Bundeswehr redet mit ‚Pokémon Go‘-Herstellerfirma über militärische Liegenschaften

20160727_BPK_Pokemon

Das mobile, an Geo-Daten orientierte Computerspiel Pokémon Go beunruhigt auch die Bundeswehr – die deswegen im Gespräch mit dem Hersteller Niantic Labs ist. Nachdem Spieler irrtümlich und ohne Rücksicht auf die Gefahr während einer scharfen Schießübung in den Bereich eines Truppenübungsplatzes marschierten, reagierte die Truppe mit einer internen Sicherheitsweisung, berichtete die Süddeutsche Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht). Dabei gehe es nicht nur um die Gefahren für die Spieler, sondern auch darum, dass vorgebliche Spieler mit ihren Smartphone-Kameras militärische Einrichtungen ausspionieren können.

Dazu vor der Bundespressekonferenz am (heutigen) Mittwoch der stellvertretende Sprecher des Verteidigungsministeriums, Oberst Boris Nannt, nach dessen Angaben es bereits Gespräche mit der Spiele-Firma gibt:

BPK_Bundeswehr_Pokemon_27jul2016     

 

 

Das Transkript des O-Tons:

Frage: Herr Nannt, wie groß ist die Gefahr für die Bundeswehr, die von Pokémon-Spielern ausgeht? Dazu sind ja sogar Sicherheitshinweise herausgegeben worden. Es ist von mehreren Sicherheitsvorkommnissen auf Liegenschaften der Bundeswehr die Rede. Welche Art von Vorkommnissen ist oder war das, und wie viele sind es? Welche Gefahren können durch den Pokémon-Wahn für die Bundeswehr entstehen?

Nannt: Vor allen Dingen geht es um den Schutz von Leib und Leben der User und der Bevölkerung. Um das deutlich zu machen: Mir sind zwei Fälle bekannt – einer davon relativ prominent in Munster -, in denen es dazu kam, dass sich Zivile auf einen Schießplatz verirrt haben und dort plötzlich aufgetaucht sind, weil sie durch das Gerät gesteuert waren. Militärische Liegenschaften, wie Kasernen, Übungsplätze und Schießwand sind eben keine Spielplätze, auch keine Spielplätze für Erwachsene. Darum geht es letztlich.

Sie haben einen Sicherheitshinweis angesprochen, den wir gegeben haben. Er dient auch für uns zur Absicherung. Er ist ein internes Papier. Natürlich gilt für Liegenschaften ein allgemeines Betretungsverbot. Es geht hierbei ganz klar um den Schutz.

Zusatzfrage: Gibt es die Gefahr, dass sich Spione als Pokémon-Spieler tarnen und das zum Vorwand nehmen, um mit ihrer Kamera in der Nähe von Gegenden herumzulaufen, die man nicht fotografieren darf?

Gibt es Vorfälle, in denen Bundeswehrsoldaten selber ihren Dienstpflichten vielleicht nicht ganz hundertprozentig nachgekommen sind, weil sie Pokémon gespielt haben, oder gibt es eine Aufforderung oder Dienstanweisung, wie man damit während oder außerhalb der Dienstzeiten umgehen soll?

Nannt: Wir sollten nicht über hypothetische Fälle sprechen, sondern über Fakten. Zu den Fragen, die Sie jetzt gestellt haben, liegen mir auf Ebene des Ministeriums keine Erkenntnisse vor.

Zusatz: Die Frage, ob Sie in diesem Sicherheitshinweis die Soldaten auffordern, zum Beispiel nicht Pokémon zu spielen, ist nicht hypothetisch.

Nannt: Ja, aber bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich zu Sicherheitshinweisen, die intern sind, natürlich nichts sagen werde, weil gerade Sicherheitshinweise zum Schutz und zur Absicherung dienen und wir das natürlich nicht öffentlich diskutieren können.

Frage: Dürfen Soldaten Pokémon spielen oder nicht?

Nannt: Wir sollten jetzt über die Fakten sprechen und nicht über irgendwelche – – –

Zuruf : Das ist doch eine faktische Frage.

Nannt: Natürlich.

Frage: Herr Nannt, die katholische Kirche hat eigens einen Anwalt eingeschaltet, der sich darum bemüht, dass der Kölner Dom nicht als virtuelle Pokémon-Spielarena genutzt wird. Sind bei der Bundeswehr ähnliche Bestrebungen im Gange, um militärische Einrichtungen aus diesem Spiel herauszunehmen?

Nannt: Natürlich sind wir auch in Gesprächen.

Zusatzfrage : Mit wem?

Nannt: Wir sind insgesamt in der internen Abstimmung, um zu klären, von welchen Auswirkungen wir auf den Liegenschaften betroffen sind. Hierbei geht es, wie gesagt, um den Schutz. Wir müssen jetzt sehen, welche Maßnahmen wir vielleicht ergreifen und umsetzen müssen. Oberste Priorität hat für uns, wie gesagt, der Schutz. Wir stehen dazu auch in Kontakt mit dem Unternehmen.

Zusatzfrage: Also reden Sie bereits mit Niantic?

Nannt: Wir reden mit dem Unternehmen. Wenn das das Unternehmen ist, dann sind wir mit ihm in Gesprächen.

(…)

Vorsitzende Wefers: Herr Nannt hat noch eine Nachlieferung.

Nannt: Noch einmal zum Thema „Pokémon Go“: Weil Sie vorhin ein bisschen gelächelt haben, möchte ich das noch einmal klarstellen: Natürlich meine ich in der Freizeit. Nur, dass wir eine Sprache sprechen.

(Symbolbild: Pokémon-Figur in der Bundespressekonferenz; danke an Tilo Jung. Wer passendere Bilder zu diesem Thema hat: Mailadresse siehe Impressum)