Lagebeobachtung Ukraine 26. April
Die ohnehin brisante Lage in der Ost-Ukraine hat am (gestrigen) Freitag eine neue, international schwierige Wendung genommen: Der selbsternannte pro-russische Bürgermeister der Stadt Sloviansk/Slavyansk, Wjatscheslaw Ponomarew, hat eine Gruppe von internationalen Militärbeobachtern festgesetzt, die im Auftrag der OSZE unterwegs waren. Darunter sind drei deutsche Offiziere und ihr deutscher Dolmetscher sowie ein Däne, ein Pole, ein Tscheche und ein Schwede. Begleitet wurden sie von fünf ukrainischen Militärs – was wohl der Grund für ihre Gefangennahme war.
Ponomarew (hier ein Porträt von ihm im Guardian), der in den vergangenen Tagen auch schon mal einen amerikanischen Journalisten festgehalten hat, behauptet gegenüber der Bild-Zeitung, er habe nicht etwa Geiseln genommen – sondern Kriegsgefangene:
„Bürgermeister“ gerade im @BILD-Interview über OSCE-Beobachter: „Keine Geiseln, sondern Kriegsgefangene“ #ukraine pic.twitter.com/xx5KbXlG66
— Paul Ronzheimer (@ronzheimer) 25. April 2014
Dagegen spricht natürlich nicht nur, dass in der Ukraine (noch?) kein Krieg herrscht – sondern auch der kriminelle Umgang des Milizenführers mit seinen Geiseln: Denen wurden unter anderem selbst ihre militärischen Erkennungsmarken abgenommen und diese Marken wie auch die Ausweise einem (russischen) Fernsehteam zur detaillierten Aufnahme überlassen:
(Direktlink: http://youtu.be/cEcpZ0vwrdk)
Die Beobachtermission ist formal keine OSZE-Mission, sonder eine militärische Verifikationsmission im Auftrag der OSZE unter deutscher Führung. Deshalb hatte sich am Freitagabend auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen dazu geäußert:
Das Schicksal dieser Beobachtermission wird vermutlich die Debatte am heutigen Samstag bestimmen; derweil beraten die USA und die EU-Staaten über schärfere Sanktionen gegen Russland angesichts der Ukraine-Krise. Und wenig beruhigend klingt auch, dass die USA Russland vorwerfen, mit seinen Flugzeugen in den vergangenen 24 Stunden mehrfach ukrainischen Luftraum verletzt zu haben.
Nachtrag: Die G-7, die Gruppe der wichtigsten Industrienationen, verständigte sich in der Nacht auf eine gemeinsame Erklärung, die baldige weitere Sanktionen ankündigt:
We have now agreed that we will move swiftly to impose additional sanctions on Russia. Given the urgency of securing the opportunity for a successful and peaceful democratic vote next month in Ukraine’s presidential elections, we have committed to act urgently to intensify targeted sanctions and measures to increase the costs of Russia’s actions.
(Weiter nach Entwicklung – auch in den Kommentaren. Mit der dringenden Bitte, dass persönliche Angriffe und im Ton verletzende Kommentare wie am Vortag unterbleiben. Was in dieser Art kommt, wird entweder gleich gelöscht – oder geht ins Bällebad für Trolle.)
So richtig war diese Delegation wohl nicht im Auftrag der OSZE dort. Siehe auch das Radio-Interview vom 23.04.2014 mit dem Delegationsleiter:
http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/radiowelt/axel-schneider-ruestungskontrolle-ost-ukraine100.html
Von daher dürfte der „Ball“ jetzt wirklich beim AA bzw. bei der Bundesregierung liegen.
Gibt es schon eine offizielle Stellungnahme unserer Regierung mit Hintergrundinformationen zum Auftrag u.a. der Beobachtergruppe? Warum mußte diese ausgerechnet an einem Hotspot erkunden?
@all
Damit dieser Thread für die tatsächliche Lagebeobachtung am heutigen 26. April übersichtlich bleibt, habe ich die Debatte in einen neuen Eintrag verschoben.
Paul Ronzheimer, Reporter der Bild-Zeitung, hat den Milizenführer/Separatistenchef/Bürgermeister unter direkter Beobachtung:
Chef der „Republik Donezk“ kündigt an, die festgesetzten Militärbeobachter würden als „NATO-Spione“ nur gegen festgenommene eigene Leute ausgetauscht:
http://www.news.at/a/ukraine-prorussische-milizen-nato-spione
Dankeschön mal an dieser stelle für die Berichterstattung Herr Wiegold.
Russlands ständiger Vertreter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) Andrei Kelin .
Die russische Seite ist bereit , sich um ihre Freilassung zu bemühen , sagte er.
„Wir glauben , dass diese Leute so schnell wie möglich frei sein werden. Russland als Mitglied der OSZE wird in diesem Fall alle möglichen Schritte unternemenen.“
http://itar-tass.com/politika/1149245
[Da waren wir zeitgleich. Aber ich hab‘ die englische TASS-Version verlinkt, verstehen mehr Leute ;-) T.W.]
Russland will sich als OSZE-Mitglied für die Freilassung der festgesetzten Militärbeobachter einsetzen, sagt der russische OSZE-Botschafter:
Russia to take all steps to free detained OSCE observers
Jetzt wurde die Identität einer weiteren entstellten Leiche, die am 19.April bei Sloviansk gefunden wurde, festgestellt . Es handelt um den vermissten 19-jährigen ukrainischen Studenten Popravko , eines Euromaidananhängers .
Auch die Leiche des proukrainischen Stadrates Rybak wurde dort mit Folterspuren gefunden.
http://www.kyivpost.com/content/ukraine/sloviansk-corpse-found-with-dead-body-of-city-councilman-rybak-is-kyiv-university-student-345263.html
Moldowia strebt noch stärker Richtung NATO:
http://www.moldova.org/president-believes-nato-membership-grant-moldova-full-security/
Nochwas zu Kramatorsk…
Die Arbeitsschutzkommission empfiehlt allen Journalisten:
Wo rohe Kräfte brennend walten,
Tele nehmen, Abstand halten!
http://m.voanews.com/a/on-the-scene-ukrainian-military-helicopter-downed-in-apparent-rocket-propelled-attack/1901122.html
Nachdem mein Kommentar gelöscht wurde, formuliere ich jetzt vorsichtiger:
Ich erinnere an den OSZE-Delegationsleiter William Walker, der am 15. Januar 1999 ein Massaker von serbischen Soldaten an albanischen Zivilisten entdeckt hat. Daraufhin hat die NATO Jugoslawien angegriffen.
Das Massaker war ein Fake.
[Ihr Kommentar wurde nicht gelöscht, wie Sie behaupten, sondern in den passenden Debatten-Thread verschoben:
http://augengeradeaus.net/2014/04/von-milizenchefs-und-geiseln-in-der-ost-ukraine-die-debatte/comment-page-1/#comment-105140
Auch diese Meinungsäußerung gehört nicht in diesen Thread – aber damit Sie das mitbekommen, lasse ich das hier stehen. Nächstes Mal nicht. T.W.]
Igor Strelkow, den Kiew als russischen Geheimdienstagenten mit Steckbrief und Phantombild sucht, hat jetzt ein Fernsehinterview gegeben:
http://www.kyivpost.com/content/ukraine/alleged-russian-colonel-strelkov-makes-public-appearance-as-chief-of-donbass-peoples-militia-345272.html
Irgendwie funktioniert das Einbetten nicht richtig…
Und es ist wieder Wochenende. An einem Grenzübergang im Oblast Luhansk wird auf ukrainischer Seite die Flagge der Russischen Föderation gehisst:
https://twitter.com/rolltidebmz/statuses/460016485394817025
Reuters – Sat, 26 Apr 2014
Einer der internationalen Beobachter, die von pro-russischen Separatisten in der östlichen ukrainischen Stadt Slaviansk festgehalten wird braucht dringend medizinische Versorgung, dass gab der Staatssicherheitsdienst der Ukraine am Samstag bekannt.
„Unter den Inhaftierten ist eine Person, die eine sofortige ärztliche Hilfe braucht.“ Nach Aussage der ukrainischen Sicherheitsdienste war dieser bereit medizinische Hilfe zu leisten, aber die Separatisten haben dieses Angebot abgelehnt.
http://www.trust.org/item/20140426110838-tg0mw
Ich weiss nicht ob wie das schon so klar hatten.
Die Gruppe sind Militärbeobachter unter Führung des Zentrums für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr (ZVBw) in Geilenkirchen, sagt Claus Neukirch, Vizechef es OSZE-Krisenpräventions-Zentrums.
http://orf.defacto.at/7837001_7837005.html
Pressekonverenz mit „Bürgermeister“ Ponomarjow:
-Alle Mitarbeiter sind wohlauf, einer hat leichte Diabetis. Er hat ausreichend Medikamente.
-Wir glauben, dass Mitarbeiter spioniert haben. Das prüfen wir jetzt.
-Kein Kontakt mit Moskau wegen der Mitarbeiter. Es sind unsere Gefangenen.
Er ist bereit, Gefangene auszutauschen. Er sagte: „Mein Assistent ist Gefangener der Kiew-Junta.“
@axel_f
Danke für das einsame Aktualisieren in diesem Thread! ;-)
Nachtrag; das kam schon kurz nach 13 Uhr, aber ich war unterwegs:
Nachricht aus Sloviansk:
https://www.facebook.com/euromaidanpr/posts/254160674767742
@califax
Hm, Euromaidan ist keine seriöse Quelle – die haben in den vergangangenen Tagen mal versucht, ein Bild ukrainischer Panzer bei einer Übung unter der Überschrift jetzt in Sloviansk zu verbreiten. Ich würde deshalb darum bitten, die äußerst vorsichtig zur Kenntnis zu nehmen. Und wenn sie hier verlinkt werden, dann mit einordnenden Worten.
Steinmeier: „Wir tun alles in unserer Macht stehende, um die festgehaltenen Personen wieder in Freiheit zu bringen“, nennt keine Details.
http://www.tagesschau.de/ausland/osze-ukraine114.html
Approximately 150 Soldiers from the 173rd Infantry Brigade Combat Team (Airborne) in Vicenza, Italy, arrived in Latvia yesterday, to conduct small unit and leader training with members of the Latvian Army (…)
RT hat eine neue Gerüchtewelle ausgelöst:
Irgendwer greift irgendwen an einer Straßensperre im Umland von Sloviansk an.
Das Interessante daran: Die Angreifer sind per Helikopter gelandet und wurden von RT nicht als ukrainische Truppen identifiziert sondern als „unknown gunmen“.
http://rt.com/news/155104-soledar-ukraine-military-attack/#.U1v1JbXvQQI.twitter
“Wir tun alles in unserer Macht stehende, …“ das hat den gleichen Klang wie „so bald als möglich“.
@califax
Vielleicht hat ein Sponsor ‚mal tief in die Tasche gegriffen?
@Thomas Melber:
Im Moment meldet RT unter Berufung auf die lokale Kremlmiliz, der Angriff gelte Waffenlagern aus Sowjetzeiten, die von den Milizen besetzt wären.
@ califax
Es scheint sich um den Ort Soledar zu handeln, dort befindet sich das Salzbergwerk welches als Waffenlager genutz.
Hat jemand eine Ahnung, was die da die ganze Zeit vor Finnland rumkurven?
Was ist eine „Special Flight Squadron“?
http://www.flightradar24.com/RSD47/3327545
„a Russian Special Mission Aircraft believed to act as a communication relay aircraft.“
ttp://theaviationist.com/tag/tu-214sr/
Schick, was mit dem Internet so geht. Aber basieren die Flightradar24-Daten nicht auf Transpondersignalen? Wenn man was geheimes vorhat, wären die doch nicht eingeschaltet?
@ califax
die Tupolev Tu-214SR die dort kurvt gehört zur special flight squadron der GTK Rossija die laut wikipedia für „die für den Transport von russischen Regierungsmitgliedern zuständige Fluglinie“ ist.
aufgrund des flugprofils würd ich eher auf sigint oder sonstige istar austattung tippen
http://de.wikipedia.org/wiki/Tupolew-Tu-204/214-Familie#Tupolew_Tu-214
https://www.flightradar24.com/data/airplanes/ra-64504/
——
edit
@ marc
Menno! ;)
Danke sehr! :)
Soll lt. dieser Seite eine fliegende Relaisstelle sein
http://www.flugzeugforum.de/threads/76060-Luftgestuetzte-Fuehrungsmittel/page3
califax hilft das weiter?
http://gizmodo.com/this-russian-doomsday-plane-is-president-putins-person-1555424146
@wacaffe: 2 Dumme, 1 Gedanke. ;)
Hatten wir doch schon mal, als die über Sewastopol einen ganzen Tag lang exakte Kreise zog, neulich? :-) Relaisstelle kommt da wohl hin.
Weiterer Augenzeugenbericht aus Sloviansk. Da die Namen der betroffenen Journalisten angegeben werden, sollte sich sehr bald herausstellen, ob es ein aufwendiges Fake oder getreu wiedergegeben ist:
http://20committee.com/2014/04/26/slovyansk-is-the-center-of-the-bermuda-triangle/
lol, califax die haben dich erhört. Schau jetzt nochmal http://www.flightradar24.com/RSD47/3327545
Yahoonews (bzw. Daily Beast) über die Heldenmedaillen für die Befreiung der Krim:
http://news.yahoo.com/putin-preemptive-medal-honor-094500663–politics.html
Offenbar begann die Operation „Polite People“ am Tag, als das Massaker auf dem Maidan passierte.
Dreißig bewaffnete sind in Stakhanov, Oblast Luhansl, eingetroffen und bauen Barrikaden auf. Wieder mal ein Bahnhof und ein großes Werk, so weit ich bisher sehe.
Califax, woher beziehst Du Deine. Informationen?
David Patrikarakos berichtet von einem Besuch in einem ukrainischen Partisanentrainingslager:
https://twitter.com/dpatrikarakos