Die russische Flotte vor England: Ohne Signal durch den Kanal
Auf hoher See ist es ähnlich wie… nein, nicht wie vor Gericht, sondern wie im internationalen Luftraum. Die Meldungen, dass ein russischer Flottenverband sich im Ärmelkanal tummelt, hat am (heutigen) Freitagmorgen eine öffentliche Aufmerksamkeit erfahren, die an Invasionsvorbereitungen glauben ließ. Dabei war zunächst nur eine russische Agenturmeldung die Basis:
A squadron of ships from the Russian Navy’s Northern Fleet is holding drills in the English Channel, the Western Military District’s press service said Friday in a statement.
„Today, a squadron of ships and support vessels from the Northern Fleet … have passed the narrowest part of the English Channel in the Strait of Dover and have entered a bay near the mouth of the River Seine,“ the press service said.
Nun sind solche Schiffsbewegungen, auch von Kriegsschiffen, ebenso wie die Nutzung des internationalen Luftraums durch Kampfflugzeuge kein rechtliches Problem, sondern eines der – politischen und öffentlichen – Wahrnehmung. Und da war natürlich die Aussage veranstalten Manöver im Ärmelkanal genau das richtige. Auch wenn die russischen Schiffe vermutlich völlig in Übereinstimmung mit dem Seerecht entweder internationale Gewässer oder die vorgesehene innocent passage durch die Hoheitsgewässer anderer Staaten genutzt haben (was die USA übrigens weit exzessiver als zum Beispiel die Deutsche Marine ausnutzen).
Mittlerweile gibt’s auch die Bestätigung der Briten, dass eines ihrer Patrouillenboote den russischen Verband begleitet hat:
Four Russian ships escorted through Dover Strait from North Sea by @RoyalNavy HMS Tyne this morning. Ships have left UK waters.
— Ministry of Defence (@DefenceHQ) 28. November 2014
und das führt zu einer interessanten Beobachtung: Bei marinetraffic.com ist der Kurs der Tyne vom 27. November 1236z durch den Ärmelkanal bis zum Abdrehen Richtung Brighton am 28. November 0816z sehr schön nachzuvollziehen (siehe Screenshot oben). Nur: das AIS-Lagebild zeigt in der Nähe des britischen Kriegsschiffs keine russischen Schiffe…
Offensichtlich verhalten sich die russischen Kriegsschiffe ähnlich wie die Kampfflugzeuge auf ihren Flügen, die von den NATO-Alarmrotten beobachtet wurden, und schalten genau so ihre Transponder und Sender ab, die dem zivilen Verkehr Aufschluss über ihre Bewegungen geben. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Kann ja nicht jeder so gesetzestreu sein wie die Deutsche Marine, die bei der Route durch dieses Seegebiet gestern und heute den Kurs von U31 via AIS eindeutig nachvollziehen ließ.
Aber es ist keine nette Geste der Russen. Und damit ebenso wie die Flüge vor der baltischen Küste der Versuch einer Machtdemonstration.
Nachtrag: Der Vollständigkeit halber die Aussagen dazu in der Bundespressekonferenz am Freitag; mit der stellvertretenden Regierungssprecherin Christiane Wirtz und Oberstleutnant Uwe Roth für das Verteidigungsministerium:
Frage: Es geht eher um die russischen Schiffe, die derzeit anscheinend den Ärmelkanal durchqueren. Ich hätte ganz gerne gewusst – die Frage richtet sich eigentlich sowohl an Frau Wirtz als auch an das Auswärtige Amt und an das Verteidigungsministerium -, ob Sie das als ungewöhnlich empfinden, ob sie sich Sorgen machen und ob Sie das als eine Provokation ansehen.
SRS’in Wirtz: Vielleicht kann zuerst das BMVg etwas sagen, was die Erkenntnisse dazu anbelangt.
Roth: Nach meinem Kenntnisstand halten sich diese russischen Schiffe dort in internationalen Gewässern auf. So, wie dieser Verband zusammengestellt ist, sieht er wie ein ganz normaler Übungsverband aus. Insofern ist das für uns nicht weiter dramatisch und stellt auch keine besondere Situation dar.
(…)
Frage : Erst einmal würde ich gerne auf die Frage des Kollegen zurückkommen, was diese russische Flotte angeht. Gibt es abgesehen von einer militärischen Bewertung irgendeine politische Bewertung, ob dieses Vorgehen im Herzen Europas für den Dialog zwischen Russland und der EU dienlich ist?
SRS’in Wirtz: Zunächst einmal geht es darum, tatsächlich alles daran zu setzen – das haben wir ja gerade schon erörtert -, Gesprächsfäden aufrechtzuerhalten, den Dialog miteinander zu suchen und in jeder Hinsicht zu einer Deeskalation der Lage dort beizutragen. Dieses Manöver, auch wenn es sozusagen in internationalen Gewässern stattfindet, ist nicht unbedingt ein Zeichen, um diese Deeskalation und die Bereitschaft zur Deeskalation zu unterstreichen.
(Grafik oben: Screenshot von marinetraffic.com mit dem Kurs der HMS Tyne von 271236zNOV14 bis 280816zNOV14; Grafik unten: Screenshot von marinetraffic.com mit dem Kurs von U31 am 27.11.2014)
Warum haben die russischen Verbände eigentlich immer einen Schlepper mit dabei? Sind die Einheiten so marode, dass erhöhte Gefahr besteht, dass eine „liegenbleibt“??
Fussgaenger | 28. November 2014 – 17:09
Warum haben Panzerverbände immer ein Bergepanzer dabei
Hmm, bei maritimen NATO-Verbänden sind mir die Bergeschlepper aber bisher immer entgangen….
Dieser Thread ist echt etwas zum Schmunzeln und ein Teil seiner Einzelbeiträge zeugen von einer ordentlichen
Portion Humor und sind hoffentlich nicht ernst gemeint,
Sonst müsste ich an der Seriosität des Blogs zweifeln.
Lol ;-)
Herr Peter Gross vom Seefahrerblog hat sogar die Überschrift „Kalter Krieg 2.0“ gewählt.
http://seefahrer.blog.de/2014/11/28/kalter-krieg-2-0-russen-ueben-englischen-kanal-19772305/
Und der Typ ist sogar Mitglied im „DEUTSCHEM MARITIMEN KOMPETENZ NETZ“.
Da staunt man, oder?
Ja ist denn schon wieder D-Day, oder holen die die Mistral’s ab.
Also im Ernst, so langsam nervt das hysterische Getue, wenn irgendwo Russen gesichtet werden. Sie sind in internationalen Gewässern, und wenn mich Obama öffentlich als Regionalmacht herab gewürdigt hätte, würde ich auch mal paar Schiffchen schwimmen lassen ….
Schöner Denkanstoss mal wieder in der militärhistorischen Mottenkiste zu wühlen. Insofern Dank für den Hinweis auf die israelischen Selbstabholer.
Ich war natürlich mental bei dem etwas offensichtlicherem Ereignis hängengeblieben: Operation Cerberus.
Ansonsten…..Gäähhhhhn….völlig total echt super überraschend ist urplötzlich, wie aus dem Nichts, der Iwan im Kanal aufgetaucht. Man kann die Medien nicht mehr ernst nehmen. Sorry.
Alles überbewertet. Vor 5 Jahren ist mir bei potten dichtem Nebel in der Taiwanstraße sehr dicht vor der Küste der VR China eine Taiwanesische Perry Klasse begegnet.
Die hatte natürlich auch keinen Transponder an. Aber die Flagge hatte sie gehisst. ;)
Wie war das noch mit der ( neuen ) Alarmanlage ?
3 x Fehlalarm. Irgendwann war der Hausherr nur noch genervt und hat sie abgestellt.
In der Nacht drauf …
Tja.
Dumm gelaufen …
OK, falsche Küste. :D
TomCat | 28. November 2014 – 20:10
Nach dem mehr Fach Grenzen Anflogen, Fragt man wenn es Funktioniert was haben die den Vorhaben mal wieder
Natürlich hat Gegensatz zu Deutschland Frankreich und England die Nötige Mittel fertig zu werden aber was haben die vor , vielleicht lassen sie Horchposten heimlich herunter so lange wir schau Kämpfe erleben oder so was
Oder wollen nur die Reaktionszeiten Testen von England und Frankreich
Den alles hat seine Schwachstelle
BlueLagoon | 28. November 2014 – 20:32
Bitte wann war es ein Fehlarm ?
Schweden war ein Russenboot sonst hätten die Russen nicht gemacht und gedroht als die Schweden anfingen in die Zange nahmen wenn da nichts war oder ?
Und während die westliche Welt russische Invasionspläne herbeiführt üben 1300 britische Soldaten mit 100 Panzern (Chsllenger/Warrior) in Polen und die Bundeswehr bekommt 3433 likes für Iron Sword in Litauen.
@ atticus
…zu recht, warum soll bw nicht auf dem Terrain verbündeter staaten üben?
@Atticus
was im Vergleich zu den russischen Übungen ziemlich mickrig ist.
Außerdem greift man nicht mit 1300 Soldaten nicht so ein riesiges Land an. Selbst die Grande Armee hat es nicht geschafft.
1300 Soldaten sind zum Verteidigen deutlich sinnvoller… (Wenn auch immer noch nicht viele)
Schon merkwürdig …
Alles redet über die russische Nordmeerflotte in der Seine-Bucht – und das heute-Journal berichtet über jede Kleinigkeit …
… von allem Möglichen, nur mit KEINER Silbe über die russchischen Schiffe …
Sicher zu Recht und sicher zu mickrig. Naja, zumindest in dem Rahmen zu dem die NATO in West Europa mittlerweile nur im Stande ist zu üben.
letztendlich zählt die Message. Und über die einseitige westliche Berichterstattung sind wir uns hoffentlich alle einig.
Gab es eigentlich bei dem absolut neutralen und stets bestens informierten, sprachlich überaus fließend und gewandt moderierten RT-Sender etwas darüber ?
Weiß hier tatsächlich niemand etwas Neues über den russischen Flottenverband ???
@Atticus
Nein, über die „einseitige westliche“ Berichterstattung sind wir uns nicht einig.
Wo liegt das Problem, wenn wetsliche Medien darüber berichten – das ist schlichtweg ihr Job.
Ein wenig verwundert bin ich schon:
Da wird am verganenen Freitag eine Berichterstattung und rasante Diskussion über einen Flottenverband der russischen Nordmeerflotte im Ärmelkanal bzw. vor der Seine-Bucht begonnen – und 48 Stunden später redet ( auch hier !! ) kein Mensch mehr darüber …
@BlueLagoon: Es scheint fast so, als wenn die Politik hüben und drüben eigentlich gerne eine Pause hätte sich aber eben nicht den Wünschen und Erwartungen des Publikums (vor allem des eigenen Anhangs/Fanclubs) entziehen kann. Also machen halt alle Seiten „das mit den Fähnchen“ – glücklicherweise.
@BlueLagoon
Was gäbe es darüber für die normale Berichterstattung schon interessantes zu berichten? Das ist doch eher ein Thema für interessierte Fachleute. Solange es nichts Besonderes gibt, ist das nicht einmal einen Agenturmeldung wert. Meine ich jedenfalls.
Selbst für interessierte Fachleute ist das kein Thema. Der aktuelle Wochenbericht auf Marineforum sagt treffend wie es eigentlich ist, Mediengeblubberblase – blubb und weg.
Weiterfahrt in den Golf von Biskaya
http://www.navy.ru/2014/177219/
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