Sammler: Russland & Ukraine, 16. Dezember
Die Entwicklungen in Russland, vor allem als Folge der Ukraine-Krise, und in der Ukraine selbst haben nicht nur sicherheitspolitische Aspekte. Aber möglicherweise auch dann sicherheitspolitische Folgen, wenn es vordergründig nur um wirtschaftliche Dinge geht, selbst wenn die mit der Sicherheitspolitik erst mal nichts zu tun haben. Deshalb ein neuer Sammler zum Thema Russland & Ukraine, vor dem Hintergrund solcher Entwicklungen am (heutigen) Dienstag:
Russia’s rouble went into free-fall in Tuesday trading, falling repeatedly to record lows, despite the central bank’s dramatic decision to raise interest rates from 10.5% to 17%.
The rate rise was meant to strengthen the currency.
It helped the rouble to 58 to the dollar early on Tuesday, but the dollar now buys as many as 77 roubles.
The rouble has lost more than 50% against the US dollar this year, hit by oil price falls and Western sanctions.
berichtet die BBC wie viele andere – und die Grafiken, die den Kursverfall des Rubel anzeigen, werden mindestens stündlich aktualisiert…
Zur Ukraine hat der UN-Hochkommissar für Menschenrechte einen Bericht zur Menschenrechtslage vorgelegt:
With the conflict in the east entering its ninth month, the situation is becoming extremely dire for the population, particularly older persons, children and people in institutional care, many of whom are on the brink of survival. Moreover, the impact of the conflict in the e ast on the rest of Ukraine is increasingly acute.
Mehr nach Entwicklung; in anderen Threads aufgelaufene Kommentare dazu verschiebe ich hierher.
Nachtrag: Ein Erklärstück zum Rubel-Absturz bei der NZZ.at
Nachtrag 17. Dezember: Am späten Dienstagabend gab es eine Telefonkonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Präsidenten Russlands, der Ukraine und Frankreichs. Die offiziellen Mitteilungen dazu von Bundespresseamt und Kreml, zunächst die vom Bundespresseamt:
Bundeskanzlerin Merkel hat gestern Abend (16.12.2014) in einer Telefonkonferenz mit dem Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin, dem Präsidenten der Ukraine, Petro Poroschenko sowie dem französischen Staatspräsidenten François Hollande telefoniert. In dem Gespräch ging es um die Situation in der Ukraine.
Alle Teilnehmer begrüßten die in der Vorwoche vereinbarte Feuerpause im Ostteil des Landes, die weitgehend eingehalten wird, und unterstrichen die Bedeutung eines umfassenden Waffenstillstands, wie er im Minsker Protokoll vom 5. September 2014 vorgesehen ist. Voraussetzung für Fortschritte bei der Umsetzung dieses Abkommens ist nach übereinstimmender Auffassung ein rasches Treffen der Kontaktgruppe aus Russland, der Ukraine sowie der OSZE, die bereits wiederholt zu Gesprächen eingeladen hat. Gegenstand der Gespräche der Kontaktgruppe müssten weiterhin die endgültige Festlegung der Kontaktlinie sowie ein umfassender Gefangenenaustausch sein.
Mit Blick auf den nahenden Winter bestand Einigkeit, dass die humanitäre Hilfe verstärkt werden müsse. Insbesondere müsse es der Ukraine ermöglicht werden, eigene Hilfslieferungen ungefährdet auch in den von Separatisten kontrollierten Osten des Landes zu bringen.
und die vom Kreml veröffentlichte Erklärung in englischer Sprache:
Vladimir Putin had a telephone conversation with Federal Chancellor of Germany Angela Merkel, President of France Francois Hollande and President of Ukraine Petro Poroshenko.
The four leaders continued their discussion of the crisis situation in Ukraine in the context of international efforts to settle the conflict and stressed the need to ensure a lasting ceasefire in Donetsk and Lugansk.
They also noted the importance of holding a meeting of the contact group as soon as possible in order to facilitate implementation of the Minsk agreements and establish a dialogue between Kiev and southeast Ukraine. The outlined priority tasks include exchanges of people forcibly taken into custody and having both sides in the conflict withdraw their heavy armaments away from the contact line.
The four leaders also discussed economic rebuilding in the conflict-affected regions and provision of humanitarian and social aid for the people there.
The four leaders agreed to continue their telephone contacts in the ‘Normandy format’ very soon.
(Foto: 5-Rubel-Münzen, Flickr-User Waltie unter CC-BY-Lizenz)
Langsam wird es zum Crash in Russland: 1050 Basispunkte auf einen Schlag rauf und den Absturz trotzdem nicht gestoppt, von den reservenfressenden Interventionen zu schweigen. Allein heute Morgen ging es noch einmal von 73 auf 83 EURRUB in zwei (!) Stunden zwischen 7.30 und 9.30. Das darf man schon einen Crash nennen. In etwa drei Monaten kommt das dann bei den privaten Haushalten in voller Schönheit an in Form geschrumpfter Einkommen, anspringender Inflation und zerfallender Infrastruktur/ausfallender öffentlicher Leistungen.
Selbst wenn man die binnenwirtschaftlichen Inflationsfaktoren weglässt, bleibt ein enormer Inflationsschub übrig: 1000 € Import (etwa eine Palette Schokolade für einen normalen Konditor oder vier/fünf Sätze Winterreifen für die Autowerkstatt) mussten Anfang Juli mit 46.000 – 47.000 Rubel bezahlt werden, also durch Umsatz in Russland „generiert“ werden. Heute sind es etwa 82.000-83.000 Rubel, die man der russischen Kundschaft aus der Tasche ziehen muss, um diese Kosten wieder hereinzuholen.
Man kann sich natürlich wie @Benedikt vormachen, dass die Ukraine einer westlichen Verschwörung zum Opfer gefallen ist. Tatsache bleibt aber: Niemand mit Resten von Verstand oberhalb der Nachweisgrenze lebt freiwillig in Putins Kleptokratie, nicht einmal ein wesentlicher Teil der Russen selbst, wie die ständig zunehmende Kapitalflucht (d.h. wirtschaftliche Emmigration) zeigt: Das Problem besteht nicht darin, dass der Westen Teile des Osten „haben will“ sondern viel mehr darin, dass Putins Russland letztlich nicht-russische Gebiete „behalten will“, weil da historische Ansprüche . . . das Erbe der UdSSR . . . (das übliche Blabla, wenn das Recht auf Ausbeutung anderer begründet werden soll).
Lästigerweise habe ich in den letzten Monaten keinen Grund gefunden, die Erinnerung an Hjalmar Schacht (“ . . . entweder es kommt der Krieg oder der Staatsbankrott“) für übertrieben zu halten. Sachdienliche Hinweise zur Widerlegung dieser Befürchtung können hier jederzeit gepostet werden und wären höchst willkommen.
Hatten wir die Meldung schon?
http://www.latimes.com/world/europe/la-fg-russia-nuclear-crimea-20141215-story.html
Wie war das doch von manchem, der lieber NATO Divisionen gen Osten in Marsch gesetzt hätte? Sanktionen sind Weicheiermassnahmen, die wirken nicht etc …
Bleibt nur zu hoffen, dass es in RUS nicht zu Kurzschlusshandlungen kommt.
ich weiss nun nicht ob es hier im blog bzw überhaupt in deutschen medien bereits in der vergangenheit thematisiert wurde…
das stichwort wäre: „money as a weapons-system“
hierzu gibt es in den us-amerikanischen medien zahlreiche, ältere beiträge bzw. klare handlungsvorgaben (zB. ein commander’s guide) für den militärischen gebrauch.
das als thema passt evtl auch zu dem blogeintrag mit den aufgestellten kosten des us-einsatzes in afghanistan.
@Zivi a.D.
„Sachdienliche Hinweise zur Widerlegung dieser Befürchtung können hier jederzeit gepostet werden und wären höchst willkommen.“
Nee, koennen Sie nicht, zumindest nicht, ohne dass der Kommentator sofort dumm angegangen wird.
Und da ich weder Bock auf angebotene Aluhuete habe, noch mir schon wieder Autoaggression oder dumpfen Antiamerikanismus unterstellen lassen moechte, ueberlasse ich Sie lieber weiterhin Ihrer geordneten Welt.
@ kalter_krieger | 16. Dezember 2014 – 14:24
Hat diese „Waffe“ nicht den kalten Krieg gewonnen?
Putin scheint sich ja nach alten Zeiten zu sehnen.
Da hat die Wall Street offenbar nun gesagt: In Ordnung, machen wir …
@ Zivi a.D. | 16. Dezember 2014 – 10:59
Wir könnten Putin einfach die alte sowjetische Einflusssphäre überlassen. Dass Deutsche und Russen über Köpfe der Völker dazwischen einfach hinwegentscheiden, ist ja geschichtlich erprobte Vorgehensweise. Die DDR bekommt er aber nur zurück, wenn er auch Merkel nimmt. Und Schröder darf er auch nicht zurückgeben, Basta. Dafür könnte man ja aushandeln, dass wir Rügen behalten und dafür Berlin komplett überlassen … Mödlareuth wird dafür ganz Bayern zugeschlagen!
;-)
Der ist auch nicht schlecht :
https://twitter.com/RuNetMemes/status/522347787376418817/photo/1
Ah.. endlich ein Wirschafts Threads im Sichereitsblog
Wie schon Bill Clinton gesagt hat
‚It’s the economy, stupid!‘
http://german.ruvr.ru/news/2014_12_16/Die-USA-und-die-Nato-fliegen-immer-haufiger-an-den-Grenzen-zu-Russland-4563/
@Foxy
Hm, habe ich zu schlampig moderiert? Würde ich dann wohl mal härter angehen müssen…
@TW: Schon ok, fuer das einseitige Weltbild mancher Kommentatoren koennen Sie ja auch nichts. Immerhin habe ich jetzt meine eigene Parzelle auf der Trollwiese ;)
Die im Osten der Ukraine vor einigen Tagen gesperrten Flughäfen (Charkiw, Dnipropetrowsk, Saporischschja) scheinen wieder offen zu sein….wie man auf flightradar.com sehen kann.
Hat man eigentlich irgendwo eine Begründung für diese Sperrung lesen können ?
Tolle Entwicklung, werden nun alle Russenhasser denken. Absturz in Moskau. Den damit verbundenen Absturz des DAX vergessen wir dann mal. Wer sind die Gewinner der mit dem Absturz verbundenen Ölpreiskrise? Unsere amerikanischen Freunde! Bei denen geht es ja allerdings immer um Menschenrechte und Werte, dafür wurde schon im Irak gefochten. Ohne Sanktionen für Lug und Betrug, für tausende Menschenopfer, amerikanische Soldaten, irakische Bürger. Egal, die ostdeutschen Mittelständler mit Einkommensverlusten von bis zu 20 % und den damit verbundenen möglichen Kurzarbeitsplänen und Entlassungen, die halten die Sanktionspolitik sicher weiter aus. Bestimmte US Amerikanische Interessenvertreter sind mit Blick auf die Weltkarte gerade in Feierlaune. Wo sind sie, die unserem Volk die Welt erklären, dass es nun so wunderbar ist, dass es bei den Russen richtig reinhaut. Es ist so einfach, im Osten ist immer alles böse. Wenn nicht die Kommunisten, dann die Nationalisten, bei einiegn Bloggern gar die Faschisten. In einigen Jahren, gibt es wieder Veröffentlichungen über das Wirken der USA in der Ukraine. Jetzt wollen wir es nicht wahrhaben, nein, nein alles RT Lügen, das tur der Amerikaner nicht. In einigen Jahren, dann sagen wieder alle Berichterstatter, so wie damals im Irak, wen wir das gewußt hätten. Egal, derzeit erstmal Korken knallen lassen, der Rubel fällt.
@klabautermann
Maschine mit russischen Militärs im geschlossenen Flughafen Charkow gelandet
Ihm [Selesnjow] zufolge läuft derzeit in den drei Flughäfen eine „Anti-Terror-Operation“. „Nach mir vorliegenden Angaben wurden die Flughäfen entgegen Medienberichten nicht auf Bitte der Militärs geschlossen. Weder der Generalstab noch die Streitkräfte hatten die Luftfahrtbehörde darum ersucht“, sagte der Sprecher in einem Interview für die ukrainische Ausgabe „Apostroph“. Die Operation werde vom (Inlandsgeheimdienst) SBU durchgeführt, voraussichtlich bis (sic) Dienstag einschließlich.
http://de.ria.ru/politics/20141215/270213510.html
FOCUS meldet: „Schockenhoffs Leiche wird obduziert – um Russland-Beteiligung auszuschließen“……..lieber Himmel, so langsam wirds hysterisch…….
@axel_f
Danke, eine offizielle Begründung scheint es demnach von keiner offiziellen Stelle in der Ukraine zu geben…….sieht wieder mal nach internem Gerangel aus.
@Flughäfen:
Das mit dem russischen Militär in Charkow habe ich auch gelesen, nur erschließt sich mir der Zusammenhang nicht so ganz.
In Dneprpetrowsk hatte sich kurz vorher auch das Personal geweigert, eine von Achmetows Maschinen abzufertigen, aber ich glaube nicht, daß es da Zusammenhänge gibt. Es sei denn, es geht da um einen Oligarchenmachtkampf. Auch wenn das irrational wäre, aber mittlerweile halte ich auch das für möglich.
Auch zum Thema Schockenhoff:
http://uk.reuters.com/article/2014/12/16/uk-germany-russia-autopsy-idUKKBN0JU1D020141216
@Kalter_Krieger:
Vor ein paar Wochen gab es da einen Artikel in der Zeit, daß es dafür im Verteidigungsministerium (?) der USA ein eigenes Department gibt, daß von finanziell destabilisierten Regierungen per Ratingagentur, über organisiertes Spekulantentum bis hin zu SWIFT-ShutOff alles im Waffenarsenal hat.
So hat man zum Beispiel versucht, Nordkorea von SWIFT abzuschneiden, woraufhin diese allerdings rotzfrech mit Atomraketentests geantwortet haben. SWIFT wurde dann ganz schnell wieder aktiviert.
Ähnliche Überlegungen gab es wohl auch im Vorfeld der Rußlandsanktionen, aber ich schätze, da hat dann die City of London doch das kalte Grausen bekommen und nein gesagt.
Gut möglich also, daß der jetzige Ölpreisverfall nur ein weiterer Pfeil aus dem Köcher ist. Rational kann zumindest ich mir nicht erklären, warum die Saudis auf Teufel komm raus ihr (trotz allem endliches) Öl zum Dumpingpreis verschleudern, obwohl sie haushalterisch gar nicht müßten.
Und sie haben nun einmal definitiv damit angefangen. Das war keine Reaktion auf die Output-Erhöhung eines anderen Staates. An einen Kampf gegen die amerikanische Konkurrenz mag ich nicht so recht glauben, zumindest nicht als Ursprungsintention. Denn selbst wenn jetzt ein paar Frackingunternehmen pleite gehen, steckt das Zeug ja immer noch in der Erde. Dann setzen sich halt nach Stabilisierung der Lage andere an den gedeckten, respektive bereits erschlossenen, Tisch und der Zauber müßte (nach der Logik) von vorne losgehen.
Ich denke, daß der ursprüngliche Plan tatsächlich gegen Rußland – und als Beifang auch Iran, Venezuela und Brasilien – gerichtet war und sich dann bedingt durch die ölabhängige Haushaltspolitik dieser Länder verselbständigt hat.
Die Methode hatte in den 80ern ja auch schon mal funktioniert, nur damals war Brasilien als Player noch nicht so groß und die USA noch großer Realimporteur (es war also noch nicht so viel Öl zusätzlich auf dem Weltmarkt verfügbar), hat also von dem niedrigen Ölpreis profitiert.
Was sie ja de facto auch jetzt wieder tun, selbst wenn ein paar StartUps in der Frackingbranche hopps gehen. Dafür wird durch den Benefit aufgrund der niedrigen Benzinpreise der Binnenmarkt angeheizt, die einzige Chance, um in einer exportfernen Industriegesellschaft (wenn man die 10% Realindustrie denn so nennen will), Wirtschaftsleistung zu generieren.
@Foxy
Ich meine mich zu erinnern, dass die Abkopplung vom SWIFT relativ offen als Sanktion im Sommer in den Raum gestellt wurde.
In wie weit würde die EU/DEU von den genannten Maßnahmen profitieren? Das man hierzulande nur mitläuft aber nichts davon hat kann ich mir nicht vollends vorstellen.
Inwiefern würden die Chinesen profitieren? Die Rivalität RUS-CHI lassen die USA bei dieser Art von Politik doch nicht ausser Acht?
Cheers
Flip
Grad auf Ria Novosti gelesen:
Nach Shell (Ostukraine) legt wohl nun auch Chevron (Westukraine) seine Frackingpläne ad acta, angeblich, weil die Regierung nicht die vertraglich vereinbarten Reformen in die Wege geleitet hat. Und die richtig großen Vorkommen vor der Krim haben ja bereits vor ein paar Monaten den Besitzer gewechselt.
Könnte man jetzt natürlich mal die Fragen in den Raum werfen,
a) wovon die Ukraine das ganze Desaster bezahlen will?
b) wofür die vielen 1000 Zivilisten und Soldaten jetzt eigentlich ihr Leben lassen mussten, wenn das mit Fracking doch nix wird?
Nebenbei, Ungarn hat verkündet, daß sie an South Stream trotz allem weiter werkeln wollen. Und auch Serbien zuckt noch, obwohl sie von der EU unter Druck gesetzt werden. Ebenso wie Österreich. Das einzige Land, was sich tatsächlich querlegt, ist Bulgarien (wie freiwillig, das sei mal dahingestellt).
@ Foxy
Die Artikel auf die Sie sich beziehen, für andere zum Nachlesen:
– Krautreporter: „Break Even – Der unbekannte Ölpreis“
– Zeit: „Die Superwaffe des Mr. Glaser“
Ansonsten läuft Ihre Argumentation leider auf „Es müssen die Amerikaner sein, aber ich kann nix belegen“ hinaus.
Und an der Chronologie „Einbrechende russische Wirtschaftszahlen“, „russischer Einmarsch in die Ukraine“, „Sanktiönchen“ gibt es leider wenig zu rütteln.
b) wofür die vielen 1000 Zivilisten und Soldaten jetzt eigentlich ihr Leben lassen mussten, wenn das mit Fracking doch nix wird?
Merken Sie noch was?
Haben die sanktionsbegeisterten Außenpolitiker eigentlich einen Plan zu den Auswirkungen in Russland und in der Welt? Hoffen denn alle nur darauf, dass die Sanktionen der Ober- und Mittelschicht treffen und diese dann Putin zum Abgang zwingen?
Im Augenblick trifft der fallende Rubelkurs auch sehr einfache Menschen, Panikkäufe gibt es bereits, um Erspartes zu sichern. Kann es möglicherweise auch bestimmten Kreisen gelingen, nationalistische Bestrebungen anzuheizen? Kann es nicht alles kippen? Aber so, wie wir es nicht erwarten. Haben wir es dann im Griff?
@Bremer
Fällt mir spontan zu Ihrer Mail ein:
„Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“
John Lennon
Wenn alles planbar wäre …
http://bigstory.ap.org/article/0527e54d54444902a7b4119a1c74326b/congress-presses-obama-russia-sanctions
Zu den gesperrten Flughäfen hat es eine offizielle Begründung gegeben: Der SBU hat nach Vorrichtungen für Anschläge gesucht. Ob das nun stimmt… Jedenfalls ist trotz der allgemeinen Geschwätzigkeit der Ukrainer nichts über eventuell gelandete Maschinen geraunt worden.
@JR:
Den Artikel von Krautreporter kannte ich noch nicht, danke.
Ansonsten habe ich nur meine Überlegungen aufgeschrieben, sonst nix. Aber vielleicht können Sie mir ja die Frage beantworten, warum Saudi-Arabien Öl auswirft, als gebe es kein Morgen? Denn die Theorie mit den zu haltenden Marktanteilen funktioniert nur, wenn es VOR der Steigerung der Saudis ein Anheben der Fördermengen auch der anderen OPEC-Länder gegeben hätte, hat es aber nicht. Und Fracking gibt es auch nicht erst seit diesem Jahr. Also? Nur zu!
Einbrechen russischer Wirtschaftszahlen:
Anfang des Jahres war die russische Regierung noch von einem Wachstum (je nach Quelle) von 3-4% der Wirtschaftsleistung ausgegangen (Europa im 0,irgendwas- Bereich). Die Staatsverschuldung lag bei 13% (!) BIP. Deutschland liegt im Moment glaube ich, bei 78%. Europa bei über 80%. Die USA kratzt an der 100. Der Ölpreis lag noch über 100 $.
Ihrer Chronologie entnehme ich, daß diese grausigen Wirtschaftsdaten für Putin der Grund gewesen sein sollen, einen Krieg vom Zaun zu brechen, evtl. um von inneren Schwierigkeiten abzulenken? Da würde ich an Ihrer Stelle aber noch einmal überlegen. Vor allem würde ich an Ihrer Stelle in die Überlegungen einbeziehen, welches Land denn tatsächlich mit einem Krieg von anderen Schwierigkeiten ablenken könnte. Ich gebe Ihnen einen Tip: Dieses Land hat nur 3 nennenswerte Exportindustrien: Rüstung, Luftfahrt (=Rüstungskonzerne) und Halbleiter (mit zum großen Teil militärisch vorfinanzierter Forschung). Klingelts?
Russischer Einmarsch:
Selbst wenn wir von Waffenlieferungen, ein paar 100 Speznas und – verteilt über den ganzen Sommer – 3-5000 „Urlaubssoldaten und Freizeitkriegern“ ausgehen können (die überdies bis heute nur auf Basis der sozialen Netzwerke mehr oder weniger „nachgewiesen“ werden konnten): Ein EINMARSCH der russischen Armee hätte definitiv anders ausgesehen!
Abgesehen davon dürfte wohl auf der ganzen Welt nur unsere Bundesregierung seelenruhig zuschauen, wenn nebenan in Österreich ein Krieg tobte, noch dazu direkt an unserer Landesgrenze, z.B. irgendwo bei Kufstein. Jedes andere Land dagegen würde sich das mal genauer anschauen und notfalls auch eingreifen, wenn die Sache kritisch wird für das jeweilige nationale Interesse. Und von letzterem kann man in der Ukraine durchaus ausgehen, angesichts des hohen Anteils russischstämmiger Bevölkerung und der starken Verflechtung der Luftfahrt- und Rüstungsindustrie. Nichts anderes hat Rußland getan.
Und wenn ein Land (mit einer nicht gerade kleinen Armee) überdies merkt, daß ihm hinterrücks der Mietvertrag für den strategisch hochwichtigen einzigen Warmwasserhafen für seine Flotte vorzeitig „gekündigt“ werden soll, dann möchte ich sehen, wie dieses Land eine Schnute zieht, sich kurz bei der mittlerweile zahnlosen UNO beschwert und dann artig seine Sachen packt. Und die Ausschreibung der US-Navy vom September 2013 für die Renovierung einer Grundschule in Sewastopol (Krim), fand bestimmt nicht aus rein altruistischen Beweggründen statt. Geplanter Arbeitsbeginn war übrigens September 2014.
Sanktiönchen:
Von der schon bei Brabax erwähnten interessanten Auslegung des Westens, welche Menschenrechtsverletzungen, große und kleine Völkerrechtsbrüche oder Annektionen jetzt Sanktionen verdienen und welche nicht, mal ganz abgesehen – bin ich in einem Rechtssystem (genauer gesagt, sogar in zwei) groß geworden, in dem einem Angeklagten eine Schuld erst einmal nachgewiesen werden MUSS!, bevor man ihn verurteilt und bestraft. Was im übrigen auch im internationalen Recht gilt. Bei Rußland hat man das aber irgendwie … vergessen? Oder gilt ausschließlich für Rußland kein „In dubio pro reo“? Denn für keine der Sanktionen, die die russische Wirtschaft und damit schlicht die weit über 100 Millionen russische Bevölkerung durchaus schädigen, wurde nämlich bisher eine tatsächlich beweisbare Grundlage vorgezeigt. Selbst die Eroberung der Krim steht auf wackligem Boden, da es die NATO selbst war, die mit dem Kosovo das Völkerrecht nachhaltig „umgeschrieben“ hat.
Könnte es daher also sein, daß es gerade diese Sanktionen sind, die von einem neutralen Beobachter durchaus ebenfalls als Völkerrechtsbruch gesehen werden könnten, nur eben in richtig, richtig großem Stil? Diese Frage sollte man sich als demokratisch gesinnter Europäer vielleicht sogar einmal stellen. Und diesmal steht nicht nur das „böse“ Amerika in der vordersten Reihe, sondern vor allem wir stehen da! Deutschland.
@Foxy
Für mein Verständnis: Auf welcher Grundlage beurteilen sie die Sanktionen gegen Russland als Völkerrechtsbruch?
Ich habe außerdem etwas Schwierigkeiten ihrer Argumentation bzgl der Krim zu folgen. Danach wäre es ihrer Ansicht nach in Ordnung, wenn man sich für begangenes Unrecht zur Legitimation auf begangenes Unrecht eines anderen beruft? Ist das so korrekt verstanden?
Oh, ich ahne schon, dass es hier nicht ganz so moderat zugehen wird… und würde gerne alle Seiten vorbeugend zur Mäßigung aufrufen.
Auch wenn ich, um auch mal meine Meinung einzubringen, @Foxys Argumentation bzgl. völkerrechtwidrig oder nicht, die darauf hinauslaufen, dass Sanktionen völkerrechtlich doch viel schlimmer sind als eine Annexion, nun, für recht gewagt halte.
@Flip:
Ich fürchte, hier geht es nicht um Profit für Europa. Hier geht es schlicht um Erpressung! Warum ich das denke?
1. Europa hat bis auf vielleicht GB und F keine nennenswerten Armeen, ist also nach wie vor von der Weltpolizei USA abhängig, wenn es an unseren Grenzen mal richtig kracht, Wofür dieselbe Weltpolizei ja auch fleißig sorgt, sozusagen als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Vom erweiterten Kundenkreis für die Rüstungsindustrie ganz zu schweigen.
2. Noch ist der Energiekreislauf der westlichen Welt vom Dollar abhängig. Ebenso muß auch jeder international getätigte Geldtransfer erst in Dollar umgewandelt werden und zurück (Stichwort SWIFT). Allein dadurch können Firmen, Industrien, ganze Länder nach Belieben auf Befehl von Washington ausgeknipst werden. Und auch, wenn Europa als ganzes für die USA eher nicht verzichtbar ist, einzelne kleine Länder sind das durchaus.
3. Ratingagenturen: Alle großen Ratingagenturen sind amerikanisch (Europa kriegt ja nix gebacken). Das finanzielle Wohl und Wehe jedes Staates dieser Erde – Kreditaufnahme, Währungskurse – hängt also in erster Linie von diesen 3 oder 4 Agenturen ab. Im Guten (Die USA haben immer noch ihr AAA oder zumindest AA+) und im Bösen (Rußland auf Ramschstatus trotz nur 13% Verschuldung auf BIP und riesigen, eigenen Rohstoffvorkommen?)
4. CIA/NSA: Glaubt jemand ernsthaft, man hat Mutti wegen Ihres Rezepts für Kartoffelsuppe abgehört? Oder das geschah aus Versehen, daß das deutsche Abhören der Türkei bekannt wurde? Oder der BND-Archivar, der für die CIA spionierte?
5. Last but not least: Weder ein Handelskrieg, noch ein potentieller richtiger Krieg mit Rußland, noch eine zerbrochene, marodierende Ukraine hat für Europa auch nur einen Hauch Nutzen. Und selbst wenn ich dem europäischen Politpersonal ohne Zögern gestapelte Inkompetenz und Ignoranz unterstellen würde, selbst für die war eine solche Entwicklung vorhersehbar. Also – was anderes als Erpressung könnte dann zu solchen Fehlentscheidungen geführt haben?
Damit der frisch verzapfte Russenunsinn nicht so trocken im Mund ist: Humanitärer Wodka von Achmetow! Prost.
@califax
Sagte ich nicht gerade schöne Worte von wg. Mäßigung und so?
Auch, wenn diese Diskussion immer wieder auftaucht…
Russische Wirtschaftszahlen:
Naja, die russische Wirtschaft basierte auf Öl. Das galt als langen als Fundementalschwäche. Unter Mednejew gab es Versuche, sich weiterzuentwickeln, diese im Sande verflossen. Dieses Problem ist jetzt ziemlich akut geworden.
Dass Russland ein schlechtes Rating hat, hat nichts mit der Schuldenquote zu tun. Japan hat 200% Schulden in Relation zur Wirtschaftsleistung und kommt trotzdem zu Geld. Wichtig für das Rating die Frage, ob die Marktteilnehmer glauben, dass die Schulden zurück gezahlt werden. Da westliche Länder im Groben zumindest ihre Schulden zurückgezahlt haben (USA z.B. seit ihrer Gründung, Dtd. seit ungefähr 60 Jahren), es rechtstaatliche Gerichte gibt, etc. ist das Vertrauen deutlich größer als zu Russland.
Rating Agentur sagen eigentlich nur, was die meisten Marktteilnehmer schon wissen. Da brauchen sie nicht die große Amerika-Verschwörung rauszuholen, die schreien nur nach, was alles sowieso wissen. (Inklusive den Russen selber, die legen ihr Geld sofort in Dollar an :D )
Russischer Einmarsch:
Das Thema hatten schon wir oft genug. Ich verweise auf die Berichte des Guardian. (Nein, der Guardian ist kein regierungfreundliches Blatt ;) )
5. Richtig, ein Krieg ist irrational. Putin handelt auch irrational :) Die Nato wurde schon vor Jahren auf russischer Seite als Bedrohung definiert, wo Deutschland Modernisierungsabkommen und die Nato Partnerschaftsabkommen angeboten hat.
Man möge den europäischen Politikern Inkompetenz unterstellen – Aber gegen einen paranoiden Irren mag auch der beste Politiker nichts auszurichten.
Ich hoffe, dass Thema artet nicht so start aus, dass wichtigere Diskussionen und Links (!) weggedrängt werden.
@ Foxy
Das russische Wirtschaftsministerium ist von unter 1% Wachstum ausgegangen (0,9% im Januar, später im Jahr dann 0,1%). Tatsächlich lag es für die erste Jahreshälfte bei 1,1%. (Quelle etwa Itar-Tass). Wenn man die Inflation gegenrechnet (6.5% im Januar) war es damit schon im Januar netto negativ.
Den Rest kann bei Bedarf von anderen widerlegt werden.
Wir sehen, daß Rußland auf Autarkie setzt – so wie Brasilien, Südafrika (während der Apartheid) und der Iran, und seinerzeit Indien.
Das Land muß durch ein Tal der Tränen, letztlich wird es aber stärker sein als heute – ich schätze: Zeithorizont ca. 10 Jahre.
Bedrohungen sind: Erosion der Ränder, Terrorismus, die Demographie und wachsender chinesischer Einfluß im Osten.
@Nochmal Flip:
Völkerrechtsbruch:
Die Grundlage meines Gedankengangs ist zunächst einmal der gesunde Menschenverstand (gut, der zählt im internationalen Recht nicht viel) und das westliche Rechtssystem (was auch nur hergenommen wird, wie es passt).
Nichts desto trotz steht damit die Frage im Raum: Wenn ein Urteil und eine Bestrafung gegen jemanden erfolgt, ohne daß Beweise für seine Schuld erbracht wurden, ist dieses Urteil dann rechtmäßig? Oder ist es nicht vielmehr ein Rechtsbruch?
Ich weiß, diese Frage ist unangenehm, zumal wir da nicht auf der guten Seite stehen würden – aber sollte man sich diese Frage nicht zumindest trotzdem stellen – nur um den Kompaß einmal zu überprüfen? (@TW: Meinetwegen auch auf der Trollwiese)
@begangenes Unrecht: Nun, nach der Rechtssprechung des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag, war die Sezession des Kosovo eben kein begangenes Unrecht, sondern beruhte auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker (Kosovo), daß völkerrechtlich über das Recht eines Staates (Serbien) auf territoriale Integrität zu stellen ist. Soweit die Rechtsprechung und diese kann auch Rußland mit Fug und Recht für sich beanspruchen, da Rußland den IGH ja anerkennt.
Das begangene Unrecht würde ich dann eher darin sehen, daß die NATO Serbien erst durch 3 Monate Bombenteppich mit vielen Toten und Verletzten bzw. zerstörter Infrastruktur zur Zustimmung gezwungen hat. Und DIESES begangene Unrecht hat Rußland eben nicht wiederholt! Auf der Krim gab es, glaube ich 2 oder 3 Tote, und die waren alle vom Militär. Und die Restukraine wurde auch nicht mit Bombern überzeugt, sondern bekam schlicht die Tür vor der Nase zugeknallt. Zerstörte Egos, aber keine zerstörten Städte.
Über das Bombardement hinaus wurde die Sezession des Kosovo auch lediglich in einer Art Parlament beschlossen, von Referendum keine Spur. Auf der Krim gab es dagegen diese direkte Volksentscheidung, die einem „Selbstbestimmungsrecht“ ja eigentlich noch viel mehr entspricht, auch wenn da ad hoc sicher nicht alles sauber ablief. Aber würden Sie ernsthaft glauben, daß sich noch später, unter offizielleren Wahlbedingungen tatsächlich eine Mehrheit für den Verbleib bei der Ukraine gefunden hätte? Erst recht, da man bald sah, wie sich die Geschichte entwickelte?
Da nach Links gerufen wurde:
Obama unterzeichnet ein im Kongress verabschiedetes Gesetz, welches erstmals auch die Lieferung von Waffen (Panzerabwehr, Aufklärungsdrohnen und Gefechtsfeldradar) vorsieht.
http://mobile.nytimes.com/2014/12/17/world/europe/obama-signing-russia-ukraine-sanctions-bill.html?referrer=&_r=0
@Thomas Melber:
Sie haben bei den Bedrohungen noch Brain Drain, staatlich organisierte Kriminalität und Finanzflucht vergessen. Wer in Rußland investiert oder Vermögen dort hat, muß seit Putins Machtantritt ständig damit rechnen, von Regierungsmitgliedern beraubt und eventuell noch en passant ermordet zu werden. Das, und nicht die Sanktionen oder andere politische Probleme, sind auch die Gründe für den momentanen Rubelcrash.
Die Leute flüchten mit ihren Vermögen und Familien ins Ausland.
@ Foxy
Danke für das ausführliche Erläutern. Auf ihren ersten Post zum Thema USA etc möchte ich nciht weiter drauf eingehen, allerdings auf den zweiten.
Ich bin bei den ersten drei Absätzen durch aus bei ihnen. Allerdings bin ich der Meinung, dass das Völkerrecht einfach nicht wie ein Strafrecht ausgelegt werden kann. Vollkommen klar, man kann jemanden nur rechtsverbindlich bestrafen, wenn er gegen geltendes Recht verstoßen hat. So nun sind wir bei Sanktionen allerdings an einem Punkt, der in meinen Augen eine Grauzone darstellt (bin kein Jurist!). Denn diese Sanktionen, soweit ich mich erinnere sind keine UN-Resolution und damit völkerrechtlich nicht bindend. Das heist diese Sanktionen sind aus meiner Sicht keine Bestrafung für das brechen von geltendem Recht, sondern Maßnahmen EINIGER (nicht aller) gegen jemanden (in diesem Fall nun Russland) der nicht in der Form, wie es vll gefordert ist, mit am gemeinsamen Ziel arbeitet.
Nachdem Motto du spielst nicht so mit, wie wir das gerne hätten, dafür darfst du unsere Förmchen für die Sandkuchen nicht mit benutzen. (Ich sehe ein, Politik/Diplomatie ist nicht so einfach, wie dargestellt)
Natürlich mag es nun erscheinen, als wenn anderen Länder auf Grund der Position und Macht der EINIGEN keine andere Wahl haben als auch mit zu machen. Aber das macht in meinen Augen keinen Völkerrechtsbruch aus.
Bzgl der Krim. Ich glaube wir hatten es schon mal, aber letztendlich ist das Referendum der Krimbewohner Verfassungsrechtlich nicht möglich gewesen (ich hoffe ich liege damit richtig, in Deutschland ist es möglich das sich einzelne Bundesländer per Volksentscheid von der BRD lösen XD), was diese Legitimationsgrundlage entfallen lässt und ich bin der Meinung das Kosovo und Krim von der Sicherheitslage nicht zu vergleichen sind, aber das würde denke ich hier zu weit führen und wurde auch schon in diversen anderen UKR/RUS Threads durchgespielt.
Auch wenn ich ihre Ansätze eher weniger teile, vielen Dank, dass sie sich haben breitschlagen lassen sie dennoch hier nüchtern zu teilen!
Cheers
Flip
@Califax:
Auch wenn Sie geistig wohl noch bei Jelzins Rußland verweilen, so liegen die Gründe für den aktuellen Absturz des Rubels meines Erachtens nach doch ein wenig anders.
Einer der Gründe sind sicherlich die schlechten Nachrichten zum Ölpreis. Denn auch, wenn unter Putin/Medwedew die Abhängigkeit vom Öl gesunken ist, tragen die fossilen Brennstoffe doch immerhin noch zu ca. einem Viertel zum Staatshaushalt bei.
Ganz notwendigerweise ist die russische Regierung also gezwungen, zu sparen, zumal eine Kreditaufnahme im Ausland aufgrund der Sanktionen im Moment etwas schwierig ist. Beim Militär wird sie das in der akuten Situation kaum tun, also muß sie andere Leistungen kürzen.
Und da kommen bei den Leuten sicher auch Erinnerungen hoch an die Raubritterjahre unter Jelzin und Gorbatschow, als Gehälter nicht mehr gezahlt wurden und die Renten ausblieben. Erst recht in Verbindung mit gestiegenen Lebensmittelpreisen. Also versucht jeder, aus Angst vor einer erneuten Hyperinflation, sein bißchen Erspartes über andere Währungen im Ausland in Sicherheit zu bringen. Aus diesem Grund hat die russische Zentralbank ja auch den Leitzins so krass hochgesetzt, um dieser Kapitalflucht ein echtes Argument gegenüber zu stellen.
Den Rest regelt der Markt. Je mehr Rubel auf den Markt getragen werden, um dafür $ oder € zu kaufen, desto höher steigt der Preis für diese Währungen und umso mehr sinkt der Preis für den Rubel aufgrund des Überangebotes. (Ganz nebenbei: Sie haben schon auf dem Schirm, daß auch der Euro heftig Federn gelassen hat?)
Mit realen wirtschaftlichen Daten oder gar staatlichen Repressalien hat das allerdings nicht mehr viel zu tun und deshalb ist die Frage eigentlich nur noch: Gelingt es der russischen Regierung, die Menschen zu überzeugen, sie zur Vernunft zu bringen? Wenn ja, wird sich die Lage wieder stabilisieren. Es werden schwierige Jahre kommen, aber es wird gehen.
Wenn nicht, dann droht Rußland tatsächlich eine erneute Hyperinflation mit allen Folgen, inklusive instabiler Sicherheitslage einer Atommacht und islamistischen Terroristen im Kaukasus, die Morgenluft wittern. Das ist dann nur noch Psychologie der Lemminge.
Können wir solche Grundsatzdiskussion lassen?
Die hatten wir schon vor einigen Monaten!
@ Flip | 16. Dezember 2014 – 21:22
aber letztendlich ist das Referendum der Krimbewohner Verfassungsrechtlich nicht möglich gewesen
Es mag spitzfindig sein,aber:möglich ist so ein Referendum natürlich schon.Doch ist man auf Russischer Seite damit nicht korrekt umgegangen,hat man es wider den Spielregeln abgehalten und umgesetzt.
In Konsequenz des START-1-Vertrages von 1991,der 1995 in Kraft trat,über den Verbleib und Umgang ehemals sowjetischer Atomwaffen auf den Hoheitsgebieten der Republiken Belarus,Kasachstan und Ukraine,verpflichtete sich die Russische Föderation die Hoheitsgebieten der betreffenden Ex-Sowjetgebiete zu respektieren. Ausdruck dessen waren u.a. die mittlerweile bekannten Krimverträge;auch in denen wurde die Souveränität der Ukraine stets uneingeschränkt anerkannt seitens Russlands.
Der offene Vertragsbruch Russlands,und die zur Schau gestellte Lust daran, macht mMn denn auch die Qualität,eine mMn neue Qualität.
(ich hoffe ich liege damit richtig, in Deutschland ist es möglich das sich einzelne Bundesländer per Volksentscheid von der BRD lösen XD)
Nein,das ist nicht möglich.Es kann übrigens auch kein Gebiet/Staat mehr der Bundesrepublik beitreten.Ob das juristisch umstritten ist?Ersteres eher nein,zweiteres ja.
Bevor Sie mich des Revanchismusses gegenüber der Fakten verdächtigen: Nein,ich stand und stehe hinter der „Entscheidung“ Helmut Kohls,die deutschen Außengrenzen gegenüber den Nachbarn als verbindlich und unumstößlich anzuerkennen.Und internationales Recht im Allgemeinen sowie das landläufig mit Völkerrecht bezeichnete Recht ist voller eben jener Fakten.
Frank Walter Steinmeier hat schon nicht unrecht,wenn er sagt,dass es nicht sein kann,dass irgendjemand im Jahr 65 der Beginns des WK II in Europa wieder anfängt,Grenzen zu verschieben ohne Einigung mit dem betreffenden Staat(en). Nur sieht man das in Russland bzgl. des Kosovo genauso-ob das so ist oder nicht:man bewertet es schlichtweg so. Ich halte Steinmeiers Sorge begründet und die Kritik daran berechtigt,dass nach der Krim,nun auch noch Transnistrien und Abchasien vollständig in die Russische Föderation aufgehen.
Eine schwierige Aufgabe für das AA.
@Sachlicher
Danke für die Richtigstellung bzgl der Volksentscheide, da hab ich wohl mit Unwissen geglänzt.
Ihrem letzten Absatz kann man sich nur anschließen.
Russland erwägt Reaktivierung von Atomraketen-Zügen
Russland könnte demnächst seine Eisenbahn-Raketentruppen wiederbeleben, schreibt die „Rossijskaja Gaseta“ am Dienstag.
http://de.ria.ru/zeitungen/20141216/270217641.html
Der Westen hat den Gewaltsamen Euromaidan Putsch unterstützt, Russland hat dafür die Abspaltung der Krim und des Donbasses unterstützt. Der Westen hat mit der Unterstützung des Putsches einen Fehler gemacht, die hätten warten müssen bis Yanu von alleine untergegangen wäre.
Die Schüsse auf Demonstranten auf den Maidan wurden wohl nach neuesten Indizien eher aus Reihen des Rechten Sektor Abgegeben. Deren Anhänger waren bei Schussabgabe wohl immer gerade zufällig nicht auf den Maidan. Deswegen wird dagegen nur zum Schein ermittelt. Das ist ein großer Lug und Betrug auf Kosten der EU und vor allem der DE Steuerzahler.
Gazprom hat ein Darlehen an Flirtach vorzeitig gekündigt. Putin dürfte das 3 Mrd. Darlehen an der Ukraine wohl auch fällig stellen. Da wird der IWF wohl seine Ukraine Bailout Forderungen an die EU auf 20 bis 25 Mrd. $ erhöhen. Die ganze Ukr Schwerindustrie auch außerhalb des Donbasses lebt ja vom Russischen Markt. Das einzige was in der Ukraine noch läuft, ist die Kriegswirtschaft. Poro und Jaz lassen überall um Arbeit zu schaffen Kriegsgerät reparieren. Dazu noch die Ausweitung der Armee. Auf den Weltmarkt ist die Ukraine nur mit Landwirtschaftlichen Gütern Konkurrenzfähig. Wo die EU aber auch ein Überschuss hat. Die EU nimmt gar nicht richtig war, was in der Ukraine alles schief läuft. Gleiche Fehler hat die EU bei Griechenland oder Spanien auch gemacht.
Durch den Rubel Absturz scheint wohl der Rubel Handel und der Russ Kreditmarkt komplett still zu stehen. Sieht richtig böse aus. Der ganze Aufschwung nach der Lehmann Pleite wurde durch in Dollar Notierte Kredite in Entwicklungsländer angetrieben. Wenn das Kreise zieht, wird das DE richtig übel treffen.
@all
Aus der vergangenen Nacht habe ich die offiziellen Mitteilungen zum Telefonat von Merkel mit Putin, Poroschenko und Hollande oben nachgetragen.
Eine Bitte an alle: Es nützt niemandem hier, wenn die Grundsatzdiskussionen, die hier schon vor Monaten geführt wurden, jetzt einfach unverändert fortgeführt werden…
Die österreichische NZZ hat einen Infozettel zur Rubelkrise veröffentlicht:
https://beta.nzz.at/s/5f7T9-Fww/
@califax
Das ist nicht zufällig absolut identisch mit dem oben im Nachtrag verlinkten Text? ;-)
Ich hatte kurz die in Mode gekommenen Geschäftspraktiken der Bisnismeniy unter Putins Dach als eine der wichtigsten Ursachen für die Flucht aus dem Rubel angesprochen:
http://augengeradeaus.net/2014/12/sammler-russland-ukraine-16-dezember/comment-page-1/#comment-167850
Hier ist einer der Fälle, die ich damit meine:
http://www.bbc.com/news/world-europe-23003013
Das sind keine Einzelfälle, das hat System. Putin hat bereits während seiner Zeit in der Kommunalregierung von St Petersburg öffentliche Mittel unterschlagen, damals ging es unter anderem um Gelder, mit denen eine Hungersnot abgewendet werden sollte.
Aus Moskau kommen Gerüchte, daß nun auch ganz normale Bürger, nicht nur Geschäftsleute, wie verrückt Dollar und Euro kaufen, weil sie den Banken nicht vertrauen. Auch das hat mit dem System Putin zu tun. Denn da geht es für die Bisnismeni eben nicht um wirtschaftliche Probleme, sondern um oben und unten. Der oben kassiert, der unten hat zu kuschen, sonst prügelt man ihm ein, wie wenig er wert ist.
Bankkunden sind unten. Dollarbestände, die man zu hause versteckt, lassen sich in Rußland viel schlechter stehlen, als Guthaben auf Banken. Denn die Banken gehören der Mafia. Denselben Leuten, die gerade erst in Sotchi Milliarden unterschlagen und erpresst haben.