Einsatz in Afrika: Warum die Niederlande in Mali sind
Militärisch gesehen, ist kaum ein anderes Land so eng mit Deutschland verbunden wie die Niederlande. Die haben einen wichtigen Teil ihrer Landstreitkräfte praktisch ins Deutsche Heer integriert (schon länger mit dem Deutsch-Niederländischen Korps und seit kurzem mit der Unterstellung der 11 Luchtmobiele Brigade in die Division Schnelle Kräfte), die suchten und suchten beim Einsatz in Afghanistan die Kooperation mit der Bundeswehr, und die Marinen beider Länder arbeiten ohnehin schon lange zusammen. Deshalb sollte man sich auch mal anschauen, was das kleine westliche Nachbarland in Mali, weit weg in Afrika, so macht – und vor allem warum.
Denn die niederländischen Soldaten stellen in dem afrikanischen Land nicht Trainer für eine EU-Mission (wie die Bundeswehr) im weitgehend friedlichen Süden oder (inzwischen beendeten) Lufttransport wie die Luftwaffe. Mit 450 Soldaten sind die Niederlande in Mali präsent, und zwar dort, wo es hart zugeht: Spezialkräfte und Apache-Kampfhubschrauber (Foto oben) haben sie in den nach wie vor umkämpften Norden des Landes verlegt, zur direkten Unterstützung der UN-Mission MINUSMA.
Da ist es dann interessant, wenn der niederländische Außenminister Frans Timmermans bei einem Besuch in Mali der Nachrichtenagentur Reuters erklärt, warum sein Land dort ausgerechnet in dieser Art präsent ist:
Dutch troops have joined a U.N. peacekeeping mission in Mali to meet a growing security threat from the region to the Netherlands, and Europe as a whole that „softer“ approaches can no longer contain, the Dutch foreign minister said. (…)
Although Dutch forces do not have an offensive mandate, the deployment marks a shift towards security issues in Africa for the Netherlands and their task – gathering intelligence – is new to U.N. peacekeeping missions that have traditionally avoided the art of spying. (…)
„Being active in Mali in the security field is also serving your own security interests very directly,“ he added.
Der ganze Bericht hier.
Interessant ist, dass die Niederlande ebenso wie Deutschland eine Notwendigkeit zum Engagement in Afrika sehen. Im Unterschied zum großen Nachbarn ziehen sie allerdings etwas andere Schlüsse daraus – mit einer Art des Einsatzes, die in der deutschen Politik nicht denkbar scheint. (Weil Deutschland ja, wie Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen immer wiederholt, das macht, was es am besten kann und am meisten nachgefragt wird. Der Einsatz von Spezialkräften zur Gewinnung von Schlüsselinformationen scheint nicht dazu zu gehören.)
(Foto: Niederländischer Apache-Kampfhubschrauber in Gao im Norden Malis – defensie.nl)
@ J.R.
es geht ja auch nicht um blinde anwendung einer „Doktrin“, sei sie nun eher robust oder nachgiebig, sondern um eine intelligente situatiuonsangepasste und vor allem flexible herangehensweise an den jeweiligen konflikt. ergo ein mix aus elementen verschiedener theorien
„open mind“ ist für mich fast wichtiger als alle abstrakten militärthoretischen Traktate.
Genau selbiges fehlt aber im lande der „dichter und denker“ mittlerweile.
@Hans
Wenn sie nur auf die Bombenanzahl hinaus wollen, kam maßgeblich dadurch zu stande, dass der Krieg auch deutlich länger als der zweite Weltkrieg gedauert hat, Luftunterstützung deutlich mehr verfügbar war, mehr genutzt wurde und mehr Bomebnelast tragen konnte und Op Rolling Thunder so derart zivilisierte Einsatzparameter hatte, dass es als strategische Luftkampange nahezu nutzlos war. Der einsatz von Entlaubungsmitteln wiederum war auch kein Teil der Strategie sondern ein taktisches, maximal operationelles Einsatzmittel. Wobei ich dabei auch nichts barbarisches finde, zumal die Nebenwirkungen nicht intendiert waren.
Der zunehmende Verlust der Kontrolle über die Wehrpflichtigen im Laufe des Krieges, der zu Überreaktionen und Disziplinlosigkeit führte – daraus wurde dann teilweise Barbarei – die war aber nicht geplant.
@es-will-merr-net-in-mei-Kopp-enei
Was die Ausrüstung anbelangt ist das eigentlich egal, ob es sich dabei um Mali, die Bw oder Hank Scorpios Globex Corporation aus der einen Simpsons-Folge handelt. Wie ich schon mal sagte: die tollste Ausrüstung wird nichts helfen, wenn es schon an allem anderen mangelt.
Im Pudding stecken immer die Politiker. Wiederum egal ob das im reichen Westen oder armen Konfliktland ist. Sie machen die Politik, die das grobe Handeln der eigenen Streitkräfte mit einschließt, dabei aber nicht selten von einer völlig hirnrissigen Vorstellung einer realitätsfremden Zukunft in ihren Entscheidungen geleitet und nach Jahren kontinuirlicher Fehlentscheidungen unsanft mit dem Hier und Jetzt konfrontiert werden.
@Cynic
Ungeschickt ist nicht, die eigenen SOF-Kräfte ohne Hubschrauberunterstützung mit direct action im Feindesland zu beauftragen, sondern ernsthaft zu glauben, dass es mit direct action in derartigen Konflikten getan sei. Das grenzt ja schon an Fahrlässigkeit. Solche Einsätze sind ein Tropfen auf dem heißen Stein, selbst wenn genügend SOF-Helis zur Verfügung stehen um damit die Sonne zu verdunkeln.
„Feind befiehl, wir folgen!“
@Cynic2
Sie haben Recht, korrigiere mich: Arreguin-Toft meinte Operation Phoenix, nicht Rolling Thunder
@-MK20-
Oh doch, das ist ungeschickt und das ist ein Fehler. Die Tatsache, dass an anderer Stelle noch schwerwiegendere Fehler gemacht wurden, lässte diesen nicht ungeschehen oder weniger gravierend werden. Wie sie selbst schreiben, schließt die Politik das Handeln der SK mit ein und daher müssen die einzelnen Handlungen auf einander abgestimmt sein. Bereits scheinbar nichtige Details können da plötzlich ungeahnte Störkraft entwickeln.
@Hans
Okay, das verstehe ich. Das Phung Hoang /Phoenix Programm tauchte als Maßnahme zur Bekämpfung der NLF-Infrastruktur in derTat in der Strategie auf und wurde auch strategisch flächendeckend und ebenenübergreifend eingesetzt.
Schaut man sich aber die Bestandteile des Programms an, stellt man fest, dass es sich um Intelligence Coordination and Exploitation handelte. Also das enge Zusammenspiel von Koordination von Sicherheitsorganen, zentraler Auswertung von Hinweisen, Festnahme von Verdächtigen, Verhören der Verdächtigen und unmittelbare Verwertung neuer Erkenntnisse für Operationen. Abgesehen davon, dass wir heute keine Karteikarten mehr benutzen, ist das programmatisch das gleiche, was unsere Sicherheitsorgane heute auch rechtsstaatlich tun. Das Programm und damit die Strategie waren also nicht barbarisch – teilweise aber die Umsetzung.
Die Festnahme von Verdächtigen wurde häufig durch die paramilitärischen PRU der jeweiligen Distrikte unter vietnamesischem Kommando durchgeführt und resultierten sehr häufig nicht in einer Festnahme, sondern dem Tod des Verdächtigen – warum auch immer. Weiterhin wurden die Verhöre auch meist durch vietnamesisches Personal durchgeführt, die nicht rechtsstaatlich auftraten. Viele US-Berater tolerierten brutales Vorgehen durchaus – aber das Programm traf explizit Vorkehrungen dagegen und diese wurden ebenfalls durch einige Berater umgesetzt. Schließlich scheint PhungHoang die NLF deutlich härter und zielgerichteter getroffen zu haben, als andere Maßnahmen und scheint weniger Kolateralschäden verursacht zu haben. (Vgl. Douglas Valentine: The Phoenix Program)
Die Baraberei in der Strategie sehe ich daher weiterhin nicht.
@J.R., Hans, Cynic2,
danke, da muß ich mich mal reinlesen. Leider wird das heute Abend nichts mehr.
Eine Anmerkung noch, ohne jetzt weiter recherchiert zu haben:
Ich glaube es gibt einen Unterschied zwischen den von mir genannten Konflikten und den von Ihnen genannten Konflikten:
In den Konflikten die Sie genannt haben, hat eine ‚inländische‘ Armee gewonnen, die aus einem funktionierenden Staatswesen heraus agierte (Philipinen, Indonesien.) Angola war etwas anderes, das waren doch zwei oder drei Befreiungsorganisationen, die sich um das Erbe Portugals gestritten haben.
In meiner LIste haben immer ‚ausländische‘ Armeen verloren.
(Angola ist da übrigens auch ein gutes Stichwort: Da waren doch auch Cubanische Armeeeinheiten aktiv, soweit ich weiß. Die haben auch verloren.)
Soweit ersteinmal
Gute Nacht allerseits
Klaus
@Klaus
Im Griechischen Bürgerkrieg wurden massiv US-Berater eingesetzt, wie auch auf den Phillippinen. Malaya wurde durch britische Truppen bei einer nicht britischn Bevölkerung gewonnen, wie auch die Kampagne im Oman gegen die Dhofar Rebellen.
Richtig ist natürlich, dass die Anwesenheit ausländischer Truppen den Rebellen schnell die Möglichkeit gibt, sich als Verteidiger der Heimat und nationale Front gegen die ausländischen Invasoren zu positionieren und weitere ganz reale Probleme kreiert, was deutliche Nachteile bedeuten kann.