Lagebeobachtung Irak (und angrenzend)
Angesichts der aktuellen Entwicklungen in und um Irak gebe ich in Abwesenheit des Hausherren einer möglichen Diskussion dazu hier mal ein digitales zu Hause. Bemerkenswert finde ich unter anderem die Kombination aus der – gemäß der Berichte – grausamen Kriegsführung der „Organisation“ Islamischer Staat (warum unsere Medien deren Re-Branding von ISIS zu IS so vorbehaltlos übernommen haben, ist auch interessant. Bei Raider und Twix war da gefühlt mehr Widerstand) und dem sehr strategischen Vorgehen mit der Einnahme des Staudamms von Mosul sowie der in der Region liegenden Ölfelder.
Der OvWa
@ kalebe
„Würden die Kurden, sobald die größte Gefahr durch die IS vorbei ist, die Waffen klaglos wieder zurückgeben? Wenn nicht, dann muss man sich vorher im Klaren darüber sein, was dies bedeuten könnte.“
Mit Sicherheit nicht. Wenn man das aber von vorneherein klar mit einkalkuliert kann man seine Lieferungen entsprechend anpassen um „fernwirkungen“ zu minimieren.
bsp. kurden fehlen panzerabwehrwaffen und selbst uparmored IS humvee’s führten teilweise zu chaotischen peshmerga rückzügen da nur kalashnikov zur verfügung stand.
konsequenz: 200 Panzerfaust 3+ kurdischem manual gehen morgen nach erbil.
die sind recht schnell verschossen führen zu substantieller taktischer stärkung der peshmerga und haben überschaubares risiko später anderweitig genutzt zu werden da nur geringe stückzahl.
abgeshen davon gibt es m.E. die möglichkeit eine software geplante obsoleszenz einzubauen. verschießen bis: März 2015.
auch nicht ohne risiko aber die paralyse deutscher politik angesichts jedweder risiken ist ja ursache der kritik.
no risk no fun.
@H. Wilker
Ich hoffe, er findet keine neueren „Hinweise“ eines „Masterplans“ – sollte es denn einer gewesen sein, so arbeitet die Assimilation über Generationen und wäre somit bereits im Aufgehen. Wir sollten hier aber nicht mit Tunnelblick nur auf Deutschland schauen – ganz Europa hat ein Problem mit der Integration und Religion. Sollte es einen Masterplan geben. so wäre er weitaus größer als Trittin oder Fischer.
Während in Deutschland viel über Waffenlieferungen an Kurden fabuliert wird – und wenig über konkrete humanitäre Hilfe gesprochen wird, ist UK schon wieder einen Schritt weiter: Es werden Recce-Tornados bereit gestellt.
Die deutschen Tornados mit dem alten ReccePod (Telelens, Trilens) und RecceLite wären hier eine sehr gute Ergänzung.
Aber die alten Recce-Pods brauchte man ja aus Sicht der Luftwaffe nicht mehr.
Wie erwartet lobt sich die Bundesregierung für die Bereitstellung von 4,4 Mio. EUR Soforthilfe. Die jedoch den Flüchtlingen im Gebirge gar nicht helfen.
Warum wird nicht mit mehr Nachdruck gefragt:
Warum leisten wir nicht einen Beitrag wie UK oder F?
Politisch, bürokratisch, militärisch und medial ist das wiedermal richtig peinlich.
Jemand handelt also bereits in unserem Interesse: USA Waffen fuer die kurdischen Kaempfer.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/irak-usa-beliefern-kurden-mit-waffen-a-985531.html
@ klabautermann
Wie man das in Berlin gern hätte, weiß ich nicht. Ich vertrete hier meine eigene Meinung. Eine Notwendigkeit, sich in der Sicherheitspolitik immer a priori zwischen Werten und Interessen entscheiden zu müssen, sehe ich nicht. Und ich glaube auch nicht immer an sog. einfache Lösungen. Zumindest plädiere ich in der Regel dafür, unerwünschte Nebenwirkungen rechtzeitig zu bewerten, auch wenn das natürlich nicht eine Entscheidung verzichtbar macht.
Völkermord durch Waffenlieferungen verhindern zu wollen, ist übrigens auch nicht gerade eine Heldentat. In diesem Fall finde ich ein direktes Eingreifen im Sinne von R2P schon konsequenter. Die USA machen das derzeit – mit nach meiner Einschätzung (oder besser gesagt: Hoffnung) guter Erfolgsaussicht.
@ wacaffe
Ja. Handeln ist nie ohne Risiko. Nicht-Handeln auch. Soweit d’accord. Gut ist es freilich, das Risiko einigermaßen kalkulieren zu können. Vielleicht gibt es ja Lösungen, bei Waffenlieferungen die eine oder politische Schwachstelle technisch zu verringern. Wäre jedenfalls wünschenswert.
Memoria
Recce pod nur bei Sichtbedingungen einsetzbar ohne Datenlink soviel wie ich weiß. Ansonsten wie gesagt Geld und gute Worte.
Wer soll denn mit Nachdruck fragen? Es traut sich doch keiner anschließend ein „nicht möglich“einzugestehen. Daher lieber erst garnicht fordern.
@Quino
Sprechen sie vom Recce Pod mit Nassfilm oder dem RecceLite? Das der alte Recce Pod keinen Datenlink hat ist ja selbstredend, was ihn allerdings nicht zwangsläufig unbrauchbar macht. Man darf vorallem nicht die deutlichen Unterschiede in der Bildqualität und Art der Bilder vergessen.
@Memoria
Gibt es Infos, ob die Immelmänner innerhalb kurzer Zeit verlegen können? Meine mich aus meiner Zeit zu erinnern das Ende August Anfang September immer in Decci Kommando war. Man bräuchte nur dieLUB überm Nahen Osten und los geht die wilde Fahrt. ähnlich des Libyeneingreifen damals, als auch deutsche Tornados in Decci übten.
Ich weis ich betrachte das ganze sehr naiv ;)
Generell wie schnell könnte man praktisch ein Mandat für Tornadoaufklärung im BT erwirken?
Cheers
Flip
@Flip
BT? Die Recce-Tornados wären doch in humanitärer Mission unterwegs und zudem unbewaffnet^^
Flip
Recce pod Telelens und Trilens nicht Recce lite
@Flip:
Zur Verlegezeit kann ich nichts sagen.
Ein Mandat würde man bekommen, wenn man will.
Der alte ReccePod ist übrigens nicht mehr in Nutzung – hätte hier jedoch durchaus Vorteile (gute Auflösung, große Sehfelder, Seitenblick, Aufklärung in Echtzeit nicht immer notwendig).
Aber die Bundesregierung schlägt ja nichtmal einen Einsatz von Tralls vor (und da stehen ja offiziell welche für MINUSMA bereit).
Dafür eine Phantomdebatte zu Waffenlieferungen und Aufnahme von Flüchtlingen in D – echter Quatsch.
zum Thema „verbotene“ Waffenexporte in Krisengebiete ist der MoMa Beitrg mit Özdemir besonders grotesk.
http://www.tagesschau.de/ausland/kurdenwaffenlieferung-103.html
Ö: Zunächst wird ellenlang über die nötige Stärkung der Kurden schwadroniert. man müsse „aktiv „sein, jetzt „was tun“ usw..
Nachfrage der Journalistin: Was heißt das Konkret für Deutschland. Auch Waffen?
Ö: NEIN das ist verboten!
Ja genau darum geht es doch! Ist dieses starre Dogma angesichts drohender Völkermorde bei nichtlieferung noch tragbar. Bzw. will man die dem Konzept immanente Äquidistanz auch bei IS vs. Kurden noch beibehalten. „sind doch beide doof“ schießen und so…..
Für Özdemir und auch die amtierende Bundesregierung scheint das exportverbot keine menschengemachte Norm mehr zu sein die gegebennenfalls an die realität anzupassen ist, sondern quasi göttliches gebot dem man hilflos ausgeliefert ist.
Primitivster rechtspositivismus mit dem man sich in letzter Konsequnenz vollends handlungsunfähig macht.
Lektion des Holocaust ist wohl folgendes:
Sollen doch die anderen helfen/intervenieren, Deutschland ist die Genozidverhinderung leider verboten. sorry.
Weils ein starkes statement ist hier einfach mal als Zitat:
http://www.tagesschau.de/ausland/irak-schwenck-101.html
„Unser Fokus ist, […] den Menschen, die in höchster Not sind, jetzt möglichst konkret und zügig Hilfe zukommen zu lassen“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert.
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2014/08/2014-08-11-irak-isis.html;jsessionid=31DC45999F5D3C4D3A923F2DEB569DF9.s2t1
„möglichst konkret und zügig Hilfe zukommen“ lassen?
Wie realitätsfern muss man sein, um zu behaupten, dass Geldzahlungen möglichst konkret für Menschen die in „höchster Not“ sind?
In GB hat mittlerweile mehrfach das Sicherheitskabinett (COBRA) zur Lage im Irak getagt – mit jeweils konkrete Entscheidungen.
In Deutschland gibt es einen Krisenstab – ohne erkennbare Konsequenzen.
Dazu das übliche innenpolitische Schaulaufen (Syrien-Flüchtlinge, Syrien-Heimkehrer).
Über den Umgang mit Syrien-Heimkehrern diskutieren die Innenminister bereits seit Monaten.
Mutlos und planlos, statt atemlos.
Treffender Kommentar im Mindener Tageblatt (online verfügbar): Scheckbuch-Diplomatie.
Aber so viel klare Sicht auf die Dinge ist mit „Berliner Luft“ wohl nicht mehr möglich.
schon lustig was sich innenpolitisch tut.
jetzt fordert sogar Gysi Waffenexporte an die Peshmerga. siehe taz.de
vor allem hat er genau erkannt was ich oben zum „Verbot“ von exporten schrieb.
Ach ja und in Sachen Waffenlieferungen in Spannungsgebiete und internationale und deutsche Rechtslage.
Das hat man vor 20 Jahren wohl noch etwas anders interpretiert:
http://www.csmonitor.com/1995/0802/02061.html
Bis heute ist offiziell nicht geklärt, wie die Kroaten bspw. MiG-21 mit NVA-Kennung erhalten konnten…
Es wird immer besser: Laut SPON will Claudia Roth am Mittwoch nach Erbil reisen (http://www.spiegel.de/politik/ausland/anti-is-kampf-debatte-ueber-moegliche-deutsche-waffenlieferungen-a-985507.html).
Na dann…
@Memoria
Die deutsche Weigerung wurde z.B. heute in den frz. Nachrichten mit negativem Unterton vermerkt. Liefern tun (bzw. planen): USA / GBR / FRA / ITA.
Davon ab könnten wir z.B. CH53 zur Evakuierung stellen und auch eine San-Erstversorgung.
@Memoria:
Und ich dachte wir schicken keine Waffen in Krisengebiete… ;-)
sorry, der musste jetzt raus…
@ memoria
„Laut SPON will Claudia Roth am Mittwoch nach Erbil reisen“
erster fall von wiedereinreisesperre? ;)
beim lesen stolperte ich noch über folgendes zumindest tangentiell mit der gegenwärtigen Großwetterlage verknüpftes:
Margot Käßmann in SPON: „Wünsche mir ein Deutschland ohne Soldaten“.
Das kann man eigentlich nur noch mit Autismus erklären.
Genau Claudia Roth macht sich ein Bild von der Sache… Ich schmeiss mich weg, was glaubt sie denn was sie dort sehen wird? Da sie ja auch die Expertin schlechthin für solche Angelegenheiten ist. Das wird doch bloß wieder PR-Hascherei.
Vor allem hebt der Artikel im SPON auch darauf ab, dass man die Kurden nicht unterstützen sollte, da die Türkei diese als „Terror-Gruppe“ einstufen würde. Ich finde so langsam dass Modell einer Auflösung des Irak und endlich die Schaffung eines Kurdenstaates garnicht so schlimm wäre, siehe Kommentare weiter oben.
Alles andere was hier in der BRD passiert zu dem Thema ist wirklich nur noch peinlich, ich freu mich schon wieder vor ausländischen Kameraden sagen zu müssen, dass wir da nichts für können, dass das unsere Politik steuert. Echt erbärmlich. Warum fliegt man von der Türkei aus nicht wenigstens ein paar Luftangriffe??? Wäre doch auch eine gute Übung für unsere Piloten bei immer weniger Flugstunden, auch wenns zynisch klingt.
Völlige Ohnmacht in Deutschland. Hilflosigkeit ohne Ende in Berlin. Ein Trauerspiel.
Wir sind wahrhaft ein starker und verlässlicher Partner. Wir bringen nichts zustande, sind völlig überfordert. Immerhin vertreten wir dies konsequent auf ganzer Line.
Eigentlich kann man darüber nur noch lachen. Was haben wir in Berlin nur für Verlierer am Start.
Interview mit Gregor Gysi:
„Eigentlich bin ich strikt gegen deutsche Waffenexporte. Da aber Deutschland ein wichtiges Waffenexportland ist, könnte in diesem Ausnahmefall ein Waffenexport dorthin dann statthaft sein, wenn andere Länder dazu nicht unverzüglich in der Lage sind.“ + „Das kann zu Instabilitäten führen. Aber das müssen wir riskieren.“
Auf Taz: „Größeres Unheil verhindern“
@grimmir:
Lufttransport von der Türkei aus würde ja schon reichen.
Aber darauf kommt man gar nicht.
Sehr passende Einschätzung bei VICE:
„The German government is continuing its recent practice of watching on and hoping things will just play out okay.“
https://news.vice.com/article/europe-is-still-pondering-what-to-do-in-iraq
Außer 08/15-mäßig ein bisschen Geld zu geben, kommt aus Berlin gar nichts.
Politischer, diplomatischer, humanitärer und militärischer Totalausfall.
Das sehen wohl auch die Verbündeten so.
Deutschlandfunk vom 12.08.2014, 07:19 Uhr: „Helfen müssen die, die schnelle Hilfe leisten können,“ sagte Bartels. „Deutschland engagiere sich in näher gelegenen Regionen wie der Ukraine oder dem Balkan.“ (http://www.deutschlandfunk.de/kurden-im-irak-bartels-deutschland-muss-keine-waffen-liefern.694.de.html?dram:article_id=294313)
Nachtrag: Im SWR-Tagesgespräch vom 12.8.2014 | 7.07 Uhr MdB Rainer Arnold zum gleichen Thema (http://swrmediathek.de/player.htm?show=dada21f0-21ea-11e4-b733-0026b975f2e6)
11.08.2014 | 06:32 min | Deutschlandfunk, Interview mit MdB Hans-Peter Uhl (CSU) „Deutschland dürfe im Irak-Konflikt nicht bei seiner passiven Rolle bleiben, … Man müsse den kurdischen Kämpfern im Irak schnell Waffen liefern. Einen Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Nord-Irak schloss Uhl jedoch aus (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2014/08/11/dlf_20140811_1219_7e54e214.mp3)
@ Memoria | 11. August 2014 – 20:23
Zitat: “ Laut SPON will Claudia Roth am Mittwoch nach Erbil reisen“
Was sagen eigentlich die Sicherheitsleute, die auf die gute Claudia aufpassen sollen dazu, dass der Besuch im Kriegsgebiet in der Presse angekündigt wird und sich jeder, der möchte, auf das kidnappen oder ermorden eines propagandistischen Hochwertzieles vorbereiten kann?
Frau Roth hat sich doch per Presseankündigung ihrer Bewegungsfreiheit beraubt und kann damit vor Ort gar kein reales Lagebild mehr zur Kenntnis nehmen.
Es gibt nun mal sehr gute Gründe, warum man VIP-Besuche in Kriegsgebieten vorher geheim hält. Wenn Frau Roth mit der Schlagzeilenhascherei nur ihr Leben gefährden würde, könnte man ja noch sagen: Ihre Sache. Ich würde mich jedoch wundern, wenn sie dort ohne Begleitung/Sicherheit hinfährt.
@ Memoria | 12. August 2014 – 8:23
@ Vtg-Amtmann | 12. August 2014 – 9:09
Das Deutschlandfunk-Interview ist herrlich entlarvend. Rumeierei als Strategie …
Es ist in der Tat nur noch peinlich.
All die hochtrabenden Reden von Responsibility to Protect und Friedensmacht Deutschland in der Völkergemeinschaft entlarven sich als hohles Gerede.
Deutschland sagt immer, es würde Völkermord verhindern wollen, tut dann aber nichts. Damit ist Deutschland schlimmer als ein Land, das klar sagt, dass es sich aus Problemen in anderen Ländern raushält – denn dann wissen alle, dass ihnen niemand hilft.
Ich fürchte, unsere Nato-Partner werden sich wieder mal merken, dass deutsche Worte/Versprechen nicht zu den Taten passen, wenn es denn dann darauf ankommt. Vertrauen ist die Basis eines jeden Bündnisses und Deutschland hat gerade wieder mal jegliches Vertrauen verspielt.
Und dieses sicherheitspolitisch jämmerliche Deutschland wollte doch mal tatsächlich ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat werden …
@ VtdgAmtmann
Ob wir Deutschen uns in der Ukraine erfolgreich engagieren (können), bleibt abzuwarten. Da würde ich Herrn Bartels also nur zögerlich zustimmen.
Aber in einem Punkt hat er indirekt Recht: Im Irak liegt im Augenblick die allererste Prio auf der Verhinderung eines Völkermordes. Da kommt es auf rasche Wirkung an, und nicht so sehr darauf , wer was macht. Die USA spielen die Vorreiterrolle, und sie können das. Falls mich jemand überzeugen kann, dass darüber hinaus nur (!) durch deutsche Waffenlieferungen Schlimmeres zu verhüten ist, bin ich auf der Seite der Befürworter.
Nie darf man aber die mittel- und längerfristigen Wirkungen einer weiteren Aufrüstung in der Region aus dem Auge verlieren. Ehrlich gesagt, traue ich dort niemandem so richtig über den Weg. Alle verfolgen eine extrem egoistische Agenda, die oft nur wenig mit friedllichem Ausgleich zu tun hat.
@ grimnir | 11. August 2014 – 23:29
Zitat: „Genau Claudia Roth macht sich ein Bild von der Sache… Ich schmeiss mich weg, was glaubt sie denn was sie dort sehen wird? Da sie ja auch die Expertin schlechthin für solche Angelegenheiten ist.“
Sie werden doch nicht etwa die Expertise von Frau Roth in Frage stellen ;-). Hier mal ein Beweisvideo für ihre einmalige interkulturelle Kompetenz:
https://www.youtube.com/watch?v=dFhhOPA0qHY
@ wacaffe
Ja genau darum geht es doch! Ist dieses starre Dogma angesichts drohender Völkermorde bei nichtlieferung noch tragbar. Bzw. will man die dem Konzept immanente Äquidistanz auch bei IS vs. Kurden noch beibehalten. “sind doch beide doof” schießen und so…..
Mal zum nachdenken: Ist es nicht gerade angesichts drohender Völkermorde tragbar?
– Zum einen sollte ein drohender Völkermord gravierend genug sein, dass die Staatengemeinschaft ihre Hausaufgaben macht, R2P durchsetzt und Soldaten schickt. Das wäre rechtlich auch in Deutschland unkritisch. Wer dazu nicht bereit ist, soll sich bitte nicht auf’s hohe Ross setzen.
– In vielen Fällen ist es eine arg dumme Idee, Völkermorde in Bürgerkriegen durch Bewaffnen der Gegenseite „lösen“ zu wollen. Das kann manchmal halbwegs funktionieren (Bosnien), und auch bei den Kurden könnte die Gegenreaktion überschaubar bleiben. Ein Patentrezept ist es sicher nicht, und der Normalfall sollte es auch nicht werden.
Letztlich wird hier gerade wieder der kurzfristige Billigkrieg propagiert, der sich mehr um die Medien zuhause als die Menschen im Land schert. Mehr steht schon gar nicht mehr zur Debatte. So Details wie Verantwortlichkeit oder Nachhaltigkeit interessieren auch nicht. Waffenlieferungen oder nicht, es bleibt bei 90%-100% Zuschauen und Hoffen. Hat ja schon in Libyen so gut funktioniert…
Noch was zum Nachlesen beim DLF. Hier wird der Gutmensch von allen Seiten betrachtet und mit etwas Glück hilft das bei der Einordnung der teils recht problematischen. Grundeinstellung deutscher Politiker:
http://www.deutschlandradiokultur.de/gutmenschen-eben-mal-die-welt-retten.976.de.html?dram:article_id=294305
Ind diesem Lichte besehen sind wir immer noch beim Aufwachen und Ankommen in der Realität. Leider vollzieht sich dieser Prozeß nicht linear und gleichmäßig breit, sondern die einen sind etwas weiter und andere hängen zurück.
Wie etwa Frau Käßmann. Zu ihr kann man nur sagen, daß sie den Weg vom alttestamentarischen Auge um Auge und Zahn um Zahn zum „Wenn Dir einer auf die rechte Wange schlägt…“ vollzogen hat, dabei jedoch verkennt, daß das Sich-nicht-zur-Wehr-setzen gelegentlich letale Folgen hat. Vor allem dann, wenn der Gegenseite jede Beißhemmung abhanden gekommen ist.
Bartels:
“Deutschland engagiere sich in näher gelegenen Regionen wie der Ukraine oder dem Balkan.“
soso… wegen deutschlands überwältigendem ukraine umd Balkan Engagement (bitte kurz quantifizieren) soll die viertgrößte volkswirtschaft der Erde außerstande sein zwei Transall abzustellen, vier Tornados einzusetzen bzw. Waffen mit einstelligem millionenwert zu liefern?
Das ist wohl schon fast die Karikatur der typischen deutschen Reaktion auf herausforderungen die innenpolitisch schlicht nicht mehr vorgesehen sind.
Ignorieren,negieren,projezieren.
Selbstkastration durch funktionärsherrschaft
Für dieses Würdelose gehampel fehlen langsam die Superlative.
Nun, die Luftschläge der USA werden nur begrenzte Wirksamkeit haben, zumal die USA nicht in syrischen Luftraum fliegen werden, und die USA hat zZt nur die Kapazitäten eines Flugzeugträgers zVfg. Man wird den IS-Vormarsch punktuell verzögern können, mehr nicht.
Die Waffenlieferungen der USA an die Kurden kommen aus den emergency storages in Jordanien und Israel. IS hat sich angeblich mit den Djihadisten auf dem Sinai verbündet und angeblich hat es schon Raketenangriffe a la Hamas auf Depots der USA in der Negev-Wüste gegeben.
http://www.debka.com/article/24182/US-arms-rushed-to-Iraqi-Kurds-from-Jordan-Israel-Al-Qaeda-Sinai-targets-US-Negev-military-facilities-
Die Hilfsgüterabwürfe aus der Luft sind auch zweifelhaft, da sie aus großer Höhe erfolgen in ein sehr zerklüftetes Gelände, da kommt nicht viel heil unten an.Die Briten haben wohl schon Abwürfe abgebrochen. Wie in fast allen solchen Fällen: man bräuchte Hubschrauber, Hubschrauber und noch mehr Hubschrauber. Ansonsten braucht man natürlich boots-on-the-ground, und wenn man keine eigenen Stiefel schicken kann/will, dann müssen eben lokale Stiefel befähigt werden, also die Peschmerga. Die irakische Armee kann man aufgrund der Machtkämpfe in Bagdad wohl vergessen.
@wacaff(e): Würdelos beschreibt es in der Tat am besten. Die 4 Wochen Fußball sind rum und aufgezehrt und Fremdschämen ist vielleicht bald das nächste deutsche Wort, das nach Angst, Waldsterben und Kindergarten eine gewisse Verbreitung in anderen Sprachen finden wird. Hat jemand vielleicht ein positiv besetztes Beispielswort als Trost für mich und andere, die da mühselig und beladen sind?
Nun ja, Frau Roth – in ihrer Funktion als StvBTPräs – wird den Kurden sicher den nachhaltigen operativen Vorteil von Lichterketten vermitteln. Bestimmt hat sie als humanitäres Geschenk 10.000 Teelichter dabei ;-)
Frau Käsmann und Frau Roth fahren nach Erbil, treten zum Islam über, überzeugen die IS die Welt zu lieben und gründen dann gemeinsam eine Multikulti Gesellschaft ohne Waffen. Die Politik wird es Ihnen glauben.
@ iltis | 12. August 2014 – 11:26
Dazu faellt mir nur ‚Remy Martin‘ ein.
@ Klabautermann
Ich sehe das nicht ganz so pessimistisch. Allerdings haben wir (hier im Blog) alle wohl kaum ein Lagebild, das aussagekräftig und zugleich vertrauenswürdig genug wäre. Die punktuellen Quellen sind doch alle mehr oder weniger mit Vorsicht zu genießen. Dennoch wage ich die (unbewiesene) Behauptung: Die augenblickliche Lage für die Kurden ist kritisch, aber dank der US-Hilfe beherrschbar.
Das große Bild aber könnte man bewusst überspitzt und holzschnittartig wie folgt beschreiben: Sowohl die Kurden als auch die IS-Terroristen verfolgen zum Teil identische Interessen. Beide wollen eine Aufteilung Iraks. Beide haben mit den Schiiten einen gemeinsamen Gegner. Hauptziel des IS ist dabei Bagdad, während die Kurden nun die historische Chance für eigenes unabhängiges (Irakisch-)Kurdistan sehen. Beide können ihre Ziele nur gewaltsam einlösen, und brauchen dazu eine entsprechende militärische Machtprojektion.
Noch vor 2 Wochen galten die Kurden als Hauptprofiteur des IS-Vormarsches. Das hört sich jetzt vielleicht etwas anders an, könnte aber in nicht allzu langer Ferne wieder darauf hinauslaufen. Zugegeben aber: Ein noch offenes Konfliktfeld zwischen beiden Seiten wird die rohstoffreiche Region um Kirkuk bleiben. Allen Seiten geht es – Überraschung! – schließlich nicht zuletzt um Geld. Ich bezweifle, dass nur Ideologien der Haupttreiber sind.
Nun zu uns: Wenn wir aus sicherlich nicht völlig unangreifbaren Gründen sagen, wir befürworten grundsätzlich einen Fortbestand der Einheit Iraks und wollen gewaltsame Separationsbestrebungen egal welcher Seite nicht unterstützen, dann müssen wir in unserer Politik konsequent bleiben. Jeder unserer Versuche, dieses Pulverfass Mittlerer Osten mit Irak, Syrien, Iran, Saudi-Arabien, Israel, Türkei etc ordnen zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt. Das sollten wir uns eingestehen.
vdL:
laut Medien (n24) Deutschland bereit, „nicht letale“ (nicht tödliche) Ausrüstungsgegenstände … zu liefern und sich mit Bundeswehrflugzeugen an Transport-und Rettungsaktionen zu beteiligen
@Sun Tzu: Danke für das Video, es reiht sich in eine Reihe von Eindrücken zu dieser Dame der deutschen Politik ein, welche mich veranlassen sie nicht ernst nehmen zu können. Wenn die Türkei doch ebenfalls ihre Heimat ist, warum betreibt sich nicht ständig vor Ort ihre ach so menschenliebende Politik. Jedenfalls sehe ich keinerlei Sinn darin, dass sie nach Erbil fliegt, ihr Leben und vor allem dass ihrer Personenschützer grundlos riskiert, nur um wieder einen tollen und betroffenen Auftritt im Fernsehen abzuliefern. Purer Aktionismus. Mehr Expertise in als in billiger, ekelerregender Selbstdarstellung kann ich ihr jedenfalls nicht zugestehen, aber wer bin ich denn schon über unsere Führungskaste zu urteilen…
Könnte man nicht einfach Waffen bzw. Munition in kleinen Raten liefern, so dass nach Ende des Konflikts, die Peshmerga nicht auf die Idee kommen ihr Territorium auch über noch bestehende Landesgrenzen hinweg zu vergrößern? Klingt nach Wunschdenken, aber in irgendeiner Form muss das doch möglich sein?!
Andere Frage: Sind unsere militärischen Kapazitäten wirklich dermaßen beschränkt??
Ich versteh es einfach nicht. Ich habe oft das Gefühl, dass wir als Soldaten und die Bundeswehr als Armee eines der mächtigsten Staaten der Welt von unseren Politikern sukzessive am langen Arm zum Dahinsiechen verurteilt sind.
Zum Import des Problems und den Spannungen die der Islam in Deutschland verursacht, ein Artikel auf Welt (dot) de zum Thema: Christen spüren auch in Deutschland den Hass. Interessant. Auch wenn das hier vorwiegend ein Blog für Außen- und Sicherheitspolitik ist. Ich finde dem Thema wird im Rahmen der Sicherheitspolitik viel zu wenig Achtung geschenkt. Nennen sie mich paranoid, aber dieses enorme Eskalationspotential bereitet mir zunehmend Sorgen. Und der Gutmensch und seine PR verbieten einem ja schon fast darüber zu diskutieren, denn „der Islam gehört zu Deutschland“…
[Ihre Sorgen in allen Ehren, aber ich würde mich freuen, wenn Pauschalanwürfe gegen „Gutmenschen“ und den Islam möglichst unterbleiben. Solchen Formulierungen geben Plattformen wie die angebliche Achse des Guten ausreichend Raum. Der OvWa.]
So langsam wacht man in Berlin auf:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gabriel-schliesst-waffenlieferungen-gegen-islamischen-staat-nicht-aus-a-985673.html
Aber bis wir wissen was wir wollen und können ist halt noch ne Woche rum. Bei Leuten die verdursten.
@ grimnir
Ad 1: genau das schrieb ich ja obig schon. Die gefahr einer späteren Proliferation militärischer Hilfsgüter lässt sich über ihre Dosis bzw. Natur steuern. Die von gabriel et.al geäußerten pauschalbedenken sind letztlich nur vorgeschoben um die Eigene Passivität zu rechtfertigen.
Ad2: das Phänomen die eigenen Fähigkeiten kleinzureden um etwaigen anfragen nach Engagement aus in-wie Ausland zu entgehen ist hier doch gängige Praxis.
Zu suggerieren der europäische Wirtschaftshegemon könne nicht mal zwei Transall abstellen sagt mehr über den Geisteszustand des Äußernden als über tatsächliche Fähigkeiten aus.
Ist aber irgendwie konsequent, selbstverzwergung ist schließlich raison d’etat
@KeLaBe
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/gabriel-schliesst-waffenlieferungen-gegen-islamischen-staat-nicht-aus-a-985673.html
Gabriel und UvdL schwenken langsam auf den neuen Kurs von Obama ein.
Die Türkei und Israel scheinen gegen einen kurdischen Staat übrigens keine Einwände zu haben, wie man auf SZ lesen kann. Dem Iran passt das natürlich gar nicht, denn dieses Kurdistan wäre natürlich sehr west-orientiert;der Iran hat aber immer mehr Probleme Bagdad unter Kontrolle zu halten, die irakischen Schiiten sind ja offenbar in der Miniterpräsidentenfrage mittlerweile auch gespalten. Die Kurden bereiten übrigens – wie die Schotten – die Separationsfrage gem. der irakischen Verfassung vor, das ist also ein legaler demokratischer Prozess.
Bis Bagdad sich politisch gefangen hat und die irakische Armee stabilisiert ist – in Washington schätzt man mindestens 2 Jahre Zeitbedarf – kann IS aber u.U. das sogenannte Kalifat in der Fläche organisiert und konsolidiert haben. Da ist mir ein unabhängiges Kurdistan aber lieber als ein stabiles Kalifat.
Gerade gefunden:
http://www.swp-berlin.org/de/publikationen/kurz-gesagt/interview-europa-sollte-usa-bei-luftangriffen-gegen-is-und-aufruestung-der-kurden-helfen.html
Hört sich ziemlich schlüssig an, was der Guido da so ausführt.
@ klabautermann: Danke für den Artikel. Schließe mich dem an: hört sich schlüssig an.
Die Rolle der Türkei finde ich sehr interessant. Irgendwie hab ich nicht das Gefühl, dass die besonders im Sinne des westlichen Bündnisses NATO arbeiten, sondern primär ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Aber wer kann es einem souveränen Staat verdenken. Doch dieses Verhalten sollte auf einen möglichen EU Beitritt erheblichen Einfluss haben, imho.
@wacaffe: ja wir könnten mit Sicherheit zwei Tralls schicken, aber irgendwie hab ich doch das Gefühl, dass das Kleinreden, was die Bundeswehr in Teilen betrifft so langsam auch sich in der Realität wiederspiegelt, siehe Pooling-Sharing im Heer. Die Luftwaffe klagt schon länger über alles mögliche, wie zu wenig Flugstunden etc.
Außerdem: Würden zwei Tralls denn genügen? Das wäre doch nicht mehr als symbolisches Engagement wie üblich. So langsam sollte sich Deutschland wirklich mal eindeutiger positionieren, nach dem Motto: Ganz oder Garnicht.
Mehr Verantwortung übernehmen – aber bitte ohne Risiko und schon gar nicht koordiniert:
„Die Pressekonferenz von der Leyens kam einigermaßen unerwartet, in ihrem Haus ist kaum jemand in die Pläne eingeweiht. Von der Leyen hatte das Vorgehen offenbar nur mit sehr wenigen Vertrauten abgestimmt. Bei ihrem Pressetermin betonte sie, die Planungen liefen „unter Hochdruck“ seit dem frühen Morgen.
Offenbar plant von der Leyen auch eine Art Luftbrücke durch die Luftwaffe, die in Richtung Irak gehen soll. Dazu werde gerade geprüft, welche Flugzeuge wo landen dürften. Direktflüge selbst von durch Raketenabwehr geschützten Flugzeugen werden innerhalb der Bundeswehr ausgeschlossen. Vermutlich würden die Luftwaffenflieger das Material für die Iraker in ein Nachbarland bringen.“
http://www.spiegel.de/politik/ausland/irak-konflikt-von-der-leyen-will-kurden-fuer-kampf-gegen-is-aufruesten-a-985727.html
Unglaublich.
UvdL spitzt die Lippen. Mal sehen, ob sie auch pfeift…
http://www.spiegel.de/politik/ausland/irak-konflikt-von-der-leyen-will-kurden-fuer-kampf-gegen-is-aufruesten-a-985727.html
Laut SPON Artikel überlegt UvdL auch eine Lieferung gepanzerter Fahrzeuge aus Bw-Beständen… Da graust es mir, die schaffen es doch nichtmal der eigenen Armee für Übungen etc. einen vernünftigen Fuhrpark hinzustellen, jetzt soll das wenige an Material was wir haben noch verschenkt werden? Sorry aber das kann doch nicht die Lösung sein.
Bleibt abzuwarten was da konkret herauskommt. Aber irgendwie beschleicht mich die Annahme, dass es nichts substantielles sein wird. Und der Hinweis eines Kommentators auf das Konfliktpotential durch erheblich aufgerüstete kurdische Einheiten im Osten der Türkei ist auch nicht allzuweit hergeholt. Fragen über Fragen…