Mehr Friseure als Soldaten
Die britischen Streitkräfte schrumpfen schneller (und auch stärker) als die Bundeswehr – und die Kollegen vom britischen Telegraph haben die Zahlen mal allgemeinverständlich übersetzt. Im Vereinigten Königreich gibt es nach ihren Recherchen mehr Friseure als Soldaten, und mehr Briten ziehen als Kämpfer in den Jihad als sich als freiwillige Reservisten melden:
The combined strength of Britain’s hairdressers is now more than that of Her Majesty’s Armed Forces. There are currently 185,000 coiffeurs to 159,630 regular forces personnel, and more troops yet are due for the chop. (…)
But even so, between April 2013 to April 2014, the number of trained reservists increased by just 170 people.
That means, by a rough estimate, more British people have travelled out to join ISIS in Iraq and Syria than helped bulk up our own reservist force last year. That’s an estimated 400 to 500 jihadists, by the way.
heißt es in der interessanten Lesegeschichte Why Britain’s armed forces are shrinking by the day and does it really matter?
Nun ist der Vergleich Soldaten mit Friseuren vielleicht ein wenig, pardon, an den Haaren herbeigezogen. Aber auch in Deutschland sind die Beschäftigten im Friseurhandwerk mit – nach Branchenangaben – 190.923 schon stärker als die Bundeswehr (ohne Zivilbeschäftigte). Nicht dass das wirklich etwas aussagen würde, oder?
(Foto März 2014: Soldiers of the First Battalion the Duke of Lancaster’s Regiment from 4th Mechanized Brigade training with the 2nd Regiment the French Foreign Legion in Exercise Border Storm took place on Otterburn Ranges in Northumberland – Sgt Brian Gamble/Crown Copyright 2014 unter MoD News License)
Der Vergleich von Jihadisten und Reservisten ist aber schon interessant…
na, die isis aspiranten sind ja auch reservisten.
allerdings erst nach rückkehr.
das wird noch sehr lustig was sich europa durch seine zeitgeistdogmen eingebrockt hat.
Satire ON
wenne es keine Vorschlaghämmer in den Stores mehr gibt und die Mauerdurchbrüche in den Hinterhöfen werden zahlreicher (auch in Mayfair)
dann sollte man sich als braver Bürger Gedanken machen…
Satire OFF
Das Problem ist, dass sowohl die britischen Jihadisten als auch die britischen Friseure „einsatzbereit“ sind. Bei den Streitkräften sind mal eben 22000 Mann „too fat to fight“.
Oha die 170 höre ich zum ersten mal. Das ist ja mal gar nicht gut, denn die UK versucht ja das schrumpfen der permanenten Soldaten auf 82.000 durch ich glaube 12.000 Reservisten auszugleichen (bis 2018 wenn die Reform und damit die Schrumpfkur abgeschlossen ist).
Da reichen 170 neue Reservisten innerhalb eines Jahres mal gar nicht aus für deren Planungen.
In GBR gibt es noch die Territorial Army – ist die mit „Reservisten“ gemeint? Übrigens schrumpft die TA auch.
Wie ich einem Aushang am „Schwarzen Brett“ entnehme besteht zur Zeit das deutsche Heer aus 55200 Soldaten, 1740 Zivilangestellten und 990 Reservisten….
Wenn man so die Briten hört, haben die Budget-technisch etwa dieselben Probleme wie wir, und inkompetenz gibt es bei denen auch, zumindest seit die Beschaffung privatisiert wurde, aber auch vorher schon (Chinook HC.3, Nimrod, etc) aber was halt total unterschiedlich ist, ist die Mentalität.
Bei den Briten hab ich oft so das Gefühl daß da halt so ein „well, we took the King’s shilling so there’s no use in whinging“ Gefühl vorherrscht ;)
@Thomas Melber: Jup die TA sind die Reservisten die in den nächsten Jahren verstärkt den Bedarf in der regulären Truppe mit abdecken soll.
Scheint halt bloß nicht zu funktionieren. Man hat ja gehört, dass der recruitment drive nicht so wirklich losgelegt hat, aber das der Aufwuchs so gering ist…und dabei machen sie ziemlich viel Werbung (Ich glaube in dem verlinktem Telegraph Artikel ist ein spot embedded) und dabei sind die spots ziemlich gut.
Ja Beschaffung ist so eine Geschichte im UK. Es wird lang nicht so hoch gehängt wie hier – wahrscheinlich weil „Verschwendung“ bei den Streitkräften eher toleriert wird. Aber ein paar Böcke haben die sich schon auch geleistet. Allen voran die Flugzeugträger und das hin und her. Der erste wird erst 2017 fertig (bis dahin hat man ja die Kooperation mit Frankreich unterzeichnet die auch die gemeinsame Nutzung der franz. Flugzeugträger einbezieht – weiß aber die details der Rahmenbedingungen nicht), allerdings haben sie keine Jets für ihn bis 2020.
Das wurde seinerseits schon kontrovers diskutiert aber das wars dann auch schon nach ein paar Tagen. Bin mir nie sicher ob das gut oder schlecht ist dass da im UK nicht gar so viel Wind darum gemacht wird.
@wacaffe | 25. Juni 2014 – 17:54
„Wenn Angst kultiviert wird, wird sie stärker, wenn Glaube kultiviert wird, wird er die Herrschaft erreichen.“ (John Paul Jones)
Wieviel „echte“ Reservisten hat die Bundeswehr? Solche, die wirklich regelmäßig Vakanzen ausfüllen und auch einigermaßen up-to-date sind? – ein paar Tausend, der Rest sind Karteileichen…!
Naja, in der britischen Armee zu Dienen bedeutet ja auch in wirklich heiße Konflikte zu geraten, eine längere Stationierung außerhalb UK in kauf zu nehmen und Übungen weit weg zu leisten.
Wundern tut es mich von daher nicht zwingend.
Dennoch machen die aktiven Soldaten durchweg eine gute militärische Figur. Aber die dürfen auch noch angeschrien werden ;)
@tt. kreischwurst
Diese Ambivalenz lässt sich gut am Verhältnis UK MoD und BAE Systems. Hassliebe und gleichermaßen eine Exklusivität ohne wirklich eine Wahl haben zu können. Wenn die Flugzeugträger fertig sind, geht es dem militärischen Schiffbau in UK nochmal ordentlich an den Kragen…
@Cosmo
Es ist ein Wechselspiel zwischen beiden. Dem Reservist und dem „Heimatverband“. Beide müssen sich kümmern und wollen. Mitunter nicht immer einfach. Meine große Beorderungsstelle, der ich mal zugeordnet wurde kümmert sich null. Wäre mit Arbeit verbunden. Also muss ich direkt ans Geschwader, wo ich mit offenen Armen empfangen werde und immer willkommen bin. „ruf an wenn du passende Zeitfenster hast. Dann kümmern wir uns um den Rest.“
@NMWC: Naja ich meinte eher dass man hierzulande wo solche Geschichten noch ewig nachhängen damit dann Probleme bekommt dahingehend, dass niemand mehr verantwortlich sein will. Das hat sich schon bei den letzten Rüstungsskandalen gezeigt wo sobald die Akten auf dem Tisch lagen man sehen konnte dass man immer versucht hat den schwarzen Peter weiterzuschieben.
Auf der anderen Seite hat man natürlich das Problem dass wenn solche Sachen nach einer Woche Schlagzeilen sofort wieder unter den Tisch fallen man natürlich nicht unbedingt einen Anreiz hat es beim nächsten mal anders/besser zu machen.
Sollte ja auch nur eine zusätzliche Ergänzung sein. Keine Kritik.
„Wenn man so die Briten hört, haben die Budget-technisch etwa dieselben Probleme wie wir, und inkompetenz gibt es bei denen auch, zumindest seit die Beschaffung privatisiert wurde“
Mag sein, dennoch liegen zwischen BW und den Briten Welten. Nicht nur bei der Ausrüstung.
Bei der Nimrod hatte man dann wenigstens den Mut das Elend zu beenden. Spät aber immerhin.
„Allen voran die Flugzeugträger und das hin und her. “
Es macht wenig Sinn einen Flugzeugträger zu beschaffen, wenn das zugehörige Kampfflugzeug noch nicht vorhanden ist. Sicherlich wäre aber die Konfiguration mit Katapult und F35C statt der STOVL-Auslegung für die F35B wesentlich leistungsfähiger und sinnvoller gewesen. Die Deutschen mit ihrer Marine und so sagenhaften Projekten wie F125, MKS180, MH90, JSS und dem sog. Fähigkeitsträger sollten lieber ruhig sein. ;)
Tja, scheint so als ob „Her Majesty’s Government“ und Muttis Knallkorkenverein wirklich gut Freund in zumindest einem Punkt sind: Was das Militär angeht sind beide Champions League in Sich-in-die-eigene-Tasche-Lügen und Realitätsverweigerung. ;)
@csThor
„Tja, scheint so als ob “Her Majesty’s Government” und Muttis Knallkorkenverein wirklich gut Freund in zumindest einem Punkt sind: Was das Militär angeht sind beide Champions League in Sich-in-die-eigene-Tasche-Lügen und Realitätsverweigerung. ;)“
Ich kann Ihre Einschätzung weder teilen noch bestätigen. Schon einmal gemeinsam mit den britischen Streitkräften im Einsatz gedient? Es mag richtig sein, dass die britische Armee in Sachen Ausrüstung durchaus eklatante Defizite aufweist (genau wie die französische). Ihr Einsatzwert und die Moral der Soldaten ist jedoch, bei gleichzeitigem Understatement, herausragend!
@Oberleutnant
Das liegt sicher nicht an der bei den britischen Kameraden gepflegten Tradition (Regimentszimmer, u.a.) ^^
@ Oberleutnant
Ich meinte ja auch nicht „die Truppe“, sondern die beiden Regierungen.
Beide Regierungen tun so, als gäbe es in Punkto Streitkräfte keine Probleme. Beide tun so, als wäre die Finanzierung völlig ausreichend. Beide verneinen vehement Probleme bei anstehenden/laufenden Großbeschaffungen. Beide werfen mit bombastischen Begrifflichkeiten um sich und liefern sicherheitspolitisch nur Wassersuppe (bei den Briten: letzter SDR vs Budgetzuteilung & Streitkräftestruktur, bei uns eigentlich alles).
Lesen Sie mal wie ein Julian Lindley-French über Cameron und Co herzieht. Das ist hochinteressant.
OK. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.
Aber es ist zutreffend, dass das Deutsche Heer heutzutage ohne Probleme im Berliner Olympiastadion versammelt werde könnte.
Und es ist zutreffend, wenn mir amerikanische Kamerad(inn)en sagen: There’s no credibility without capability.
@Minenjäger
+1 mit ***
Das ist der prägnanteste Kommentar, den ich seit langem hier gelesen habe
Was wird wohl eine Reservist bezahlt bekommen und wieviel zahlt ISIS. Ausserdem sind da ja noch die 72 Jungfráuen die warten, da kann die Armee nicht mithalten.
Zeigt also wieder, wenn das Angebot stimmt kommen auch die Leute. ;-)
Was die UK armed forces anbelangt, sollte man sich auch mal mit dem traditionellen (seit 400 Jahren) „Military Covenant“ im UK beschäftigen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Military_Covenant
‘Soldiering – The Military Covenant’ reads:
“ Soldiers will be called upon to make personal sacrifices – including the ultimate sacrifice –; in the service of the Nation. In putting the needs of the Nation and the Army before their own, they forego some of the rights enjoyed by those outside the Armed Forces. In return, British soldiers must always be able to expect fair treatment, to be valued and respected as individuals, and that they (and their families) will be sustained and rewarded by commensurate terms and conditions of service. In the same way the unique nature of military land operations means that the Army differs from all other institutions, and must be sustained and provided for accordingly by the Nation. This mutual obligation forms the Military Covenant between the Nation, the Army and each individual soldier; an unbreakable common bond of identity, loyalty and responsibility which has sustained the Army throughout its history. It has perhaps its greatest manifestation in the annual commemoration of Armistice Day, when the Nation keeps covenant with those who have made the ultimate sacrifice, giving their lives in action. ”
und der Aushöhlung dieses military covenant in den letzten 15 Jahren:
http://www.theguardian.com/uk/2011/feb/17/mps-block-miltary-covenant
wodurch das uralte Kontinuum British Army/Territorial Army ziemlich beschädigt wurde.
Ein zweiter traditioneller cultural factor, der zunehmend unter stress gerät, ist das „british“ ……Stichwort: Unabhängigkeitsfrage Schottland’s
ein Blick nach Süden
Insider warnt: „2015 ist das Bundesheer pleite“
Zitat: „2015 ist das Bundesheer pleite“, verriet ein Insider des Generalstabs der „Krone“. Das Milizsystem sei fast unfinanzierbar, der nötige Austausch der alten Saab- 105OE- Jets unmöglich. Fazit: Die Eurofighter sollten stillgelegt werden.Zitat Ende
http://www.krone.at/Oesterreich/Insider_warnt_2015_ist_das_Bundesheer_pleite-Kein_Geld_fuer_Jets-Story-396299
@NMWC: Kein Problem, ich dachte sie hatten mich vielleicht falsch verstanden und hatte deswegen klargestellt.
@xyz: So wie ich das in Erinnerung hatte kam die 3 Jahres Lücke zwischen der Auslieferung des Flugzeugträger und der Jets durch die Änderung der Konfiguration zustande. Zuvor hatte es zeitlich gepasst, aber durch das hin und her und die Änderung hat man jetzt für drei Jahre einen Träger ohne Jets der dann einfach mit Helikoptern verwendet wird (und danach eingemottet bzw. verkauft werden soll – weiß aber nicht ob sich die Regierung da mittlerweile anders entschieden hat).
@Klabautermann: Also die Schottlandfrage ist ja wohl eher politisch und konstitutionell – sie hat natürlich Auswirkungen hinsichtlich Militär aber die Truppenstärke hängt nicht überproportional von Schottland ab. Faslane ist da natürlich der interessantere Gesichtspunkt.
@tt.kreischwurst
Die Schottlandfrage habe ich ja nur als cultural stress factor angeführt, weil ich entsprechende Diskussionen in britischen Militärkreisen selbst erlebt habe. Die strukturellen Auswirkungen einer möglichen schottischen Unabhängigkeit wagt zZt noch niemand öffentlich zu diskutieren….bis auf Faslane. Aber da können die Briten ja einen Pachtvertrag mit den Schotten abschließen so wie weiland die Russen mit den Ukrainern ;-)))
Als Friseure kann man ja auch zahlreiche „Fachkräfte“ importieren, zugleich Mindestlohn gewähren.