Das G36 bleibt noch mindestens zehn Jahre (mit Nachtrag Ministerium)
Das Sturmgewehr G36 wird trotz der vom Verteidigungsministerium erklärten Mängel noch für mindestens zehn weitere Jahre in der Bundeswehr genutzt werden. Die beschlossene Ablösung der Waffe durch ein neues Sturmgewehr ab 2019 werde optimistisch geschätzt sechs bis sieben Jahre dauern, heißt es nach einer Meldung des Spiegels in einer Vorlage für Rüstungsstaatssekretärin Katrin Suder. Dafür würden in der Finanzplanung 630 Millionen Euro veranschlagt, allerdings kämen noch weitere Kosten für Zubehör und Simulatoren hinzu. Unter Umständen auch für Munition – das hängt aber davon ab, für welches Kaliber sich die Bundeswehr entscheidet.
Das Ministerium hatte Anfang September verkündet, das G36 solle angesichts der erkannten Präzisionsmängel und Treffprobleme nicht nachgebessert, sondern durch ein komplett neues System ersetzt werden. Die Anforderungen an die neue Waffe sollen bis Mitte November festgelegt werden. Allerdings hatte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff auch betont, Aussagen über die absehbaren Kosten kann man im Moment belastbar nicht treffen – das scheint mit der Vorlage für Suder überholt.
Laut Vorlage gehen die Berechnungen vorerst von einer Stückzahl von 124.000 für die geplante neue Waffe aus – deutlich weniger als die rund 170.000 bisher beschafften G36. Allein schon deshalb wird die Bundeswehr ein guter G36-Kunde bleiben, zumal es in den nächsten Jahren Ersatzbedarf für verschlissene Gewehre geben wird. Obwohl sich Ministerium und Herstellerfirma Heckler&Koch vor Gericht über eben diese Waffe streiten.
Nachtrag: Das Verteidigungsministerium sagt mir, dass es sich bei den genannten Zahlen um Schätzwerte handelt, die sowohl über- als auch unterschritten werden könnten. So stamme die Summe von 630 Millionen Euro noch aus dem Juli, also aus der Zeit vor dem Grundsatzbeschluss über die Beschaffung eines neuen Systems. Aber für die langfristige Finanzplanung habe eine Zahl eingestellt werden müssen. Und die in der Vorlage genannten 124.000 gegenüber den knapp 170.000 bei Einführung des G36? Damals seien die Streitkräfte ja auch noch deutlich größer gewesen.
(Foto: Blick durch die Zieloptik eines G36)
@TW
Hm… Ist das wirklich so richtig? Sie schreiben:
„Das Ministerium hatte Anfang September verkündet, das G36 solle angesichts der erkannten Präzisionsmängel und Treffprobleme nicht nachgebessert, sondern durch ein komplett neues System ersetzt werden.“
Offiziell hat das doch so niemand gesagt oder?
Die Begründung lautete doch:
„Zwei Gründe waren für die Entscheidung ausschlaggebend:
1. Ursprünglich war das Gewehr G36 für eine Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgelegt. Diese Frist wird im Jahr 2016 für die zuerst beschafften Waffen des Konstruktionsstandes A0 erreicht sein.
2. Die Forderungen der Truppe an ein zukünftiges System Sturmgewehr, so wie sie Anfang August als Priorisierter Forderungskatatalog (PFK) gebilligt wurden, gehen weit über eine PV des bestehenden Systems G36 hinaus. (…)
Nach erster Abschätzung könnte, bei Marktverfügbarkeit einer Lösung, ab 2019 mit einer Ablösung der ersten Gewehre G36 begonnen werden.“
Das scheint mir was gänzlich anderes zusein…
Beeindruckend das sowas so lange dauern kann wenn man bedenkt das es ja wirklich für jeden Geschmack sehr gute markt verfügbare Systeme gibt.
Und man könnte ja mit dem Einsatzbedingten Sofortbedarf auch, sowie man sich für ein System entschieden hat, schon mal was bestellen und mit der Produktion beginnen auch ohne schon den Gesamtvertrag fertig zu haben.
Offtopic, muss aber auch mal gesagt werden: So viele Artikel zum G36, und trotzdem immer ein neues Bild. Chapeau!
„[….]Aber für die langfristige Finanzplanung habe eine Zahl eingestellt werden müssen[…]“
So etwas nenne ich eine zielgrichtete Bedarfsermittlung…..
@chris
Im Rahmen des Einsatzbedingten Sofortbedarfs wurde ja schon was für die Soldaten im Einsatz bestellt.
Und ich sehe kein aktuelles Sturmgewehr am Markt, das etwas für die Bundeswehr wäre.
Hier könnte man ruhig mal ein eigenes Konzept vorlegen.
Man hat den Infanterist der Zukunft immer noch nicht komplett umgesetzt, wenn ich mich nicht irre.
Und ein Sturmgewehr für die Zukunft könnte auch mal etwas Innovativer sein.
Kein heutiges Sturmgewehr ist unbedingt auf die Massenproduktion ausgelegt und die Firmen halten auch keine riesen Fabriken und Heerscharen an Arbeitern über zwei Dekaden vor um dann möglichst schnell liefern zu können, wenn denn mal ein Auftrag rein kommt.
Das G36 war und ist explizit auf massenherstellung getrimmt, mit allen Nachteilen die das halt so bringt.
Aber ich gehe durchaus bei der Beobachtung mit das es momentan kein wirklich gutes Gewehr auf dem Markt gibt, dazu haben alle Modelle immer noch zuviel einzelne Problem. Kein Gewehr vereint was man momentan gerade in Sachen Modularität und Bedienung erreichen könnte (selbst das FN SCAR oder das Remington ACR haben in Sachen Bedienung Defizite).
Was Innovation angeht da wird eher nichts kommen, das ist seit den 80er versucht worden, mehr oder weniger erfolglos. Ehrlich gesagt ist das auch nicht das was wir brauchen da der Bedarf jetzt ist und nicht in 20 Jahren, dann können wir uns nochmal über Kaliber. Hülsenlose Munition oder Teleskopmunition unterhalten.
Infanterist der Zukunft ist immer noch nicht umgesetzt, weil auch das system nicht wirklich Feldbrauchbar ist, aber dazu ein andermal.
@SvD
Ja mit dem ESB wurde schon alles mögliche beschafft von Enok bis zu Helm aber das heißt ja nicht das der jetzt aufgebraucht ist und es wurde damit noch nichts in Richtung Standardwaffe gekauft sondern das Gegenteil eine Erweiterung des Waffenmix.
Bei ihrem Punkt zur Massenproduktion verstehe ich nicht ganz worauf Sie hinaus wollen zumal sich der ja auch noch mit der von Ihnen angesprochenen Innovation beisst?
Gerade dieser Umstand spricht doch für einen möglichst schnellen beginn der Produktion mit ESB.
Was haben Sie den für Vorstellungen was die BW braucht?
Das HK416 erfüllt praktisch alles was man so braucht, sieht man ja auch wenn man sich die Nutzer anschaut.
Und da ich immer vom 416 schwäre hier noch mal was anderes.
Wenn man großer Bullpup Freund ist gibts ja noch die Tavor.
Sollte sich ein Land wie Deutschland, dass bei Beschaffung sowie kaum was hin bekommt und noch seltener was voll umfänglich gutes versuchen jetzt was ganz innovatives zu machen. Dazu kommt ja noch dass das sich dann ja wohl eher auf die Munition bezieht weil da der nächste größere Schritt liegt und nicht an der Waffe selber.
Kritisch betrachtet weicht jetzt schon das Vorgehen zum G36-Nachfolger vom (verbindlichen?) „V-Modell XT Bw“ ab!- Eben weil die „Marktsichtung“ faktisch bereits jetzt „Ausschlußkriterien“ formuliert (siehe die völlig schwachsinnige Anforderung an eine „Aufnahme für ein Bajonett“!) und damit mögliche (interessierte) Anbieter ausschließt.
Welchen Sinn macht dann ein verbindliches „Vorgehensmodell zum Planen und Durchführen von Projekten“ in der Bw, wenn man/frau von vornherein von dem Grundgedanken des Modells abweicht ….
1.) Schwachsinnig weil Sie es so sehen oder aus Gründen?
2.) Bei allem Respekt, aber wenn es bei so einem Auftrag tatsächlich bei einem Anbieter an einer (nicht nur aus fertigungs- /oder planungstechnischer Sicht gesehen) lächerlichen Bajonettaufnahme scheitert, so wird diese potenzielle Firma wohl kaum der richtige Ansprechpartner für die Bw sein.
Und 3.) stelle ich mir zudem gerade die Frage: Haben Sie überhaupt mal eine dieser Aufnahmen nebst Bajonett gesehen?! Eher nicht, oder? Sonst würden Sie nicht wiederholt so einen Alarm für diese Lappalie veranstalten…
Muss Voodoo da recht geben zum einen sind das ja nur Prüfpunkte bei denen die Hersteller zu sagen sollen was sie da haben zum anderen ist so ne Bajonettaufnahme ja nur ein Metallnippel am Rohr.
Da man ja weiss das die BW im zweifel sowieso keins will kann man als Hersteller ja auch einfach die standard Technik nutzen und sagen dass macht man über die STANAG 2324 Schiene.
re: Voodoo
Das Thema MG5 hat doch meiner Ansicht nach gelehrt, dass einerseits „Lappalien“ (dem Anschein nach) zum wichtigen Entscheidungskriterium werden können,- oder?- Andrerseits wesentliche Entscheidungskriterien nicht unbedingt Berücksichtigung finden müssen,- oder?
Im Übrigen: Welche Form der „Marktsichtung“ (nach der Vorgehensweise „V-Modell“) hatte es eigentlich in Sachen MG5 gegeben?
Ich ergänze: Wenn – und da gebe ich den Mitkommentatoren recht – Anbieter und Produkte zu diesem Waffentyp überschaubar sind und tatsächliche Innovationen (wenn man mal von denkbaren Werkstoffen absieht;- und auf diesem Feld dürfte sich der Beschaffer wohl absehbar nicht mehr bewegen!) nicht erkennbar sind, mithin das Produktangebot zu diesem Waffentyp doch letztendlich vergleichbar ist, dann wird sich die Entscheidung (und damit der Anforderungskatalog) auch an „Lappalien“ festmachen müssen!- Warten wir mal ab, wie sich das Thema „G36-Ersatzbeschaffung“ (strategisch) weiterentwickelt ….
@ audio001
Wieder mit Verlaub, aber kommen Sie zufällig aus der Politik? Sie haben es nicht nur geschafft, äußerst wortreich keine meiner o.a. Fragen zu beantworten, sondern ziehen stattdessen sogar noch eine unpassende Parallele.
Nochmal: Eine Bajonettaufnahme ist kein Hexenwerk – wer die nicht hinbekommt, sollte sich nicht an einer Ausschreibung für ein militärisch genutztes Sturmgewehr beteiligen. Wir reden hier (klassischerweise) über eine bauliche und leicht zu planende Veränderung des Mündungsfeuerdämpfers und ein T-Stück zur Aufnahme des Bajonettgriffes. Dabei spreche ich noch nicht einmal über einen möglichen Geniestreich, wie z.B. die etwaige Möglichkeit der Befestigung eines Bajonetts an einer STANAG-Rail…
Wenn Sie sich mal umschauen, so werden Sie festellen, dass nahezu jede „wichtige“ Armee dieser Erde ein Bajonett führt – Langwaffenhersteller werden also vermutlich ohnehin mit diesem Accessoire geplant haben. Und besonders herauszustreichen ist: Der letzte Bajonettangriff in größerem Stil war übrigens nicht etwa 1951, sondern 2011 (und Ende 2012) in Afghanistan, falls Ihnen das nicht geläufig gewesen sein sollte.
Die von Ihnen herangezogene „Problematik Lafettenaufnahme MG5“ steht in keinem Zusammenhang zur obigen Problematik – wobei die Aufnahme selbst tatsächlich albern ist, nicht aber die versäumte Angleichung des Griffstücks nebst Sicherungseinrichtungen. Insofern ist beides schwerlich miteinander vergleichbar.
FAZ:
Nach Recherchen der Zeitung „Bild am Sonntag“ verzichtete die Bundeswehr bei dem Ende August bekannt gewordenen Kauf von 600 Sturmgewehren des Typs G27 und 600 leichten Maschinengewehren des Typs MG4 auf eine Bedarfsprüfung.
Entscheidung ohne Beteiligung BAAIN getroffen?
Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker der Grünen: Das Ministerium lebt seine eigenen Prozesse nicht“, zitiert „Bild am Sonntag“. Die Beschaffung soll mit ESB begründet worden sein, lag der tatsächlich vor? In welchem laufenden Einsatz werden sofort G27/MG4 für Gefechte gebraucht? Bei RSM und MINUSMA sicherlich nicht! Da muss das Ministerium wohl mehr wissen, oder sollte lediglich Handlungsfähigkeit demonstriert werden und wurde daher beschafft, was der Markt (HK) gerade hergab?
Wenn ich das mal so umrechne, kostet das G27 (wohl mit Zubehör) ca. 16.000,- Stück :-)
Na, das nenne ich doch mal einen günstigen Einkauf, zumal wenn kein Bedarf vorliegt!
re: Klaus-Peter Kaikowsky
Vielleicht etwas zu weit hergeholt,- aber dennoch ein nicht gänzlich zu verdrängender (persönlicher) Gedanke: Möglicherweise beschreitet das BMVg einen ganz neuen Weg des „Industrie-Sponsorings“?
re: Peter Pan
Man stößt immer wieder auf die gleiche Frage: Warum tätigt man/frau im BMVg immer wieder Entscheidungen, die den Anschein erwecken im Widerspruch zu den Prozessen (hier „V-Modell XT Bw“) zu stehen, die man im Hause per Weisung implementiert hat!- Wer oder was ist dafür verantwortlich, dass diese unterlaufen werden (können)?
@KPK:
„Entscheidung ohne Beteiligung BAAIN getroffen?“
Wenn es keine Bedarfsabfrage gab, dann hat man wohl eher den Bedarfsträger und Nutzer nicht eingebunden. Sowie formal keine Stellungnahme des EinsFüKdo eingeholt.
Eine Bajonettaufnahme für ein KM 2000 wollte ich als Waffenhersteller nicht entwickeln wollen.
Wie will man das Ding mit dem aktuellen Griff denn an ein Sturmgewehr bekommen?
Mal abgesehen von einem „adaptierenden System“ aka Klebeband.
Das KM 2000 taugt eh nichts als Bajonett, das ein anderes Kampfmesser bestellt wird, halte ich eher für unwahrscheinlich.
Verfügbar wäre das SG2000 WC, das bei Einzelabnahme (185,–) knapp 45 Euro mehr kostet als das KM 2000.
Die „Marktsichtung“ enthält viele sinnfreie Fragen, weil z.B. ein anderer Handgriff kein Hexenwerk, sondern eine kleine Anpassung VOR der Serienproduktion ist.
Bei Knapp 100.000 Sturmgewehren bekomme ich so eine Pillepalle angepasst.
Bei Montageschienen kann man auf zig dutzende Lösungen aus der ganzen Welt zurück greifen.
Eine ordentliche Marktsichtung würde bedeuten das ich den Markt aktiv sichte und mir Muster zukommen lasse, die nach technischen UND ergonomischen Gesichtspunkten getestet werden.
Irgendwie muss man ja auch die Vergleichswaffen für den G36 Leistungstest beschafft haben?!?!
Die Marksichtung ist eine Farce!
Forodir | 20. September 2015 – 15:01
„Das G36 war und ist explizit auf massenherstellung getrimmt, mit allen Nachteilen die das halt so bringt.“
Das G36 ist über 20 Jahre alt, und die Massentauglichkeit stützt sich auf das ganze Plastik, das es beim G41 nicht gegeben hätte.
Das Beretta ARX-160 ist genau so ein Plastikbomber.
Die Massenproduktion von Sturmgewehren mit viel solidem Metall ist heute nicht mehr vorgesehen.
Vom Plastik will man nun aber weg…
@ SvD | 29. September 2015 – 17:43:
Nix für ungut – aber wie – in etwa – lautet Ihre Botschaft?
@ SvD
Das KM2000 wird gem. offizieller Lesart als Arbeitsmesser und weniger als Kampfmesser betrachtet (wird das überhaupt noch ausgegeben?) – insofern erübrigt sich da ein etwaiges Gebastel. Es gibt in Europa übrigens genügend Bajonette, die man im Bedarfsfall preisgünstig anschaffen könnte, insofern ist eine Bajonettaufnahme auch leicht planbar.
Nochmal: Bitte nicht immer Probleme erfinden, wo es keine gibt…
Sehen wir das Thema G36 doch mal ganz locker: Mitteldeutsche Zeitung vom 29.09.2015 „Standardgewehr der Bundeswehr Ergebnis zu G36-Untersuchungen wird erwartet“ (Zitat): „Was ist der Unterschied zwischen dem G-36-Gewehr der Bundeswehr und einem Diesel-Auto von VW? Die Werte der Karre sind auf dem Prüfstand besser als im richtigen Leben. Bei der Knarre ist es umgekehrt.“
@Hans Schommer
@Voodoo
„Die Marksichtung ist eine Farce!“
Das trifft es doch ganz gut und für ein neues Sturmgewehr habe ich wenig Hoffnung auf ein sinnvolles Konzept.
Man wird irgendwas kaufen und viel Plunder dranfummeln.
Neue Bajonette würden wohl um die 10 Mio. Euro kosten.
Ich habe da bedenken, das diese Bajonette jemals angeschafft werden.
Eine Bajonettaufnahme zu fordern weil man vielleicht irgendwann mal ein Bajonett dranstecken möchte, wenn denn urplötzlich der Bedarf da ist, scheint in die allgemeine Beschaffungspolitik zu passen.
Es wird Zeit das sich da mal was ändert.
Ab jetzt halt ich mich damit aber mal zurück, ich lamentiere nur noch, die Argumente sind schon alle irgendwo in diversen Threads vorgebracht.