Lagebeobachtung Ukraine 16. April
Weiterhin gibt es viele, teilweise unbestätigte, teilweise widersprüchliche Meldungen zur kritischen Lage in der Ost-Ukraine. Der Sender N24 berichtete am (heutigen) Mittwochmorgen, dass Panzer- (vermutlich genauer: gepanzerte Truppentransporter)-Besatzungen der ukrainischen Armee zu den Pro-Russischen Gruppierungen übergelaufen seien. (Screenshot oben von N24)
Das und die weiteren Entwicklungen des Tages als Info-Sammlungen, wieder per Storify:
Das scheinen die BMDs zu sein, die vorgestern vor Slawjansk aufgefahren sind.
Also wohl Luftlandetruppen, die dürften eigentlich eher zu den zuverlässigeren Verbänden zu zählen sein.
Bei SpOn war von 6 Fahrzeugen und 15 Mann die Rede… Ich würde das ja eher unter „Kleinkram“ abtun… Aber mal sehen, ob da nicht ein Stein ins Rollen geraten ist.
Das Ukr. Militär ist doch noch das alte…
Die derzeitige Regierung hat ausser den Truppen des Innen-Ministerium nur die alten Kader.
Die Offiziere ( so ab 30 Lenbensjahren ) haben alle an russischen (!) Offz- Schulen gelernt. (weil es da noch das Sowjetreich gab).
Viellelicht habe die Ehre ( gibt es manchaml noch ) und schiessen nicht auf bewaffnete eigene Bürger.
MFG
Die besagten Fahrzeuge Live bei RT
http://rt.com/on-air/ukraine-military-operation-donetsk/
Mal ein paar Fragen zu gepanzerten Truppentransportern:
1) Bei Fotos/Videos zu Tuppen aus dem ehemaligen Ostblock sieht man ja häufiger reguläre Soldaten außen auf den Fahrzeugen aufsitzen. Beißt sich in meinen Augen irgendwie mit der eigentlichen Schutzfunktion, die ein solches Gefährt mit sich bringt. Ich nehme an, nach westlichen Standards ist sowas ein „No-go“?
2) Neben den bunt zusammengewürfelten Tarnmustern, die ein Abheben von den zahlreichen Freischärlern nicht unbedingt erleichtern, wird sich auch genau so gerne vermummt – was für mich nicht unbedingt volksnah wirkt (womit sich das lässige „Aufsitzen“ noch begründen ließe). Auch hier die Frage, ob dieses „Schützen der eigenen Identität“ auch abseits von Kommandoeinheiten durchgeführt werden darf.
Danke!
Das Verteidigungsministerium in Kiew bestreitet das Panzer und gepanzerte Fahrzeuge in die Hand von ukrainischen Separatisten gefallen sind.
Der Leiter des Presse-und Informationsstabes Bogdan Senik sagt, dass Fotos und Videos die angeblich diese Fakten bestätigten eine Fälschung sind.
http://www.pravda.com.ua/rus/news/2014/04/16/7022619/
Jetzt schaut er selber nach!!!!!
euronews @euronews 2 Min.
#UKRAINE: Ukrainian Defence Minister travellling to #Kramatorsk to clarify situation on troops and APC (government official via Reuters)
https://twitter.com/euronews/status/456373506625011713
@ Pham Nuwen
zu 1.) Es soll Armeen geben, die nicht durch Weicheier-Bürokraten und Kita-Gendergedöns verweichlicht wurden und dort mit einer gesunden Risikoanalyse der militärische Dienst vollzogen wird. Grundsätzlich gilt dabei: Lieber schlecht gefahren als gut gelaufen: Die Fahrzeuge russischer Bauart sind verdammt eng und verdammt heiß. Daher sitzt man bei Verlegefahrten (und selten im Gefecht selbst) eben außen, wo es angenehmer ist und sich es leichter beobachten lässt. Zudem kann man schneller absitzen, was ja gerade in der dortigen Lage sinnvoll ist.
Nach westlichen Standards ist das sicherlich undenkbar, wir leben mit Arbeitsschutz und einem Wehrwesen, das jede Möglichkeit sucht, geschädigte Soldaten nicht bezahlen und gesundpflegen zu müssen und in anderen westlichen Armeen gilt ja das Prinzip der Panzerschildkröte und Opfervermeidung.
zu2.) Da niemand weiß was die Zukunft bringt und wer welchen Konflikt gewinnt ist es durchaus sinnvoll, sich zu vermummen.
Und es lässt praktischerweise die Antwort auf die Frage offen, ob es sich bei dem vermummten Uniformierten um einen ukrainischen Staatsbürger handelt, der nur seinen Unmut über die aktuelle ukrainische Regierung kundtut oder um einen Spetsnaz-Angehörigen aus Moskau, der nur so tut, als wäre er ein ukrainischer Staatsbürger, der seinen Unmut über die aktuelle ukrainische Regierung kundtut.
Jetzt ist auch die Süd-Ukraine in Putins Fadenkreuz:
http://voiceofrussia.com/news/2014_04_16/Anti-Maidan-in-Odessa-announces-creation-of-its-own-People-s-Republic-2813/
Dieser Putin muß ein Magier sein, wie der das alles so im Detail orchestriert ! Natürlich zündelt Putin, aber er zündelt nicht allein.
Frau Timoschenko gründet z.Bsp. zZt ihre eigene Miliz im Westen. Und wenn ein Vtg-Minister losfahren muß, um selbst zu sehen ob da ein paar Panzer übergelaufen sind oder nicht, dann hat er – genau wie der Rest der Übergangsregierung – ein C2-Problem in seinem Amtsbereich.
Die „Regionen“ sind nicht erst seit dem Maidan auf Kiew sauer, denn das meiste Geld, dass der Westen als Unterstützung in die Ukraine in den letzten 24 Jahren gepumpt hat, ist in Kiew versickert. Und die Korruptionsgewinnler in Kiew haben das meiste Geld wohl nicht in die produzierenden Regionen investiert sondern einfach abgeschöpft und sonstwohin transferiert. Die meisten Ukrainer leben aber in den Regionen und nicht in Kiew. Die Lage ist wahrlich unübersichtlich, das alles aber auf Putin als Superpuppetmaster zu schieben ist ziemlich billig.
Von Herrn Klitschko hört man gar nichts mehr – Hat er seine politische Kariere mit dem Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur bereits wieder beendet?
Klitschko ist wieder Kommunalpolitiker.
Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan.
Bzgl. BMD/BMP und „Aufsitzern“, ich denke es ist einfach bequemer „oben“ als drinnen, gerade in einem BMD sind man wohl doch etwas bedrängt. Und mit Feindseligkeiten ist da nicht wirklich zu rechnen.
Außerdem sieht es wohl cool aus und hat tradition. Das darf man nie unterschätzen.
Macht gerade die Runde:
http://www.kyivpost.com/content/ukraine/sbu-predicts-russian-backed-murder-to-justify-full-scale-invasion-343855.html
[Das gehört thematisch in den Thread Lagebeobachtung; schiebe es mal dorthin. T.W.]
@ JCR …
die besondere aufmerksamkeit bekam klitschko auch nur in D, weil die medien ein bekanntes gesicht brauchten. in allen anderen ländern war er ein oppositionelles gesicht unter vielen.
@ califax. durchaus denkbares szenario, aber vlt machne die ukrainer auch noch was dummes. die aktionen der russen könnten da durchaus geeignet sein, so etwas zu provozieren. und dann gilt die normative kraft des faktischen
In der Ukraine ist es wohl ein offenes Geheimnis, dass es um die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte schlecht bestellt ist.
So wurden im Betrieb eines Kollegen zunächst Männer mobilisiert, die dann zurückkamen, weil sie nicht mal mehr eingekleidet werden konnten und jetzt erst eingekleidet werden können. Auf den Straßen sammelt man offenbar schon Geld fuer das ukr. Militär.
Laut meines Kollegen hat das wohl System gehabt, da notwendige Ausgaben in den letzten zwei Jahren gestrichen wurden.
Man schaue sich nur mal die Historie der letzten Vtg. Minister an..
Was regt sich der Westen eigentlich so heftig über diesen failed state auf ? Schließlich hat der Westen diesen Zustand in der Ukraine seit Jahren mit herbei geführt nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass !“ Oder: EU vielleicht, NATO never !
Westlich „orientierte“ Oligarchen wurden hofiert, das rudimentiere , „unerzogene“ Bürgertum verdrängt. Der Fokus lag auf Kiew, das Land und seine Menschen war nebensächlich, denn die Oligarchen werden es schon richten. Nun, da gab es mal ein „Wir sind das Volk“ und die Polizisten und die Armee verstand auf einmal, dass sie auch Volk sind.
Was könnte Putin davon abhlaten, die Donezkregion und Luhansk zu annektieren ? Die selbst für ukrainische Verhältnisse schlechte wirtschaftliche Situation dort. Noch immer wird der Donbass als ökonomisches Zugpferd der Ukraine bezeichnet – doch das stimmt längst nicht mehr.
Die NZZ („Das verletzte stählerne Herz der Ukraine“,29.3.14) schreibt:
„Heute gibt es den Mythos, dass der Donbass die Ukraine ernährt. Doch wenn man die Statistiken anschaut, dann sieht man, dass der Donbass eine subventionierte Region ist.
Nicht nur der im Februar entmachtete Präsident Janukowitsch, sondern praktisch die gesamte von ihm eingesetzte Machtelite stammte aus dem Donbass. Deshalb erscheint plausibel, dass man die Region der eigenen Stammwählerschaft bevorzugt behandelte. Doch auch unter Berücksichtigung eines solchen Sympathiefaktors legt die Statistik nahe, dass der Donbass Mühe hätte, wirtschaftlich auf eigenen Füssen zu stehen. Und vieles deutet darauf hin, dass in Zukunft der Probleme noch mehr werden.“
@markus:
http://ukraineinvestigation.com/shooting-mariupol-1-dead-multiply-wounded/
@Hohenstaufen:
Putin verachtet Krämerseelen. Es interessiert ihn auch nicht, daß die russische Wirtschaft den Bach runtergeht. Seiner Auffassung nach werden die Geldgier der Wirtschaftsbosse und die Prinzipienlosigkeit demokratischer (=dekadenter) Regierungen die wirtschaftlichen Probleme für ihn lösen. Jedenfalls hinreichend für ein starkes völkisch-konservatives Großrussland.
@Hohenstaufen
Natürlich sind die Schokoladenhersteller gegenüber den Flugzeugbauern von der EU und USA bervorzugt worden. Aber das kann sich auch ändern ;-)
Kämpfe in Mariupol Pro-Russische Aktivisten greifen ukrainische Militärbasis an.
http://goo.gl/maps/GJ4lC
@ hohenstaufen
die donbass region mag ja einiges ihrer einstigen wirtschaftlichen stärke verloren haben aber soweit ich weiß liegen alle netto zahler regionen des ukrainischen „finanzausgleichs“ im osten. primär donetzt und lugansk.
die ukraine ist ein bisschen so als würde deutschland nur aus nordrhein-westphalen und Saxen Anhalt bestehen wenn das industrielle herz der ukraine verloren ginge hätte man in der eu einen staat am hals der ad infinitum zu subventionieren wäre.
auch das düfte teil des putinschen kalküls sein
@ wacaffe … Kiyiv und Lviv sind ebenfalls nettozahler, aber sonst schauts idT finster aus im westen der ukraine.
wobei man sich auch fragen muss, wie „real“ dieses bild ist. ohne das billige gas aus russland (ist ja garnet merh so billig …) wäre der osten schon längst pleite. da weigert man sich schlicht zu modernisieren und benötigt 3-4 mal so viel energie für die gleiche wertschöpfung wie in westeuropa.
Lage in Mariupol extrem angespannt, gestern Abend gab es dort 3 Tote und 13 Verletzte. (zahlen schwanken noch)
https://twitter.com/zn_ua/status/456666243362074626/photo/1
In Mariupol haben letzte Nacht ein paar Hundert Randalierer aus Russland und Ukraine mit Kalaschnikows und Molotowcocktails versucht, eine Armeebasis zu stürmen und die Herausgabe des Waffenarsenals verlangt. Drei wurden dabei erschossen, mehrere Dutzend wurden im Anschluß verhaftet. Der Angriff fand pünktlich zur Sitzung des UN-Sicherheitsrates statt.
Die Ukrainer gehen davon aus, daß der nächste Angriff wie in Slowiansk und Kramatorsk einen starken Anteil Speznaz haben wird. Diese sollen von Tanganrog aus auf ukrainisches Territorium vordringen.
Die Landung der russischen Speznaz-Einheit, die gestern in Kramatorsk den „zivilen“ Protest gegen die Luftlandeeinheit der ukrainischen Armee organisiert hat, wurde anscheinend gefilmt:
https://www.youtube.com/watch?v=bd9lt9ITsKQ
Die Ukrainer meinen jetzt, den Chef der russischen Operationen gegen die Ukraine identifiziert zu haben, und haben einen Steckbrief rausgegeben. In Slowiansk und Umland sollen mittlerweile bis zu 300 russische Speznaz operieren.
Die UN-Menschenrechtsberichte waren gestern im UN-Sicherheitsrat Thema. Zusammenfassung: Es gibt keine Russendiskriminierung in der Ukraine. Das Krim-Referendum ist ungültig und wurde massiv manipuliert, unter anderem wurde jede Opposition und freie Meinungsäußerung verhindert. Auf der Krim gibt es massive Menschenrechtsverletzungen. Die Tataren befürchten einen 3. Genozid.