Grundgesetzänderung für die Luftsicherheit? Warten wir mal die Details ab
Die schwarz-rote Koalition unternimmt angeblich einen neuen Vorstoß, den Einsatz von Kampfflugzeugen gegen entführte Zivilmaschinen neu zu regeln – und plant dafür eine Grundgesetzänderung. Das berichtete jedenfalls Spiegel Online am (gestrigen) Montagabend, eine Minute vor Mitternacht:
Berlin – Die Bundesregierung will einen jahrelangen Streitfall in der Sicherheitspolitik lösen und den Einsatz der Bundeswehr im Inland zur Abwehr von Terrorflugzeugen genauer regeln. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen strebt die Koalition dazu eine baldige Änderung von Artikel 35 des Grundgesetzes an. Angesichts der großen schwarz-roten Mehrheit dürfte es dabei keine Schwierigkeiten geben. Der Vorstoß des Bundesinnenministeriums befinde sich derzeit in der Vorabstimmung zwischen den Ressorts, heißt es in Regierungskreisen. (…)
So soll in der Verfassung geregelt werden, dass im Eilfall der Bundesverteidigungsminister oder die -ministerin der Bundeswehr den Einsatzbefehl gegen von Terroristen gekaperte Flugzeuge geben darf, die als Waffe eingesetzt werden sollen.
Bislang allerdings ist dazu nirgendwo was Konkreteres zu bekommen – auch und gerade nicht beim Koalitionspartner SPD, den der Innenminister (und frühere Verteidigungsminister) Thomas de Maizière, CDU, dazu mit ins Boot holen müsste. Auch berufen sich bislang alle anderen Medien (oder hab‘ ich was übersehen?) allein auf die SpOn-Meldung. (Nachtrag: Das Innenministerium hat der ARD bestätigt, dass an einem Gesetzentwurf gearbeitet werde; Details gibt es da aber nicht.)
Nun ist es nicht das erste Mal, dass die Union einen entsprechenden Vorstoß macht, der mehr Möglichkeiten für den Einsatz militärischer Mittel bei Notfällen im Inland erlauben soll. Der frühere Verteidigungsminister Franz-Josef Jung hatte öffentlich darüber nachgedacht, in solchen Fällen praktisch den Verteidigungsfall auszurufen. 2007, in der damaligen großen Koalition, überlegte der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble eine Grundgesetzänderung –die Bundeswehr solle, so eine geplante neue Passage im Artikel 87a, künftig auch „zur unmittelbaren Abwehr eines sonstigen Angriffs auf die Grundlagen des Gemeinwesens“ eingesetzt werden können. Das wurde mit dem Koalitionspartner SPD nichts. 2008 schien es schon mal so, als hätten sich Union und SPD auf eine Grundgesetzänderung verständigt – doch auch das wurde nichts.
Die jetzige Überlegung, so erzählten Unionspolitiker den Kollegen von SpOn, orientiert sich an einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im vergangenen Jahr. Danach darf der Waffeneinsatz von Kampfjets gegen ein entführtes Flugzeug nur vom Bundeskabinett insgesamt, nicht von der Chefin (oder dem Chef) des Wehrressorts alleine entschieden werden. Das solle mit einer Grundgesetzänderung möglich werden. Grundsätzlich hatte bereits im August 2012 das höchste deutsche Gericht in einer ungewöhnlichen Plenarentscheidung befunden, dass die Bundeswehr auch mit militärischen Mitteln und ihren Waffen eingesetzt werden könne, wenn es eine ungewöhnliche Ausnahmesituation von katastrophischen Dimensionen gibt.
Nun scheint bislang das Ziel, die Entscheidungswege zu verkürzen, die tragende Absicht hinter dem Vorstoß für die Grundgesetzänderung. Entscheidend wird aber, was in dem Änderungsvorschlag des Bundesinnenministeriums konkret drin steht – vorher sind alle Debatten darüber mehr oder weniger heiße Luft.
(Archivbild 2004: Start einer Alarmrotte mit dem Jagdflugzeug F-4F PHANTOM der Luftwaffe vom Jagtgeschwader 71 „Richthofen“ in Wittmund – ©Thomas Imo/photothek.net)
Toll. Man löst ein Problem, welches in der Realität nicht existiert. Wenn in Frankfurt, Berlin oder Hamburg ne Maschine in einem 9/11 Szenario entführt wird, dann wird die Alarmrotte samt vorgeschaltetem ministerialen Informations- und Entscheidungsweg niemals rechtzeitig vor Ort sein, um den Airliner aus der Luft zu holen. Und wo soll man den auch abschießen. Deutschland ist ziemlich eng besiedelt. Wenn die potenziellen Terroristen nicht über der Heide Kreise ziehen, triffts vermutlich immer Irgendwen am Boden.
Was soll das?
Herr Wiegold, bei dem Titelfoto handelt es sich aber nicht um ein aktuelles Bild, Einsatz einer Alarmrotte.
F4-F Phantom wurde letztes Jahr endgültig ausgemustert!
Es steht doch auch ganz untem in Artikel, dass es sich um ein Archivbild von 2004 handelt. (;
Eigentlich dreht sich die Debatte doch um einen absoluten Ausnahmefall, der als nicht besonders wahrscheinlich gilt:
Wenn ein Flugzeug entführt wird, darf es laut der Rechtsprechung des BVerfG doch nur abgeschossen werden, insofern keine Passagiere an Bord sind. Es sind dann also „nur“ Terroristen an Bord.
Wie viele Entführungen von Maschinen sind bekannt, die ohne Geisel stattgefunden haben?
Wenn nun also Zivilisten an Bord sind, schauen wir sowieso nur zu… daran wird sich vermutlich nicht rütteln lassen.
Lohnt sich nun eine Diskussion um das Thema?
@ adlas doe
vermutlich ein weiteres Kapitel in der VdL Saga.
„wie lenke ich mit fiktiven Problemen von den realen ab“
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was ich mich immer schon gefragt habe. wäre es nicht theoretisch möglich mittels geeigneter ELOKA bzw. sonstiger maßnahmen auf distanz den autopiloten zu übernehmen und ein gekapertes flugzeug wieder auf die landebahn zu bugsieren?
recht interessant dazu
http://www.youtube.com/watch?v=CXv1j3GbgLk
Nun, das könnte ein verfassungsrechtlicher Versuchsballon in Sachen militärischer Einsatz der BW im Inneren sein. Schäuble’s feuchte Träume von 2008 reloaded ;-)
Der jetzige Innen- und der Justizminister haben ja aktuell einen anderen Dissenz in Sachen EUGerichtshof und Vorratsdatenspeicherung, vielleicht läßt sich ein Deal aushandeln ;-)
@Wacaffe
Hängt wohl von den technischen Kenntnissen der Entführer ab. Ich bin zwar nur luftfahrtlaie, aber soweit ich weiß, hat der Autopilot in den Maschinen eine Art „Hauptschalter“, waäre dann also „physisch“ aus bzw. ist auch über die Sicherung vom Bordnetz zu trennen. Des weiteren kann er soweit ich bis jetzt weiß jederzeit über das Cockpit übersteuert werden.
Aber vielleicht kann uns hier einer der mitlesenden Piloten aufklären.
als ergänzung zur eloka übernahme
es sol ja auf eu ebene zumindest für den Automobilbereich entsprechende überlegungen geben quasi eine hoheitliche backdoor für die fahrzeugelektronik vorzuschreiben.
verfolgungsjagten wären damit perdü.
müsste im luftfahrtbereich technisch auch möglich sein (das beide überlegungen vielerlei eigene probleme erzeugen is mir auch klar)
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/eu/10605328/EU-has-secret-plan-for-police-to-remote-stop-cars.html
Die „Fernsteuerung“ eines Luftfahrzeuges vom Boden ist nicht (ohne weiteres) möglich…
Dies würde entsprechende technische Massnahmen VOR dem Start erfordern….der Einbau zusätzlicher Hardware usw…(von den luftfahrzeugzulassungstechnischen Schwierigkeiten mal ganz zu schweigen)…
Das „Problem“, das hier (mal wieder) diskutiert wird, ist gar keins…
In den USA wäre der Abschuss eines der Flugzeuge bei 09/11 rechtlich durchaus möglich gewesen-kam es dazu? Nein….und warum nicht?
Weil-trotz ständiger Alarmbereitschaft-die Vorwarnzeiten bei einem solchen Einsatz einfach zu kurz sind…
Zudem:
Sollte irgendwann einmal jemand ein Luftfahrzeug über der BRD abgeschossen werden, bin ich auf DAS „Massaker“ gespannt, was anschließend einsetzt, wenn im Umkreis von mindestens 100 Kilometern Trümmerstücke Kindergärten und Krankenhäuser demolieren, und weitere hunderte Verletzter und Toter produzieren…
ja eben das meine ich ja. die frage wäre ob die (technischen bzw. rechtlichen) probleme die durch einen einbau solcher systeme entstünden gravierender wären als die die ein hypothethischer Abschuss zur folge hätte.
das ist eine verhältnismäßigkeitsabwägung
Eine mögliche Fernsteuerung von Lfz würde es Terroristen ermöglichen, ohne eigene Verluste, Lfz zu missbrauchen.
Ein erheblicher technischer Aufwand, zusätzliche Fehlerquellen und mehr Überprüfungen würden in keinem guten Verhältnis zu Kosten und Nutzen stehen.
Und woher soll/will der/die IBUK im ‚Ernstfalle‘ wissen dass ein Lfzg wirklich als Waffe eingesetzt werden soll?
Im auf den Abschuss folgenden Prozess werden dann alle ueberlebenden Beteiligten behaupten dies waere nur ein Bluff gewesen…
Ich meine auch, vdL wirft hier Nebelbomben um von Bw Problemen abzulenken.
Der Abschuß eines Flugzeuges mit unbeteiligten Zivilisten an Bord wurde vom Verfassungsgericht ausdrücklich verboten.
Ein Warnschuß wurde als Alternative angeboten.
Da fragt sich der verwunderte Bürger:
wo kommen denn wohl die Rakete oder die Bullets (Sprenggeschoß) herunter?
Also ich halte die Diskussion einer solchen GG-Änderung auch für ziemlich hypothetisch. Eher denkt man da fast schon an die Verschwörungstheorie, hier haben welche einen Schleudersitz für die „unbequeme und vorlaute“ UvdL zusammen gezimmert und wenn diese zu dem Thema auch noch etwas „ganz Wichtiges“ sagt, schießt sie sich langsam selber ab.
So Headlines wie „Alleingang bei Gefahr: Hat Leyen bald den Schießbefehl gegen Terrorjets?“, oder „Bundesregierung will Abschuss von Flugzeugen erleichtern“, oder „Von der Leyen mit der Lizenz zum Töten“ lassen da ebenso Schlimmes ahnen, wie Forderungen „Wer ein Flugzeug besteigt, habe ein Recht darauf, nicht von der Bundeswehr abgeschossen zu werden«, so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion.
Haben denn unsere Regierung und/oder einzelne Kabinettsmitglieder wirklich nichts Besseres zu tun, als gerade jetzt noch so ein neues Faß in Sachen Bundeswehr aufzumachen?
Bis allein die redaktionelle Vorlage für die ppt Präsentation zum aktuellen Entführungsfall vorliegen, ist die Batterie der Blackbox alle.
Wer nix findet, findet anzug. Und wer da auch nix findet, findet familie und Vereinbarkeit.
Und wer dann nix findet, der sucht Probleme, wo keine de fakto sind.
Denn ich traue wenigen Menschen ind er Regierung zu, in einer sehr kurzen Vorwarnzeit, die Entscheidung für einen Abschuss zu fällen…
Frei nach dem Panzerlied:
„Wir suchen uns Probleme die keiner sonst fand…“
Ein Szenario – bei dem man möglicherweise den Abschuss einer Passagiermaschine in Erwägung ziehen könnte – dürfte höchst unwahrscheinlich und im Hinblick auf die Besiedlungsdichte Deutschlands auch äußerst selten wirklich zielführend sein.
Dennoch könnte es einige wenige Einsatzszenarien geben, in denen eine solche Massnahme möglicherweise die ultima ratio sein könnte.
Problematisch ist aus meiner Sicht die gegenwärtige rechtliche Situation, weil man durch das Verbot eines Abschusses potentiellen Terroristen die Planung von Anschlägen deutlich erleichtert, in dem man die Reaktion der Gegenseite kalkulierbarer/planbarer macht.
Man muss derzeit nicht damit rechnen, dass im Zuge der Terrorabwehr auf dieses letzte Mittel der Terrorabwehr zum Vereiteln eines Anschlages mit katastrophalen Folgen zurückgegriffen wird (z.B. erzwungener Absturz auf ein AKW oder einen grossen gefährlichen Chemiepark).
Ein aus meiner Sicht fatales Zeichen Richtung hochgefährlicher und äußerst entschlossener Terroristen.
Man wird in den meisten Fällen nicht zu diesem Mittel greifen können, sollte es aber zumindest für eine mögliche Abschreckung dürfen.
Woher will man in einem solchen Fall WISSEN, das es (wie in den USA geschehen) den Passagieren nicht noch gelingen wird, die Entführer zu überwältigen?
Das Ganze führt doch wieder zu der alten Frage:
„Wer darf entscheiden, wer leben und wer sterben wird?“
SINNVOLLER wäre (von Seiten der Politik) darüber zu diskutieren, ob und wie viele „Sky-Marshalls“ auf unseren Flügen eingesetzt werden (soll(t)en)….
@MS
Für ein höchst unwahrscheinliches Szenario will man eine Gesetzesregelung treffen, welch Tür und Tor für den Mißbrauch öffnen würde. Wie will man nach einem Abschuss beweisen, ob er gerechtfertigt war?
Da helfen nur Geheimdienste und die Kriminalitätsbekämpfung.
Es gab ja mal diesen bei Frankfurt kreisenden Ultraleichtflieger, der für Aufregung und u.a. Alarmierung der QRA sorgte. Da zog sich das ganze Prozedere immerhin lang genug hin, dass man über gewisse Massnahmen nachdenken konnte.
Der Pilot hat(te) psychische Probleme und ist, wenn ich mich recht erinnere, dann später doch wieder gelandet. Aber der könnte zumindest die Definition „nur Terroristen an Bord“ erfüllt haben… Obwohl… ist ein psychisch Kranker ein Terrorist?
Insgesamt aber stimme ich der Mehrheitsmeinung zu: Es wird ein hoffentlich nie eintretendes, sehr singuläres Ereignis sein, wo eine zu treffende Massnahme dann im konkreten Fall von jemandem entschieden werden muss. Ein wenig à la Helmut Schmidt während der Hamburger Sturmflut.
Und bevor jetzt die klagenden Kommentare kommen, so eine/n Politiker/in mit „Eiern in der Hose“ gäbe es heute nicht – das muss dann halt der Tag X zeigen. Hatte man Helmut Schmidt denn vor der Sturmflut auch schon solche Entscheidungsfreudigkeit zugetraut…?
Sie wollen doch jetzt nicht wirklich die heutigen weichgespülten und Heile-Welt-süchtigen Politiker mit denen vom Schlage eines Helmut Schmidt aus damaligen Zeiten vergleichen, oder?!
Wird jetzt in jedem Beitrag Politikerbashing betrieben? Früher war offensichtlich ja alles besser, Politiker, die Bundeswehr und ich hoffe doch auch die Kommentatoren.
Nein, früher war nur mehr Lametta. Aber wenn sie mir tatsächlich ähnliche Charaktere im Vergleich „Früher-Heute“ aufzeigen könnten, wäre ich wirklich sehr dankbar.
Ich persönlich finde nämlich keine – und das hat nichts mit bashing zu tun.
Früher – als die Gummistiefel noch aus Holz waren – heute sinds die Köpfe …
Der Blick zurück verklärt in der Regel. Vergleichen Sie gern mal die Einschätzungen unserer Politiker im In- und Ausland, da schneiden einige aus der Auslandssicht exzellent ab.
Aber das Niveau ist selbst mir zu flach und ich bin leidensfähig.
… und wenn man nichts erwidern kann, wird man halt persönlich… DAS Niveau ist in der Tat flach :-)
Ich bin Historiker und es ist unter anderem mein Job, Vergleiche aufzustellen und daraus Schlussfolgerungen anzubieten. Mir sind die Einschätzungen aus dem Ausland bekannt, aber ging es darum? Nein – sondern u.a. um Entschlussfreudigkeit (am Beispiel von H.S.) Wir sprachen somit von sogenannten „Charakterköpfen“, die im Laufe ihrer Karriere eben nicht unbedingt das Fähnchen im Winde sind. Und hier wird deutlich, dass es heute eben kaum bzw. keine Politiker mehr gibt, die einen eindeutigen Standpunkt beziehen und diesen auch vertreten – und notfalls sofort Entscheidungen treffen, weil sie es so gewohnt sind.
Aber hey, die Politikverdrossenheit in Deutschland bzw. in Europa kommt bestimmt daher, weil alle so einen hervorragenden Job machen, schon klar… Gut das sie leidensfähig sind…
@Voodoo
Zur Motivation notfalls sofortige Entscheidungen zu treffen eine Aussage in Anlehnung an Dr. Peter Venkman (Ghostbusters):
„If I’m wrong, nothing happens! We go to jail – peacefully, quietly. We’ll enjoy it! But if I’m *right*, and we *can* stop this thing… [Ursula], you will have saved the lives of millions of registered voters.“
Zurück zum Thema: Das Frankfurt-Beispiel zeigt ja schön die Unsinnigkeit der ganzen Debatte. Da kreiste ein Leichtflieger recht lange völlig unbehelligt um die Bankentürme (genug Zeit, um bei entsprechendem Vorsatz 5-Mal reinzudonnern) und nach geraumer Zeit umkreisten völlig sinnlos die F4 der Alarmrotte das Ding in gehörigem Abstand, weil ihre Mindestgeschwindigkeit (stall-speed) immer noch deutlich höher war, als die Geschwindigkeit des Leichtfliegers und ihre Sidewinders und 20mm vermutlich alles außer dem Flieger getroffen hätten. Ne effektivere Methode wäre in dem Szenar ein Hubschrauber der Polizei gewesen.
Aber selbst dann: Hätte man das Ding über der Frankfurter Innenstadt pro-forma zur Abwendung potenzieller Gefahren abschießen sollen (der Mann war ja offenbar kein Terrorist – stellte sich aber erst ex-post raus.)?
Ich halte das ganze Ding gerade für ne völlig unnötige Vorlage – einerseits von Leuten, die sich entweder am liebsten für jeden Fall ne gesetzliche Absicherung ihres Handelns schaffen wollen und nicht kapieren, dass (zumindest ohne das GG aus den Angeln zu heben) man nicht für alle Situationen eine Handlungssicherheit schaffen kann, ohne ganz andere Baustellen aufzutun. Manchmal muss man halt einfach akzeptieren, dass es in bestimmten, unwahrscheinlichen Szenarien ungeregelten Grauzonen gibt, und die auf schlechter Informationslage aber unter Druck getroffene Entscheidung – je nach Ausgang – einen zum Held oder Buhmann macht. Dafür ist man dann aber eben Führungskraft. Wer sich solchen Entscheidungen im Ernstfall nicht stellen kann oder will, sollte einen anderen Job machen.
Andererseits sehe ich aber auch wieder Leute am Werk, die auf Teufel komm raus (und mir nicht recht verständlichen Gründen) unbedingt erweiterte Möglichkeiten für den Einsatz der BW im Innern schaffen wollen. Tut mir Leid. Ich sehe den Regelungsbedarf auch hier nicht. Die Polizei übrigens auch nicht.
Also nochmal: Was soll das?
@ADLAS-Doe
Die politischen Vorzüge dieser Tätigkeit liegen doch auf der Hand:
1. Die große Koalition tut etwas!
Hier wird eine gefährliche Gesetzeslücke geschlossen, die die Exekutive derzeit an der entschlossenen Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Bürger hindert und hier wird der Gestaltungsspielraum der großen Parlamentsmehrheit voll zum Einsatz gebracht.
2. Man spielt die eigene Kompetenz aus.
Das Ministerium und die Politik kommen hier nahezu komplett ohne militärische Expertise aus und können die vorhande Expertise in Jura voll zur Geltung bringen.
3. Man beschäftigt sich mit medial wichtigen Dingen
Es wird versucht die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr für NATO Übungen oder Einsätze in Osteuropa durch das juristisch, politisch und ethisch viel kontroversere Thema Luftsicherheitsgesetz medial in den Hintergrund zu drängen.
Ich behaupte nicht, dass dies zwingend so stimmt. Vielleicht gibt es wirklich Politiker und Beamte, die das Thema für ungeheuer wichtig und drängend halten.
Der dümmste und tendenziöseste Artikel zum Thema „Terror-Flugzeuge: Schießt diese Frau den Vogel ab?“ dürfte m.M.n. von Gerhard Wisnewski auf Kopp-Online stehen. Wenn man aber bedenkt, daß die Mutter des Gedankens nicht UvdL ist, sondern der Vater TdM ist, ist der Artikel eigentlich gar nicht mal so schlecht.
Statt nachdem von Ihm seit März 2001 zu verantwortenden Bw-Strukturreform- und -Beschaffungsdesaster tunlichst zu schweigen, tobt der blaue Elefant TdM aus dem Wahlkreis Meißen, weiter im Porzellanladen herum und komprommitiert mit seiner „der Sack ist zu – Mentalität“ auch als Innenminister alle Fraktionen quer durch den Bundestag und auch die eigene Regierungskoalition samt Partner. Wann wird dies denn der Kanzlerin trotz, oder auch wegen aller früheren Bindungen mal endgültig bewußt?
@Vtg-Amtmann
Uff. Diese „Quelle“ sehe ich hier gar nicht gerne, auch nicht als Negativbeispiel…
@T.W..: D’accord, verstehe ich voll und ganz. Aber was glauben Sie denn, wieviele von der schwäbischen Alb, quer zum Bayerischen Wald und hoch zu so manchem westfälischen Dickschädel diese Quelle ernst nehmen, obwohl diese Quelle selbst abgrundtief als Negativbeispiel versagt.
Jetzt mal von mir ein halber OT: Da muss es doch einen A-Scramble gegeben haben?
Indische Boeing kurzzeitig über Deutschland verschwunden
[Mein Fehler: das passt natürlich viel besser in den Thread zur Grundgesetzänderung wg. Luftsicherheit. Verschiebe dies und die darauf bezogenen Kommentare dorthin. T.W.]
Indische Boeing
Das ist von SPON reisserisch aufgemacht. Die Maschine war ja nicht vom Schirm verschwunden sondern hat nur auf QSL nicht reagiert.
Passend zur Debatte auch der aktuell bekannt gewordene Vorfall einer indischen Maschine im deutschen Luftraum: Eine halbe Stunde lang war der Flieger nicht per Funk erreichbar. Beide Piloten hatten die Kopfhörer abgenommen – und vergessen die Lautsprecher aufzudrehen. Die deutschen Lotsen seien entsprechend in Panik gewesen, wie die indischen Behörden kürzlich bekannt gegeben haben.
Würden Terroristen vorher freundich durchgeben, dass nun erstmal eine anschlagsbedingte Funkstille folgt? Eine halbe Stunde über D ist eine Menge Zeit. Mit einer Kapazität von 300+ Passagieren war das auch bestimmt kein Spielzeug. Wer will das verantworten, den Vogel auf Verdacht über bewohntem Gebiet runterzuholen?
Würde mich nur interessieren, was passiert, sollte ein entführtes Flugzeug Kurs auf eine amerikanische Liegenschaft in D nehmen …
@MikeMotto:
schon klar. Wäre aber mal interessant zu wissen, was denn der konkrete Trigger für einen „A-Scramble“ ist. Und wer entscheidet das?
„nur nicht reagieren“ ist ja eigentlich genau das Szenario, das man fürchtet. Der nächste Schritt wäre dann Kursabweichung und dann….
Gute Frage f28. Welche Kriterien müssen für eine Alarmierung der Alarmrotte erfüllt sein?
Wenn 30 Minuten kein Funkkontakt nicht ausreicht – was dann?
Was einen Scramble betrifft, als aller erstes muß der betroffene Lotse/in und sein/ihr Wachleiter/in sich der Verfahren bewußt sein, und dann darf die Anwendung natürlich ’nicht-zu-viel-verlangt‘ sein!
@magmakammer:
aha. Und wie sieht das Verfahren dann aus? Wachführer greift zum Telefon, wählt Vorwahl Bonn /Bmvg? „Hallo, ich hätte gerne mal jemanden von der Luftwaffe?“ – „die sind grade zu Tisch, kann ich was ausrichten?“ usw.?
Bild berichtet, dass am 13. März laut der Webseite „Indian Express“ Flug 9W117 mit einer Maschine der indischen Fluggesellschaft „Jet Airways“ über 30 Minuten nicht auf Funksprüche der Bodenkontrolle reagiert hat…Was ich mich frage: Weiß jemand, ob Abfangjäger der LW aufgestiegen sind? Und wenn nicht, warum? Mich wundert das allgemein sehr stark, dass BILD absolut nichts zur Bw sagt. Normalerweise würde sich schon die Schlagzeile danach richten…
[Die Debatte über dieses Thema läuft bereits im Thread zur GG-Änderung, verschiebe das dorthin. Und es berichtet nicht nur Bild. T.W.]
Und hier die Ursprungsmeldung des Indian Express, auf die sich bislang alle beziehen:
http://indianexpress.com/article/india/politics/jet-flight-vanished-for-30-mins-over-germany/
Und noch zur Info: PIZ Luftwaffe bemüht sich um Klärung, was da wirklich los war am 13. März. Ich bin dran, gibt dann einen neuen Thread.
es kann doch nicht sein das die militärische luftraumüberwachung von einer Alarmierung/Initiative der zivilen Flugüberwachung abhängig ist.
Wozu gibt es denn bitteschön militärische Radarabdeckung des deutschen Luftraumes?
Ist die Alarmrotte handlungsunfähig nur weil Mindy von der Flugsicherung „in Panik ist“?
Dieser Staat verfault immer mehr von innen.
Luftwaffe beschreibt die Befehlskette so
bit.ly/1jw6YpP
D.h. anscheinend aber nur, das nicht identifizierte Objekte einen Alarm triggern, oder? Wer hingegen identifiziert ist und sich vorerst legal hier auffhält, dann aber etwas anderes macht, wird nicht mehr beachtet.
@f28
dafür gibt es das Zentrum Luftoperationen in Kalkar, und dessen Telefonnummer ist bekannt!
@wacaffe
‚es kann doch nicht sein das die militärische Luftraumüberwachung von einer Alarmierung/Initiative der zivilen Flugüberwachung abhängig ist.‘
Wer bitte sonst soll denn feststellen, dass auf per Funk gegebene Anweisungen nicht reagiert wird? Sollen alle Lotsenfrequenzen von Soldaten 24/7 gemonitort werden?
Kleiner Ausblick in die Zukunft: Hier könnten eines Tages künstliche Intelligenzen eine echte Stütze sein, selbst die autonome Handlungsfähigkeit würde ich nicht per se ausschließen.
Es werden ja schon Routen und Muster erwähnt, die einen Verdacht hervorrufen. Eine entsprechend vernetzte KI kann das unmittelbar wahrnehmen. Algorithmen rechnen dann in Sekundenbruchteilen Szenarien durch, gleichen Passiergierlisten ab und triggern „geeignete Maßnahmen“.
Aber suizidale Flugzeugentführungen werden für dieses Anwendungsgebiet ohnehin ein eher exotischer Fall sein. Zuerst kommen die „Schwärme“ der Drohnen. Zu Land, zu Wasser und in der Luft …
Die Sache ist ja auch eigentlich deutlich formuliert im Zitat von wacaffe:
„Dies erfolgt durch Abgleich von Radardaten mit Flugplänen der Flugsicherung und Dekodierung sogenannter Sekundärdaten, die von Flugzeugen abgestrahlt werden. Bei einem Eindringen eines unbekannten Objektes in den Luftraum oder der unplanmäßigen Veränderung einer Flugroute wird entweder …“
Das Sekundärradar wird brav die eigene Identität herausposaunt haben. Die Flugroute hat gepasst. Hätte die indische Maschine die Flugroute verändert, wäre es demnach zu Aktivität seitens der Luftraumüberwachung gekommen. Da diese aber „nur“ stumm und taub war und die Lotsen scheinbar nicht Alarm geschlagen haben, wird wohl auch niemand etwas unternommen haben.
@All
Beim nationalen Lage- und Führungszentrum Sicherheit im Luftraum (NLFZ SiLuRa) sitzen ja nicht nur Soldaten, sondern Vertreter vom Verkehrsministerium (DFS) und Innenministerium (Bundespolizei). Dort laufen alle Informationen zusammen und werden ggf. als CAOC, das den Alarmstart befiehlt weiter gegeben.
Wenn ein Airliner 2min nicht auf Funk reagiert erfolgt eine Meldung vom Wachleiter an das NLFZ SiLuRa. Die geben das an die NATO (CAOC+CRC) weiter. Kommt fast täglich vor, also nichts Neues. Erst wenn zusätzliche Informationen vorliegen, geht der A-SCR raus.
Nur mal so zum Verständnis, ein Airline auf dem Flug von München nach Hamburg, muss gut 9 Mal die Frequenz der Flugsicherung wechseln. Bei ca. 8.000 Flügen täglich, ist die Fehlerquote dennoch relativ gering.
Und ja, bei jedem einzelnen Vorfall „beschwert“ sich das NLFZ SiLuRa bei der Fluggesellschaft und fordert eine Stellungnahme ein.
Deshalb auch dieser Bericht, der nix mit Panik zu tun hatte. Ganz normaler Vorgang…