Merkposten: Libyen
Bisweilen gibt’s Entwicklungen, die man mal im Auge behalten sollte, ehe sie einen völlig überraschen (wie das ja anscheinend mit ISIS der Fall war). Deswegen hier als Merkposten: Was in diesen Tagen in Libyen vor sich geht, ist schon länger für das nordafrikanische Land eine Katastrophe, wird aber auch immer bedeutsamer für Europa. Eine Übersicht der Kollegen von Agence France Presse:
Few options for fixing Libya, a major jihadist threat to West
Verging on full-blown civil war, Libya may pose an even greater threat to Europe than jihadists in Iraq and Syria, yet the international community has few tools to help resolve the crisis. Three years after NATO intervened to help overthrow Moamer Kadhafi’s regime, two rival governments claim his mantle and a rash of heavily armed militias fight for territory and oilfields. (…)
Some neighbouring countries such as Niger and Chad have called for military intervention to stem the tide of jihadists, refugees and weapons spilling over their borders. (…)
„A NATO-style operation? Let’s not dream,“ a French government source told AFP, speaking on condition of anonymity.
Die Kollegen von Reuters betrachten das aus wirtschaftlicher Perspektive: Libya pays heavy economic price as fighting takes toll. Aber sicherheitspolitisch scheint das, mit Ausnahme der Franzosen, so recht noch nicht in der europäischen Wahrnehmung angekommen?
(Archivbild: Ausgebrannter libyscher Panzer 2011 – Flicker-user Mojomogway unter CC-BY-NC-ND-Lizenz)
Falls die Islamisten in Libyen weiter an Macht gewinnen sollten, dann wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die USA, im Kampf gegen ISIS in Libyen miltiärisch intervenieren werden.
Zumal das Einzige was Frau Clinton auf dem Weg ins Weiße Haus stoppen könnte der Anschlag auf die dortigte US-Botschaft sein könnte. Schon zur Ablenkung von der Frage ihrer Mitschuld an dem gelingen des Anschlages wird Frau Clinton in Libyen einmarschieren, aber ich vermute, daß der Einmarsch der USA schon im US-Präsidentschaftswahlkampf von Präsident Obma zur Unterstützung von Frau Clinton befohlen werden wird.
Closius | 06. Januar 2015 – 20:06
das kann man so oder so sehen im Irak wahren auch nur wenig US Soldaten dazu kamen
und in Libyen wo keine logistig da ist mehr tun wollen ????
wenn die USA schon 150 Pz also eine Brig nach Osteuropa schicken wollen
Frau Clinton hat die Verantwortung für den Anschlag auf die Botschaft in Libyen übernommen und Obma damit die Wiederwahl gesichert. Das einzige Schmutthema für den Präsidentschaftswahlkampf was die Repubikaner haben ist dieser Anschlag. Die Affären von Präsident Clinton sind kein Thema mehr und dessen Verwendung würde Frau Clinton nutzen.
Deshalb werden die Republinkaner diese Schmutzthema ist Hauptwahlkampfthema machen. Wenn die USA aber intervenieren, müssen die Republikaner sich hinter der Regierung sammeln, um die Truppen im Einsatz nicht im Stich zu lassen, deshalb behaupte ich, das Obama(offiziell zum Kampf gegen ISIS) in Wirklichkeit aber um Frau Clinton den Wahlsieg zu sichern, im nächsten Jahr militärisch intervenieren werden, vielleicht zusammen mit Frankreich.
Und dann wird die Frage einer deutschen Beteiligung gestellt werden und die Regierung Merkel in Schwierigkeiten kommen. Nochmal außen vor geht nicht und dann wird die BW mit A 400 M Transportflugzeugen oder Tankflugzeugen den Militäreinsatz unterstützen müssen.
Da sehe ich man hat gleich MARAPS Verkauft über 6 000 Fahrzeuge
bis auf eine Reserve Verfügt die USA viel zu wenig dafür müsste Neues gekauft werden
aber man hat erst M2 Umbau Genehmigt und es laufen auch noch Paar Neue Strayker mit Neuem Schutz
@ closius
Den USA ist Lybien momentan herzlich egal Probleme verursacht es schließlich für Europa nicht für die USA.“Flüchtlinge“, Jijhadismus, failed state problem und und und
Mit den Emissionen in Richtung Mali Tschad und Niger darf sich auch primär Frankreich plagen.
Jetzt zeigt sich eben was es zur Folge hat wenn das passiert wonach die europäische antiimp fraktion jahrzentelang krakehlt hat „ami go home“ respektive „nieder mit dem yankee imperialismus“. man muss/müsste sich plötzlioch selbst mit den problemen in der europäischen peripherie befassen und merkt :wir habens einfach nicht drauf.
institutionell, finanziell, materiell.
reality is a bitch
argh… her mit der Rechtschreibreform „lübien“ ;-)
wacaffe | 06. Januar 2015 – 20:42
Aber BRD kann mit den Franzosen auch nicht auf die reihe bringen da bei uns gar nichts richtig Aufgestellt ist
– Fahrzeuge wurden nicht ersetzt
– Leo 2 gab es nur eine Sparversion die in Libyen gebraucht würden
– Dafür bräuchte man die GTK Boxer aber der Termin ist viel zu Spät und früher Beschaffen können die nicht wohl KMW ein neues Werk gebaut hatte für den AMPV der nicht kam man könnte dafür Boxer auch da Bauen , die würden bestimmt nicht an der Decke anstoßen
– Boxer MK 30 soweit sind nur die Franz /Italien/ Belgier / Polen und so weiter nur BRD ist dafür nicht bereit
Deshalb brauchen wir die USA , schon wegen den Flugzeuge
Libyen wäre mal ein schöner Einsatz:
– alle interessanten Städte am Mittelmeer
– einfache Logistik dank ausgebauter Seehäfen
– es gibt nicht so viele Libyer, und die wohnen in Städten
– man könnte tatsächlich ein Beitrag leisten um die Flüchtlinge an der Gegenküste aufzuhalten
– auf Rommels Spuren wandeln
und fiese Terroristen kann man auch noch ins Jenseits befördern.
pi
@pi
Das ist schon nicht mehr ironisch. Trollwiese, oder?
Sarkasmus: ja
Drastische Wortwahl: ja
Troll: nein, denke nicht
Ich fände einen Einsatz in Libyen als neuen erkennbaren Schwerpunkt jedenfalls besser als dieses Dutzend kleiner Missionen, von denen außerhalb der sipol. Community noch nie einer gehört hat.
pi
@ TW
wo war denn da jetzt der Troll faktor?
ein einsatz in libyen,mit oder ohne deutsche Beteiligung, ist doch schon absehbar. wenn nicht jetzt dann in ein paar jahren. aus genau den gründen die PI aufgezeigt hat.
Jihadistische Proliferation
Illegale einwanderung
Logistische Machbarkeit wegen mare nostrum Lage
oder ist Rommel jetzt schon Autobahn?
man kann auch übersensibel sein.
@TW
Na ja, mein Vater ist Jg. ’21 und war als Leutnant (Pz) mit Rommel dort – was glauben Sie, was er sagt, wenn er die Ortsnamen in den Nachrichten hört?
Davon ab: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Man muß nur das positive sehen!
Hm, Humor. Vielleicht bin ich ja humorlos, aber die nonchalante Schlussbemerkung und fiese Terroristen kann man auch noch ins Jenseits befördern finde ich halt nicht so humorig…
wieso?
frei nach Schily „wer den tod sucht kann ihn haben“
daran sehe ich nichts unmoralisches. schwarzen humor soll es ja auch noch geben
und Humor voll noch weiter Verstreuen Afg.- KFOR , IFOR , Baltikum , bald in Polen und Libyen , Neuen Slogen “ Wir sind nirgends richtig aber in der Welt Verteilt „
@ TW
Na dann macht die Bundeswehr halt politische Bildung in Libyen und erklärt den vom Weg abgekommenen Terroristen das ihr verhalten nicht den Werten und Normen des Westens entspricht und sie ihr Verhalten bitte ändern sollen.
http://www.deutschlandradiokultur.de/libyen-ein-erneutes-eingreifen-der-nato-sollte-auf-jeden.1008.de.html?dram:article_id=307014
Na das kann ja heiter werden. Kaum jemand hierzulande weiß, wie die Leute dort ticken.
Libyen ist einer der letzten weißen Flecken auf der Landkarte.
@Rado
Na das können wir ja nur rausfinden, wenn man mal hinfährt und mit den Leuten spricht.
pi
@PI
Hab ich schon gemacht, ist allerdings eine Weile her.
@wacaffe | 06. Januar 2015 – 20:42
„Jetzt zeigt sich eben was es zur Folge hat wenn das passiert wonach die europäische antiimp fraktion jahrzentelang krakehlt hat “ami go home” respektive “nieder mit dem yankee imperialismus”. man muss/müsste sich plötzlioch selbst mit den problemen in der europäischen peripherie befassen und merkt :wir habens einfach nicht “
Noch schräger kann man Ursache und Wirkung nicht verstehen!
Warum ist denn die Situation in Libyen so wie sie ist?
War es nicht die Koalition der Willigen unter der FR/USA Führung welche der ISIL den Weg frei gebombt hatte?
Was sollte ein DEU Einsatz bewirken und wie sollten die Ziele in Nordafrika durch das Militär erreicht werden?
Auf einen weiteren ISAF Einsatz hat die DEU keine Lust und 2017 ist Wahljahr in der BRD.
@Wacaffe:
„Den USA ist Lybien momentan herzlich egal Probleme verursacht es schließlich für Europa nicht für die USA.”Flüchtlinge”, Jijhadismus, failed state problem und und und
Mit den Emissionen in Richtung Mali Tschad und Niger darf sich auch primär Frankreich plagen.“
Wie kommen Sie zu der Einschätzung? Ich sehe eher eine gegenteilige Entwicklung. US-Kräfte sind zunehmend in Nordafrika, vor allem aber der Sahelzone aktiv, nicht so laut und offen wie anderswo, aber mittlerweile so umfangreich, dass es nicht mehr wegzureden ist. Ein Bekannter von mir, Peter Tinti, ist da seit Jahren als Journalist zu Gange und schreibt da regelmäßig drüber (leider viel hinter paywalls…) und kommt zu einer gegenteiligen Einschätzung.
https://news.vice.com/article/the-us-and-france-are-teaming-up-to-fight-a-sprawling-war-on-terror-in-africa
Mal zur Vertiefung des Merkpostens….:
Greek-operated Oil Tanker Bombed at Libyan Port, Two Dead
http://www.maritime-executive.com/article/greek-operated-oil-tanker-bombed-at-libyan-port-two-dead
Die Gesamtsituation in Libyen wird wohl, wie durch T.W. bereits beschrieben, uns mittelfristig wieder als große ‚Überraschung‘ um die Ohren fliegen…. aber naja, semper gummi…
@zimdarsen
Ein guter Einwand – andererseits: glauben Sie, dass sich die Situation OHNE die Intervention anders entwickelt hätte?
Völkerrechtlich könnte man wieder streiten, wie damals im Kosovo.
@pi
Ihr Name ist Programm. Denken Sie aber bitte im Namen des Hausherren daran, dass hier auch andere Menschen mitlesen, die das vielleicht in den falschen Hals kriegen. Damit will ich nicht sagen, dass wir hier nicht offen unsere Meinung sagen sollen – aber meine Bitte wäre: im Sinne von AG vielleicht etwas smarter und sachlicher.
@ adlas doe
des erhöhten niederschwelligen engagements (primär FID+gelgentlichen drone strikes) der USA bin ich mir schon bewusst.
das ist aber so dimensioniert das es strategisch die Situation nicht nennenswert beeinflussen dürfte.
der appetit auf aktionen a la „serval“ ist jenseits des teichs momentan eher begrenzt.
auch weil man meint für die europäer sei es vielleicht therapeutisch ganz heilsam sich mal selbst zu engagieren
————————-
@ zimdarsen
für Libyen sehe ich auch eher sporadische in/out strafexpediitonen bzw. eindämmung akuter gefahren als ISAF 2.0.
Was die Ursachen der momentanen Libyenkrise haben sie zwar recht, das ändert aber an der momentanen situation bzw. der perspektive nichts.
irgendwer wird sich vermutlich um libyen kümmern müssen (im sinne kontinuierlicher „landschaftspflege“) sonst kümmert sich libyen um uns
Irgendwie blieb der Spontaneous Outbreak of Jeffersonian Democracy auch nach dieser Operation Joint Glorious Joint United Resolve (oder wie sie 2011 auch immer hieß, habe vergessen) aus…..
;)
Die VN sind ja schon da, die EU auch:
http://unsmil.unmissions.org/Default.aspx?tabid=5282&language=en-US
http://eeas.europa.eu/csdp/missions-and-operations/eubam-libya/index_en.htm
@ T. Melber 11:26
Danke fuer den link.
Wirklich interessant was EU alles initiiert….
Gerade Frankreich wird noch viel zu leiden haben und es wird nicht lange dauern bis sie nach mehr EU solidarität schreien. Auch da schafft die glorreiche Armee wenig nchhaltige Sicherheit für die Bürger.
@wacaffe | 07. Januar 2015 – 11:07
„Was die Ursachen der momentanen Libyenkrise haben sie zwar recht, das ändert aber an der momentanen situation bzw. der perspektive nichts.“
Stimmt, es ändert nichts an der Situation aber hoffentlich auch nichts an der Verantwortlichkeit, denn die liegt mit Sicherheit nicht an DEU.
„irgendwer wird sich vermutlich um libyen kümmern müssen (im sinne kontinuierlicher “landschaftspflege”) sonst kümmert sich libyen um uns“
Libyen ist gerade nicht unser Verantwortungsbereich, denn die sind in diesem Fall ja genau zu benennen. Warum sollte es immer DEU sein, welches für andere Länder die Kohlen aus dem Feuer nimmt?
@ JCR
ist bestimmt nur die postrevolutionäre sturm und drang phase.
bald bricht in libyen die zeit der inklusiven,polyethnisch pluralen (buzzword….) Aufklärungsdemokratie an.
Die EUmit ihren zweieinhalb abgehalfterten Diplomaten und der ganz tollen „MENAsuperdupertechnokratenroadmap“ wirds schon richten.
„eubam“ ist geradezu das synonym für wirkungslose beschäftigungstherapie.
(man frage mal die Israelis zur EUBAM Rafah. entweder lachen sie sich tot, oder brechen in tränen aus)
wer wird da eigentlich ausgebildet? Misrata fraktion, Benghazi clique,tripolis mischpoke?
http://www.nzz.ch/international/naher-osten-und-nordafrika/libyscher-albtraum-1.18455938
Imho ziemlich guter Lagebericht in Sachen Libyen.
Frankreich kommt ziemlich unter Druck, denn letztendlich ging die Initiative für die R2P-Intervention von Paris aus. Eine weitere Intervention schließe ich aus (wo sollte denn ein Mandat dafür herkommen) – zumal deren „Erfolgswahrscheinlichkeit“ so ziemlich im Bereich des absoluten Nullpunktes anzusiedeln ist. Da tobt ein Bürgerkrieg – wie in Syrien – nur diesmal gibt es keinen „Buhmann“, den man zugunsten einer „demokratisch interessierten Opposition“ aus dem Regierungssitz bomben kann.
Genau wie in Afghanistan, Irak, Syrien werden wir halt die Kollateralschäden der Interventionspolitik der vergangenen 20 Jahre ertragen müssen: Flüchtlinge.
Weltweit mittlerweile 57 Millionen wie die VN gerade gemeldet haben.
@ elahan
„Libyen ist gerade nicht unser Verantwortungsbereich, denn die sind in diesem Fall ja genau zu benennen. Warum sollte es immer DEU sein, welches für andere Länder die Kohlen aus dem Feuer nimmt?“
1.) Südflanke der EU ist sicherlich eher (auch) unser verantwortungsbereich als zentralasien.
2.) seit wann holt deutschland für andere die kohlen aus dem feuer? normalerweise stehen wir doch eher neben dem brandherd und lassen das feuer durch passivität besonders munter lodern.
@Klabautermann
Europa gerät nun mehrfach unter Druck und in den USA steigt der Dollar bei sinkendem Ölpreis. Auch sind die USA Militärausgaben, zum großen Teil in die USA geflossen, so relativieren sich die Kriegskosten deutlich.
Ein Schelm und Troll wer denkt da hätte es einen Plan gegeben :-)
MikeMolto | 07. Januar 2015 – 11:50
Der EU-Beamtentourismus blüht und gedeiht in der ganzen Welt, bevorzugt natürlich bei Schönwetter! Europaweit sind in diversen Projekten Zehntausende unterwegs! (Siehe hier Zahlen für 2013), der Überblick hier auf Seite zwei ist gleichzeitig eine brauchbare Landkarte für aktuelle und künftige Krisen in der Ex-SU („Euromaidan“ lässt grüßen)!
http://ec.europa.eu/enlargement/taiex/documents/taiex-activity-report-2013-de.pdf
Auch aus Deutschland nach Libyen gibt es Projekte! (siehe zb. Seite 3)
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/E/eu-twinning-aufgaben,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf
@wacaffe
Stimmt Südflanke EU, aber wer pocht denn immer auf nationales Militär und weniger EU gemeinsam.
zu 2
Wo sind denn unsere Partner beim vernetzten Ansatz?
Wo sind denn unsere Partner im Libanon, Kosovo, AFG, Türkei uvm?
Auch da, Gewinne nationalisieren Kosten solidarisieren.
@Rado
Das ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Sozialwissenschaften.
Praktisch alle meine Komillitonen aus Osteuropa, die ich aus der Studienzeit kannte, sind bei RFE/RL, der EU, der OSZE oder einer der politischen Stiftungen untergekommen.
Das ist eine sich selbst perpetuierende Maschine.
@JCR
Das sind nicht nur Sozialwissenschaftler, es gibt Projekte von Polizei bis zur Müllabfuhr.
Teilnehmer sind ein sehr eigenes Völkchen unter der nationalen Beamtenschaft, die gerne als „Missionhopper“ oder „Missionjunkies“ bezeichnet werden. Aus dem Kosovo hört man da recht üble Geschichten.
Die EU zahlt übrigends meiner Erfahrung nach besser als die OSZE.
Der variable Teil des Taggeldes für Libyen beträgt übrigends derzeit 183 € dazu kommt eine pauschale Aufwandsentschädigung mW. von 200 €/T. plus ein Hin- und Rückflug pro Woche.
http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/financial_assistance/institution_building/2013/tw_news_special_issue_july_2013.pdf
Wenn die EU Leute dieses Schlages in Libyen einsetzen will, wäre es besser, man überlässt das Land gleich der Afrikanischen Union. [Sarkasmusmodus]
Tja, die internationale charity/security/aid/consulting/coaching/reconstruction-Industrie macht schon dolle Umsätze in den verschieden Formaten wie VN, EU,OSZE etc.
Interessantes Geschäftsmodell: erstmal alles zerdeppern und dann großzügig wieder aufbauen.
Libyen ist eigentlich garnicht so kompliziert und jeder hat längst Stellung bezogen, mal eine kurze Zusammenfassung:
Die gewählte Regierung wurde von lokalen, konservativen, radikalen Milizen unter Druck gesetzt und ist nach Tobruk geflohen. Diese Regierung ist weltweit die einzige anerkannte Regierung. Daraufhin formierte sich eine Regierung in Tripolis welche weltweit boykottiert und isoliert wird.
Die Flucht der gewählten Regierung nach Tobruk hat strategische Gründe: Kontrolle der Ölfelder, Schutz durch die Benghasi-Milizen, die Haftar-Streitkräfte und die ägyptische Armee. Mehrere arabische und afrikanische Armeen haben bereits auf Seiten der Tobrukregierung taktisch eingegriffen.
Mit General Haftar gibt es eine recht schillernde Figur. Zum einen ist er wohl derzeit der mächtigste Mann im Land, zum anderen geht er wohl auch sehr geschickt gegen die Tripolis-Gegner vor und zwar nicht nur militärisch sondern auch diplomatisch. Gleichzeitig scheint er nicht selbst nach der Macht zu greifen. Auch seine Vita ist sehr ungewöhnlich. Den sollte man im Auge behalten.
Das hier ist übrigends der am 5.1. aus der Luft beschossene Tanker. AIS war schon seit 29.12. ausgeschaltet.
http://www.marinetraffic.com/ais/details/ships/shipid:754922/mmsi:636014661/imo:9009009/vessel:ARAEVO
@Wait&C
Danke für die Zusammenfassung.
Verstehe ich das richtig, dass diese Milizen sich aus Libyern rekrutieren, dass General Haftar die gewählte Regierung stützt und dass die ägyptische Armee offiziell im Land operiert?
Sind noch andere Streitkräfte aktiv?
Kann die gewählte Regierung den Ölhandel weiter fortsetzten und kontrollieren?
Wie muss man sich die Lebensumstände der Bevölkerung derzeit vorstellen auch und gerade mal im Vergleich zu Syrien?
@ Jörg Backhaus
„Sind noch andere Streitkräfte aktiv?“
definitiv, wenn auch weniger sichtbar.
mir fallen neben Ägypten spontan ein:
VAE (Luftoperationen/Geheimdienst), Frankreich partiell grenzüberschreitend im äußersten süden, algerien?, definitiv three letter agencies aus US/FRA, temporär US SOF (siehe al Libi rendition) usw.
insgesamt ein recht munteres Treiben.
Als Ergänzung zum „munteren Treiben“:
„Making matters worse is the fact that Libya has also become the theatre of a proxy war between regional powers.
Egypt, Saudi Arabia and the United Arab Emirates oppose the Islamist militias, seeing them as the military arm of the Muslim Brotherhood that they have tried to eradicate in their own countries.
Qatar, and less overtly Turkey, have supported the other side.“
Wo das steht?
Im Artikel, den T.W. verlinkt hat. :-)
Auch wenn es etwas spät kommt und eventuell unbeachtet bleibt:
Ganz so einfach wie am gestrigen Mittag geschildert ist die Lage ja nun auch wieder nicht. Alleine von „einem“ Konflikt zu sprechen ist schwierig, da es zu viele Konfliktparteien mit zu vielen unterschiedlichen Interessen gibt. Das bloße herunterbrechen auf die religiöse Schiene wie gerne in unseren Medien geschehen, ist zu einfach, auch wenn dieser politisch ausgetragene Machtkampf ein zentrales Element ist. Daneben spielen aber auch regionale Ansprüche und Rivalitäten um die wirtschaftliche und politische Vorherrschaft (Misrata- vs. Zintan-Milizen), ethnische Spannungen aufgrund jahrzehntelanger politischer/wirtschaftlicher Marginalisierung im Süden (Fezzan) (u. a. Tabu vs. Tuareg in Folge des Misrata vs. Zintan-Konfliktes) sowie Generationskonflikte (alte Gaddafi Generation, zu der ja auch Haftar zählt vs. Jüngere Generation des 2011-Aufstandes) eine gewichtige Rolle. Hierzu kommen die bereits angesprochenen internationalen Akteure, wobei Ägypten und die VAE natürlich offiziell jegliche aktive Beteiligung zurückweisen. Für Ägypten geht es klar um die weitere Eindämmung von Extremisten und Sympathisanten der Muslimbrüder. Nicht vergessen werden darf auch, dass früher tausende Ägypter in Libyen gearbeitet haben und diese nun oftmals arbeitslosen Rückkehrer auf kurz oder lang zum innenpolitischen Problem Ägyptens werden könnten. Zudem liefert man sich einen kleinen Stellvertreterkrieg mit Katar, die ja bekanntlich die Muslimbrüder unterstützt haben und auch gute Kontakte nach Libyen haben. Die Gefangenschaft der drei AlJazeera Journalisten in Ägypten ist da noch das sichtbarste Indiz.
Interessant im internationalen Zusammenhang und hier noch gar nicht genannt sind die Türkei (die sich als Vermittler anbieten) und der Sudan, der wiederholt als Unterstützer der Tripolis-Regierung genannt wurde. Erst am Montag hat die Tobruk-Regierung ein Einreiseverbot gegen Sudanesen, Syrer und Palästinenser erlassen, nachdem u. a. im September der Sudan beschuldigt wurde, Waffen an Extremisten zu liefern. Aufgrund der begrenzen Machtausübung bleibt fraglich, in wie weit dieses Verbot irgendwelche Umsetzung findet.
Die international anerkannte Regierung und das Parlament in Tobruk sind zwar gewählt, nach Torbuk sind aber bei weitem nicht alle Abgeordneten geflohen. Geflohen, muss man noch einmal sagen, weil Tripolis bekanntlich umkämpft war und an Extremisten gefallen ist. Seit dem ist in Tripolis aber anscheinen etwas mehr Ruhe eingekehrt, wenn man den int. Berichten glauben darf. Gründe dafür, dass das gewählte Parlament maximal noch ein Rumpfparlament ist, sind einmal die Ablehnung einiger Abgeordneter gegen die Politik der Regierung, zum anderen aber auch Angst und individuelle politische und wirtschaftliche Überlegungen. Vielfach spielt gerade aber hier der Generationskonflikt eine Rolle, da einige Abgeordnete die Rückkehr der Gaddafi-Generation fürchten und einen klaren Bruch fordern. Die Legalität der Regierung ist somit zumindest angekratzt. Dass diese zudem über die Kontrolle der Ölfelder verfügt halte ich für etwas gewagt. Zu einen haben viele in der letzten Zeit die Produktion einstellen müssen, weil zerstört oder in Brand gesetzt, zum anderen haben Milizen der Tripolis-Regierung Ende des Jahres einige der größten Ölförderungsanlagen eingenommen. Die Kontrolle der Einnahmen des Ölsektors sind wohl gerade aber zum Hauptanliegen beider Regierungen geworden, was sich an der Aufstellung zweier konkurrierender Ölministerien abzeichnen lässt. Im Kalkül geht es hier wohl darum: Der der das Öl kontrolliert, bekommt auch (internationale) Legitimation und kann weiter rüsten. Für die Tobruk-Regierung wichtig, die int. Waffenlieferungen fordert und keine Intervention.
Ganz gut in das ohnehin schon komplexe Bild passt, dass Großbritannien die Ausbildung von einigen hundert libyschen Soldaten im Oktober vorzeitig abgebrochen hat, da es zu individuellen Straftaten und der Asylsuche gekommen ist. Mal ganz davon zu schweigen, dass fraglich ist, wohin diese Soldaten in Libyen denn hätten wirklich gehen sollen. Eine nationale Armee gibt es ja nicht.
Zum Ausblick:
Frankreich sorgt sich vor allem um die Sicherheit des Niger. Daher wird gerade auch ein neuer französischer Stützpunkt in Madama, im Norden des Niger, aufgebaut, um die Bewegungen in Südlibyen überwachen zu können. Dass die G5-Staaten und allen voran der Präsident des Nigers eine internationale Intervention fordern, geht einmal auf nationale aber natürlich auch auf französische Sicherheitsinteressen zurück. Die franz. Regierung scheint in deren Rücken ordentlich Druck zu machen. Da die Mali-Rückführung im Frühjahr und im Oktober schon nicht funktioniert hat, droht wohl eine (zumindest finanzielle) Überdehnung Frankreichs. So ist mein Gefühl, weshalb franz. Politiker immer auf die Verantwortung der int. Gemeinschaft sprechen, wenn es um eine Libyenintervention geht.
Das weitere Problem das sich für die EU stellt, sind die hunderten Flüchtlinge, die nach Italien aufbrechen, wobei Libyen ja nur Ausgangspunkt für die Überfahrt ist, und eher vor allem Syrer und mindestens in gleicher Größenordnung auch Menschen aus Eritrea fliehen. Die Libyen-Problematik ist daher nicht Anlass für die Flüchtlingswelle, sondern nur Mittel zum Zweck. Wer also glaubt, mit einer utopischen Libyenintervention die Flüchtlingsströme zu unterbinden hat nur in dem Recht, dass Libyen sich nicht länger als kürzester Weg anbieten würde. Mehr aber auch nicht. Und bekanntlich: Verzweifelte Menschen finden immer einen Weg.
Und nur als Hinweis: Auf dem Kontinent finden dieses Jahr hoch interessante Wahlen statt u. a. Nigeria, wo größere Zwischenfälle nicht auszuschließen sind…
@Abdul Iyodo
Zwar spät, aber nicht unbeachtet. Danke.
@Abdul Iyodo:
Wieder einmal vielen Dank für Ihren Beitrag!
Derzeit scheint Libyen ja auf keinem guten Weg zu sein. „Rent a warzone“ hat mal ein Libanese geschrieben, als Israel und Iran ihren Konflikt auf libanesischem Territorium ausgetragen haben. Hier kommen offensichtlich deutlich mehr Konfliktlinien hinzu.
Haben Sie eine Idee, wie Libyen perspektivisch stabiler und friedlicher werden kann?
Welche Szenarien halten Sie für wahrscheinlich?
Prognosen zu treffen ist bekanntlich sehr schwer und eine Lösung für Libyen zu finden traue ich mir nun wirklich nicht zu. Ich bin mir aber ziemlich sicher, was nicht eintreten wird: Auch wenn immer wieder von der Abspaltung einer der drei Teile, vornehmlich der Cyrenaica gesprochen wird, wird es eine solche Teilung weder mit der Afrikanischen Union, noch mit anderen internationalen Playern geben.
Eine Intervention der EU, NATO oder VN ist ebenso unwahrscheinlich. Für letztere gibt es dort nichts zu tun. Es gibt keinen Frieden der gehalten werden könnte und „wir“ werden uns hüten als Besatzer aufzutreten und ein gefundenes Fressen für fanatische Attentäter zu geben.
Die verschiedenen Konfliktparteien werden daher in aller Ruhe weiter einen Konflikt auf niedriger Intensität führen. Weil es so gut wie keine internationalen Beobachter vor Ort gibt, wird dieser auch kaum in Europa wahrgenommen werde. Vor allem nicht, wenn es bei dem niedrigen Ölpreis bleibt und man auf Libyens Reserven verzichten kann. Ich denke es wird in Zukunft verstärkt zu einzelnen Operationen von Seiten der USA, Frankreich etc. kommen, die gezielt irgendwelche Terroristen/Kriminellen ausschalten, wie bereits in der Vergangenheit geschehen. Sollten z.B. Mokhtar Belmokhtar wirklich nach Libyen geflohen sein, wie letzten Jahres berichtet, sind dort weitere Kommandooperationen durchaus vorstellbar, ganz gleich, ob irgendwer in Tobruk oder Tripolis da seine Zustimmung gibt.
Danke.