicht haben die Log Btl gar keine LKW mehr
Sonder Traktoren und Anhänger mit Sensoren die Elektrisch Drehgestelle steuern
und E-Liener weil man in die Städte mit BW Lkw gar nicht hinein darf
also keiner weiß was 15 Jahre ist aber man Verkauft was das man den Durchblick noch hätte
Was man schon längst hat
den die alten Reformen sind nie durch gezogen worden
Das was da sein sollte ist noch lange nicht da 7 000 Geschützte Fahrzeuge
aber man braucht weitere Fähigkeiten die man auch noch beschaffen muss
Projekte
Gesamtheer ; Heeresflugabwehr mit Drohnenabwehr
Ari : Rak Ari und Rohr Reichweite über 100 km ( Lars III ???? und Neue PzH )
Pio : Minenwerfer
PzTruppe : Pz Gefechtfähigkeiten
Aufkl : schweres Fahrzeug
Jg : Minenwerfer 81 mm und PzAbw ( leicht )
Lufftwaffe : Jagtbomber , Schwerer Hubschrauber und MEDS
Marine : Mehrzwekschiff und weitere U-Botte
SBK : Unbekannt
Cyb: im Aufbau
auf der Strecke
S-Boot Flotte
Pz Jäger ( Jaguar Nachfolger )
PzGren 120 mm Mörser ( Entwurf von KMW+Nexter GFF 4 mit ähnlicher werfer wie der RUAG )
Boxer MK 30
Mehrzweckpanzer ( der als KPz und SPz und PzH und Pio)
@ Klabautermann:
„Luftseitig wenden sie sich bitte vertrauensvoll an die Luftwaffe ;-)“
Das soll ja dem Vernehmen nach schon mal gut funktioniert haben ;-). Und derzeit klappt es ja auch „vorzüglich“ mit der „Seekriegsführung aus der Luft“, mit dem AG 51, ehem. MFG 1.
Ich finde es immer wieder interessant, wenn ausgerechnet wir Deutschen mit unserer umfangreichen Gefechtserfahrung der letzten Jahrzehnte den konventionellen Krieg neu erfinden wollen…
Mal ganz ehrlich: natürlich ist die Brigade der Träger des Gefechts und natürlich muss sie zum Gefecht der verbundenen Waffen befähigt sein (wieder werden).
Und zu einer solchen Briagde gehört KpfTr, Art, Pi, FLa und bestimmte Anteile Log, TrFm und TrSan.
Alles andere ist fachlich nicht nachvollziehbar und kann höchstens mit Finanzproblemen gerechtfertigt werden.
Das moulare Einsatzkonzept der Marine zB ist aufgrund der der Landkriegsführung eigenen Rahmenbedingungen nicht umsetzbar. Gleiches gilt für ein dem zivilen Vergleichbares eessourcen-optimiertes Zentralisierungsmodell.
@Hans Dampf: Daß mit der Seekriegsführung aus der Luft war jetzt Ironie, oder seit wann kann die Luftwaffe Seekriegsführung, vor allem seit dem die Kormoran Raketen außer Dienst gestellt worden sind oder habe ich was verpasst?
Passend zur Diskussion ein sehr schöner Artikel von GenLt a. D. Barno. Schon die erste darin diskutierte Illusion dürfte hier für Diskussionen sorgen: wie land-basiert wird der nächste Krieg?
https://warontherocks.com/2017/04/mirages-of-war-six-illusions-from-our-recent-conflicts/
Bevor es in die Kästchen geht muss man sich eben sehr genau über vorgeblich esoterisches unterhalten: Kriegstheorie, Kriegsbilder etc
@ Memoria 21:19
+1
@ Closius:
Jawoll, war Ironie, es hatte schon seinen Sinn, wieso die Marine eigene MFG (mit Kampfflugzeugen) und das Heer eine eigene Fla hatten. Aber diese Erfahrungen galten ja irgendwann nichts mehr und nun wundert/grämt man sich, dass Fähigkeiten eben nicht nur temporär weggefallen sind…
@ Memoria:
Ein interessanter Artikel, indeed.
Zu Punkt 1: Mag für die USA relevant sein, nicht für Deutschland, die Takte mit „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser“ und „Ein Platz an der Sonne“ sind durch.
Zu Punkt 2: Ein Argument dafür, dass 2032 als Realisierungshorizont ein Witz ist.
Zu Punkt 3: Jawoll, gilt in etwas geringerem Maße auch für uns auch; zumindest kennt man sich teilweise noch notgedrungenermaßen mit der Sprechtafel aus, also authorisiert mal schön ;-)
Zu Punkt 4: Ein Argument dafür, dass eine InstKp und eine NschKp als BrigEinh zu wenig wären, touché.
Zu Punkt 5: Dickes 1+. Wenn sich das schon die USA nicht leisten können, wie sollen wir es erst dann? Zumal die Fähigkeit, Flächenziele zu bekämpfen, nicht verloren gehen darf. Von der grundsätzlichen Vorstellung, dass z.B. jeder Schuss im indirekten Feuer vom RB im EinsFüKdo genehmigt werden muss, mal ganz abgesehen (absichtlich übertrieben formuliert)
Zu Punkt 6: Klarer Punkt für eine Wehrpflicht/Allgemeine Dienstpflicht.
Alles in allem sehe ich da jetzt nichts, was gegen das Ansinnen, das Thema dieses Fadens ist, sprechen würde. Ich sehe es viel mehr als Bestätigung.
Vielleicht sollte man zuerst das taktische Grundprinzip „Feuer und Bewegung“ lehren und verinnerlichen bevor man zu höherem strebt?
Wobei dies auch in asymmetrischen Konflikten gilt, aber (leider) bei der Bw nicht umgesetzt wird, ROE obligent …
@Hans Dampf:
Ja so kann man es durchaus ansehen.
Denkbar wäre jedoch auch ein weiterer Blickwinkel, der zunächst einmal mit Blick auf die Illusion 1 fragt:
Ist eine Gefährdung der NATO-Ostflanke wirklich unser primäres Problem oder vielleicht eher das Offenhalten wesentlicher Seewege (insbes. Straße von Hormus).
Oder kann ich eine solche Wahl gar nicht mehr treffen?
Bei den weiteren Punkten gibt es natürlich Anknüpfungspunkte an die bisherigen Planungen, aber hier sollte der Wandel im Kriegsbild konsequent durchdacht werden (insbes. GPS-Störung). Hierbei müsste jetzt bei Rüstungsvorhaben dran gedacht werden.
Zur russischen Gesamtstrategie noch ein aktueller Artikel:
https://www.defenceindepth.co/2017/02/17/the-russian-militarys-view-on-the-utility-of-force-the-adoption-of-a-strategy-of-non-violent-asymmetric-warfare
Auch hier stellt sich zumindest die Frage, ob diese Grundannahmen schlüssig sind und ob diese vor der Erstellung der obigen Planung berücksichtigt wurden.
Bisher habe ich den Eindruck, dass weniger mit Blick auf die Weltlage geplant wurde, sondern anhand der Planungslogik der NATO.
@Memoria
Man kann eine solche Wahl nicht treffen, denn wenn man eine Seite vernachlässigt, dann wird genau diese vom Gegner genutzt.
Für die Balten (außer Königsberg) ist Russland eine Bedrohung und wenn Putin einen Weg findet seinen Einfluss zu vergrössern, wird er ihn nutzen.