Airbus verkauft Verteidigungselektronik für 1,1 Milliarden Euro an KKR
Der Airbus-Konzern hat einen Käufer für seine Verteidigungselektronik-Sparte gefunden. Die internationale Investmentfirma KKR werde den Bereich für 1,1 Milliarden Euro von der Airbus Defence&Space übernehmen, teilte das Unternehmen am (heutigen) Freitagabend mit:
Airbus Group To Sell Defence Electronics To KKR for € 1.1bn
Amsterdam, 18 March 2016 – Airbus Group SE (stock exchange symbol: AIR) has reached agreement with KKR, a leading global investment firm, to sell its defence electronics business (Defence Electronics), a leading global provider of mission-critical sensors, integrated systems and services for premium defence and security applications based in Ulm, Germany.
This is a significant step forward in the portfolio reorganisation announced by the Airbus Defence and Space Division in September 2014. The transaction is expected to close in the first quarter of next year and is subject to customary closing conditions, including regulatory approvals and employee consultation.
Bernhard Gerwert, Chief Executive Officer of Airbus Defence and Space, said: “This is an excellent outcome for our Orlando process which aimed at repositioning Defence Electronics for the future with an excellent outcome for all stakeholders. Defence Electronics is a strong, profitable business with significant growth potential and we are convinced that KKR and the Defence Electronics management team and employees will continue to strongly develop the business going forward.”
KKR has valued the defence electronics business at an enterprise value of approximately € 1.1bn. Airbus Group may maintain a minority stake to ensure a smooth and seamless transition for the business, its employees and partners.
Johannes Huth, Member and Head of KKR Europe, Middle East and Africa, said: “We are delighted to have been chosen as the best partner for the defence electronics business. KKR will support the growth and development of the company with its financial resources, international network, long- standing expertise in the global industrial sector and its extensive experience building successful industrial companies in Germany, such as MTU Aero Engines, Demag Cranes and Kion.”
Defence Electronics includes around 4,000 employees worldwide, with annual revenues of around
€ 1 bn. The perimeter of the new company comprises military sensors, electronic warfare, avionics and optronics. Since January 2016, the unit has operated under the management team as one business within Airbus Defence and Space.
Einige Details des Verkaufs sind noch unklar – so hatte die Welt berichtet, das Geschäft mit der Grenzsicherung sei nicht Teil des Verkaufspakets. Da die Bundesregierung den Bereich der Kommunikations- und Kryptotechnik als nationale Schlüsselindustrie definiert hat, wird auch die entsprechende Genehmign nach dem Außenwirtschaftsgesetz interessant.
Airbus Defence und Space besteht aus 4 Bereichen:
Military Aircraft
Space Systems
Communication, Intelligence & Security
Electronics.
Nur Electronics soll verkauft werden.
Grenzsicherung, Kommunikation- und Kryptotechnik gehören zum Bereich Communication,
Intelligence & Security.
Zitat: “ The perimeter of the new company comprises military sensors, electronic warfare, avionics and optronics.“
Das bedeutet die Radartechnik (Boden- und Bordradare), die Eloka-Technik (Tornado und Eurofighter), die Sensortechnik des Euro-Hawk mit über 100.000 Zeilen Programmiercode (die „Lizens zum Gelddrucken“) wird verkauft. Optronics ist natürlich das ehemalige Zeiss Werk in Oberkochen (vermutlich mit einigen optischen Aufklärungsgeräten des Tornado, von Fennek, Seerohre der Marine ? usw.)
Für mich sind dies alles militärische Kernfähigkeiten, die da verkauft werden.
Und KKR ist die übliche Heuschrecke, die die Teile möglichst schnell im Wert steigern und verkaufen will, oder gibt es da andere Informationen ?
@Georg:
Weniger militärische Kernfähigkeiten, vielmehr viel besprochene Schlüsseltechnologien.
Die man nunmehr einem amerikanischen Finanzinvestor überträgt.
Damit kann man die Schlüsseltechnologiedebatte auch gleich wieder beenden.
Dann bestätigt sich, was schon seit Jahren sichtbar war. Der Konzern hat kein Interesse mehr an all den perspektivlosen Kleinthemen, die jahrelang mit voller Lobbykraft dem Kunden aufgedrückt wurden.
Man will dafür jetzt weder verantwortlich sein, noch sieht man echtes Weltgeschäft. Denn das war ja alles nur für die sehr besonderen Ansprüche und Vorstellungen der deutschen Politiker geplant und gebaut worden.
Gut nur, dass das Paket nicht an die Rheinmetall geht. Denn genau dieses Modell hätten die nur zu gerne fortgesetzt und als Haus- und Hoflieferant einfach die Gelddruck aschine von Ulm nach Düsseldorf umgesetzt.
Das, was jetzt kommt, können wir uns industriell noch nicht einmal vorstellen.
@Schwermetaller
Wenn die Sparte zwischen Rheinmetall, Diehl, KMW/Kant und vielleicht noch anderen deutschen Unternehmen aufgeteilt worden wäre, wäre mir das wesentlich lieber gewesen.
Die Gelddruckmaschine ins Ausland zu geben ist ja so viel cleverer?!
Was ist das für eine Logik?!?
Am Ende stimmt man wieder zu wenn die Unternehmensteile an Lockheed Martin, Northrop Grumman, Boeing oder sonst wen aus den US gehen weil es ja um Arbeitsplätze geht.
Dafür verkaufen Politiker ja gerne ihre Seele.
Die NSA Überwachung und Bespitzelung deutscher Firmen ist ja für einige auch kein Problem, denn das schafft ja ein paar Arbeitsplätze in Deutschland, die an der Station in Bad Aibling hängen.
Super!
Was mich besonders stört ist diese Ihre Formulierung: „perspektivlosen Kleinthemen“…. klingt wie Top Manager Gefasel. Ist halt unter der Würde des Konzerns so was im Portfolio zu haben.
Perspektivlos erscheinen im Moment vor allem NH90 und A400M.
Davon ab trifft es Deutschland mal wieder besonders hart.
Airbus Optronics ist eine eigenständige GmbH und hat mit der Verteidigungselektronik-Sparte in Ulm nur den Eigner gemein.
Somit gehört Airbus Optronics wohl nicht zum Deal.
Da man alle Firmenlobbyisten zum ersten März aus dem Bundestag geschmissen hat ist nix mehr mit Lobbykraft und Rheinmetall kann da nicht anknüpfen, also alles über den Teich und der gebeutelte Wirtschaftsminister hat auch wieder etwas weniger an Rüstungsexport zu berichten.
Netter Nebeneffekt die deutsche Rüstungsindustrie wird weiter geschwächt und man kann mehr of the shelf bei den lieben Partnern kaufen.
Wen wundert es da, das KMW nach Frankreich abwandert und nur ne billige Werkbank hier läßt. Hat für Fankreich ja auch schon bei Airbus bestens geklappt und wir können nicht mehr Systeme wie Heli oder Flugzeug, aber dafür sind wir beste Zulieferer von Komponenten. Das kriegen wir beim Panzer und anderem bestimmt auch hin.
Zu Details was insbesondere die Ulmer Leute können (wenn man sie denn lässt), muß man sich jetzt gar nicht mehr äußern.
Thales klatscht sicher Beifall und läßt die Sektkorken knallen.
Das Ulmer Know-How wechselt ganz offiziell den Eigentümer und der trauige Rest wird abgewickelt von einer Heuschrecke.
Ich bin einfach nur fassungslos!
@Zimdarsen:
Das stimmt nicht! Das Optronikgeschäft gehört mit zu dem Deal! Wird demnach also auch veräußert!!!
http://gulfnews.com/business/aviation/airbus-to-sell-defence-electronics-arm-to-us-investors-kkr-for-1-2b-1.1693223
@apvat:
Wechselt – aus ihrer Sicht – das Ulmer (Radar-)Know-how den Eigentümer (Thales?) oder wird es abgewickelt von KKR? Und was ist der traurige Rest (EW, Avionik, Optronik)?
Irgendwie verstehe ich ihren Gedankengang nicht wirklich.
So oder so zeigt sich hier was von den Schlüsseltechnologieparolen des BMVg zu halten ist.
Auch wenn ich in keinster Weise ein militaerisches Wissen, wie meine Vorkommentatoren habe moechte doch etwas zu der Polemisierung von KKR beitragen.
Es gibt gute sowie auch schlechte Beispiele. Ja, das Ziel eines privaten Investors wie KKR wird sein, die Firma irgendwann mit Gewinn weiterzuverkaufen.
Doch muss man hierbei auch sagen, dass sie auf dem Weg dorthin einschlaegige Managementexpertise mitbringen, um eine Wertsteigerung einzuleiten.
Das Aufspalten der Firma in ihre einzelnen Teile und diese dann an den Hoechstbieter zu verkaufen ist eine Option, welche zum einen Airbus auch alleine haette durchfuehren koennen, jedoch auch zum Teil neue Energie freisetzen kann.
Ich bin jetzt kein absoluter Experte fuer die Firma und in welcher Form sie in Airbus eingebunden war, doch mehr unternehmerische Freiheit kann eigentlich nur zum Vorteil der Firma und ihrer Beschaeftigten sein.
@ Memoria
Zunächst ist festzuhalten, dass die Ulmer Radarsparte mittlerweile ein erfolgreiches millitärisches Flugplatzradar im Portfolio hat. Insofern ist Ulm momentan ein direkter Konkurrent für Thales. Die Bw hat die Entwicklung des neuen ASR-S Radars über 15 Jahre hinweg bezahlt und anschließend 20 Stück davon gekauft. Das ist schon eine Hausnummer.
Warum sich Airbus von den Kernfähigkeiten der militärischen Technologie trennt, ist mir auch ein Rätsel. Gibt es für eine ausländische Firma in Deutschland leichter Exportgenehmigungen für militärisches Geräte als für eine deutsche Firma ?
Falls ja, sollte man die deutschen Exportgesetze ändern. Airbus wollte ja mit Briten in der Militärsparte fusionieren. Dies wurde jedoch von der deutschen Regierung verhindert. Danach hat Tom Enders wohl das Interesse an der Militärelektronik verloren. Vermutlich geht es eben doch um einen unlimitierten Export dieser Güter für den Weltmarkt.
http://www.bundeswehr-journal.de/2015/regierung-definiert-wehrtechnische-schluesseltechnologien
@Georg:
Und wie soll der Export nunmehr unlimitiert sein?
Airbus möchte eben nur noch fliegende Produkte verantworten, die nichtfliegenden Randbereiche (wenn auch technologisch führend und kaufmännisch erfolgreich) werden eben veräußert. Unternehmensstrategie.
http://www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/NYuxDsMgDET_yIaptFsjlq5dGrqRBCFXASLXpEs-PjD0TnrDPR2-sTX7naIXKtmvOKKb6Tb9YEp7hE-p3FZIlOkrgakmfPXPEmAuOUinhCzUGNlLYdgKy9pNZW4GaEGntB2UVv_o4-qMNaMyF_sYnrildD8BEku-_g!!/
[Ja, es ist umständlich, aber… bitte die Bw-Links mit einem entsprechenden Programm (z.B. bw2.link, siehe oben in der Leiste) kürzen – diese Links gehen immer kaputt, funktionieren nicht, usw usw.
Hier der gekürzte Link: https://bw2.link/Dz8k9
Und ein kurzer Hinweis, wieso weshalb warum, wäre auch sinnvoll.
T.W.]
@cato:
Was zu beweisen war:
Regierungspapiere sind geduldig und auch immer öfter belanglos, da der für die Umsetzung der Ideen notwendige politische Wille fehlt.
@T.W.
OK und danke.
@MauAu
Based in Ulm, Germany, Airbus’s defence electronics arm has around 4,000 employees worldwide.
Das ist nicht Airbus DS Optronics GmbH mit Firmensitz Oberkochen.
Airbus DS Optronics soll auch verkauft werden doch steht nirgendwo, dass auch diese Firma zum Deal gehört.
@ Memoria
Zur Ihrer Frage: Thales darf sich freuen, daß ihnen in den Airbus-internen Projekten nunmehr der Weg frei gemacht wurde.
Damit wird auf keinem Luft-System mehr Technik aus Ulm verbaut werden, sondern eklusiv Thales Lösungen.
Heuschrecken arbeiten auf Pump und wollen eine kontinuierliche Rendite inkl. zugehörigem Cash-Flow. Ziel mindestens 10% jährlich.
Wenn ich unter diesen Umständen die Gewinnmargen und den Cash-Flow der Ulmer Sparte betrachte, dann dürfte die Heuschrecke nach spätestens 5 Jahren die Bremse betätigen.
@ Memoria
Wie die erleichterte Exportgenehmigung für ein europäisches oder amerikanisches Unternehmen in Deutschland funktioniert, weiß ich leider nicht.
Vorstellbar wäre aber wenn die Militärelektroniksparte in Ulm an eine britische Firma verkauft würde, z.B. die die das Bordradar für den Eurofighter herstellt, dann müsste eine britische Firma einen Exportantrag an die britische Regierung für den Weltmarkt stellen. Die britische Firma auf deutschem Boden in Ulm, würde nur noch die Komponenten nach Großbritannien liefern.
@Georg:
„Wie die erleichterte Exportgenehmigung für ein europäisches oder amerikanisches Unternehmen in Deutschland funktioniert, weiß ich leider nicht.“
Die Antwortet lautet: Es funktioniert gar nicht.
Und die Kooperation mit anderen Firmen gab es besonders intensiv beim Eurofighter. Und die Endverbleibsklausel ist ihnen bekannt, oder?
@avpat:
Und warum würd das dann Thales exklusiv? Gerade beim AESA?
Schön ziemlich steile Thesen hier…
@Georg: Ob das so einfach funktioniert wie Sie sich das vorstellen, muß – wie bereits von @memoria – bezweifelt werden. Die 23 saudiarabischen H145 liefen offenbar über Frankreich (vgl. http://www.defenseworld.net/news/13279/France_To_Supply_23_Multipurpose_Helicopters_To_Saudi_For__560_Million#.VucJVF6S9T0), der Export der in Deutschland hergestellten HC bedurfte aber trotzdem einer deutschen Exportgenehmigung (vgl. http://www.ruestungsindustrie.info/sites/default/files/medien/u12/hierarchiekette.png). Das Enduser-certificate unterliegt auch gem. GWKG deutschem gesetzlich aufgegebenem Ermessen.
Ich sagte ja bereits, ich weiß es nicht wie es genau funktioniert mit der Exportgenehmigung.
Zitat: „Und die Endverbleibsklausel ist ihnen bekannt, oder?“
Ja, die kenn ich. Die wurde im nachhinein jedoch des Öfteren umgangen (siehe Heckler und Koch mit der Lieferung an Mexiko).
So oder so hängt an der Exportfähigkeit der Produkte der Marktwert der Firma in Ulm.
Die amerikanische Investmentfirma wird schon einen Weg finden, den Marktwert nach dem Kauf auch durch einen größeren Absatzmarkt für deren Produkte zu steigern.
Airbus baut für die littoral combat ships (LCS) der Freedom Klasse das Radar (12 Einheiten).
Das gleiche Radar befindet sich auch auf den National Security Cutter der US Küstenwache (8 Einheiten).
In beiden Fällen das EADS / Cassidian 3D TRS-16, für die LCS in Zukunft nur noch das 4D.
Es ist nicht so das es keinen Markt für die Technik gäbe.
Nur handelt es sich um sensible Rüstungsgüter und Gewinnsteigerungen wie sie Investmentfonds fordern könnten zu massiven Einbußen im Unternehmen führen (Mitarbeiterzahl, Forschung, Produktionsqualität) und das wäre das Ende für einige Rüstungsbereiche in Deutschland.
Im Endeffekt haben wir bei den allermeisten Schlüsselkompetenzen ein klassisches Principal-Agent-Problem – gerade weil es nur noch einen nationalen Hersteller gibt, der sein Monopol natürlich ausnutzen möchte.
Grundsätzlich halte ich es mit „Georg“ und „Memoria“.
Die Debatte um das Thema Schlüsseltechnologien, Leuchtturmprojekte etc. ist damit vorerst tot. Der Preis war und ist für Diehl und Konsorten einfach zu illusorisch.
Grundsätzlich kann ich AIRBUS aber verstehen. Im Grunde geht es hier um pflegeintensive Einzellösungen, bei denen im Grunde der Aufwand in keinem Verhältnis zu den Kosten steht.
AIRBUS hat – betriebswirtschaftlich sinnvoll – seine Aussage unterstützt, dass es aufhören will, sich im Klein/Klein zu verhakeln, sondern eher einheitliche Lösungen anbietet, die sich mit der Stückzahl auch refinanzieren.
Wenn ich das richtig einschätze, wurde mit dieser Summe der „Good-will“ bewertet, denn die Auftragslage der Elektroniksparte ist ja eher begrenzt.
KKR wird die Sparte wahrscheinlich international aufteilen wollen, denn unter deutscher Ägide sind Firmen, die irgendwie mit Rüstung zu tun haben, nur schwer zu führen.
Im Zweifel landen die Kernteile bei Boeing….
In Sachen Exportgenehmigung habe ich da so eine Erinnerung an die Firma Euromissile, die offiziell in Frankreich saß, so dass der deutsche Partner (damals noch irgendeine MBB-Tochter?) für seine Zulieferungen an Komponenten nur die Genehmigung für Frankreich brauchte, während Euromissile praktisch weltweit verkauft hat. Hat sich an diesem Spiel etwas grundlegend verändert?
Ulm, etwa Sedanstraße 10 oder sind die Telefunker nach 2014 verschwunden? Beobachtungswert, ob der ein oder andere Bereich bei Mercury Systems Inc. landet (s.a. Meldung zur Akquise bei Microsemi Corp.). Kommunikations- und Kryptotechnik hin oder her, der Bedarf beim U.S. Department of Defense sorgt für volle Auftragsbücher.
Es ist durchaus normal, dass der Deal in Frankreich gelaufen ist. AH ist eine S.A.S.-Gesellschaft mit Firmensitz in Marignane und besteht aus drei UInterfirmen, davon eine als AHD.