Soldaten nach Kurdistan? Nur mit Visum
Ohne Bürokratie geht nix. Soldaten anderer Nationen, die sich im Nordirak im Kampf gegen die islamistischen ISIS-Milizen engagieren, brauchen ein Visum der Zentralregierung in Bagdad. Darauf warten, so berichtet die australische Zeitung Sydney Morning Herald, Spezialkräfte vom fünften Kontinent derzeit:
Australia’s special forces are elite warriors with a fearsome reputation, but it seems they have met their match in Iraq – the Baghdad bureaucracy.
About 200 commandos are in the Middle East waiting to join the fight against Islamic State, but they have been told they cannot enter Iraq without valid visas.
However, an informed source said the obstacle was not the enemy but the Iraqi government’s excruciating inefficiency. Australian officials have been told it will take another week or two for visas to be granted.
Die Regelung gilt für alle Nationen, auch für die Bundeswehr. Die deutschen Soldaten, die zur Einweisung von Peshmerga-Kämpfern an den gelieferten deutschen Waffen in Erbil im Nordirak tätig sind, haben übrigens ein Visum bekommen, sagt das Verteidigungsministerium. (Ich habe mal nicht recherchiert, ob die deutsche Bürokratie auch von den zur Ausbildung nach Hammelburg gereisten Kurden ein Visum verlangt, aber ich würde es vermuten.)
Den Zustrom aus aller Welt zu den Jihadisten scheint die Visumspflicht dagegen nicht zu stoppen:
Foreign jihadists flocking to Iraq and Syria on ‚unprecedented scale‘ – UN
(Archivbild: Australische Spezialkräfte 2010 in der Provinz Uruzgan, Afghanistan – Corporal Chris Moore/Department of Defence/Commonwealth of Australia)
Der ganz normale Wahnsinn :-)
Muss man dann im Visums-Antrag angeben, in welcher Mannschaft man mitspielen möchte?
So nach dem Motto: Team IS, Team Kurden, Team PKK, Team Jesiden, Team Saud, Team Assad, Team al-Nusra-Front, Team Faruq-Brigade …
Bei diesen „Internationalen Wettkämpfen“ in Syrien und Irak treten ja inzwischen fast mehr Mannschaften an, als bei den olympischen Spielen. ;-)
Die Tatsache, dass westliche Spezialkräfte auf Visa warten, zeigt mir mal wieder, dass wir uns sehr genau überlegen sollten, ob und in welchem Umfang wir bei den Streitereien asiatischer Banden mitspielen wollen.
Schon die Amis haben im Irak nach 2003 gesehen: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich – und dann gehen sie gemeinsam auf unsere Jungs los …
Unsere Entscheider haben die Mentalitäten im Nahen und Mittleren Osten weitgehend nicht verstanden. Das ist eine schlechte Voraussetzung, wenn man erfolgreich wirken will. Zuerst müsste man für sich mal geklärt haben, was man als Erfolg betrachtet. Ich habe nicht den Eindruck, dass wir, was eine langfristige außen- und sicherheitspolitische Strategie angeht, mit unseren Hausaufgaben fertig sind.
Wenn die Ukraine das mal auch so mit den Russen gemacht hätte, …
;-)
Und wo ist das Problem? Jahrelang verlangt man von der irakischen Regierung sich als funktionierender Staat zu benehmen und genau das tut die Regierung doch, wenn sie verlangt, dass ausländische Truppen, die zu einem potentiellen Kampfeinsatz auf eigenes Staatsgebiet einreisen, sich ordentlich akkreditieren. Die Spezialkräfte aus fünf Kontinenten müssten dann ja auch Status of Forces Agreements abschließen, um überhaupt eine Rechtrgrundlage zur Gewaltausübung zu haben.
Vor einigen Jahren hat Pakistan anlässlich einer Überschwemmung massenhaft ausländische Hilfskräfte ins Land gelassen, um anschlie0end festzustellen, dass da doch einige ausländische Nachrichtendienstler und Spezialkräfte darunter waren, und niemand genau sagen konnte, wieviele Leute jetzt von wo, wie eingereist waren.
Weiterhin wird die irkaische Regierung nicht notwendigerweise ein großes Interesse an der Unterstützung der Kurden gegen IS haben, denn eine Schwächung der Kurden wäre ihnen sicher recht und wenn IS im Norden besser vorankommt, mindert das vielleicht den Druck auf die irakischen Sicherheitskräfte im Süden. Und überhaupt könnten ausländische Spezialkräfte doch besser im Süden kämpfen oder zumindest großzügig unterstützen – dann klappt das mit dem Visum auch schneller.
Und wenn es denn tatsächlich einen Staat namens Kurdistan gäbe, was keine Regierung in dieser Region oder in Europa ernsthaft will, dann wäre das sicherlich alles einfacher. Denn die Visum erteilende Stelle wäre woanders. ;-)
Ganz ehrlich – was hat man denn erwartet. Jeder Transport von Personal und Material geht von Anfang an über Bagdad. Warum wohl? Damit sie den Überblick behalten bei der Zentralregierung. Oder zumindest so tun.
Die Bürokratie in ihrem Lauf hält weder Krieg noch Terror auf!
– Segelboot
Tja liebe Freunde,
wir hatten in den 80ern noch Folgendes gelernt:
„In einem Konfliktfall treten wir zuerst die ZDV in die Mülltonne!“
Grüsschen an alle Vorschriftsgläubigen
Ulli
PS: Es muss raus!!!: Das G3 war die beste Taschenkanone, die ein Soldat je bekommen konnte. DAS war noch Rrrrums!
Schade ich hätte sie gerne mit Klappschaft gehabt.
Gibt es da eine Art Gruppen-Visum, oder wird das für jedes Individuum via zivilem Reisepass erledigt? Wenn letzteres, wer kann dann garantieren, dass die Personaldaten der SOF-Leute nicht auf dem Schwarzmarkt landen? Da wird es sicherlich den ein- oder anderen Interessenten geben. Unsere Geheimdienste hätten sicherlich auch wahnsinnig gern eine Datenbank mit den Personaldaten (inkl. Geburtstag, Familienstand, Wohnort, Foto, etc.) der aktiv im Ausland eingesetzten z.B. russischen Spezialeinheiten…Oder bin ich naiv, wenn ich glaube, die würden von der australischen Regierung nicht für solche Gelegenheiten mit Alibi-Zweitidentitäts-Reisepässen ausgestattet werden?
@ all
Die 1017er Mercedes Lkw auf diversen Kobani-Bildern. Erinnern mich an frühere Bw-Zeiten. Wo könnten die denn herkommen? VEGEG? „Visum“? Nicht nötig, solange der Anstrich nicht in Flecktarn?
Germany ready to train Iraq’s Sunnis as well as Kurds to fight IS
Chancellor Angela Merkel said on Friday that Germany was ready to help train Sunni Muslim soldiers in Iraq to fight Islamic State
http://reut.rs/1nXl09F
Das mit dem Visum ist eine prima Idee, und eine noch bessere ist erst gar keines zu beantragen, weil wir da nichts verloren haben.
Die Irakische Regierung wird natürlich peinlichst darauf achten, dass die Visadaten streng gehütet werden und keinesfalls in die Hände der ISIS fallen!
:-)
Dann mal sehen, ob die deutschen Soldaten, welche die Kanzlerin in den Irak schicken will ein Visum bekommen. Denn die Erklärung der Kanzlerin nach den Kurden noch Sunniten durch die Bundeswehr im Irak ausbilden zu lassen könnte der schiitisch dominierten Regierung des Irak missfallen.
Mal sehen wie lange die Bundesregierung noch braucht um BW-Soldaten als Ausbilder in den Irak zu schicken.
Völlig lächerlich war natürlich die Ausrede der Kanzlerin warum Deutschland Kobane nicht geholfen hat. Weil man angeblich nur mit Zustimmung des betreffenden Staates liefern könne ist eine faule Ausrede. Eine Zustimmung Syrien wäre natürlich zu bekommen gewesen, die Frage ist nur der Preis dafür und vor allem hätten Waffen an die Peschmerga zur Weiterleitung an die syrischen Kurden geliefert werden können.
Ebenso hätten wir Waffen abwerfen können als humanitäre Waffenhilfe bzw. Flugzeuge für den Abwurf irakischer Waffen zur Verfügung stellen können, wenn man gewollt hätte.
Hmmm. Dingos. Siehe Tweet für Bilder.