Katholikentag: Kein Staatssekretär? Dann auch kein General.
Auf dem Katholikentag in Regensburg in der vergangenen Woche waren zahlreiche Politiker präsent, vom Bundespräsidenten bis zu Bundes- und Landesministern – also keine Scheu vor Politik oder Politikumfeld . Und es gab eine Podiumsdiskussion zum Thema Afghanistan: Abzug und wie weiter? – Zwischen Aufbau, Schutz und Eigenständigkeit. Da hätte doch gut ein Bundeswehrsoldat, vielleicht sogar mit Afghanistan-Erfahrung, auf das Podium gepasst. Im Programmheft stand auch einer, nämlich der Generalmajor Josef Blotz, derzeit im internationalen Militärstab der NATO. Auf dem Panel waren dann doch aber die Generalsekretärin von Pax Christi, Christine Hoffmann, Thomas Gebauer von medico international und die Islamwissenschaftlerin Wahida Kabir (Foto oben v.r.) unter sich. Ohne jeglichen Input der Streitkräfte, die seit mehr als einem Jahrzehnt am Hindukusch im Einsatz sind.
Woran es lag? Da gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen. Nach Ansicht der Pax-Christi-Generalsekretärin gab es Missverständnisse im BMVg; nach Darstellung der Katholischen Militärseelsorge hatte das Ministerium Bundeswehrangehörigen eine Teilnahme auf dem Afghanistan-Podium untersagt.
Da hab‘ ich doch mal im Ministerium selbst nachgefragt. Also, es war so: Gab es doch eine Einladung an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, an diesem Podium auf dem Katholikentag teilzunehmen. Die hatte aber wegen anderer Termine keine Zeit und delegierte das an ihren Parlamentarischen Staatssekretär Ralf Brauksiepe. Das wiederum fanden die Veranstalter nicht so gut und sagten dem Staatssekretär schriftlich ab. Aus Ministeriumssicht wurde damit das BMVg ausgeladen, und deshalb habe es auch die Weisung gegeben, dass niemand aus dem Geschäftsbereich des BMVg sich auf dieses Podium setzen solle. So die Antwort auf meine Anfrage an den Presse- und Informationsstab.
Ja nee, is klar. Was hätte so ein Brigadegeneral Generalmajor denn auch schon einem Parlamentarischen Staatssekretär voraus. Etwa seine jahrzehntelange Erfahrung in den Streitkräften, oder gar seine Tätigkeit als Sprecher der internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan?
(Foto mit freundlicher Genehmigung von Katholische Militärseelsorge/Halina Kluge)
Brigadegeneral oder Generalmajor? ;-)
Diskussionen „mit“ und nicht nur „über“ Soldaten gefährden Ressentiments und ideologische Dogmen.
Also definitiv nichts für Katholiken-Evangelische Kirchentage oder sonstige Milieuveranstaltungen.
Die Ministeriumsreaktion ist natürlich auch wieder von kaum zu unterbietender Dummheit.
Lässt schon mal Rückschlüsse auf die avisierte „Drohnendiskussion“ zu.
Ich hätte mich persönlich über eine (dann vielleicht mehr ausgewogene?) Diskussion gemeinsam mit einem erfahrenen Soldaten gefreut und hoffe bzgl. der Zukunft. “ Die BMVg-Sichtweise unter „es war so…“ scheint zumindest im Text nicht zur Pax-Christi-Aussage vor Ort zu passen. Unterschiedliche Sichtweisen?
Entschuldigung, Generalmajor. (Ich hatte Blotz in Kabul getroffen, als er noch Brigadegeneral war.)
Sehr interessant …
Schade wenn einem Fachmann wie GM Blotz die Teilnahme untersagt wird (werden muss) Wenn man dann aber tatsächlich seitens des Veranstalters die Arroganz besessen hat und einen ParlSts als offensichtlich nicht adäquat für die Diskussion betrachtet und damit ausgeladen hat, dann ist das Verhalten des BMVg nicht nur verständlich sondern fast zwingend.
Schade, so wurde eine Chance vertan, etwas für die von vielen geforderte gesellschaftliche Diskussion zur Frage „Bundeswehr wofür?“ zu führen – und das gilt allen beteiligten Entscheidungsträgern.
Wenn Etikette wichtiger ist als gesellschaftspolitische Diskussion –
… was soll ich davon halten?
@ gc:
Welchen Afghanistanbezug hat Herr Brauksiepe denn? Keinen?
Das Verhalten des BMVg in dieser Sache ist einfach nur peinlich.
Kindergarten. Offensichtlich auf beiden Seiten.
@J.R.:
Als ParlSts des Ressorts, dass seit Jahren in AFG im Einsatz ist, hat er qua Position Diskussionskenntnis zu haben. Von UvdL erwartet ja auch jeder, dass Sie voll umfänglich mitreden kann. Kann sie nicht. OK. Sollte sie aber auch. Unabhängig davon wäre GM Blotz die beste Variante gewesen.
@ gc
Herr Brauksiepe hat den Posten seit Dezember 2013. Vorkenntnisse hat er keine. Er ist nicht Teil des BMVg. Konkrete Richtungsansagen sind von einem parlamentarischen Staatssekretär noch weniger zu erwarten als von Frau von der Leyen. Was wäre also der Mehrwert?
Wenn es nur um Schwurbeln und Schlagzeilen geht kann er ja an ne Uni gehen, hat ja bei TdM auch funktioniert.
@wacaffe: Habe ich das richtig verstanden: Die Planer des Katholikentages wollten nicht „über“ sondern „mit“ einem Soldaten diskutieren, das hochwohllöbliche Ministerium eben dies aber verhindert hat? Ja? Richtig? Hmmh. Naja.
Sowas. Lesen gefährdet Ihre Dummheit, steht jetzt auf den Tüten vom Buchhändler. Was der damit nun wieder meint.
Hach, es geht aber auch nur noch abwärts mit uns Milieu-Kennern.
Nein, die Planer wolten nicht mit einem Soldaten, sondern mit der Ministerin diskutieren.
So lese ich das, und auch nur mit der Ministerin und nicht mit einem ParlSts.
Sagen wir mal so, der Veranstalter hätte sich nicht geschadet, wenn StS Braucksiepe für UvdL auf dem Podium gesessen wäre. Also eine unglückliche und undiplomatische Entscheidung des Veranstalters, den parlamentarischen .StS des BMVg auszuladen und für das BMVg wohl eher eine glückliche Entscheidung.:-)
@ J.R.:
„Herr Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Brauksiepe unterstützt die Verteidigungsministerin bei der parlamentarischen und politischen Vertretung der Aufgaben aus der Abteilung Politik, der Abteilung Planung, der Abteilung Führung Streitkräfte, der Abteilung Strategie und Einsatz sowie der Abteilung Haushalt und Controlling. Er nimmt die Vertretung der Verteidigungsministerin in den entsprechenden Ausschüssen des Deutschen Bundestages, insbesondere im Haushaltsausschuss, wahr.“ (Homepage BMVg).
Sorry er gehört zum Leitungsbereich. Und unterstützt bei der politischen Vertretung der Aufgaben Politik, Führung Streitkräfte, Strategie und Einsatz. Also verantwortlicher kann der Themenbereich im politischen Leitungsbereich nicht zugeordnet sein.
Aber ich geh ja grundsätzlich mit Ihnen, dass aktuell im Leitungsbereich KEINER ist, der umfänglich substanziell und erfahren das Thema AFG tiefgreifend beackern kann. Die erste Ebene im BMVg mit Ahnung zu AFG wäre der GenInsp. Aber der ist aktuell als „Erklärbär“ schon an allen anderen Ecken gebunden.
@ gc
„Unterstützung bei der parlamentarischen und politischen Vertretung“ ist was anderes als ein Vorarbeiter oder gar Entscheider; dazu fehlt es ihm auch schlicht an Mitarbeitern und der Einbindung in die Ministeriumsstruktur. ;)
Einigen wir uns doch einfach auf „Vertrauter Frau von der Leyens“, das kommt der Wirklichkeit wohl am nächsten.
@Sgt Trash Das sehe ich deutlich anders: Wenn der General im Programmheft notiert war, dann war der auch gewollt und im Vorfeld festgemacht. Es ist demnach doch wohl so, dass die Veranstalter sowohl mit einem Soldaten als auch der Ministerin (politische Seite) geplant hatten (das Thema gibt ja wohl die Konfrontation „politisch Gewünschtes vs. militärisch Machbares“ samt der konkreten Umsetzung her). Der Haken war dann offenbar nur, dass auf der politischen Seite die Ministerin nicht konnte, die Veranstalter den Ersatz (Sts) nicht wollten sondern dann eben nur den General allein auf dem Podium haben wollten, was wiederum so das Ministerium nicht wollte. Die Planer des KKatholikentages haben genau eine Ablehngung ausgesprochen: Die gegen Herrn Brauksiepe (wobei ich diese Ablehnung auch nicht nachvollziehen kann. Hat jemand einen Tipp/Ahnung//Erklärung/mitteilbares Geheimwissen?). Die Seite der Militärs (GM Blotz) war nicht nur eingeladen sondern auch fest eingeplant.
Es kommt darauf an, welche Meinung man hören möchte – eine offizielle (die des Hauses), oder eine persönliche bzw. die des Kameradenkreises („wir Soldaten“). Für das Ministerium kann der Sts sehr wohl sprechen.
@J.R.:
Im Fall Brauksiepe mit der Einigung einverstanden. Grundsätzlich nicht zwingend. Wenn Sie die letzten beiden ParlSts nehmen; die steckten schon sehr gut im Stoff..sicher auch der Zeitdauer des Engagements geschuldet. Und glauben sie mir, ich kann den Unterschied zwischen Vorarbeiter, Entscheider und Unterstützer schon zuordnen. War lang genug selbst im Hamsterrad als Vorarbeiter.
Es war einmal vor langer Zeit, da war für einen Unionspolitiker die Einladung zum Katholikentag so wichtig, dass man sich die Zeit dafür schlichtweg genommen hat.
Die Ehrenkäsigkeit des Katholikentages den PSts auszuladen zeugt wiederum auch dort von wenig Pragmatismus. Der Heilige Geist hat mittlerweile offenbar auch Ruhezeiten.
Ganz anders, Herr Wiegold.
Richtig ist, dass es eine Einladung an die BM’in gab und sie diese Einladung an PSts Dr. Brauksiepe weiterdelegierte.
Diese Beauftragung wurde im Büro Brauksiepe ganz schlicht verschludert, d.h. man versäumte es, sich gegenüber den Veranstaltern des Katholikentags zu artikulieren, dass man stellvertretend für die Ministerin zu erscheinen gedenkt.
Da nun die Veranstalter des Katholikentags kein Feedback aus dem Ministerium erhielten, planten sie eben OHNE die Leitungsebene des Hauses.
Irgendwann, nämlich anderthalb Tage vor Beginn des Katolikentags, wurde die Schludrigkeit des Büros Brauksiepe bemerkt und dann wurde noch „mit der Brechstange“ versucht, sich beim Katholikentag zu platzieren. DAS wurde dann allerdings seitens der Veranstalter „dankend abgelehnt“.
Als Resultat waren beide Seiten „indigniert“ und schließlich erschien GAR KEIN Vertreter des BMVg, also „nicht mal“ ein General.
Ich habe es schon ein paarmal gesagt und ich sage es gern erneut: Der Dilettantismus in der Leitungsebene des BMVg kennt zur Zeit keine Grenzen. Da kann mun nur jeden Tag erneut den Kopf schütteln.
@ Kommentator
Dank!
Die Nachdenkseiten stellen das übrigens leicht anders da:
Danach hätte die Ministerin ersatzlos abgesagt, und der Herr Staatssekretär sich später selbst eingeladen.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=21929
Nebenbei, Herr Wiegold: Sie haben im Ministerium angerufen, und was die sagen, das ist dann die absolute Wahrheit für Sie:
Auch wenn es hier nur um eine Kleinigkeit geht, besonders dolle ist das nicht.
Ups, „Kommentator“ schrieb ja auch etwas ähnliches.
Die Frage unten aber bleibt.
@Sigmund
Ich habe die Darstellung von Pax Christi und der Katholischen Militärseelsorge oben erwähnt/verlinkt, und dann das Ministerium dazu gefragt. Und wenn ich dessen Aussage darstelle, bin ich der Idiot?
Sie haben offensichtlich ein Propaganda-Verständnis von Journalismus, nur eben umgekehrt. Besonders helle ist das nicht.
Ob beim Katholikentag ein deutscher General oder BMVgStSek teilnimmt oder in China faellt der Sack Reis um…. Meine Meinung.
@MikeMolto:
Für den „reinen“ Katholikentag gebe ich Ihnen Recht. Aber für einen entsprechende Podiumsdiskussion, die den Einsatz in AFG und die Rolle der Bundeswehr dabei thematisiert ist die Teilnahme der Betroffenen (sprich Vertreter der Bundeswehr) zwingend. Ansonsten reden lauter „Experten“ über Fachthemen. Mit dem Reisesack sollte man die Meinungsbildung nicht abtun…
@ gc
Dann haette ein hochrangiger Politiker, einer dem die Bw den AFG-Einsatz zu ‚verdanken‘ hat eigentlich teilnehmen muessen. Der haette den politischen und militaerischen Auftrag erlaeutern koennen.
@MikeMolto:
Hätten Sie da tatsächlich Schröder, Fischer oder Scharping hören wollen. Ihre damalige Entscheidung hätten die nie hinterfragt und zur Thematik Abzug wäre vermutlich nicht viel substanzielles gekommen, da zu lange weg von der AFG-Realität