Kein einziger Sea Lynx-Hubschrauber fit für den Einsatz (Update)

SeaLynx_Marine_2012

Von den 22 Hubschraubern des Typs Sea Lynx Mk88A der Deutschen Marine ist derzeit kein einziger Helikopter für einen Auslandseinsatz freigegeben. Nachdem Risse im Heckbereich einer Maschine festgestellt worden waren, wurden zunächst alle Hubschrauber dieses Typs gesperrt, bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am (heutigen) Montag einen Bericht der Süddeutschen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht). Bei Untersuchungen seien dann an insgesamt 15 Maschinen solche Schäden entdeckt worden.

Seit dem vergangenen Freitag ist nach Angaben des Ministeriums ein Sea Lynx wieder zum Flugbetrieb zugelassen, allerdings nur unter Friedensflugbedingungen. Die Fregatte Lübeck musste deshalb auf die geplanten zwei Bordhubschrauber verzichten, die mit dem Kriegsschiff in den Antipiraterie-Einsatz vor der somalischen Küste gehen sollen. Ein operationeller Flugbetrieb wird voraussichtlich in diesem Jahr nicht mehr möglich sein.

Im Juni war an einem der Hubschrauber ein Riss im Heckbereich entdeckt worden. Die Untersuchungen ergaben, dass nur sieben Sea Lynx  keine solchen Schäden hatten. Diese sieben Hubschrauber sollen nach derzeit laufenden Inspektionen wieder für den Flugbetrieb freigegeben werden, wenn auch mit Einschränkungen – so darf die erste wieder freigegebene Maschine (und dann die übrigen sechs) nur mit verminderter Nutzlast starten. Für die 15 Helikopter mit den Rissen wird laut Ministerium jetzt das Reparaturverfahren festgelegt.

Die 22 Sea Lynx machen etwa die Hälfte der Hubschrauberflotte der Marine aus; die andere Hälfte besteht aus Helikoptern vom Typ Sea King, die ebenfalls mit technischen Problemen zu kämpfen haben. Als Nachfolgemodelle sollen zwar Hubschrauber vom Typ NH90 beschafft werden; dafür ist aber noch nicht einmal die endgültige Beschaffungs- und Finanzierungsentscheidung getroffen.

Die Sperrung der Sea Lynx trifft die Marine schon im aktuellen Einsatz in der EU-Mission Atalanta hart: Ohne Hubschrauber ist der Kampf gegen die Piraterie deutlich eingeschränkt. So werden die Helikopter genutzt, um von der Fregatte aus den Seeraum zu überwachen und um Boarding Teams zur Kontrolle auf verdächtige Schiffe zu bringen oder den Einsatz dieser Boarding Teams aus der Luft zu überwachen – Aufgaben, für die Flugzeuge wie der ebenfalls vor Somalia eingesetzte Seefernaufklärer Orion P-3 C nicht infrage kommen.

Das in diesem Jahr entdeckte Problem mit der Rissbildung im Heckbereich bei den mehr als 30 Jahre alten Maschinen, die für verschiedene Aufgaben und Einsätze hart beansprucht werden, dürfte der Marine allerdings schon länger bekannt gewesen sein. In einem Untersuchungsbericht der Firma Eurocopter (heute Airbus Helicopters), der Augen geradeaus! vorliegt, wurden bereits 2011 von Hubschraubern im Atlanta-Einsatz starke Rissbildungen im Heckkonus gemeldet:

Aufgrund folgender Erkenntnisse, halten wir die Rissbildung an dem Lfz 83+ 21 für ein Ermüdungs- versagen der Heckkonusstruktur:
– die optische Bewertung der Risse und der umgebenden Struktur sprechen eindeutig für ein Ermüdungsversagen der Struktur. Wir empfehlen jedoch dringend dies über eine metallografische Untersuchung verifizieren und untermauern zu lassen.
– die konstruktive Gestaltung des Bereichs Stn 2663 ist nicht optimal und kann als sehr rissanfällig bezeichnet werden
– bereits bei der Mk88 hat sich der Bereich als Schwachstelle erwiesen. Die Fa. WHL hat versucht bei der Einführung der Mk88a diese Schwachstelle durch das Aufsetzten mehrerer Bleche zu verbessern. Dabei musste jedoch auch das höhere Abfluggewicht kompensiert werden.

Riss innen 1A

(Foto oben – Archivbild März 2012: Multinationale Übung „Good Hope 5“ in Südafrika. Per „Fastroping“ seilen sich das deutsche und südafrikanische „Boarding Team“ von dem Hubschrauber Typ Sea Lynx MK 88A auf die Fregatte „Lübeck“ ab – Bundeswehr/Bienert via Flickr unter CC-BY-NC-ND-Lizenz mit Freigabe für redaktionelle Verwendung
Foto unten: Untersuchung eines Sea Lynx 2011))