Zur Dokumentation: Offizielle Aussagen zu den fünf neuen Korvetten

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Die etwas überraschend am vergangenen Wochenende angekündigte Beschaffung von fünf weiteren Korvetten für die Deutsche Marine ist hier schon ausführlich diskutiert worden. Zur Ergänzung und zur Dokumentation die offiziellen Aussagen des Verteidigungsministeriums dazu; der stellvertretende Ministeriumssprecher Oberst Boris Nannt am (heutigen) Montag vor der Bundespressekonferenz:

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Das Transkript des obigen Audios:

FRAGE: Ich habe eine Frage an Herrn Nannt. Am Wochenende kam mehr oder weniger überraschend die Meldung, dass Abgeordnete der Koalition den Vorschlag machen, weitere fünf Korvetten weitere fünf Kriegsschiffe für die Bundeswehr zu beschaffen. Das Geld soll relativ schnell bereitgestellt werden.

Können Sie uns bitte erläutern, wie das in die Planungen des Verteidigungsministeriums, in den Mittelabfluss und in die langfristige Finanzplanung Ihres Hauses eingebettet ist?

NANNT: Zunächst vorweg: Diese Initiative wurde in enger Abstimmung mit uns durch den Haushaltsausschuss gemacht. Das heißt, die weitere Entscheidung hierzu ist noch nicht erfolgt. Wenn dafür Finanzmittel eingestellt werden sollen, müssen sie noch zur Verfügung gestellt werden. Insofern ist es quasi eine Vorberichterstattung gewesen, bevor eine Entscheidung gefallen ist.

Wir kennen die Initiative und unterstützen sie. Die Initiative wurde in enger Abstimmung mit uns auf den Weg gebracht. Auch im Bereich der maritimen Herausforderungen haben wir im vor Kurzem veröffentlichen Weißbuch verschiedene Stellen genannt, an denen wir darauf weisen wir immer wieder hin vor Herausforderungen stehen gerade bei der Marine. Wenn Sie sich ansehen, welche Einsätze wir haben sei es Sofia, sei es der Einsatz in der Ägäis, seien es Sea Guardian, Atalanta oder auch die ständigen maritimen Einsatzverbände , sehen Sie, dass die Marine wirklich sehr stark gefordert ist. Wir hatten dazu auch in der Vergangenheit sehr viel Berichterstattung, worin auch dargestellt wurde, dass die Marine unheimlich gefordert und sehr stark belastet ist.

Es ist einfach so, dass wir durch die Anzahl der Einsätze, aber auch im Rahmen der Bündnisverteidigung sehr geringe Reserven haben und viel auf Kante genäht ist. Deswegen sind neue Schiffe für uns richtig und wichtig. Gerade Korvetten bieten flexible Möglichkeiten in verschiedensten Einsätzen. Wir sind inzwischen auch aus Sicht eines Soldaten sage ich: Gott sei Dank weg von den starren Grenzen wie zum Beispiel starren Personalobergrenzen und starren Materialobergrenzen, sodass wir hier eine Möglichkeit haben und abhängig von der politischen, der parlamentarischen Entscheidung hier die Möglichkeit besteht, Korvetten zu beschaffen.

ZUSATZFRAGE: Nun ist dieses Verfahren ein bisschen ungewöhnlich. Aus Ihrem Haus kam der Vorstoß für die fünf Korvetten nicht. Im Gegenteil, noch vor einem halben Jahr hat die Ministerin, wenn ich mich recht erinnere, das gegenwärtige Dispositiv dargestellt und nicht von einer Notwendigkeit der Verdopplung der Zahl der Korvetten gesprochen.

Wird es jetzt zum neuen Standard, dass dem Ministerium aus dem Parlament initiativ vorgegeben wird, was die Bundeswehr beschaffen sollte?

NANNT: Ich denke, wichtig ist, zu sehen: Die Welt hat sich gedreht. Das habe ich gerade geäußert. Wenn man das Weißbuch sieht und wenn man sieht, welche Herausforderungen bestehen, dann versteht man, dass es einfach falsch wäre, zu sagen: Wir haben einmal so entschieden, und so lassen wir es. – Sondern man muss das auch immer wieder neu bewerten. Das ist gerade der entscheidende Punkt: Dass man von den starren Grenzen weg ist, wie ich eben schon zu Ihnen sagte. Man bewertet es. Man hat jetzt vielleicht eine Möglichkeit, eine Chance. Wie gesagt: Diese Initiative ist in enger Abstimmung mit uns erfolgt. Insofern würde ich nicht von einem neuen Verfahren sprechen. Sondern ich sage: Wir haben Herausforderungen. Wir sind sehr stark gefordert. Die Marine hat kaum Reserven.

Für uns ist zum Beispiel auch entscheidend, dass wir Einsatzausbildungsverbände haben. Das heißt: Auch wenn alle Schiffe unterwegs sind, müssen wir natürlich weiter Personal bilden können. Dazu haben wir gar keine Chance, weil wir so viele Schiffe eingesetzt haben, dass wir kaum Ressourcen haben, um zu Hause die Einsatzausbildung vorzunehmen.

Insofern ist das ein wichtiger Punkt. Es hängt jetzt von der weiteren parlamentarischen Befassung ab.

FRAGE: Herr Nannt, dennoch eine Nachfrage: Es wird davon berichtet, dass schon 2019 zwei dieser neuen Korvetten kommen könnten und 2020 die drei weiteren. Ich möchte gern wissen: Teilt Ihr Haus diesen Zeitplan? Ist etwas daran? Wie realistisch ist das? Ich frage das auch vor dem Hintergrund, dass es mit den vorhergehenden Korvetten sehr große technische Probleme gegeben hat und sie erst Jahre später zum Einsatz gekommen sind.

NANNT: Eine Zeitlinie möchte ich jetzt noch gar nicht bestätigen, weil jetzt, wie gesagt, erst einmal die parlamentarische Befassung erfolgen muss.

Fakt ist: Wenn Korvetten neu beschafft werden, erfolgt die Umsetzung immer im Rahmen des gültigen Vergaberechts. Das heißt, hier gelten klare Richtlinien. Das muss aber im weiteren Verlauf geprüft werden.

Aber, wie gesagt, zu konkreten Zeitlinien möchte ich mich jetzt noch nicht einlassen. Dafür ist jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt.

FRAGE: Herr Nannt, mir ist klar, dass Sie kein Vergaberechtsjurist sind. Trotzdem würde mich interessieren, ob es aus Sicht des Ministeriums einen Unterschied macht, ob man sozusagen die bestehenden Korvetten nachbestellt also weitere fünf vom gleichen Typ, den man schon hat oder ob man in ein Neudesign mit einer neuen Ausschreibung geht. Wie sieht es eigentlich aus: Treffen Befürchtungen zu, dass sich das geplante Mehrzweckkampfschiff 180 noch um mehrere Jahre verzögert, und ist diese Initiative deswegen sehr willkommen?

NANNT: Zunächst zu Ihrer ersten Frage: Ich bin wirklich kein Jurist. Insofern kann ich nicht bis in feinste Details sagen, wo der Unterschied liegt oder in welche Richtung was wann laufen muss. Fakt ist das ist der entscheidende Punkt, den ich auch eben schon deutlich gemacht habe : Es läuft natürlich immer im Rahmen des Vergaberechts. Wie es jetzt mit irgendwelchen Weiterentwicklungen genau ist, das muss man erst einmal untersuchen und prüfen, wenn der Beschluss dazu da ist.

Zum zweiten Punkt, dem Mehrzweckkampfschiff: Unsere Absicht ist es das hatten wir in der vergangenen Woche, denke ich, auch so kommuniziert , einen endverhandelten Vertrag bis Ende 2017 zu haben.

Dabei ist ganz wichtig zu sehen das ist ein ganz entscheidender Punkt im Rahmen der Rüstungsagenda , dass wir in der Vergangenheit häufig große Rüstungsprojekte viel zu schnell aufgesetzt haben und die Verträge vielleicht nicht sauber genug ausgehandelt wurden. Das führte häufig zu Unklarheiten, Lieferschwierigkeiten oder Verzögerungen.

Das setzen wir jetzt anders auf. Darauf basiert ja die ganze Rüstungsagenda. Wir sagen: Okay, wir haben daraus gelernt. Wir machen jetzt einen sauberen, klaren Projektaufsatz, um insgesamt einen stabilen Projektverlauf zu haben. – Dafür ist es wichtig, dass man umfassende Unterlagen hat und dass auch die Industrie lernen muss, was sie uns an Informationen zur Verfügung stellt. Dieser hohe Zeitaufwand ist aber aus meiner Sicht absolut gerechtfertigt und wirklich ein Kernstück, sodass man die Projekte wirklich zeitlich und auch finanziell mit allen Risiken sauber durchleuchtet hat.

Die Zeitlinie hatte ich Ihnen eben schon genannt. Beim MKS wird damit eine Verzögerung von etwa einem halben Jahr für den Vertragsaufsatz verbunden sein.

ZUSATZFRAGE: Ich darf noch einmal nachfragen. Denn in meiner allerersten Frage war eine kleine Nebenfrage versteckt, auf die ich auch gern noch eine Antwort hätte, nämlich die Frage, welche Verdrängungseffekte das Finanzvolumen von 1,5 Milliarden Euro für fünf eigentlich nicht eingeplante Korvetten haben wird und was statt dessen nicht gekauft werden können wird. Oder gibt es das Geld obendrauf?

NANNT: Verdrängungseffekte gibt es hierbei nicht.

ZUSATZFRAGE: Haben Sie 1,5 Milliarden Euro übrig?

NANNT: Noch einmal, Herr Wiegold Sie wollen jetzt noch ein bisschen locken : Es geht um Sachen, die jetzt im Rahmen der Haushaltsbereinigung laufen. Aber es gibt dadurch keine Verdrängungseffekte.

Die parlamentarische Entscheidung dazu muss ja auch erst noch erfolgen. Das läuft dort im parlamentarischen Raum.

Und, der Vollständigkeit halber, das Original der – recht kurzen – Mitteilung der Abgeordneten Johannes Kahrs (SPD) und Eckhardt Rehberg (CDU), mit der das alles öffentlich wurde:

Rehberg/Kahrs: Koalition beabsichtigt Beschaffung von 5 neuen Korvetten
„Die Deutsche Marine ist mit ihren Einheiten und Besatzungen nach Jahren des Abbaus in den laufenden Einsätzen wie beispielsweise am Horn von Afrika oder im Libanon gebunden. Um den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen im Ostseeraum, im Mittelmeer und in globaler Richtung mit dem Schwerpunkt Indischer Ozean nachzukommen, beabsichtigt die Koalition deshalb die Ersatzbeschaffung von 5 neuen Korvetten in Höhe von 1,5 Milliarden für die Deutsche Marine. Ziel ist, dass bereits 2019 2 Korvetten und 2023 die restlichen Korvetten in Dienst gestellt werden können.“

(Archivbild Juli 2015: Korvetten in Warnemünde)