Zwischenruf: Vergesst Afghanistan.
Um den schmählichen Auftritt der Bundesregierung beim Thema Afghanistan am (heutigen) Montag zu würdigen, muss man sich mal kurz die Fakten des Bundeswehreinsatzes am Hindukusch vor Augen führen. Mit 862 Soldaten (Stand 21. September) ist es nach wie vor der größte Auslandseinsatz der deutschen Streitkräfte. 725 deutsche Soldatinnen und Soldaten sind in Mazar-e Sharif im Norden stationiert, um die afghanischen Streitkräfte zu unterstützen und zu beraten. Drei Heron-Drohnen können – noch ist ja nicht Winter – die interessanten Gebiete rund um die Uhr im Auge behalten. Und im Hauptquartier der Mission Resolute Support in Kabul sitzt der deutsche Generalleutnant Frank Leidenberger als Chef des Stabes.
Als das reicht aber offensichtlich nicht aus, um rechtzeitig Informationen über eine der vermutlich erfolgreichsten Taliban-Operationen seit Monaten, wenn nicht seit Jahren nach Deutschland gelangen zu lassen. Am frühen Montagmorgen begannen die Aufständischen eine koordinierte Attacke auf die Provinzhauptstadt Kundus und nahmen sie fast ein (die Lage ist wechselhaft, ob Kundus an die Taliban gefallen ist, bleibt zur Stunde unklar). Das ist nicht nur der weitreichendste Angriff auf eine afghanische Provinzhauptstadt, das ist auch ein Angriff auf eine Stadt, die wie kein anderer afghanischer Ort für das deutsche Engagement am Hindukusch steht – auch wenn die Bundeswehr schon lange abgezogen ist.
Die Bundesregierung jedoch weiß von alledem nichts. Von dem Großangriff der Taliban, erklärten der Sprecher des Verteidigungsministeriums und die stellvertretende Sprecherin des Auswärtigen Amtes fast wortgleich, hätten sie keine eigenen (Er)Kenntnisse. Nur in den Medien war halt was dazu zu lesen.
Nun kenne ich Leidenberger lange genug persönlich und weiß aus zahlreichen Besuchen um die Professionalität der Truppe, um recht sicher zu sein, dass die Bundeswehrsoldaten den Angriff auf Kundus nicht verpennt haben. Sondern vermutlich ziemlich genau im Bilde sind und das auch nach Potsdam ans Einsatzführungskommando und/oder ans Ministerium in Berlin gemeldet haben.
Wenn aber Verteidigungsministerium wie Auswärtiges Amt bestreiten, aus eigenen Quellen etwas über die Lage in Kundus zu wissen, kann das nur eines bedeuten – die klare Haltung: Geh‘ mir weg mit Afghanistan. Ein Einsatz, der keinen mehr interessiert; ein Einsatz, bei dem allen Beteuerungen der gesamten Bundesregierung zum Trotz kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Schließlich gibt es wichtigere Probleme – von der Lage in Syrien (und den dadurch befeuerten Flüchtlingsströmen) bis zum Streit über die Doktorarbeit einer Ministerin.
Falls sich noch jemand erinnert: Im Kosovo stehen noch immer knapp 700 Bundeswehrsoldaten, das weiß auch kaum jemand. Jetzt wird der nächste Einsatz mental entsorgt. Vergesst Afghanistan.
Nachtrag: Da jetzt die Abschrift der Bundespressekonferenz vorliegt (das Audio dazu gibt es hier), die entsprechende Passage mit keinen Erkenntnissen von BMVg-Sprecher Jens Flosdorff und der stellvertretenden AA-Sprecherin Sawsan Chebli sowie Regierungssprecher Steffen Seibert:
FRAGE: Es gibt heute Berichte über massive Angriffe der Taliban auf Kundus. Welche Erkenntnisse haben Sie darüber? Diese Frage richtet sich an den Vertreter des BMVg.
Wie muss man das bewerten? Denn das war ja der Kern des deutschen Engagements in Afghanistan. Das Ziel war Stabilisierung. Muss man es im Nachhinein so sehen, dass genau dieses Ziel überhaupt nicht erreicht wurde und die Opfer im Grunde umsonst gewesen sind?
FLOSDORFF: Ich habe keine Erkenntnisse, die ich Ihnen dazu mitteilen könnte.
ZUSATZFRAGE: Die Frage nach der Bewertung richtet sich dann an das AA oder Herrn Seibert. Hat eine Stabilisierung der Region stattgefunden? Hat sich der Einsatz dort gelohnt?
CHEBLI: Natürlich haben auch wir das, was Sie erwähnten, gehört. Wir beobachten die Lage in Afghanistan sehr aufmerksam. Die Sicherheitslage ist seit einigen Wochen angespannt. Es hat immer einmal wieder Anschläge seitens der Taliban gegeben. Aber wir müssen auch sehen, dass es den afghanischen Sicherheitskräften in der Vergangenheit doch immer wieder gelungen ist, zu verhindern, dass weite Landesteile von den Taliban eingenommen werden. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind weiterhin grundsätzlich in der Lage, den Aufständischen entgegenzutreten und Großstädte sowie die wichtigsten Verkehrswege, die die Taliban immer wieder zu blockieren versuchen, unter Kontrolle zu halten.
Über die Frage, wie wir jetzt unser Engagement bewerten, hat der Kollege Schäfer, so meine ich, vor einigen Wochen hier bereits ausgeführt. Wir sind mit den Amerikanern im Gespräch. Wir beobachten die Entwicklung gemeinsam mit den Amerikanern und den NATO-Alliierten und werden uns beim Außenministertreffen im Dezember zum weiteren Vorgehen in Afghanistan beraten. Ich kann Ihnen deshalb hier auch keine abschließende Bewertung dazu geben, was passiert, nachdem das Mandat endet. Aber wir sind in sehr intensiven Gesprächen mit den Amerikanern, um gemeinsam zu schauen, wie wir unser Engagement dort weiterhin vollziehen können.
FRAGE: Herr Seibert, Frau Chebli, sind die 14 Jahre in Afghanistan für die Bundeswehr eigentlich ein Erfolg?
STS SEIBERT: Ich empfehle Ihnen vielleicht als Einstieg in das Thema die Lektüre des Fortschrittsberichts Afghanistan, der Ende des vergangenen Jahres von der Bundesregierung vorgelegt wurde. Er zieht eine Bilanz unseres gesamten Engagements, das immer mehr als ein rein militärisches Engagement gewesen ist. Das ist ein sehr interessanter Bericht, der natürlich Licht und Schatten aufweist. Wir wissen, wie Frau Chebli es gerade gesagt hat, dass in einigen Situationen noch erhebliche Herausforderungen bestehen, gerade was die Sicherheitslage betrifft. Das betrifft aber auch nicht das ganze Land Afghanistan.
Insofern ist das nicht ganz leicht zu sagen. Aber wer sich mit den Details dessen befasst, was politisch, zivilgesellschaftlich, auf dem Bildungssektor und in einigen Landesteilen auch bei der Herstellung von Sicherheit erreicht worden ist, der wird sicherlich auch Licht sehen.
ZUSATZFRAGE: Ist es geplant, dass die Bundeswehr erst dann abzieht, wenn Sicherheit in allen Landesteilen gegeben ist?
STS SEIBERT: Wir folgen zunächst einmal den Beschlüssen des NATO-Gipfels, der die Dauer der Folgemission Resolute Support mit Ende 2016 festgelegt hat. Wir wissen auch, dass bis dahin noch zahlreiche unterstützende Maßnahmen notwendig sind. Wie weit dann noch über diesen Zeitpunkt hinaus ein Einsatz oder Maßnahmen erforderlich sein werden, müssen wir dann zu gegebener Zeit mit unseren internationalen Partnern besprechen. Deutschland wird dabei keinen Alleingang unternehmen, sondern wir werden die Lage mit den Partnern zusammen sehr genau analysieren und zu gemeinsamen Beschlüssen kommen.
FRAGE: Frau Chebli, Sie haben gerade gesagt, die ANSF sind in der Lage, die Großstädte unter Kontrolle zu halten. Die heutigen Meldungen aus Kundus deuten auf das exakte Gegenteil hin. Insofern kann ich Ihre Aussage nicht ganz nachvollziehen.
Noch die Frage an Herrn Seibert: Was ist mit dem Fortschrittsbericht 2015?
CHEBLI: Ich habe Ihnen ja gesagt, dass die Sicherheitslage angespannt ist. Bisher ist es den afghanischen Sicherheitskräften jedenfalls gelungen, Großstädte unter Kontrolle zu halten.
Ich habe das, was Sie erwähnt haben, heute Morgen ebenfalls in den Medien gelesen. Ich habe dazu keine eigenen Erkenntnisse. Wir wissen es nicht im Detail. Wir haben gelesen, dass die Lage sehr angespannt ist und die Taliban versuchen, verschiedene Großstädte einzunehmen. Ich kann das nicht bestätigen.
Aber in der Vergangenheit – deshalb ist es richtig, was ich gesagt habe – ist es den afghanischen Sicherheitskräften immer wieder gelungen, die Taliban zurückzuschlagen. Was jetzt passiert, wie weit die Taliban gehen und wie sich die Lage gegenwärtig ganz aktuell darstellt, weiß ich nicht. Wir beobachten die Lage aber aufmerksam. Unsere Leute sind sehr nah daran.
STS SEIBERT: Herr Wiegold, ich kann Ihnen jetzt aus dem Stand nicht genau sagen, wann der Fortschrittsbericht vorgelegt werden wird. Das ist ja üblicherweise immer gegen Ende des Jahres passiert. Wir haben den ersten im Dezember 2010 und die anderen dann eben in den entsprechenden Abständen vorgelegt, sodass ich annehme, dass es auch erst einmal wieder Ende des Jahres werden muss; aber ich weiß es, ehrlich gesagt, im Moment nicht.
CHEBLI: Ich weiß es auch nicht. Das können wir aber nachliefern, wenn es dazu ein Datum geben sollte.
ZUSATZ: Dann würde ich um die Nachlieferung an alle bitten.
CHEBLI: Gut. Wenn es geht, dann ja.
STS SEIBERT: Wir tun immer das Mögliche.
FRAGE: Frau Chebli, verhandelt man gerade noch mit den Taliban?
CHEBLI: Deutschland verhandelt nicht mit den Taliban.
ZUSATZFRAGE: Aber gibt es westliche Gespräche?
CHEBLI: Es gab jedenfalls Gespräche zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban, die, glaube ich, gerade etwas ins Stocken geraten sind. Die Bundesregierung ist jedenfalls der Meinung, dass es wichtig ist, dass diese Gespräche stattfinden.
ZUSATZFRAGE: Obwohl Taliban-Kämpfer …
CHEBLI: Ich habe dem, was ich gesagt habe, nichts hinzuzufügen.
Der junge neue | 28. September 2015 – 20:11
Der BND dürfte in KDZ nicht mehr mit deutschen Kräften operieren, also muss er sich auf seine afghanischen Informanten und Kontakte zu ANSF und NDS verlassen. Und wenn die Informanten und der NDS so versucht hat, Informationen zu gewinnen, wie die ANSF bis heute VASE durchgeführt haben (nämlich praktisch nicht), kann man das dem BND nicht vorwerfen.
@ Mitleser
Es waren 3 Jahre nach Abzug der Sowjets bis die Nachfolgeregierung von Nadschibullāh Im April 1992 aufgab.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sowjetische_Intervention_in_Afghanistan#Abzug_der_sowjetischen_Truppen_und_der_Weg_in_den_neuen_B.C3.BCrgerkrieg
Heiko Kamann | 28. September 2015 – 20:48
Ja war vllt zu allgemein gefasst. Ich persönlich gehe auch da von aus das die die vor Ort sind Bescheid wissen (wäre ja beängstigend wenn nicht). Nur diese schönwischerei in den höheren Ebenen ( beim BND BmVg usw.) finde ich persönlich respektlos gegenüber uns Bürgern und auch gegenüber den Soldaten im Einsatz..
Hauptsache keine Probleme zugeben.. Naja ist vielleicht einwenig OT ;)
Boots on the Ground | 28. September 2015 – 21:07
Nun ja ich denke der BND hat lange genug in Kunduz und Umgebung operiert um dort ein Netzwerk oder Netzwerke aufgebaut zu haben, was man mit Sicherheit nicht direkt nach dem Abzug der Bw aufgegeben hat. Also darf man wohl ruhig davon ausgehen das der BND bzw die BND Mitarbeiter vor Ort (Kabul/Mazar) fundierte Hinweise und Erkenntnisse haben was da vor sich geht. Ob die dann in Pullach so weiterverarbeitet/weitergeben werden wie es sein müsste ist eine andere Sache..
@Der junge neue | 28. September 2015 – 20:11
Man kann mMn davon ausgehen, dass unser BND nicht pennt. Nachrichtendienste können Informationen nur sammeln und den entsprechenden Stellen zur Verfügung stellen. Dann obliegt es den politischen und militärischen Entscheidungsträgern, die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen.
Sehr geehrter Herr Wiegold,
ich kann Ihnen nur in allen Punkten zustimmen und teile Ihre, wie ich meine, klar herauslesbare Wut. Es ist auf gut deutsch gesagt einfach erbärmlich, wie die Regierung ihrer ach-so-oft betonten Verantwortung Nordafghanistan gegenüber gerecht wird. Nun wird auch dem letzten Dorftrottel klar, wie nichtssagend und hohl deutsche Zusagen in der Außenpolitik sein können, wenn sie gerade nicht ins Tagesgeschäft passen. Und die dreiste Aussage, man wisse derzeit nicht, was in Kunduz vor sich geht, ist ein Schlag ins Gesicht der deutschen Soldaten, die wahrscheinlich (und basierend auf eigener Erfahrung) seit heute morgen die Telefone zum Glühen gebracht haben.
Ich bin sprachlos, mit welchem Dilettantismus wir derzeit durch die Außenpolitik eiern und zudem auch noch von den eigenen Politikern für völlig verblödet gehalten werden. Unfassbar, einfach unfassbar…
Hier noch die BPK als Video:
https://youtu.be/yCx7bCNKCJ4?t=1490
Wirklich sagenhaft.
Auch interessant ein Bericht in der FAZ in dem Berliner Sicherheitskreise in der Einnahme von Kunduz keine echte Lageänderung sehen.
Im Gegenteil zur bisherigen Argumentation, die stets darauf verwies, dass die Distrikt- und vorallem Provinzhauptstädte in Regierungskontrolle sind (wie auch Frau Chebli).
Einfach arm.
@Georg
Die Zentralregierung konnte im Laufe des Jahres 1989 die Belagerung Jalalabads aufbrechen sowie 2 weitere Talibanoffensiven gegen Jalalabad stoppen, bis Anfang 1990 den Landweg von Kabul zur Sowjetunion offenhalten und alle großen Städte verteidigen.
1990 waren dann die Landverbindungen in alle Richtungen unterbrochen, es begannen die Putsche gegen Najibullah und die Armee desertierte davon. Daher spreche ich von einem Jahr Erhaltung der Kontrolle durch die Zentralregierung, ehe die Agonie begann. Das formale Enddatum ist natürlich korrekt.
@Voodoo
Volle Zustimmung.
@Stephan
Fast richtig, aber deutlicher: Nachrichtendienste BESCHAFFEN, was eine offensive/pro-aktive/verdeckte Maßnahme, auch gegen Widerstand, mit nachrichtendienstlichen Mitteln und Methoden ist.
Im Gegensatz dazu die Nachrichtengewinnung der HAufklTr, oft mit Sensoreinsatz im Zentrum.
Auch richtig, was macht der Empfänger im Bundeskanzleramt damit, vielleicht nichts, – passt evtl nicht un die derzeitige, politische Großwetterlage …?
Wundert das Verhalten der Regierung wirklich jemand?
Aus welchem Grund sollte sie den anders reagieren als sonst immer?
Bisher hat ignorieren/ abstreiten ja meistens geklappt.
@Klaus-Peter Kaikowsky
„Im Gegensatz dazu die Nachrichtengewinnung der HAufklTr, oft mit Sensoreinsatz im Zentrum.“
Fast richtig. Dieser Teil der HAufklTr ist vor 15 (in Worten FÜNFZEHN) Jahren in der SKB aufgegangen, und wird heute allgemein als EloKa tituliert. Wenn schon, denn schon….
Damit wird die Regierung wohl ganz gut durchkommen. Auf der Seite der Tageschau ist es bei den Medlungen mit den kleinen Bildern, sogar dort muss man schon an Glyphosat, VdL Diss, und BER-Pannen vorbeiscrollen.
Ich kann (als Zivilist) die Wut nicht ganz nachvollziehen:
Ob es Anstaendig waere es ‚aktiv‘ zu bemerken kann ich nicht sagen, es waer aber ganz schoen bloed sich von sich aus den Hals auf den Block zu legen. Insbesondere, da es ja nicht wirklich Ueberraschend kommt, hat hier jemand erwartet, dass die „Uebergabe in Verantwortung“ mehr ist als Schoensprech? War jemand in Berlin weniger [strike]Zynisch[/strike] Pragmatisch? (Wenn alles gut geht ist man praesent genug damit die Afghanische Regierung nicht gleich blutig untergeht, sonder genug Zeit fuer ihren eigenen Fuck-Up hat. Das die (deutsche) westliche Anwesenheit in A bis dahin in der Oeffentlichkeit fast vergessen ist (CAS/CIVCAS unter Schwellwert) … kann sich irgend eine Regierung mehr Wuenschen?)
Ich moechte hierzu sehr den Essay „Warum Amerikas Kriege so häufig schiefgehen“ von Hannes Stein (Deutschlandfunk vom Sonntag) empfehlen.* Ich finde ein Zitat auch in Bezug auf den Deutschen Einsatz sehr interessant:
[quote]“[Ein] altehrwürdiges Muster der amerikanischen Außenpolitik […] sieht so aus: Die Amerikaner ziehen aus ganz realpolitischen Gründen in einen Krieg. Während sie im Krieg stehen, radikalisieren sich wie von selbst dessen Ziele. Sie werden idealistisch. […] Anschließend werden die Amerikaner in einen hässlichen Guerillakrieg hineingezogen. Sie brauchen eine Weile, ehe sie das verstehen. Dann stellen sie sich auf die neue Realität ein und erkämpfen sogar einen Sieg. Aber mittlerweile haben sie die Nerven verloren, und so ziehen sie sich zurück. Und am Ende fällt alles in sich zusammen.“[/quote]
(kuerzungen von mir)
Nun ist man aus realpolitischen Gruenden nach Afghanistan geganngen: Buendnissolidaritaet
Dann hat man versucht es moralisch zu ueberhoehen: Demokratie, Maedchenschulen, unsere Freiheit … Mit eher maessigem Erfolg.
Da hoert eine Vergleichbarkeit es allerding auf, da man mit Ausnahmen (z.B. Hamzag) weder die Nerven noch Anlass (dabei sein ist alles) gehabt hat um ueberhaupt einen ‚Sieg‘ zu *erkaempfen*. Zum anderen steht und faellt natuerlich alles mit den Amerikanern. Sobal die Amerikanische Regierung Afghanistan aufgegeben hatte ist auch der realpolitische Zweck wegefallen.
* http://www.deutschlandfunk.de/geschichte-warum-amerikas-kriege-so-haeufig-schiefgehen.1184.de.html?dram:article_id=328179
Ich seh es wie unreal … Ich mein, ernsthaft, jetzt ganz ohne Empörung: Was unterscheidet die jetzige Reaktion von denen, als noch deutsche Soldaten selber in Gefechten mit den Taliban standen? Wie war das mit der Wortklauberei um die Definition des Einsatzes?
Die Bundesregierungen haben seit 2002 versucht das ganze Thema möglichst unter dem Teppich zu halten, und zwar sowohl Schröder als auch Merkel. Man bewegte sich erst, wenn Fakten sich nicht mehr zu leugnen ließen und auch nur soweit, daß die Bewegung von außen wahrnehmbar war. Sprachlosigkeit, Dementis, Nichtwissenwollen … das war in Punkto Afghanistan schon immer so. Und das Land selbst ist einfach zu weit weg, zu weitläufig und zu unsicher, als daß eine umfassendere mediale Berichterstattung durch deutsche Massenmedien irgendein Publikum hierzulande dauerhaft auf das Thema aufmerksam machen hätte können. Daher konnte das See no evil, hear no evil, speak no evil der deutschen Regierungen auch funktionieren. Und genau das praktizieren sie auch jetzt.
@csThor | 29. September 2015 – 6:24
Sie haben wohl recht. Man schaue aber auch zum Beispiel die letzten Monate in diesen Blog. Bei Threads mit der Überschrift „G36“ oder „Drehflügler“ überschlagen sich die Kommentatoren, bei Threads zum Thema Afghanistan ist die Reaktion meist schon deutlich übersichtlicher. (Ausnahmen, wie dieser Thread bestätigen die Regel. Liegt aber wohl eher an den deutlichen Worten von Thomas Wiegold.)
Viele sind des Themas müde, nach nunmehr 13 Jahren auch irgendwie kein Wunder … auch und vor allem angesichts der Lage. Und offengestanden tue ich mich auch schwer mehr als eine zynische Augenbraue ob der Lageentwicklung zu heben. Ich hatte offengestanden auch nicht wirklich was anderes erwartet.
Ich verstehe als Zivilist die hier vorgebrachte Empörung auch nicht. Afghanistan hatte 10 Jahre Verschnaufpause um für sich zu klären, wie es seine Zukunft gestalten will. Offensichtlich geht es zurück in die Vergangenheit. Vielleicht hätte man die Zeit nutzen sollen, um das politisch unregierbare Gebilde aufzulösen und kleinere Staaten nach Ethnien und Stämmen zu bilden..
Guten Tag Hr. Jason,
wie viele Jahre um die oder eine Zukunft (im Sinne der Vereidigungsformel z. B. Bundeskanzler) zu gestalten haben wir Deutschen denn ins Land gehen lassen?
Wer soll oder hat das Recht in Afgh irgendetwas aufzulösen oder umzubilden?
Kleinere Staaten und Ethnien haben wir auch!!
Z. B. Bayern
ob das aber immer so gut ist, sei mal dahin gestellt.
@section 31
Vor 15 Jahren gab es keine HAufklTr. Hingegen die PzAufklTr und natürlich die EloKa – die 1956 mit Aufstellung FmBtl 1 das Licht der Welt erblickte – mit entsprechender Sensorik der FmEloAufkl. Durch Aufstellung der HAufklS zum 01.10.2007 war die Aufstellung der neuen TrGtg offiziell beendet, die Neuausrichtung von Einh und Verb war erst Ende 2008 vollzogen.
Absicht meines posts von 28. September 2015 – 21:42 war und ist, die Unterschiedlichkeit von Nachrichtenbeschaffung durch die Dienste sowie Nachrichtengewinnung als Auftrag der HAufklTr herauszustellen.
Dass die EloKa Träger der sensoralen Aufkl für die Dienste darstellt ist das eine. Das andere sind opto-elektronische Sensoren der Aufklärer, die UAS sowie deren Befähigung zur Aufklärung durch den Menschen, nicht zu vergessen die unterschiedlichen Rechte bei Beschaffung/Gewinnung!
Die Geschichte der TrGtg des Heeres reicht nicht nur 15 Jahre zurück, sondern bis zum 12. November 1955, Aufstellung Bw an Scharnhorsts 200. Geburtstag. Im Jahre 2000 hatte das Heer bereits 35 Jahre Geschichte durchlebt, dabei auch PzAufklTr und FmTrEloKa.
Jason | 29. September 2015 – 8:44
Wann waren denn die „10 Jahre Verschnaufpause“ von denen sie schrieben?
Bei allem Verständnis für den Ärger über die Politik und Respekt für alle, die AFG tatsächlich angepackt haben und jetzt ihre Leistungen entwertet sehen bleibt doch, was @csThor hier andeutet:
„Und das Land selbst ist einfach zu weit weg, zu weitläufig und zu unsicher, als daß eine umfassendere mediale Berichterstattung durch deutsche Massenmedien irgendein Publikum hierzulande dauerhaft auf das Thema aufmerksam machen hätte können. Daher konnte das „see no evil, hear no evil, speak no evil“ der deutschen Regierungen auch funktionieren.“
Das würde ich gerne einen Schritt weiter führen: Am Ende sind auch die Bildzeitungsleser und Tagesschau-Zuschauer in aller Regel älter als 3×7 und insoweit als erwachsene Menschen anzusehen. Deren Präferenzen steuern letztlich das Angebot. Konsequenz: Wir haben die Zeitungen, Fernsehsender und Regierungen, die wir verdient haben.Von daher sehe ich in den erbosten Kommentaren auch ein Stück Ärger über das eigene Bild im Spiegel: Man erkennt sich und es gefällt gar nicht, was man da zu sehen bekommt . . .
@Patrick Horstmann
Welche neuen sollten hier geschrieben werden?
Zu AFG ist alles geschrieben. Es war ein Grundfehler der westlichen Politik an der Nation Afg mit aller Gewalt festzuhalten. Wer Politik gegen die Kultur eines Landes betreibt muss mit dem Ergebnis leben.
Was war nochmal das Interesse der BRD in AFG?
Bündnissolidarität und die Sicherheit der BRD zu verteidigen?
Haben wir unser Interesse nachhaltig gesichert?
@ Zivi a.D.
Dem mag im Bereich der privaten Mediengesellschaften so sein, aber bei den öffentlich-rechtlichen – die obendrein noch den Bildungsauftrag im Lastenheft stehen haben – ist diese „Nachfragebasis“ ob der GEZ-Gebühr offengestanden schwerlich als Argument zu akzeptieren. Man sollte, nein muß sich hier fragen, ob die Myriaden von seichten Schnulzen in allen ÖR Sendern wirklich sein müssen und ob Skandalisierungs-Journalismus wie von Frontal21, Monitor etc in deren jetztiger plumper „Erregungsgestaltung“ wirklich eine Plattform geboten werden muß, aber gleichzeitig keine vernünftige außenpolitische Berichterstattung über 30sek Clips in der abendlichen Nachrichtensendung hinaus stattfindet. Wenn ich mir dagegen die täglichen Berichterstattungen auf BBC, CNN oder France24 zu außenpolitischen Themen ansehe, dann wundert mich die Weltabgewandheit der Deutschen kein Stück.
Es spricht die Ministerin: http://tinyurl.com/oft3qzm
Dann analysiert mal schön und schreibt nen Bericht.
Die Art in der wir gerade anderen beibringen wollen, dass man länger in AFG bleiben soll ist wirklich der Gipfel des Realitätsverlustes.
Der Einsatz war, ist und bleibt für die politische Ebene reine Symbolpolitik (dabei sein ist alles!). Auf der taktischen Ebene war es aber weitaus mehr.
@Memoria
Danke für den Hinweis.
(Mache wohl mal einen neuen Thread – wenn ich das Video aufkriege. Aaargh, warum können die das nicht einfach bei Youtube einstellen? Ist wohl nicht genug Bw-Werbung…)
Warum sich hier (auch von mir aufgeregt) wird?
Hm – könnte daran liegen dass der Bevölkerung und den Soldaten erst bildreich beschrieben wird, warum der Einsatz in AFG gut und richtig ist (Stichworte: Mädchenschule, Aufbauhilfe, etc. pp.); ca. 2001 – bis Anfang 2008.
Danach wird der Ton und die Lage rauer und uns wird erklärt, man werde den Taliban / den Insurgents / der Organisierten Kriminalität (OK) jetzt ein für alle mal das Handwerk legen, damit die Menschen in AFG frei leben können – auch wenn das Entbehrungen gerade für die dt. Soldaten bedeuten würde; ca. 2008-2012.
Dann wird uns erklärt, der ISAF-Einsatz wäre erfolgreich erfüllt worden, weswegen man nun die Truppenpräsenz in den befriedeten Gebieten (FEY, KDZ, etc.) reduzieren könne, natürlich ohne die Verantwortung den Afghanen gegenüber abzulegen (!); ca. 2012 – Mitte 2014.
Nun (09/2015) brennt der Baum lichterloh und man kommuniziert ernsthaft und obwohl eigene Truppe in Führungsverantwortung im Raum bzw. Land steht, man wisse von nichts (28.09.), bzw. man „sei besorgt“ über die Lage (29.09.).
Seit 2010 wurde aber allgemein, u.a. auch hier auf AG, davor gewarnt, dass die Ruhe im Norden AFG überaus trügerisch ist. Nur unsere Politiker wollten es nicht hören und stellen sich nun dumm, ´tschuldigung, sind „besorgt“ – so etwas ist zutiefst heuchlerisch und muss den verantwortlichen Berufspolitikern eigentlich offensichtlich auf den Schreibtisch genagelt werden. Ich weiß nicht, ob einige hier die Tragweite des derzeitigen deutschen Vorgehens nicht erkennen, aber seit gestern ist auf diplomatischer/außenpolitischer Ebene mehr oder weniger klar, dass man über deutsche Zusagen ein Ei schlagen kann – vor allem dann, wenn diese zuhause in Berlin nicht ins Tagesgeschäft passen.
Ich habe meinen Kommentar von voriger Woche noch einmal gelesen, und moechte mich dafuer Entschuldigen, dass ich den Ton doch sehr verfehlt habe. Ich wollte niemandens Einsatz entwerten oder Bestuerzung verspotten, sondern nur auf bittere Weise das Verhalten der Bundesregierung kommentieren.
@Voodoo
Ein verherendes Signal an die Truppe.
Vertrauen wird im Moment an allen Stellen zerstört.
Die Bombadierung des Krankenhauses in Kundus bei gleichzeitiger Geiselung der Kampfart von Rus in Syrien nimmt uns immer mehr Argumente den Schlamassel noch zu erklären.