Bundeswehr im Inneren: Wolkige Antworten
Ungeachtet der politischen Absicht, den verfassungsrechtlich zulässigen Einsatz der Bundeswehr bei Terror-Großlagen im Inland zusammen mit den Ländern zu üben, bleibt die Bundesregierung bei den Details merkwürdig zurückhaltend. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Bundestag nennen Innen- und Verteidigungsministerium keine konkreten Beispiele für den Bundeswehreinsatz im Inland mit hoheitlichen Befugnissen wie Kontrollen oder Waffeneinsatz. Das ist deswegen ein wenig irritierend, weil über die bisher schon übliche Zusammenarbeit von Polizei und Bundeswehr im Inneren hinaus (zum Beispiel Transport- oder Sanitätsunterstützung) gerade die Frage nach hoheitlichen Befugnissen für Soldaten bei so einem Einsatz Kernpunkt des politischen Streits ist.
In der – bislang noch nicht veröffentlichten – Antwort, die Augen geradeaus! vorliegt, bleibt auch unklar, wer bei dem Amoklauf in München im Juli die Entscheidung traf, dass Feldjäger, also Militärpolizisten der Bundeswehr, vorsorglich in Alarmbereitschaft versetzt wurden. Der Vorfall, das war recht schnell klar, erfüllte nicht die Kriterien, die das Bundesverfassungsgericht an einen besonders schweren Unglücksfall, an ein katastrophisches Ausmaß und damit an einen zulässigen Bundeswehreinsatz im Inneren geknüpft hatte. Die alarmierten Soldaten, vor allem Feldjäger, wurden auch von der bayerischen Polizei nicht angefordert. Und selbst wenn: Sie hätten ja, heißt es in der Antwort der Bundesregierung, vor allem geschützte und ungeschützte Fahrzeuge, Sprengstoffspürhunde und Absperrmaterial beitragen können. Nicht unmittelbar das Material, das man mit Streitkräften in Verbindung bringen müsste.
Bei der Frage, wer die konkrete Entscheidung über die vorsorgliche Alarmierung traf, blieb die Bundesregierung bei ihrer bisher schon gebrauchten Formel: Mit Genehmigung des Generalinspekteurs der Bundeswehr und in Abstimmung mit der Bundesministerin der Verteidigung hat der Kommandeur Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr Soldatinnen und Soldaten des Feldjägerregiments 3 um 21:30 Uhr in Bereitschaft versetzt. Bei der Nachfrage, ob Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen das von sich aus angeordnet habe, wird in der Antwort lediglich erneut auf diese formelhafte Antwort verwiesen; von welcher Person die Entscheidung ausging, ist damit weiterhin unklar. Immerhin gibt es eine konkrete Auskunft: Vor dem 22. Juli, dem Tag des Anschlags in München, wurden außerhalb von Naturkatastrophen keine Bundeswehreinheiten entsprechend in (erhöhte) Bereitschaft versetzt.
In dem Antwortkatalog, über den zuerst Spiegel Online berichtete, werden zwar Fähigkeiten der Streitkräfte für den Einsatz im Inneren aufgelistet. Doch fehlt in dieser Liste alles, was auf die Ausübung hoheitlicher Aufgaben durch Soldaten hindeutet, also insbesondere Zwangsmaßnahmen, und seien es nur Straßensperrungen:
Die Bundeswehr verfügt über so genannte Unikat-Fähigkeiten, die aufgrund des Auftrages der Bundeswehr bei zivilen Stellen nicht oder unvollständig zur Verfügung stehen. Zusätzlich verfügt sie über Fähigkeiten, die auch bei zivilen Stellen grundsätzlich, aber nicht in ausreichender Zahl verfügbar sind (z.b. Hubschrauber, Räumgerät).
Nach der Beschlussfassung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder im Rahmen der 192. Sitzung am 21./22. Juni 2011 in Frankfurt/Main zu den Auswirkungen der geplanten Strukturreform der Bundeswehr auf den Bevölkerungsschutz in Deutschland sind aus Sicht der Länder seitens der Bundeswehr die nachfolgenden Fähigkeiten zur Unterstützung des Bevölkerungsschutzes relevant:
• CBRN-Fähigkeiten
• SAR-Fähigkeiten
•Aufklärungsfähigkeiten im Sinne von Erkundung
• Lufttransportfähigkeiten
• Pionierfähigkeiten und
• sanitätsdienstliche Fähigkeiten
Das Interessante an dieser Antwort ist: Sie umgeht geschickt die eigentliche Frage. Denn darin war nicht nach den Fähigkeiten zur Unterstützung des Bevölkerungsschutzes gefragt worden, sondern viel breiter: Über welche Ausbildung und Fähigkeiten – außerhalb des Bereichs der Luft- und Seesicherheit -, die für einen Einsatz im Inneren notwendig und geeignet sind, und die den Polizeien der Länder und des Bundes oder zivilen Hilfsorganisationen (…) nicht zur Verfügung stehen, verfügt die Bundeswehr? Die darauf genannte Liste nennt – bewusst? – nur einen Teil dieses Spektrums.
Ähnlich ausweichend beantwortet die Bundesregierung die Frage, ob die mögliche Nutzung von Kriegswaffen durch Terroristen notwendig den Einsatz entsprechender militärischer Waffen erfordere:
Unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus zurückliegenden Terrorlagen im europäischen Ausland sind für mögliche Terroranschläge mit Kriegswaffen in Deutschland die GSG9 und die Spezialkräfte der Bundeswehr mit der dienstlich zugewiesenen Bewaffnung angemessen ausgestattet.
Äh, ja. Aber das war vielleicht nicht die Frage?
Unterm Strich: Im sichtbaren Gegensatz zu den Aussagen in der aktuellen politischen Debatte, in der auch immer wieder von hoheitlichen Befugnissen der Bundeswehr im Inneren zur Unterstützung der Polizei und vom Einsatz militärischer Mittel die Rede ist, wird dieser Bereich in den Antworten der Bundesregierung ausgeklammert. Das kann man natürlich so verstehen, dass die Regierung – hier in erster Linie das Bundesinnenministerium – kein realistisches Szenario für den Bundeswehreinsatz im Inland sieht. Aber auch so, dass diese Debatte nicht weiter befeuert werden soll. Schließlich gibt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage zu dem strittigen Punkt, der Unterstützung nach dem Grundgesetzartikel 35 Absatz 2 nichts zu lesen. Genau um diese Möglichkeit, das hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kürzlich aufgelistet, kreist aber die Debatte:
Der dritte Unterfall ist die Unterstützung der Bundeswehr nach Art. 35 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 GG bei Naturkatastrophen (z.B. Überschwemmungen, Erdbeben oder Waldbrände) oder besonders schweren Unglücksfällen, soweit dies erforderlich ist. In einer früheren Entscheidung aus dem Jahr 2006 hatte das Bundesverfassungsgericht die Verwendung spezifisch militärischer Mittel in diesen Fällen noch abgelehnt. Seit seiner Plenarentscheidung vom 3. Juli 2012 hält das Gericht an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest, lässt jedoch den Einsatz militärischer Mittel in diesen Fällen nur als Ultima Ratio zu.
[Hervorhebung im Original]
Vielleicht ist ja für mehr Klarheit eine weitere Kleine Anfrage nötig.
Die Antwort, die demnächst als Bundestagsdrucksache 18/9619 veröffentlicht wird, hier schon mal komplett zum Nachlesen:
(Archivbild 2009: Feldjäger bei einer Übung auf dem Truppenübungsplatz im mecklenburgischen Lübtheen – Thomas Trutschel/ photothek.net)
Ich lebe ja nicht SOOO tief in der Lage, aber ich weiss, dass gewisse Unterstützungen in der Liste der „Unikat-Fähigkeiten“ bereits heute normales und definiertes Vorgehen sind. So ist z.B im SAR-Handbuch (DSK: L 2007200362 ) unter dem Punkt 206. klar definiert, dass der SAR Einsatz. Auch im SAR_Einsatzplan_Marine ist der zivile Einsatz (und dessen Umfang & Einschränkungen) des SAR-Einsatzes klar umrissen.
Auch ist es heute schon „normal“ dass auch Zivilpersonen in Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr aufgenommen werden KÖNNEN.
Insofern sehe ich diese (von mir bewertbaren) Punkte als Indiz dafür, dass auch der Rest pures Argumentesuchen ohne weitere Nutzlast ist.
Dort steht, dass der Kdr KdoTA die entsprechenden Einheiten in Alarmbereitschaft versetzt hat, nach Rücksprache mit dem GenInsp und der Frau Ministerin. Inwiefern ist dort eine Unklarheit?
@Hans Dampf
Wenn Sie die Aussage finden, wer die Alarmierung initiiert hat, sagen Sie mir bitte Bescheid.
@TW
Auch die Uhrzeit der Alarmierung, die mit 2130 Uhr angegeben ist, kommt mir ziemlich „Spanisch“ vor.
Um diese Zeit war doch bereits alles vorbei, oder nicht?
@ Reizzentrum | 15. September 2016 – 13:32
„Auch ist es heute schon “normal” dass auch Zivilpersonen in Sanitätseinrichtungen der Bundeswehr aufgenommen werden KÖNNEN.“
Dies ist schon sei 50 Jahren der Fall und diente mK gerne der Mil-Aerzteschaft als zusaetzliches Honorar.
@T. W.
Hatten Sie nicht vor einiger Zeit ein Transkript der Bundespressekonferenz gepostet, welches diese Fragen relativ eindeutig klärt?
Siehe hier: http://augengeradeaus.net/2016/07/bundeswehr-bereitschaft-nach-muenchner-amoklauf-die-offizielle-darstellung/
Oder liege ich bezüglich des Themas falsch?
Die Frage ist doch, was sind “ spezifisch militärischer Mittel „?
Panzer? Fregatten? MG? Dekontaminierungstruppen?
@Hans Dampf
Ein Deutschlehrer würde sagen, dass „Mit Genehmigung des … und in Abstimmung mit … hat der Kdr KdoTA“ recht eindeutig den Letztgenannten als Auslöser definiert.
Aber eben nur ein Deutschlehrer. Ein Politiker würde diese Floskel nicht so streng sehen und auch andere Deutungen zulassen. vor allem dann, wenn eben nicht der Auslöser personifiziert werden soll.
@Luxemburger
Meinen Sie die Alarmierung in München, oder die geforderten Fähigkeiten der Bundeswehr im Inneren?
bei a): Damals wie jetzt ist unklar, von wem die Alarmierung ausging – vom GI? Von der Ministerin?
bei b): Genau deshalb wundert mich ja, dass das in der Antwort auf die Kleine Anfrage nicht erwähnt wird.
@T. W.
zu a.)
Ich habe mich auf die Alarmierung nach/ während des Amoklaufs in München bezogen. Damit wollte ich die Aussage von Hans Dampf stützen.
In dem Transkript kommt es zu einem Schlagabtausch zwischen Jung und Nannt, indem folgende Aussage getroffen wurde;
„…
NANNT: Ich will bloß nicht den ganzen Saal langweilen, weil ich es gerade eben schon dargestellt habe. – Der Generalinspekteur hat nach erteilter Prokura durch die Ministerin und im Kontakt mit den zuständigen Behörden eine vor Ort stationierte Einheit der Militärpolizei sowie lokal stationierte Sanitätskräfte in eine erhöhte Bereitschaft versetzt.
ZUSATZ JUNG: Also war es Frau von der Leyen.
NANNT: Na klar. Natürlich ist das eine Entscheidung, die dann letztlich gefallen ist, klar.
…“
Auch wenn es sich dabei um eine Aussage handelt, die rechtlich sicher nicht binden ist, denke ich dass daraus relativ klar hervorgeht wer die Alamierung veranlasst hatte.
zu b.)
Das liegt meines Erachtens daran, dass die Bundeswehr trotz der genannten „Unikat Fähigkeiten“ im Falle eines Terroranschlags keine geeigneteren Kräfte bereit stellen könnte, als die jeweiligen Dienststellen der verschiedenen Polizeien dies tun könnten (von gepanzerten Fahrzeugen mal abgesehen, die, wie in FR gesehen bei einem solchen Szenario offenscheinlich nicht gebraucht werden).
Die Debatte über einen Einsatz im Inneren geht an den realen Bedürfnissen vorbei. Die in den Medien angeführten Argumente lassen eher den Schluss zu, dass die Bundeswehr langfristig dazu verwendet werden würde, enstandene Personallücken der Polizei im Ernstfall zu schließen. Dabei werden die Risiken, die dies mit sich bringt grob vernachlässigt.
Was sind denn die SAR-Fähigkeiten? Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Größenordnung! Presseagenturen haben daraus schon den unsinnigen Begriff „Lufttrettung“ gemacht.
Sanitätsdienstliche Fähigkeiten? Mit welchem Personal und mit welchem Material? Vorlaufzeit? Einige glauben wohl an unerschöpfliche Ausstattung mit NAW, RTW. Die heute schon selbstverständlichen Möglichkeiten der BwKrH sind auch arg begrenzt. Ein Blick auf die Landkarte reicht. Zivile Krankenhäuser haben heute schon ihre eigenen Alarmpläne. Massenanfall von Verletzten: Gerade die Organisation des KatS ist in den letzten 15 Jahren strukturell mit Material und Personal darauf eingegangen.
Was ist mit der frühreren Kapazität der GRH? Einen gibt es gar nicht mehr und der eine braucht allein schon eione Einrüstzeit von mindestens drei Stunden. Ich kann mich noch an die tatsächliche Vorlaufzeit in Laupheim bis zum Abheben zum Flug nach Ulm von 15 min erinnern. Was ist aus den Möglichkeiten zur Ergänzung der Rettungskette durch C-160 geworden?
Leider kenne ich den aktuellen Stand zu den Möglichkeiten der Bw zum Einsatz zu CBRN-Gefahren nicht ausreichend. Aber auch da sehe ich Vorlaufzeiten und Dislozierung als Schwierigkeit. Auch für diesen Bereich gibt es im Bereich des KatS in den letzten Jahren umfangreiche Beschaffungen.
Was die Alarmierung betriff, da gab es einen Artikel vor ein paar Wochen im Spiegel. Ich kann mich leider nicht mehr an die Nummer der Ausgabe erinnern. Was den Alarmierungsweg betrifft, so stand dort beschrieben, dass eine es eine Anfrage gab, die vom Krisenstab die Hierachieleiter hochgereicht wurde.
Polizei im Krisenstab -> Verteter Bw im Krisenstab -> Landeskommando -> Kdr KdoTA -> InspSKB -> GI -> Ministerin und dann wieder der Weg züruck über KdoTA and die Feldjäger.
So ähnlich Stand es im Spiegel.
@ Tom | 15. September 2016 – 14:34
Da braucht man keinen Deutschlehrer zu. Der Kdr Kdo Territoriale Aufgaben hat das gemacht, wofür er u.a. bezahlt wird: Er hat – eventuell nach Anruf aus dem Landeskommando – die Lage beurteilt und dabei erkannt, dass ein Abruf militärischer Fähigkeiten im Rahmen der ZMZ durch die Bundesregierung nicht auszuschließen ist. Daraufhin hat er eine Alarmierung ausgelöst. Das kann übrigens schon der OffzFü – würde ich auch so erwarten. Dem GI oder der IBUK ist in einem solchen Fall zu melden, welche Kräfte und Mittel wann und wo verfügbar sind.
Woher ich das weiß? Weil man das beim DEU Militär so macht.
Alarmierung dient lediglich dem Herstellen der Bereitschaft zum Einsatz von Kräften und Mitteln. Darüber hinaus geht erst mal nix. Das scheint in die Köpfe einiger Verteidigungsamateure einfach nicht hineinzugehen.
Hans Schommer
Luxemburger | 15. September 2016 – 15:13
“ … Die Debatte über einen Einsatz im Inneren geht an den realen Bedürfnissen vorbei. Die in den Medien angeführten Argumente lassen eher den Schluss zu, dass die Bundeswehr langfristig dazu verwendet werden würde, enstandene Personallücken der Polizei im Ernstfall zu schließen. …“
Das kann man sicher unterschreiben. Auch ich sehe eine „Polizeiverstärkung“ durch Bundeswehr-Präsenz im öffentlichen Raum, so wie dies z.B. die Belgier und Franzosen derzeit praktizieren, kritisch. Aus unterschiedlichsten Gründen brächte uns das in Deutschland über ein trügerisches Gefühl von Sicherheit nicht hinaus. Dennoch sehe ich die Notwendigkeit, den bewaffneten Einsatz der Streitkräfte im Inneren angesichts der zu erwarteten Verschärfung der terroristischen Bedrohungen neu zu bewerten. Denn in den bislang geführten Diskussionen auf politischer Ebene – wie übrigens auch vom Deutschen Bundeswehrverband – wird ein wichtiger Aspektwinkel nicht betrachtet oder schlichtweg übersehen: Nämlich das Erfordernis, im Falle einer Gefahrenlage auch unterhalb von terroristischem „Super-GAU“ und „Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung“ den Schutz ziviler Objekte sicherzustellen, welche für das Dasein der Bevölkerung unverzichtbar sind. Damit meine ich z.B. Einrichtungen und Anlagen zur Erzeugung von elektrischer Energie und zur Versorgung mit Trink- und Brauchwasser.
Ich hab’s ja an anderer Stelle im Blog schon mal gesagt: Wenn heutzutage die Stromversorgung von Industrie, Handel, Haushalten und Verwaltung nachhaltig unterbrochen würde, hätte das weitreichende Folgen: Keine Kühlung liefe mehr, Elektro-, Öl- und Gasheizungen blieben kalt, die Telekommunikation bräche zusammen – nach kürzester Zeit käme auch kein Wasser mehr aus dem Hahn. Und Terroristen, denen es gelänge, sich Zugang zu einem Wasserwerk zu verschaffen, könnten großes Unheil anrichten. Die Polizei oder private Sicherheitsdienste werden absehbar nicht befähigt sein, beim Aufkommen einer der vorgenannten Bedrohungslagen (über-)lebenswichtige Einrichtungen und Anlagen verzugslos flächendeckend und durchhaltefähig zu sichern. Und auch unsere Bundeswehr ist derzeit rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage, hier Abhilfe zu schaffen.
Dennoch: Diese Lücke bei der Sicherheitsvorsorge könnte durch die Streitkräfte geschlossen werden. Wohl gemerkt „könnte“. Denn dazu bedarf es m.E. Zweierlei:
Zum Ersten einer Änderung des UZwGBw in so weit, als dass die Ermächtigung zur Erklärung Militärischer Sicherheitsbereiche auf die oben genannten Einrichtungen und Anlagen zur Daseinsfürsorge erweitert würde.
Zum Zweiten der flächendeckenden Schaffung eines primär der oben genannten Zweckbestimmung dienenden militärischen Organisationsbereiches – nennen wir ihn Territorialheer, Nationalgarde oder Landwehr – mit spezieller, eigengenerierbarer Aus- und Weiterbildung und regionaler Bindung der Truppenkörper an fest zugeordnete Schutzobjekte. Eine eigene Nachwuchsgewinnung, gepaart mit der Durchlässigkeit querschnittlicher Ausbildungs- und Verwendungsreihen zu den etablierten OrgBer, könnte zudem Synergieeffekte beim Personalersatz für die Kräfte der Landes- und Bündnisverteidigung erzeugen.
Ich meine, mit einer so gestalteten Erweiterung der unzweifelhaft vorhandenen oder zumindest wieder zu belebenden militärischen Fähigkeit „Objektschutz“ könnte man am ehesten einen wirklichen Zugewinn an Sicherheit für unsere Bevölkerung erreichen.
Dass man dazu Geld in die Hand nehmen muss, ist unstrittig. Aber aufwendige Kasernenanlagen wären nicht von Nöten – die Truppe läge ja im heimischen „Bürgerquartier“. Der Anteil an zentral vorzuhaltender Infrastruktur wäre marginal – eine dahingehende Kooperation z.B. mit Polizei und THW wäre obligatorisch.
Dass unter den Frauen und Männern in der Republik genügend Freiwillige zu finden wären, halte ich angesichts der aktuellen Sicherheitslage für sehr wahrscheinlich. Und sollte die (m.E. vorgebliche) grundgesetzliche Hürde für ein soziales Pflichtjahr in Deutschland einmal fallen, gäbe es sicher auch keine Rekrutierungsprobleme.
Hans Schommer
Die Bundeswehr im Inneren …
Viele, viele Argumente für und von alle Seiten.
Nur ein kurzer Hinweis zum Thema „Qualität“ und „Ausbildungshöhe“ von „Polizeiverstärkungen:
Hat sich jemand hier bzw. in der hohen Politik schon mal mit der sogenannten „Wachpolizei“ beschäftigt???
Einfach z.B. „Wachpolizei Sachsen“ googeln…:-))
Damit sollten sich doch gewisse „Totschlagargumente“ gegen unsere Bundeswehr erledigt haben, oder?
(Oder der Hausherr verlinkt einen der dort zu findenden Artikel)
Bereits gut vor 21 Uhr waren Videos Online, die auf einen verwirrten außländerfeindlichen Attentäter verwiesen. Also entwerder hat die OSINT geschlafen oder jemand hatte politische Motive.
Es stünde der vierten Gewalt gut zu Gesichte hier mit aller Kraft und Finesse zu bohren.
„MikeMolto | 15. September 2016 – 14:15 Dies ist schon sei 50 Jahren der Fall und diente mK gerne der Mil-Aerzteschaft als zusaetzliches Honorar.“
Wohl auch der Auslastung von Kapazitäten.
@Hans Schommer | 15. September 2016 – 16:54
Ihren Gedanken kann man nur zustimmen. :)
Mir erscheint der Tanz um die Formulierung der Vorbereitung ziemlich absurd. „Herr Feldwebel, draussen wird geschossen wir wissen aber nicht obs ein Bankräuber, ein Islamist oder der Russe ist“ „Ja dann ziehen wir jetzt alle die Uniform aus und gehen heim sonst unterstellt uns noch einer wir wären mit unserer Einsatzbereitschaft gegen den Russen auch einsatzbereit gegen den Islamisten oder den Bankräuber, das geht ja garnicht.“
„Maßnahmen“? Meine Güte! Letztens ist mir einer begegnet, der sprach sogar von „Handlungen“! Im Zusammenhang mit „Personen“! Man denke: „Personen“! Und „Handlungen“! Dagegen ist „Maßnahmen“ ja glatt harmlos. Das ist ja ein Nazisumpf, dieses Deutschland!
(califax im bendler-blog)
Ich finde eher die Aussage bemerkenswert, dass man (angeblich) keine Einschätzung über die personelle und materielle Ausstattung der Länderpolizeien abzugeben vermag. Zumindest für den Bereich der Bereitschaftspolizeien der Länder sollte dies verzugslos möglich sein, da der Bund hierfür den „Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder“ einsetzt und er für die einheitliche Ausstattung der Führungs- und Einsatzmittel der Bereitschaftspolizeien sorgen muss.
@ Thomas Wiegold:
Ich habe nur gesagt, was ich aus der Antwort aus der kleinen Anfrage herausgelesen habe. Dort steht – Deutsch-Lehrer hin oder her – wer es initiiert hat – und zwar der Kdr Kdo TA. Die Lesart, es sei unklar, kann ich nicht teilen. Angesichts des sehr unklaren Lagebildes, was sich an diesem Abend dargestellt hatte (mehrere Täter in München, kurzzeitig eine Meldung vom Flughafen Düsseldorf) haben eine „Alarmierung“ durchaus als angemessen erscheinen lassen. Hinterher ist man immer schlauer.
Meine unmaßgebliche Meinung zum Gesamtthema: Noch reden alle altklug-gescheit daher. Wenn es zu einem Ereignis wie im November in Frankreich kommen sollte, dann bin ich gespannt, was dann hierzulande passieren wird.
Man sollte sich vor Augen halten: Die Gendarmerie Nationale umfasst gut 104.000 Soldaten, die Police Nationale 145.000 Polizisten. Das heisst, dass der französische Polizeikörper in etwa so goß ist wie der deutsche, bei rund 16 Millionen Einwohner weniger. Wenn also das deutsche Innenministerium verlautbaren lässt – wenn auch verklausuliert – dass es für den Einsatz der Streitkräfte im Innern bei einem Ereignis wie in Paris keinen Anlass gebe, dann halte ich dies für eine Aussage ala „am deutschen Wesen soll die Welt genesen“, wie wir es auf/aus diversen Politikfeldern kennen. Entweder sind wir schlau, und alle anderen um uns herum dumm, oder – was ich persönlich eher annehme – genau andersherum.
Vorneweg: Ich bin Polizist… Diese „Unikat-Fähigkeiten“ der Bw sind für mich Selbstverständlichkeiten, bei denen ich auch heute das jeweilige VBK anrufen würde, wenn ich diese brauchen würde. Und mit ein wenig Vernunft geht das auch bereits heute alles.
Zur Frage, was denn „Polizei“ so kann, empfehle ich mal nach „EUPFT 2010 Lehnin“ zu googeln, und das ist bereits wieder 6 Jahre her und wir rüsten in allen Ländern bei der Polizei massiv auf.
„Bw im Innern“ kann nur massive Personalverstärkungen (Masse!) bringen, zB nach Vorbild Frankreich, oder USA nach 9/11. Die „Klasse“ = Fähigkeiten haben wir als Polizei selbst.
Ich habe letztes .Jahr die Dresdener Polizei wegen einer Schlaegerei in der Öffentlichkeit angerufen, die Reaktion war eher zurückhaltend.
Bedenkt man welchen Ruf Sachsens Polizei zumindest teilweise hat, sollte deren Standard nicht unbedingt das Vorbild sein.
@Hans Dampf
Was hätte die Bw machen können, wenn wir einen Anschlag wie in Paris gehabt hätten?
Hätten diese Maßnahmen den Anschlag verhindert?
Hätten diese Maßnahmen die Effizienz der ziv Sicherheitskräfte erhöht?
Wieviel Soldaten kann die Bw im Moment wie lange stellen und in welcher Verwendung?
P.S.: Die Bw ist nicht in der Lage ihre eigenen Objekte mit eigenen Kräften flächendeckend zu schützen.
Die Bundeswehr nur als Masse anzusehen, geht meiner Meinung nach an der Realität vorbei. Die Bundeswehr verfügt -auch wenn das gerne übersehen wird- naturgemäß über militärische Fähigkeiten zum Kampf. Und dies kann durchaus auch innerhalb Deutschlands notwendig sein. Gedankenspiele dazu gibt es, spätestens seit Mumbai.
Und da ist ein Polizeiszenario wie EUPFT mit Wasserwerfern etc. nicht gefragt, sondern eher ein „klassisches“ Häuserkampfszenario. Gut Bilder, vielleicht auch für den ein oder anderen Politiker, liefern die Storm Tide III Bilder aus diesem Jahr.
Und dass die Polizei (egal welche Einheit) ein koordiniertes, wirkungsvolles Vorgehen unter feindlichem Beschuss vorlegt, wie eine gut eingespielte Fallschirmjägerkompanie (beachte: Kompanie auch im Sinne von Mannstärke!) muss diese erst noch unter Beweis stellen. Ich bezweifle, dass dies in absehbarer Zeit der Fall sein wird.
Also ich glaube, dass wir eine der besten, wenn nicht die beste Bereitschaftspolizei der Welt haben. Ob es der Wahrheit letzter Schluss ist, dass in einigen Bundesländern jeder Polizist mindestens im gehobenen Dienst ist, weiss ich zwar nicht, aber ist ja offenbar so gewollt. Ob es gerecht(fertigt) ist, dadurch qualifizierte Bewerber z.B. mit „nur“ mittlerer Reife auszuschließen, naja. Insofern könnte die Bundeswehr in der Tat nur mehr „Masse“ erzeugen, anders ist es in Frankreich, Belgien und Italien ja auch nicht.
Eine Frage habe ich diesbezüglich jedoch: Bis in die 70er Jahre hinein gab es noch eine militärische Ausbildung für die Bereitschaftspolizeien. Gibt es diesbezüglich heute noch „know how“ in der BePo bzw. hat man überhaupt die Zeit, sich neben den vielen anderen Dingen auch noch dort profunde Kentnisse anzueignen?
@ Zimdarsen | 16. September 2016 – 8:25
„P.S.: Die Bw ist nicht in der Lage ihre eigenen Objekte mit eigenen Kräften flächendeckend zu schützen.“
Das ist ‚politisch‘ so gewollt.
@Dinsch
Das der Anschlag von Mumbai dient als Vorlage/Referenzszenario für die Stabsübung mit der Bw im Frühjahr.
Die Polizei mit ihren Spezialeinheiten ist gut geübt und unsere Fallschirmjägerkombanien benötigen wir dafür nicht.
Ich verstehe die Diskussion sowieso nicht …
Wenn es nicht gewollt ist, daß die Bw sich selber absichern kann …
Wenn es nicht gewollt ist, daß die Bw militärisch stark ist …
Wenn es nicht gewollt ist, daß die Bw der zivilen Bevölkerung hilft …
Wenn es nicht gewollt ist, daß die Bw die zivile Bevölkerung schützen könnte …
Warum reden wir dann überhaupt über solche Szenarien ?
Abhaken, den Tag anders geniessen und die gelobte Polizei machen lassen …
MikeMolto | 16. September 2016 – 12:37:
“ … Das ist ‘politisch’ so gewollt.“
Das ist militärisch so gewollt und hat mit Politik nix zu tun. Ich erinner noch gut meine Zeit als Zugführer und als Chef. Damals hatten wir neben der Kasernenwache noch die Wachen zu stellen für Munitionslager und SanMatDepot. Ständig fehlten die Soldaten in der Ausbildung. Und als der DZA aufkam, gleich die doppelte Zeit.
Jeder Vorgesetzte hat „drei Kreuze“ gemacht, als die Zivilwache in der Fläche eingeführt wurde.
Hans Schommer
@MikeMolto
Nein, nicht unbedingt gewollt. Jedoch im Bewusstsein der Herausforderungen der SAZV und dem Wissen das mit diesen Sonderdiensten im Grundbetrieb kein Soldat des Heeres ab Oktober noch im Dienst währe gab es keine Alternative.
Ohne Langzeitarbeitszeitkonten und +3 ist der Grundbetrieb in der „Truppe“ bereits schon schwierig.
@Zimdarsen
Inschallah!
Ein politischer Nebelwerfereinsatz unter dem Titel „Die tun was …“
@Dinsch:
Maschallah haben wir die SK und GSG. Schauen wir doch gemeinsam die Lebensläufe der Damen und Herren mal an? ;)