Halbierung der Lebensdauer-Garantie für Eurofighter wieder aufgehoben
Bald zwei Jahre nach Feststellung eines Fertigungsfehlers am Kampfflugzeug Eurofighter hat die Herstellerfirma Entwarnung gegeben und die Zahl der freigegebenen Flugstunden für den Jet wieder erhöht. Die im September 2014 entdeckten falsch angelegten Bohrlöcher am Rumpf hätten keine Auswirkungen auf die Lebensdauer der Flugzeugzelle, heißt es in einer Information des Berliner Verteidigungsministeriums an die zuständigen Abgeordneten des Bundestages. Die garantierte Lebensdauer sei deshalb von der Industrie wieder auf 3.000 Flugstunden erhöht worden.
Am 30. September 2014 hatte die Luftwaffe von sich aus bekannt gemacht, dass die Bohrungen am Rumpfhinterteil des Eurofighters unzureichend entgratet wurden. Verantwortlich dafür war das britische Unternehmen BAe Systems, das als Teil des Eurofighter-Konsortiums bestimmte Komponenten des Kampfjets liefert. Die damals vorsorgliche Konsequenz:
Da die Auswirkungen dieser Problematik auf die Lebensdauer der Zelle noch nicht absehbar sind, wurde die Halbierung der Flugstundenfreigabe durch die Industrie als zusätzlicher Sicherheitsfaktor eingeführt. In der Folge wurde durch die Industrie als Sofortmaßnahme der bisher freigegebene Lebensdauerwert von 3.000 Flugstunden auf 1.500 Flugstunden halbiert.
Diese Halbierung ist nun wieder aufgehoben. Allerdings sind auch die 3.000 Stunden noch nicht der angestrebte Wert – langfristig soll die Lebensdauer der Flugzeugzelle auf 6.000 freigegebene Flugstunden erhöht werden.
Neben den fehlerhaften Bohrlöchern am Rumpfhinterteil waren im vergangenen Jahr zudem ähnliche Probleme an weiteren Stellen des Rumpfs entdeckt worden. Diese ebenfalls fehlerhaft entgrateten Bohrlöcher hatten allerdings nach Darstellung des Ministeriums keine Auswirkungen auf die garantierte Lebensdauer.
(Archivbild: Eurofighter bei der Dubai Airshow im November 2013 – Airbus/JV. Reymondon)
Nur zur Einordnung: Weiß jemand, was anderen Kampfflugzeugen für eine Lebensdauer zugeschrieben wird? Vom Tornado meine ich mal was von 6.000 Stunden gehört zu haben.
Ein ziviler Airbus A 320 bekam ja ursprünglich 48.000 Zyklen und 60.000 Stunden zugebilligt. Inzwischen sind unter bestimmten Wartungsvoraussetzungen 90.000 Zyklen und 180.000 Flugstunden zulassungsfähig.
Sind die 3000 Stunden bei EF 2000 erst mal nur eine grobe Schätzung nach dem Motto, dann schauen wir mal oder gehen die dann in die Verschrottung? Zusätzlich haben die Eurofighter doch ein Managementsystem, dass die konkrete Nutzungsintensität in eine Relation zur Lebensdauer setzen soll, oder gilt das nur für die Triebwerke? Gibt es schon Eurofighter, die an diese Stundenzahl rankommen? So viel ist es ja nicht.
@ Alf Igel
6.000 Flugstunden sind inzwischen internationaler Standard bei Kampfflugzeugen. Lebensdauerverlängerungsprogramme können dies je nach Umfang auch auf 12.000 Flugstunden verdoppeln.
Die Haltbarkeit/Zuverlässigkeit und Flugstundenzahl von Passagierflugzeugen ist um Welten besser/höher, weil es dort neben einem ständigen Wettbewerbs- und Kostendruck auch hohe Stückzahlen (Skaleneffekte) gibt. Außerdem ist die Systemkomplexität bei Passagierflugzeugen generell geringer als bei Kampfflugzeugen.
Die Struktur von Zivilflugzeugen muss für Start/Landung und Reiseflug ausgelegt werden, alles im Unterschallbereich. Bei mil. Lfz ist das Lastkollektiv deutlich komplexer.
@ MFG danke! Ich war nach dem Post von Aircraft etwas verwundert.
Ein Passagierflugzeug ist 12 von 24 Std in der Luft (oder sogar länger). Am Boden macht es Verluste.
Ein Soldat hingegen ARBEITET nur von 7:00 bis 16:30. Fliegen tut er einen Bruchteil davon ;)
Seit den siebziger Jahren verwenden technische Systeme nicht nur der USAF, sondern auch der anderen Streitkräfte Sensoren – stress & strain in der Mechanik, Abrieb in den Ölkreisläufen und I/O-Dokumentation der Elektronik -, die gute Messergebnisse für Verschleiß oder Ausfälle liefern. Dafür braucht man allerdings eine entsprechende Erprobung der ersten (Vor-)serien-Systeme, um die Auswerte-Mimik entsprechen zu eichen. Das ist alles nicht trivial, aber Life Cycle Concepts wurden seit den fünfziger Jahren bei der RAND Corp. entwickelt. Heute liefert die einschlägige software gute Unterstützung.
Natürlich unterliegen die Spezifikationen der einzelnen Systeme und die vielen (Grenz-)werte der militärischen Geheimhaltung. Insoweit kann ich als Staatsbürger und Steuerzahler nur hoffen, dass alle Verträge, die geteilte Management-Verantwortung zwischen Luftwaffe und Industrie sowie die gesammelte Betriebserfahrung zur technisch sicheren und wirtschaftlich vernünftigen Arbeits- (und Kosten-)Teilung beitragen.
@T.W.
Erwähnenswert wäre aber noch die Einschränkung im Flugbetrieb auf Grund eines Bauteiles an den Triebwerkshalterungen, bei dem Risse entdeckt wurden.
Der Mangel ist ja noch relativ jung und muss erstmal umfassend untersucht werden.
@all
Ein Extrembeispiel für die Zellenlebensdauer stellt wohl der Textron Airland Scorpion dar.
DIe Flugzelle soll 20.000 Stunden halten. Mit knapp 800 km/h ist das auch nicht gerade eine Rakete und Flugmanöver gehören eigentlich überhaupt nicht in sein Aufgabenprofil.
Es kommt schon sehr darauf an wofür die Jets gebaut wurden und wie man sie fliegt.
Eine F-18 hält bei der Navy nicht so lange ohne Nutzungsdauerverlängerung durch wie bei anderen im Luftwaffenbetrieb.
Der Tornado dürfte für den Tiefflug auch etwas solider gebaut sein als andere Jets.
Die A-10 ist zwar sehr solide, braucht aber neue Flügel, die schon produziert werden.
Bei Transportflugzeugen oder Bombern kann man meist die Lebenszeit sehr weit strecken.
Die An-124 wird von 25.000 auf 50.000 hochgerüstet, die Boeing B-52 fliegen seit den 60er Jahren und sie werden noch sehr lange in der Flotte bleiben.
Es kann aber irgendwann notwendig sein die G-Kräfte und die maximale Geschwindigkeit zu begrenzen, weil die geflickte Zelle das schlichtweg nicht mehr aushält.
Boeing peilt für die F-18 Super Hornet übrigens 9.500 Stunden an.
Das kam zur Sprache als Dänemark rausposaunte die F-35 wäre ja viel besser, weil diese 8.000 Stunden halten soll und die F-18 käme ja mit 6000 Stunden nicht mal in die Nähe davon.
Die Entscheidungs Dänemarks für die F-35 finden weder Boeing noch Eurofighter besonders fundiert oder lustig.
Die F-35 hat jetzt schon Risse an vielen stellen im Rumpf obwohl sie mit einem Limit von teilweise 3 G fliegt.
In dem Fragenkatalog von Airbus zu der F-35 Entscheidung in Dänemark sticht diese Frage natürlich heraus:
„Q22: Why were the 8300 FH achievable for the Eurofighter Typhoon not consid-
ered?“
Man hält also 8300 Stunden für möglich.
Da viele Piloten heute 50% oder mehr im Simulator sitzen, bleibt von den Flugstunden über die Jahre erheblich mehr übrig.
@Alf Igel
Beim Tornado waren es ursprünglich 6.000 Flugstunden. Heute haben m.W. Zelle und Triebwerk eine garantierte Mindestlebensdauer von 8.000 respektive 7.500 Flugstunden. Genutzt werden die Luftfahrzeuge planerisch durchschnittlich rund 150-160 Flugstunden pro Jahr.
@all
Noch einer hinterher: „Eigentlich müsste es heißen „Viertelung der Lebensdauergarantie in Halbierung rückumgewandelt“.