Gauck: ‚Militärische Mittel nicht von vornherein verwerfen‘
Die Debatte geht – bislang – wg. Fussball, Irak und Ukraine ein wenig unter, aber sie dürfte noch kommen: Bei einem Staatsbesuch in Norwegen sagte Bundespräsident Joachim Gauck in einem Interview des Deutschlandfunks was zu mehr deutschem Engagement in der Welt – gegebenenfalls auch militärisch.
Die entscheidende Passage aus dem Interview:
So wie wir eine Polizei haben und nicht nur Richter und Lehrer, so brauchen wir international auch Kräfte, die Verbrecher oder Despoten, die gegen ihr eigenes Volk oder gegen ein anderes mörderisch vorgehen, zu stoppen. Und dann ist als letztes Mittel manchmal auch gemeinsam mit anderen eine Abwehr von Aggression erforderlich. Deshalb gehört letztlich als letztes Mittel auch dazu, den Einsatz militärischer Mittel nicht von vornherein zu verwerfen.
Der Bundespräsident knüpft damit an seine Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar an. Was nicht bedeutet, dass es deswegen weniger Ärger geben könnte.
(Foto: Gauck beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten am 9. Januar 2014 im Schloss Bellevue – Michael Gottschalk/photothek.net)
Wer bei gewaltsamen Konflikten von Anfang an jedes militärische Eingreifen völlig ausschließt, hat die schlechtere Verhandlungsposition.
na dann mal herein nach Syrien,Irak,Kongo,Somalia,Tibet …..
klingt eher nach der tätigkeitsbeschreibung eines globalen Menschenrechtskorps.
aber was hat das mit der deutschen Bundeswehr bzw. deutschen Interessen zu tun?
R2P und UN-Missionen mal wieder. Wird er sicher noch klarstellen.
Lieber Himmel !
Dat is doch nix anderes als VN-Charta und Nato-Vertrags-Lyrik.
Abstrakt, akademisch, unverbindlich …….allerdings in Norwegen teuer, denn die haben ziemlich hohe Phrasenschweintarife ;-)
Naja, die linke Szene läuft sich natürlich schon wieder warm. Kriegstreiber Gauck und so. :)
Die Konstabularisierung der Armee ist ja immer ‚mal wieder ein Thema, allerdings nur für friedenserhaltende Maßnahmen.
Allerdings: wen erklärt man zum Verbrecher oder Despoten?
Wo eingreifen, und wo nicht? Deutsche Interessen?
Und: was, wenn es kein VN-Mandat für einen Einsatz gibt?
na ja. Die Ergebnisse der Körber Stiftung sind da eher ein Kontrast zu dem, was zur Müchner Sicherheitskonferenz und dem, was Bundespräsident Gauck wiederholt vorgetragen hat. Mir scheint. dass sich Deutschland weiter pazifiziert. Die Ergebnisse der Körber Stiftung un der enorme Aufwand, denn dazu das AA unter review betreibt ist schon aufenfällig
@califax
Lass sie sich verlaufen, dann hat man wenigstens freies Schußfeld ;-)
@J. König
Welche Ergebnisse der Körberstiftung und welcher „enorme Aufwand des AA unter review“ sind gemeint?
Danke.
Womit denn, nachdem die Bundeswehr zum x.ten mal systematisch und konsequent reformiert, umgestaltet, und wer weiß was sonst noch, unterm Strich letztlich aber ‚betriebswirtschaftlich‘ (‚ KLV‘ ( Kosten-Leistungs-Verantwortung ), später ‚Controlling‘ und vergleichbarer Unfug ) kaputtgespart wurde ??
Aktuelles Beispiel aus meinem Betroffenheitsbereich: Hubschrauberkräfte der Heeresflieger.
Oder sind wir Kängurus, die mit leerem Beutel große Sprünge machen können ? Da helfen auch keine KiTas, die völlig am eigentlichen Problem vorbeigehen..
Er sucht sich schon ein interessantes Thema, um neue Akzente zu setzen…
Der Redet doch nur
und hat keine Ahnung , den Deutschland ist pleite ,
Mann gibt das Geld nicht aus um vor zu täuschen das wir Geld hätten
Das wir nicht haben , alles Fantasie Gelder die nicht da sind
So kann die BW nicht mal Leisten was die dringend bräuchte
Geld sei da nur nicht richtig da
Gauck’s Moralvorstellungen sind interventionistisch orientiert nach dem Motto „Wir müssen uns kümmern, nicht nur um unsere Mitmenschen im eigenen Land, sondern um alle Menschen“ Dem kann ich zunächst einmal etwas abgewinnen, denn seinen Mitmenschen zu helfen sollte eigentlich nur gut sein.
Wenn einer aber anfängt mit Nachdruck eine (weltweite) Verantwortung zu beschwören, dann werde ich hellhörig. Sucht das pol. Establishment etwa nach neuen Betätigungs- und Bestätigungsfeldern, wo doch die Probleme hierzulande und die in der EU ihnen zu langweilig geworden sind oder ihnen auch unlösbar erscheinen?
Wir sollen uns also einmischen, überall dort wo wir gebraucht werden. Kluge Leute in Deutschland sagen uns dann wo und wie.
Zunächst einmal diplomatisch und vor allem finanziell. Das kann schon mal funktionieren. Denn Deutschland ist angesehen in der Welt; nicht weil die Deutschen so nett sind, sondern weil sie Mittel zur Verfügung stellen können, z.B. in Nordafrika oder in Syrien oder auch in der Ukraine. Wenn das dann alles nicht hilft muß man sich eben mit anderen wohlwollenden Staaten zusammentun um väterlich den bedürftigen Völkern Gutes anzutun (Freiheit, Menschenrechte, Demokratie), wie in Libyen oder im Irak. Oh, ich vergaß, Deutschland hatte dort seine Verantwortung gar nicht wahrgenommen, sondern feige gekniffen. Schande über uns. Aber das können wir sicherlich wieder gutmachen.
Soviel zum Ansinnen von Weltverbesserungsaktivisten.
In Bezug auf die arab./islamische Welt schließe ich mich dann doch lieber wacaffe’s Sichtweise an: „Ist aber eine ausblute Situation. Vorher endet der panislamische konflikt nicht,auch nicht durch externe s Engagement.Ergo grenzen dicht. Und neues Equilibrium.abwarten“ Das mag deprimierend sein aber wohl wahr.
Tatsächlich gibt es Lagen, die einigermaßen überschaubar bzw. eindeutig sind. Mali ist ein Beispiel. Frankreich hat dort das Richtige getan und das mit hinreichendem Erfolg. Zentralafrika wäre ein weiteres. Ich bin nicht per se gegen Auslandseinsätze dt. Truppen, aber ich werde das Gefühl nicht los, daß unser Bundespräsident uns auf eine Zukunft vorbereiten möchte, in der Deutschland in eine prinzipiell ähnliche Rolle wie die USA hineinrutschen könnte.
Die Frage ist, welchen Interessen soll eine mögliche deutsche militärische Option dienen?
Deutschen Interessen? (haben wir überhaupt welche)
EUUS Interessen? (wer steckt da dahinter)
Bei allen Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten, aber auch hier in diesem Zusammenhang nur normative Plattitüden ohne Substanz, fehlt nur noch der belehrende Hinweis zur Schuld auch am 30jährigen Krieg.
Herr Gauck enttäuscht mich persönlich auf ganzer Linie, sowohl innenpolitisch wie auch außenpolitisch.
Zwischen den Zeilen wieder die alte Mär des alten Ansatzes;
_Multilateral_Präventiv_Umfassend_ Dabei sind keine neuen Antworten auf neue Fragen in einer multipolaren Weltordnung mit ihren nicht eingrenzbaren Risiken.
Seine Aussagen sind nichts elementar Neues, unsere grundsätzlichen linksgerührten Pazifistenfriedensbewegten werden pflichtgemäß aufheulen und wertkonservative Kreise in und ohne Uniform werden sich gelangweilt wegdrehen und schön den Mund halten.
Die Bundeswehr wird weiter als Hilfstruppe der EUUS Hegemonialbestrebungen gerade so am Tropf gehalten, dabei unterfinanziert, ohne eigene Strategie und ohne eigene operativ-strategische Fähigkeit.
Fazit:
Genau das ist jedoch die Absicht dahinter, will man doch die letzten Bastionen nationalstaatlicher Gewaltmonopolisierung bis zur operativen Unfähigkeit schleifen, um Raum zu haben für eine ungehemmte Supranationalisierung.
Die europäischen Völker, insbesondere FRA und GBR, werden da die nächsten Jahrzehnte nicht mitspielen.
…so was aber auch…:-))
Gruß
FvS
Das nun wohl en vouge gewordene Ankündigen einer stärkeren Übernahme von Verantwortung in der Welt – auch mit militärischen Mitteln – wird doch durch die Realpolitik konterkariert. Bis jetzt – obwohl auf der Münchener Sicherheitskonferenz nicht von Militär, sondern nur von stärkerem Engagement, die Rede war – hat sich auf diesem Feld nicht viel getan. Natürlich schreibt sich die deutsche Außenpolitik und hier vor allem einer, sein stärkeres Engagement in der Welt z.B. in der Ukraine-Krise auf seine Fahnen. Ganz nach dem Motto: „Was wäre wohl passiert, wenn ich nicht soviel geredet hätte.“ Dem mag man genauso recht geben können, wie denjenigen die nichts gegen militärisches Engagement im Sinne des Schutzes der Menschenrechte einwenden wollen oder können. Die eigentliche Frage ist aber doch nicht die des stärkeren militärischen Engagements, sondern die des Zwecks dieses Engagements. Das wiedergeben der Inhalte von UN-Charte oder NATO Vertrag sind müßig, denn demnach sind wir bereits genügend engagiert. Es geht um die Ausgestaltung dieses Engagement. Können, könnten wir genug. Es ist die Frage nach dem Wollen. Und diese Wollen ist mit so wagen Zielen wie sie in die deutschen Interessen hineininterpretiert werden können einfach nicht deutlich zu erkennen. Wenn deutsche Außenpolitik keine klare Idee davon hat, was sie in der Welt oder zumindest in ihren unmittelbaren Wirkungsbereich erreichen will, ist jedes stärkere Engagement der Lächerlichkeit preisgegeben.
Deutsche Außenpolitik ist getrieben von ad hoc Entscheidungen. Wie kann es sonst sein, dass ein Außenminister sagt, dass niemand die Entwicklungen in der Ukraine hätte voraussehen können? Gleiche Aussagen würden auf das deutsche Engagement in Afrika passen. Um ein gezieltes, stärkeres Engagement zeigen zu wollen – auch militärisch – muss man Vor einer Krise wissen welche deutschen Interessen dadurch berührt werden und wie man darauf reagieren will. Ansonsten passiert das, was wir bei jedem neuen Hotspot in der Welt sehen: Die Deutschen – gefragt nach ihrem Beitrag – müssen erst einmal prüfen. Natürlich geht es da auch um politische Machbarkeit, aber ich befürchte jede Entsendung deutscher Truppen, im Rahmen der festgelegten Zeit von EUBG und NRF würden die Bw schier überfordern. Dem kann man natürlich entgegenhalten, dass Deutschland ja regelmäßig Ausbildung, Lufttransport und Sanität bereitstellt. Ein nicht zu vernachlässigender Beitrag, aber sicher nicht das was ein stärkeres Engagement ausmacht.
Zurück zur Ukraine: Welcher Beitrag nun ein entscheidender war, wenn es diesen entscheidenden Beitrag überhaupt schon gab, Truppenpräsenz oder deutsche runde Tische ist sicher nicht so eindeutig. Aber eines zeigte sich deutlich. Wenn es um schnelle Entscheidungen geht sind die USA einfach deutlich agiler. „Die NATO verlegt Truppen ins Baltikum..“, gesehen habe ich nur US-Truppen. Und das US-Fallschirmjäger mit Waffe in Polen empfangen werden und nicht wie eine deutsche Urlaubstruppe aus einem Flieger spazieren, war wohl auch als ein Signal zu verstehen. Deutschland beteiligt sich immerhin mit einem Führungsschiff an einer NATO-Präsenz in der Ostsee – mit einem Tender -. Wenn das ein stärkeres und schnelleres deutsches Engagement ist, dann bleibt ja alles wie es ist, nur die Bezeichnung des Engagements wird angepasst.
Zum Glück liefert er die Begründung gleich mit, warum man mit seiner präsidialen Meinung leben kann aber auch nicht muss. „Aber heute ist Deutschland eine solide und verlässliche Demokratie und ein Rechtsstaat.“ Und wer ihm partout mit Beifall begegnen möchte, dem rate ich zugleich ein Blick in Heinrich Mann’s „Der Untertan“.
http://m.spiegel.de/politik/deutschland/a-595265.html
PeterPan
und wie waere die Meinung des Volkes, wenn die beiden „erfolgreich“ gewesen waeren.
Die können alle schöne Reden halten. Sicherheiskonferenz, Interview des Deutschlandfunks etc.
Eine stringente Herleitung DEU Außen- und Sicherheitspolitik, wo ist sie?
Daher entsteht der Eindruck, man hat den hohen Herren und Damen mal wieder was aufgeschrieben.
Wo ist der gesellschaftliche Zusammenhalt, wenn es um Finanzierung und gesellschaftlicher Akzeptenz geht. Das echte, wahrfaftige, dauerhafte Würdigen des Soldatenberufes. Sporadisch mal Reden halten, dass ist zu wenig.
Man hat den Eindruck, bei fast allen Politikern, man bemüht sich mit viel Pathos etwas „abzulesen“ oder „aufzusagen“, was eifrige Referenten o.a. aufgeschrieben haben, weil es mal wieder Zeit war.
Halt nur Überschriften, ohne Herleitung und Systematik. Ohne den Blick auf unser Volk, dem Adressaten, zu richten. Es geht nicht um kleine Politikerzirkel, und/oder Intellektuellenzirkel, in denen man sich gegenseitig gefällt, im (abgehobenen) Meinungsstreit.
Wenn man andere Blogs liest, FAZ, SPON etc, man glaubt IHM nicht, wie man IHR nicht glaubt. Es passt nicht zu IHM, es ist nicht authentisch. Vorgetragen, vorgelesen, wie ein Gedicht, mit Hoffnung auf eine gute Note.
In Grundsätzen wie in der Tagespolitik ist es doch immer wieder das gleiche: oh,je wir müssten mal, ist gerade notwendig. Uch, da passiert was, womit SOOO nicht rechneten.
Wo sind denn die „Lang ausgerichteten Linien“, die uns befähigen richtig zu reagieren, eingeordnet in einen strategischen Plan?
Das Interview des Deutschlandfunks, wem hat es genutzt?, außer das ER möglicherweise es und sich selbst (wieder) ganz toll fand? Jetzt kommt bestimmt wieder jemand und sagt, der BP wollte eine gesellschaftliche Debatte anstoßen. Ist ihm ja prima gelungen. Morgen spricht er mit genausoviel Phatos über Genmais.
„Wer bei gewaltsamen Konflikten von Anfang an jedes militärische Eingreifen völlig ausschließt, hat die schlechtere Verhandlungsposition.“
Darum geht es Ihm wohl in erster Linie, auch vor dem Kontext aktueller Krisen, da aus innenpolitischen Gründen, der Ausschluss von militärischen Mitteln, mittlerweile Gang und Gäbe ist, nicht nur in der Bundesrepublik.
Und das die Aussage eines Bundespräsidenten nicht deckungsgleich mit der Realpolitik ist; was soll daran falsch sein? Er ist nicht Kanzler sondern repräsentatives Staatsoberhaupt. Von wegen Plattitüden, Inhaltlehr etc..
„Gauck’s Moralvorstellungen sind interventionistisch orientiert“ und ist das falsch?
Was will man mit einer Armee vergleichbar der BW(als „Letztes Mittel“) anderes machen, als zu intervenieren.
Und zu guter Letzt mein Beifall für seine Aussage:
“Aber heute ist Deutschland eine solide und verlässliche Demokratie und ein Rechtsstaat.”
Das ist war und darauf kann man als deutscher Stolz sein.
Ich Weiß nicht was Bundespräsidenten, früher( vor Johannes Rau) alles gesagt haben, dafür bin ich zu jung, deshalb kann ich wohl auch nicht verstehen wieso man von diesem Mann, der den Mund aufmacht, auch zur Sicherheitspolitik, und scheinbar auf dem gesunden Menschenverstand basierend Argumentiert, so enttäuschend sein soll.
Was für Aussagen währen denn besser, man könnte hier ja mal sammeln. Um jedenfalls in diesem kleinen Kreis sicherheitspolitisch Interessierter, mehr als nur Murren zu summieren.
Der Herr Bundespräsident macht wieder den gleichen Fehler wie in München – er reduziert Deutschland rhetorisch auf „service provider“ Niveau und versucht den x-ten Schritt als den ersten zu präsentieren. Es gibt hierzulande zu viele sozio-politische Hemmnisse was Sicherheitspolitik und Militär angeht, als daß vage Verweise auf R2P, Menschenrechte und Demokratie ausreichen würden um die Bevölkerung aus ihrer „Laß mich in Ruhe“ Ecke zu holen. Solange deutsche Außen- und Sicherheitspolitik konzeptionslos, ziellos und reaktiv bleibt, so lange werden solche Reden auch weiterhin wie blanker Hohn klingen. Auf diese Weise stößt man keine gesellschaftliche Debatte an, man legt nicht schon vorab das wohlgenehme Ziel fest (und wundert sich dann warum das Volk einem da die Gefolgschaft verweigert). Statt platte Worthülsen um sich zu werfen sollte Gauck lieber klar und deutlich die Bundestagsabgeordneten, die Parteien und sonstigen politischen Institutionen in diesem Lande auf ihre Gestaltungsverantwortung hinweisen. Erst wenn ein tragfähiges politisches Konzept für die Außenpolitik steht kann man ggf über die militärische Komponente reden. Ohne die klare Benennung deutscher Interessen kann keine egal wie moralisch akzeptable/unabdingbare militärische Operation ein „feeling of ownership“ und damit keine Identifikation mit den Zielen und Mitteln bei den Deutschen erzeugen. Es bleibt beim permanenten Eindruck ohnehin nur „Erfüllungsgehilfe“ für andere zu sein.
@AKamp
Schliesse mich Ihrem Beitrag voll an, besonders gefällt mir der Genmais Vergleich, genau auf den Punkt.
@ Jens Best
hier der link für die Ergebnisse der Körber Stuftung und mehr:
http://www.koerber-stiftung.de/presse/pressemeldungen/presse-details-stiftung/artikel/fuer-frieden-und-menschenrechte-gegen-mehr-internationales-engagement.html
Vorweg geschickt: Ich bin pazifist, aber pro Militär (ausgelegt auf Verteidigung) und lehne eine stärkere deutsche Beteiligung bei Militäreinsätzen im Ausland ab (quasi eine Schweiz in Großformat).
Hintergrund und nur ein kleiner Ausschnitt aus meiner Familiengeschichte: Mein Urgroßvater ist 1916 im 1. WK gefallen, als meine Großmutter nicht einmal auf der Welt war. Noch mit 90 Jahren hat sie mir erzählt, dass sie niemals zu jemandem Vater gesagt habe. Mein Großvater (ihr Ehemann, sein Vater ist auch 1916 gefallen, als er ein Jahr alt war) war von 1935 bis 1945 Soldat (erst 59. IR, dann 487. IR) und kam 1950 nach Deutschland zurück, nachdem er 1944 in der Operation Bagration gefangen genommen wurde. Als kleiner Junge hat er mir oft erzählt, dass Krieg keine Lösung von Problemen darstelle und er seine besten Jahre im Krieg gelassen habe.
Derartige Geschichten gibt es in jeder deutschen Familie. Wenn ein Herr Gauck und andere Politiker über eine verstärkte Rolle Deutschlands in der Welt – auch militärisch – reden, werden bei mir die Erfahrungen aus meiner Familie akiviert und das Politikergerede wirkt hohl. Mein Großvater, der 10 Jahre Soldat und 6 Jahre in Gefangenschaft war, ist mir näher als ein Herr Gauck.
Meine Einschätzung: Solange in Deutschland noch Menschen leben, die entweder direkt Krieg erlebt oder von Familienangehörigen Kriegsgeschichten gehört haben, wird sich das Meinungsbild der Deutschen zu Kriegseinsätzen der Bundeswehr im Ausland nicht ändern. Bis die Nachgeborenen in der Mehrheit sind, wird es noch Jahrzehnte dauern.
Mir ist klar, dass meine Einschätzung in einem Blog, der sich mit Militär befasst, nicht auf große Zustimmung stoßen wird. Das ist auch ok. Ich möchte nur meinen Beitrag zum Verständnis derer leisten, die militärische Beteiligungen Deutschlands im Ausland ablehnen.
@ Jodocus Quak
2 Verständnisfragen: D.h., Sie sind für die Unterstützung von Lettland z.B. bei einem Angriff durch Russland? Aber z.B. gegen das Eingreifen der Bundeswehr (gerne innerhalb eines UN-Mandats) bei Völkermorden wie z.B. in Ruanda?
Grundsätzlich mehr über den Einsatz militärischer Mittel nachzudenken, ist sicherlich richtig, aber im Jahre 2014 noch den humanitären Interventionalismus dafür als Hauptansatzpunkt zu nehmen ist ziemlich verfehlt.
1994 wäre diese Rede zeitgemäß gewesen.
Selbst in den Ländern, die solche Interventionen regelmäßig durchführen, lockt man mit „Weltpolizei“ Argumenten heute niemand mehr hinterm Ofen vor.
Der Zug ist spätestens abgefahren, als Colin Powell seine berühmte Power(l)Point Präsentation im UN-Sicherheitsrat hielt.
WELT hat heute einen Artikel:
„Barack Obama hat sich um seine Relevanz gequatscht“
;-)
@ JCR
Zustimmung,
insbesondere weil die Erfahrung lehren sollte, dass bei all diesen ‚Stammeskaempfen‘, nach ‚erfolgreicher‘, westlicher, Intervention eben wieder Cliquen oder Clans (neue oder alte) beginnen sich zu bereichern.
Lettland ist in der NATO, hier hat Deutschland eine vertragliche Verpflichtung, einzugreifen. Es wäre also der Verteidigungsfall. Allerdings ist dieses Szenario so abwegig, weil es mit dem voraussichtlichen Einsatz von Nuklearwaffen einherginge, dass sich für mich diese Frage nicht stellt. Ich bin zwar ein Kind der 80er Jahre, habe aber den Kalten Krieg überwunden.
Bei Völkermord gilt für mich das Völkerrecht. Sollte dieser eine Gefahr für den Weltfrieden darstellen, wird Kapitel 7 der UN Charta aktiviert und wenn der Sicherheitsrat ein Eingreifen ermächtigt, sollte Deutschland sich finanziell beteiligen, nicht jedoch militärisch.
Deutschland sollte nicht versuchen, Demokratie und Freiheit in jede Ecke der Welt zu tragen. Jedes Land sollte seinen Weg gehen. Es gibt noch andere Formen des Zusammenlebens als die westliche. Wenn es beispielsweise in der afghanischen Gesellschaft Konsens ist, nach den Grundsätzen der Scharia zu leben, dann kann Deutschland das nicht ändern. Dies gilt für alle Konsequenzen, die damit einhergehen, auch wenn sie für einen Deutschen nur schwer zu ertragen sind.
@Jodocus Quak
sollte Deutschland sich finanziell beteiligen, nicht jedoch militärisch.
Und wie wollen Sie das ethisch rechtfertigen? Selbst die einfachsten moralischen Konstrukte wie der kategorische Imperativ geben das nicht her.
@ JCR
1994 wäre diese Rede zeitgemäß gewesen.
Was hat sich seitdem substantiell geändert? Oder spielen Sie nur auf die veränderte Wahrnehmung in Deutschland aufgrund des Irak-Kriegs an?
@Jodocus Quak
Bei 1. und 3. stimme ich Ihnen zu 99% zu. Bei 2. war J.R. jetzt schneller. Das ist nämlich genau der springende Punkt. Da kann man sich wenden und winden wie man will.
Ich glaube mit dem Verweis auf 1994 referenziert er auf den Genozid in Ruanda.
@Müller
Ich glaube mit dem Verweis auf 1994 referenziert er auf den Genozid in Ruanda.
Und worin liegt bitte der wesentliche Unterschied zur Gewalt im Süd-Sudan oder der Zentralafrikanischen Republik?
2014 ist Wegschauen wieder in, da bequemer. Auch genau wie 1994.
Ist doch schon erstaunlich, wie eine so wenig revolutionäre Rede wie die von Herrn Gauck so vielen Leuten auf den Schlips treten kann. Aber wenn die Argumente fehlen bleibt halt noch die präventive Empörung. „Wie kann der nur sowas sagen.“
„2014 ist Wegschauen wieder in, da bequemer. Auch genau wie 1994.“
Da gebe ich Ihnen vollkommen Recht. Es ist eben bequemer sich aufgrund seiner pazifistischen Einstellung als moralisch überlegen zu betrachten und die Wilden sich gegenseitig mit Macheten zerhacken zu lassen. Andere Länder, andere Sitten eben.
Immerhin betont der Bundespräsident eine Selbstverständlichkeit: Krieg ist manchmal notwendig.
Die Frage ist nur, ob R2P hier der Präzedenzfall ist.
Immerhin spricht er die Dinge an.
Das ist in diesem Land ja schon viel.
Nicht wahr, Frau von der Leyen?
@ Memoria | 15. Juni 2014 – 14:32
„Immerhin spricht er die Dinge an.
Das ist in diesem Land ja schon viel.“
Ich weiß, wie Sie es meinen, daher ergänze ich:
Da bin ich aber dankbar, dass irgendein Referent ihm mal was aufgeschrieben hat, weil im Kalender stand, Sicherheitspolitik ist mal wieder dran. Oh danke! Wie bescheiden wollen wir noch werden gegenüber denen, von denen man Führung (meinetwegen Lenkung) erwarten kann.
Von jeder Verkäuferin, meinetwegen auch vom Marktleiter erwarten wir, dass er sein Job versteht, ihn beherrscht. Nun muss man nicht alles im Detail wissen, aber Zusammenhänge verstehen, Einflußfaktoren bewerten etc., etc. Die sogenannten einfachen Menschen wissen meist, was am Ende rauskommen soll, ein Gewinn, ein Mehrwert, ein Ergebnis. Die reden nicht um des Redens willen, die handeln.
Nun sind wir schon unendlich dankbar, wenn Minister oder auch Bundespräsidenten mal was ablesen, was man ihnen aufschrieb. Ein Thema, was vor 10 Jahren angestoßen hätte müssen.
Ich frage mich, wozu das alles, was will er, wem hilft es? Was solte rauskommen?
Warum trauen wir uns wieder und wieder nicht, unsere Interessen(!) klasklar auf den Punkt zu bringen, verständlich für Jedermann. Wenn es nämlich logisch und stringent ist, kann man Worthülsen und Füllblasen einfach weglassen. Spart Papier und Zeit.
Da können sich Bundespräsident und Bundesministerin ja mal abstimmen, ab sofort wird Substanz geliefert. Möglicherweise abgestimmt und koordiniert. Ein Traum.
Ansonsten verweise ich auf meine @:AKamp | 15. Juni 2014 – 9:57
@ Müller | 15. Juni 2014 – 14:30
Mit Ausnahme, dass es bei Völkermorden meist eine Seite ist, die die andere Seite „zerhackt“. Das mit den „Wilden“ sei jetzt mal dahingestellt… Gibt ja viele Bsp. in denen Völkermord von Hochintelektuellen katalysiert und exekutiert wurde.
Vielleicht liegt die Ursache für die Unfähigkeit, mittel- und längerfristige Ziele für unsere Land zu bestimmen darin, daß Politik heute nicht mehr von Politikern gemacht wird, sondern von Lobbyisten. Politik als ausschließliche Umsetzung von Wirtschaftsinteressen in Ausführungsbestimmungen. Irgendwann ist man so aus der Übung und wenn die Lage dann mal mehr als marktliberale Eilmaßnahmen erfordert, dann hat man nicht nur keine Antworten parat, sondern auch kein Handwerkszeug dazu
Ich setze mal noch einen drauf: Das Humboldtsche Bildungsideal hatte nicht zuvorderst die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Wissen und Fähigkeiten zum Ziel. Vielmehr ging es um breite Allgemeinbildung, aus der heraus man sich die für einen Beruf erforderlichen Fähigkeiten aneignete.
In genau dem Maße, indem unsre Schulen und Universitäten sich auf neuzeitliche Anforderungen einstellte, haben wir heute genau die Personen an allen Führungsstellen von Politik und Wirtschaft, die nun noch in Quartalszahlen denken können oder in DAX- Rekorden. Wir sind heute genau so, wie die Alliierten uns haben wollten: Politikunfähige Dienstleister am Gängelband. Ein paar einzelne Goldkörner dazwischen reißen’s halt nicht raus…
“ Deutsche bilden in Syrien eigene Brigade “
Quelle: N-TV
Ich warte auf den Tag, an dem mal ein ausländischer Journalist/Politiker unseren BuPrä fragt, wann Deutschland endlich seine terrortouristischen Staatsbürger in Bürgerkriegsgebieten einzusammeln gedenkt, bzw. deren Logistik aus Deutschland heraus zu unterbinden. Da sammeln die VN u.a. auch mit Unterstützung der BW die Chemiewaffen von Assad ein, und gleichzeitig so eine Entwicklung wie die „Deutsche Brigade von Millatu Ibrahim“.
Die Antwort würde mich doch sehr interessieren.
Solange die da keine Zeugungsbrigaden für deutsche Pässe aufstellen…
@klabautermann:
Die „deutsche Brigade“ (mit angeblich max. 320 Mann) muss man nun nur noch mit der Drohnendebatte in Verbindung bringen.
#aufschrei
Aber es gibt wohl nicht einmal mehr nen Unions-Hinterbänkler, dem man so nen O-Ton unterjubeln kann.
Parteiübergreifender Grundkonsens:
Wenn wir zu allen nett sind, dann sind die das auch zu uns.
Nachtrag von faz.net:
„Drei Islamisten bei Einreise nach Deutschland festgenommen“.
@ Memoria | 15. Juni 2014 – 16:05
„Wenn wir zu allen nett sind, dann sind die das auch zu uns.“
Ja sicher, siehe ISIS-Video. https://www.youtube.com/watch?v=zIxY8thehL8
Erklärtes Ziel ist u.a. die Säuberung von Jerusalem, Rom und Andalusien.
Ich versteh es gerade auch nicht. Am besten ist immer noch diese „bring our girls back“ Kampagne, a.k.a. ich mach mal 500.000 Schnappschüsse, dann werden die lieben Islamisten die Mädels schon wieder frei lassen..
„So wie wir eine Polizei haben und nicht nur Richter und Lehrer, so brauchen wir international auch Kräfte, die Verbrecher oder Despoten, die gegen ihr eigenes Volk oder gegen ein anderes mörderisch vorgehen, zu stoppen“
Eigentlich eine UN-Aufgabe, wenn man sich erinnert, dass die „Vereinten Nationen“ noch im Zweiten Weltkrieg gegründet wurden, um u.a. Dikatoren wie Hitler in den Arm zu fallen. Nur sind inzwischen ja alle Staaten Mitglied, egal was für Typen da nach welchen Regeln regieren.
Hab den „Kontak“ Button nicht gefunden. Darum poste ich es jetzt hier.
Bitte dieses Video anschauen und verstehen, wenn noch nicht bekannt.
http://www.liveleak.com/view?i=17e_1400955192
@Memoria
Das ist doch der Punkt. Nun stellen wir uns mal diese deutsche Brigade im Irak vor und die USA entscheiden sich dazu, tatsächlich mit Drohnenstrikes und air strikes einzugreifen und fragt uns nach Signaturen (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/mehr-als-200-us-geheimdienstler-spionieren-offiziell-in-deutschland-a-975285.html)
@ iltis | 15. Juni 2014 – 15:48
Nicht böse gemeint. Goldkörner, wo erkennen sie diese?? Moralisierende Worthülsen wie ich sie von meinem Bundespräsidenten höre oder von der Bundesministerin der Verteidigung, entsprechen nicht mal meiner Vorstelluneg für die ersten Semester von Politik- oder Staatswissenschaften.
Das vor allem, wenn man ihnen den Srechzettel wegnimmt oder ein Journalist es schafft, die Fragen mal auf den Punkt zu bringen. Aber wir gefallen uns ja alle neuerdings mit Gefälligkeitsinterviews. Da reden wir über Politikverdruss. Die überwiegend kritischen Kommentatoren in den Blogs bei FAZ und SPON haben zwar sicher nicht alle Hochschulabschluss in Politik-oder Staatswissenschaften – von IHM, wer fühlt sich denn da angesprochen? Kaum einer, egal, die nächste Rede dann zu Genmais von ihm kommt und auch von IHR werden wir erfahren, „was ihr besonders wichtig“ ist und wie sie alle „mitnehmen“ will. Aber wenn das Ziel nicht klar ist, fahren wir halt mal alle Pimmelbahn hin und her und sind schön nett zueinander oder moralisieren. Der einfache Mann und die Mittelschicht, egal, Hauptsache man kann sich im Präsidialamt oder BMVg seine eigenen MP 3 Mitschnitte reinziehen und sich selbst beklatschen und die Ministerialbürokratie lobt: SUPER gemacht.
Manchmal sollte jeder das machen, was er gelernt hat. Mancher Anzug, manches Amt ist einfach zu groß.
@PEC:
Viele Auszüge aus dem Video sind ja mittlerweile oftmals gezeigt worden.
Wenn man dies nun mit den Worten des Bundespräsidenten verbindet („Und dann ist als letztes Mittel manchmal auch gemeinsam mit anderen eine Abwehr von Aggression erforderlich. Deshalb gehört letztlich als letztes Mittel auch dazu“).
Dann sollte man sich klar sein, was R2P bzw. der Eingriff in einen Bürgerkrieg heutzutage praktisch (!) bedeuten. Das „mlilitärische Gegenüber“ in diesen Gebieten ist strategisch, operativ und taktisch bereits jetzt deutlich weiter als wir es in der heißen Phase in AFG gewohnt sind.
Aber in der Bw streitet man sich ja weiterhin zwischen „Kalter Krieger“ und „ISAF-Krieger“.
Die Welt dreht sich jedoch weiter.
Man wird nicht präzise sagen können wie genau es zukünftig wird (die Dauerbegründung für die halblebige „Breite vor Tiefe“).
Aber eines ist jetzt schon klar: es wird nicht so bleiben wie es war.
Schon diese Banalität durchdringt die Bundeswehrplanung nicht.
Würde man den Worten von Gauck Taten folgen lassen, dann wäre die Überraschung auf allen Ebenen wohl groß. Egal ob in Afrika oder sonstwo.
Schon MilEvakOp in diesem Umfeld wäre eine immense Aufgabe für die Bundeswehr.
@ freyarm und J.R.:
Wenn zwei Grundrechte sich im konkreten Fall widersprechen, wird das durch praktische Konkordanz gelöst; man versucht, einen Weg zu wählen, dass beide Grundrechte im Kernbereich erhalten bleiben. Auf das vorliegende Problem bezogen (militärische Nichteinmischung vs. Verpflichtung aus der Mitgliedschaft in der UNO bei Einsatz nach Kapitel 7 der UN Charta) löse ich das argumentativ für mich so, dass beide Grundsätze im Kern erhalten bleiben (Unterstützung ja, aber nur finanzielle).
Warum muß die Welt ausgerechnet an uns genesen?
Alles erwachsene Menschen, die ihre Probleme selbst gelöst bekommen sollten.
(Dank Expertise zudem weitaus besser als mit unserer Hilfe.)
Anderenfalls ist es wahrscheinlich einfach nur nicht schlimm genug!
Ganz im Ernst: Das Grundgesetz gibt dem Einsatz unserer Streitkräfte einen klaren Rahmen. Alles darüber hinaus ist in meinen Augen nicht nur kriegstreiberisch, sondern schlicht und ergreifend illegal.
Leider sehnt sich unsere politische Klasse aber offenbar wiedermal nach einem Platz an der Sonne und agiert daher nach dem Motto „Keine Feier ohne Meier“.
@Jodocus Quark
Aber diese Argumentation führ ja nicht dazu dass nichts gemacht wird – eben nur dass andere es machen (welche von uns bezahlt… äh finanziell unterstützt werden).
Ich sehe hier den entscheidenden Unterschied nicht, Militär wird ja eingesetzt aber eben nicht die Bw. Oder geht es nur darum?
Und nicht an Sie persönlich gerichtet, aber dann kommen ja immer die Anschuldingung was die anderen dann im Einsatz falsch gemacht haben und was wir ja besser gemacht hätten…