Libyen: Kein Ausweg aus der Krise

Die Situation in Libyen steht ja hier ständig auf der Beobachtungsliste – angesichts der Nähe des nordafrikanischen Landes zu Europa, der Bedrohung durch die Ausbreitung der ISIS-Terrormilizen und die von verschiedenen europäischen Ländern geäußerten Überlegungen, dort einzugreifen (unter welchem Mandat auch immer). Die aktuellen Meldungen aus Libyen klingen zum einen nicht gut, zum anderen lassen sie die – auch von Deutschland – geäußerte Absicht in weite Ferne rücken, das Land zu stabilisieren. Denn dafür wurde und wird immer eine einheitliche Regierung vorausgesetzt; die schien greifbar nahe, ist seit dem (heutigen) Montag aber wieder infrage gestellt:

Libya’s internationally recognized parliament voted on Monday to reject a unity government proposed under a U.N.-backed plan to resolve the country’s political crisis and armed conflict.

(…)
Eastern lawmakers said the proposed 32-member government had been rejected because it included too many posts. They said that the Tunis-based Presidential Council now had 10 days to put forward a new, shorter list of ministers. (…)
In a second vote, the Tobruk parliament approved the U.N.-mediated agreement that sets out a political transition for Libya and under which the Presidential Council operates. However, lawmakers rejected a clause that transfers power over the armed forces to the prime minister.

berichtet Reuters.

Das bedeutet wohl auch, das europäische Überlegungen für Unterstützung einer einheitlichen Regierung in Libyen erst mal aufgeschoben sind. Von deutscher Seite hatte sich kürzlich Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für diese Unterstützung auch mit Hilfe der Bundeswehr ausgesprochen. Jetzt äußerte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier, wenn auch vorsichtig, ebenfalls in diese Richtung. Aus einem Interview des Ministers mit dem Magazin des Deutschen Bundeswehrverbandes (Februarausgabe):

Sollte es durch gute Diplomatie in Libyen zu ei­ner Regierungsbildung kommen und der Bedarf für eine Ausbildungsmission für libysche Sicherheitskräfte entstehen, welchen Beitrag wäre Deutschland zu leisten bereit?
Dass es nach langen Anstrengungen gelungen ist, eine Kabinettsliste für die neue Regierung der nationalen Einheit zu vereinbaren, ist gut und ein weiterer Schritt auf einem langen Weg. Jetzt muss diese Kabinettsliste auch vom Parlament gebilligt werden. Damit wären die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass eine Regierung der nationalen Einheit auch tatsächlich von libyschem Boden aus die Arbeit aufnehmen kann. Wir haben zugesagt, dass Deutschland bereitsteht, eine neue libysche Einheitsregierung beim Wiederaufbau staatlicher Strukturen zu unterstützen. Natürlich überlegen wir bereits jetzt, was wir anbieten können. Dazu gehört sicherlich die humanitäre Hilfe, dazu gehört aber auch Unterstützung im Sicherheitssektor. Aber all das wird vor allem auch davon abhängen, welche Unterstützung sich die zukünftige libysche Einheitsregierung von uns wünscht und erbittet.

Aber, wie gesagt: Die Kabinettsliste wurde eben nicht vom Parlament gebilligt.

Nachtrag: Der Kollege Björn Müller hat zum Thema Libyen interessante Aussagen vom Leiter der Politikabteilung im Verteidigungsministerium gehört.