Entführte Militärbeobachter: Merkel bittet Putin um Unterstützung

Im Fall der in der Ost-Ukraine entführten Militärbeobachter (unter OSZE-Dach) scheint es auch am (heutigen) Donnerstag bislang keine Bewegung zu geben – aber eine weitere politische Initiative: Bundeskanzlerin Angela Merkel bat den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Telefonat um Unterstützung für die Freilassung der Entführten, wie der Kreml mitteilte:

Vladimir Putin had a telephone conversation with Federal Chancellor of Germany Angela Merkel at the German side’s initiative.
The parties continued their discussion of the critical social and political developments in Ukraine. Ms Merkel made a request to assist Ukraine in releasing the military observers representing a number of European countries, including Germany, who were detained in the southeast of Ukraine.
Vladimir Putin stressed that the most important thing now is to withdraw all military units from the south-eastern parts, stop the violence, and immediately start a national dialogue that would involve all regions and all political forces within the framework of a constitutional reform.
Both parties noted the importance of a maximum involvement of the OSCE’s intermediary potential all over Ukraine.
The two leaders agreed to have another telephone conversation shortly.

Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte das im Wesentlichen (bislang nur via Twitter):

 

Ich stutze noch ein klein wenig bei der Wortwahl in der Kreml-Mitteilung: Merkel made a request to assist Ukraine in releasing the military observers (Merkel bat darum, die Ukraine bei der Freilassung der Militärbeobachter zu unterstützen) – die Ukraine ist nun die letzte der beteiligten Institutionen, die Hilfe bei der Freilassung bräuchten?

Nachtrag (danke für den Leserhinweis): Die Gespräche über die Freilassung scheinen weiterzugehen – Talks begin for release of OSCE observers in exchange for detained Sloviansk

… oder doch nicht?

 

oder doch?

 

Randbemerkung: Das Telefonat Merkel-Putin ist ein eindrucksvoller Beweis, wie das Sein das journalistische Bewusstsein bestimmt – auch meins:

Meine Überschrift: Entführte Militärbeobachter: Merkel bittet Putin um Unterstützung

SpOn: Ukraine-Konflikt: Kanzlerin bittet Putin um Hilfe für OSZE-Geiseln

Deutschlandfunk: Ukraine-Konflikt Merkel bittet Putin um Hilfe

und so ähnlich praktisch die gesamte deutsche Presselandschaft.

Dagegen

die New York Times: Putin Demands That Ukraine Pull Its Troops From Southeast

der Guardian: Vladimir Putin calls for Ukrainian troops to withdraw from south-east

In allen Fällen geht es um dieses Telefonat. Und das bei nicht gegensätzlichen Interessen… Der Hauptunterschied ist nicht, was als Hauptnachricht wahrgenommen wird – da haben deutsche Medien natürlich eine andere Leserschaft als britische oder amerikanische Zeitungen. Aber dass die Forderung Putins nach einem Rückzug der ukrainischen Truppen im eigenen Land in deutschen Medien keine Rolle spielt, kann doch nicht nur daran liegen, dass diese deutschen Medien sich nur auf die Aussagen einer deutschen Regierungssprecherin berufen und die russische Quelle ignorieren, oder?