Wo ist der Scharfschütze?
Erst durch einen Bericht der US-Kollegen von Wired bin ich auf ein interessantes Projekt des deutschen Fotografen Simon Menner gestoßen: Der hat Scharfschützen der Bundeswehr fotografiert – genauer: die Umgebung, in der sich die Scharfschützen getarnt versteckt haben. Gar nicht so einfach zu finden…
Wer es ausprobieren will: Die Fotos (mit Auflösung) als Slideshow hier; Menner schreibt über sein Projekt:
On the Project Camouflage
Even though they are invisible due to their professionalism, there are hidden snipers in every of these images. They are aiming at the camera and therefore at the viewer.
I had the very friendly support by the German Army who made this series possible by providing me with two of their snipers and a whole day of time.
In 2013, I got the permission to extend this project in the German Alps. Once again I am extremely grateful for the generous support of the German Army and the professional work of the soldiers invloved in this project.
(Foto aus der Serie mit freundlicher Genehmigung von Simon Menner)
Respekt!
Manchmal ist die Wahl der Stellung unglücklich (z.B. dem dem riesigen einzelstehenden Baum), aber ansonsten wirklich gut. Gerade das zweite Bild im Kies-/Steinbett bzw. dem Flusslauf war beeindruckend.
da muß ich doch spontan an Ulrich Roski denken:
„Ich lache herzlich, dann seh‘ ich am Wegesrand
ein paar Pilze und hab‘ sie schon fast in der Hand,
als mich eine Stimme laut „Vorsicht!“ warnt:
„Das sind welche von uns, als Morcheln getarnt.“
Ah, Suchbilder :-).
Mpf. 3 von 10, und von denen bei zweien „könnte sein, oder auch nicht“, bei einem habe ich den Lauf erspäht.
Interessante Analogie, die der Künstler da zieht.
(Der Satz „He wants to shoot snipers in the desert, which changes the scenery.“ ist ja auch sehr …treffsicher, thematisch gesehen.)
Schöne Bilderserie
Diese möchte ich zum Anlass nehmen die obige Frage („Wo ist der Scharfschütze?“)
etwas breiter zu fassen.
Wo ist der Scharfschütze (der Bundeswehr) in der Konzeption, Planung, Personal, Ausbildung, Ausrüstung und im Einsatz?
Zweifellos hat das Scharfschützenwesens seit Einführung des G22 (Ende der 90er) erhebliche Fortschritte gemacht.
Zuvor kann man ja eigentlich nicht von einem echten Scharfschützenwesen sprechen.
Die Einsätze der letzten 10 Jahre haben die Scharfschützen weiter professionalisiert.
Nicht nur die Scharfschützen des Heeres in AFG, sondern auch die der Lw (bei ISAF) und die der Marine (bei ATALANTA). Trotzdem konnten und können die deutschen Scharfschützen ihr gesamtes Potential nicht ausschöpfen. Warum?
Obwohl ein Scharfschützentrupp als hochpräzise Waffe dem Anspruch deutscher Sicherheitspolitik mehr als andere Waffensysteme gerecht wird (hoher Eigenschutz, minimale Kollateralschäden) stehen die Scharfschützen nicht im Fokus der militärischen Führung. Viele der Impulse der Truppe werden seit Jahren ausgebremst – die Frustration steigt erheblich. Insbesondere durch den sehr ignoranten Umgang mit einsatzerfahrenem Personal (Weiterverpflichtungsproblematik) und wachsende Probleme mit dem Material entsteht an der Basis der Eindruck man sei nicht erwünscht bzw. unwichtig.
In der Ausbildung stehen die nächsten Rückschläge schon bevor (Personalreduzierung Schießinspektion).
Ein zukunftsweisendes Gesamtkonzept für die Weiterentwicklung des Scharfschützenwesens fehlt weiter.
Internationale Ideen gibt es genug: http://www.youtube.com/watch?v=OQVq2pzWJdg
Es bleibt nur zu hoffen, dass einige tapfere Kämpfer an der Papierfront durchhalten – echten Rückenwind „von oben“ haben sie leider nicht.
Gerade Deutschland sollte jedoch hochleistungsfähige Scharfschützentrupps haben – diese werden benötigt werden. beinahe egal in welcher Art von Einsatz (einschl. sog. „Nicht-Kampfeinsätze“).
Wo ist der Scharfschütze im Jahr 2020?
Sehr interessante Bilder! Ich fand ja schon einfaches Flecktarn im Gelände einen Augenöffner (naja eher das Gegenteil eigentlich), aber das ist nochmal was anderes…
@Memoria
Der Scharfschütze ist da wo das bewaffnete UAV auch ist: Im Spektrum der Mittel, die Politiker scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Militärische Argumentation wird auf absehbare Zeit nicht so viel bringen. Jedem mit etwas Verstand und etwas militärischem Wissen ist klar, dass ein Scharfschütze oder ein Drohnenangriff sehr präzise sind. Jedem ist auch logisch nahezubringen, dass der Effekt eines Artillerieschlags auf den „roten“ Divisionsstab dem Ausschalten des Rebellen-/Terroristen-/Aufstands-/wasauchimmer-Strippenzieher im asymmetrischen Szenario entspricht. Nur die Diskussion und diese Argumentation öffentlich zu führen ist derzeit wahrscheinlich politischer Selbstmord.
Es ist so dermaßen einfach das gezielte Töten aus dem „Nichts“ dem zivilen Attentat oder Mord gleichzusetzen, dass JEDE Zeitung dieses Landes dem Impuls niemals widerstehen würde.
@drd:
Das Dauerargument „politisch nicht gewollt“ greift (auch) hier aus meiner Sicht zu kurz.
Abgeleitet aus dem geforderten Fähigkeitsspektrum sind Scharfschützen ein Muss – und ich kenne auch keine Forderung von Union, SPD, Grüne, FDP ja sogar nicht mal der LINKEN zur Abschaffung von Scharfschützen. Im Bereich ZF-Schützen wurde durch die Politik sogar die Einführung von verbesserten und neueren Waffen (G3A5-DMR und G28 erheblich unterstützt.
Die Politik war auch nicht gegen die Weiterverpflichtung von Scharfschützen oder gegen eine bessere Ausbildung von Scharfschützen.
Es mag derzeit keinen Rückenwind aus der Politik geben, aber muss es das?
Derzeit kommt der Gegenwind von Leuten in Flecktarn und Feldgrau.
Guten Nabend,
Ich weiß nicht ob der Link hier veröffentlicht werden darf aber laut janes.com
http://www.janes.com/article/35203/germany-looks-for-new-338-lapua-magnum-sniper-rifle
ist die BW auf der suche nach einem neuen Scharfschützengewehr im Kal. 338 Lapua Magnum. Vielleicht trägt es etwas zur Diskussion bei.
Ich habe vor kurzem erst eine Ausschreibung über ein Scharfschützengewehr G29 im Kalber 8,6mmx70 (also .338 Lapua Magnum) gesehen, finde sie aber nicht mehr. Das Gewehr sollte allerdings in einer Stückzahl von 115 Gewehren ausschließlich für die Spezialkräfte beschafft werden.
Politisch nicht gewollt ist auch gar nicht der Punkt, den ich ausdrücken wollte. Schon die bloße Beschäftigung mit diesen Themen erscheint mir nicht gewollt. „Am besten gar nicht drüber nachdenken…“
Warum aber schon weit vor der Ebene die Probleme anfangen… Vorauseilender Gehorsam (evtl. basierend auf falscher Einschätzung der Intention den übergeordneten Führung…) und Karriereangst? Was anderes fällt mir da jedenfalls nicht ein.
Derartige Phänomene finden sich allerdings auch in vielen anderen Bereichen, z.B. Datenschutz fällt mir spontan ein. Da wird auch schon ganz ganz weit unten in der Arbeitsebene nach Kräften blockiert obwohl in Politik und Ministerium das Thema im militärischen Umfeld sehr differenziert betrachtet wird.
@Stephan L.:
Ja die G22 und G22A1 erreichen das Ende der Nutzungszeit (nach 20 Jahren wenig überraschend). Viele Waffen sind schon jetzt am Ende der Belastungsgrenze.
Für die normale Truppe soll auch ein Nachfolger des G22 beschafft werden – nur wann ist noch nicht klar. Wenn man sich die Zeitlinien beim G29 anschaut, dann kann es noch ein paar Jahre (ca 3-5 Jahre) dauern bis diese Waffe (oder eine andere Waffe) wirklich in der normalen Truppe ankommen wird. Aber immerhin dann geht es in dem Bereich endlich voran – nachdem man die Hinweise über Jahre ignoriert hat.
Noch wichtiger als die Regeneration des Materials ist die des Personals – hier gibt jedoch wachsende Probleme. Personalbindung- und Personalgewinnung. In einer Zeit in der immer mehr Ausbildung in der Truppe stattfinden soll (dort jedoch die Materiallage sehr bescheiden ist). Eine vorprogrammierte Abwärtsspirale. In Gang gesetzt insbesondere von Formalisten im AusbKdo (also nicht die Politik!).
Aber laut InspH ist ja alles gut und Schwerpunkt ist jetzt wieder die ZDv 37/10…
Das Teilnahmeverfahren für G29 (KSK und KS) ist beendet – bedeutet, dass sich die Unternehmen bis jetzt bewerben konnten. Die Teilnehmeranzahl an dieser Ausschreibung dürfte beachtlich sein. Interessant dürfte die Auswahl deshalb werden, da sie eine erste Durftmarke für den G22 Nachfolger darstellen könnte. Dieses Verfahren wird wohl irgendwann 2015 in die Wege geleitet werden.
P.s. Das G28 ist in überwiegender Anzahl nicht in den Händen von ZF-Schützen gelandet, wie eigentlich proklamiert, sondern in Scharfschützenhänden. Es dürfte auch ziemlich schnell klar gewesen sein, dass das G28 niemals für den einfachen ZF-Schützen gemacht war, sondern für den Spotter der die stark vergrößernden Optik gut gebrauchen kann. Eine echte DMR Waffe für den ZF-Schützen gibt es also weiterhin nicht in der BW. Warum und wieso, muss man die Leute fragen, welche bei der Konzeption des G28 dabei waren.
@drd:
Volle Zustimmung!
Allzuviel ist Selbstblockade durch vermeintlich (!) politisch korrektes Verhalten.
Dazu ein interessantes Zitat eines Verbindungsoffiziers der DSK bei der niederländischen Air Mobile Brigade 11:
„Hier ticken die Uhren etwas anders. Zielorientiertes Arbeiten ist oberste Devise. Tägliche Probleme werden unbürokratisch, einfach und schnell gelöst“
http://tinyurl.com/pleea53
Wie werden Scharfschützen zur Eigensicherung mit technischen Mitteln aufgeklärt, gibt es Entwicklungen dafür in der Zukunft Drohnen o.ä. einzusetzen?
OT: Doku Soldatenleben des SWR http://www.ardmediathek.de/swr-fernsehen/dokumentarfilm/ein-soldatenleben-zwischen-afghanistan-und-familie?documentId=20108634
@ Rico – Vorallem über akustische- und optische Systeme. Wegen akustischer Aufklärung finden Schalldämpfer eine immer weitere Verbreitung (Nur die BW ist da mal wieder hinterher) gegen Infrarotaufklärung helfen entsprechende Planen. Der Scharfschütze bleibt auch im 21Jh. ein extrem schwer aufzuklärender Gegener (vor allem bei entsprechender Ausbildung)
@Bang50:
Wenn die Beschaffung 2015 eingeleitet wird (sehe ich auch so), dann muss die Truppe jedoch Großteils bis mind. 2017 auf neue Waffen warten.
Davor: Einplanung in die Mittelfristplanung, Berücksichtigung im Haushalt, Europaweite Ausschreibung, Auswahlverfahren, Erprobung und Einsatzprüfung, Vertragschschluss, Fertigung, Erstellung Vorschriften, Abnahme, Einsteuerung in das logistische System der Bundeswehr, Multiplikatorenausbildung, Erstausbildung in der Truppe, Neugestaltung Lehrgänge. (für den ein oder anderen Mitleser zur Veranschaulichung).
Die in der Truppe verbreitete Hoffnung hier werde sich „bald“ was ändern sehe ich daher skeptisch.
Davor ist noch so mancher ISAF-erfahrene Truppführer im BfD..
… nachdem er erst nicht weiter verpflichtet werden konnte und als es dann doch ging immer klarer wurde, dass es vorne (Material) und hinten(Führung, Ausbildung) fehlt – da suchte dann auch er den Absprung…
Zum G28:
Da sind wir uns ja bereits einig, dass dies vorprogrammiert war.
Und besser nicht mehr zu diesem unseligen Thema.
And now for something completely different…
1. Beim Betrachten der Bilder kommt unweigerlich die Assoziation an den Monty-Python-Sketch „How not to be seen“:
http://www.youtube.com/watch?v=ltmMJntSfQI
2. Sechzehn Kommentare und noch keine Beschwerden über den Anzug?
(Bitte um Verzeihung für die mangelnde Ernsthaftigkeit – finde die Sach-Diskussion äußerst interessant und lehrreich.)
OT: Zum Einsatz bewaffneter Drohnen gibt es eine Resolution des EU Parlaments. Ist das bekannt?
Will ja nicht meckern, aber ist das nicht eine olle Kamelle?
http://einzelplan14.wordpress.com/2011/03/27/im-verborgenen/
Eindrucksvolle Bilder – und die Tarnungen sind wirklich bemerkenswert. Aber bei einigen Motiven frage ich mich: wie führen die Schützen nach Schussabgabe ihren Stellungswechsel durch, ohne mit üblichen infanteristischen Mitteln wie DF oder ZF – auch auf Distanzen zwischen 600 und 1200 Metern – aufgeklärt zu werden ?
Einige Stellungen (e.g. einzelstehende Birke, Geröllmulde) sind doch ziemlich offen im Gelände, so dass ein unbemerktes Ausweichen in durch Bewuchs oder Geländeformen gedeckteres Terrain kaum möglich scheint. Oder verbleiben die Scharfschützen nach Bekämpfung eines (oder mehrer) Zieles/Ziele in ihrer Deckung bis sich die von ihnen bekämpften Gegner irgendwann aus dem Zielraum entfernen ?
@CRM-Moderator
Ich hatte ja schon oben eingangs angemerkt, dass ich erst durch den Wired-Bericht darauf gestoßen bin; die damalige Meldung ist mir in der Tat durchgegangen. Andererseits hat der Fotograf 2013 die Serie mit neuen Bildern fortgesetzt…
@schleppi
Hatte das am Rande irgendwo gesehen, aber nicht weiter verfolgt… (Wenn Sie einen direkten Link dazu haben, freue ich mich über eine Mail.)
@ Etienne Rheindahlen
Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, die meisten Fotos wurde vom Fotografen inszeniert. Gerade die Stellung neben der einzelstehenden Birke ist ja schon sehr auffällig.
Zeit-Online 21. Jan 2014
„Die US-Army testet „Smart Rifles“ der Firma Tracking Point. Der Computer der Gewehre macht aus jedem einen Scharfschützen und gibt einmal markierte Ziele per WLAN weiter.“
Darüber wurde in allen namanhaften Zeitungen berichtet. Da kann man sich nun drüber erregen oder nicht, diese Waffe wird kommen und sie wird eingesetzt werden. Insofern hat der Scharfschütze offensichtlich bald ausgedient, denn diese Waffe beherrscht auch Lieschen Müller. Das Video von der HP der Firma Tracking Point ist selbstverständlich auch auf YouTube verlinkt, insofern verwende ich auch diesen Link.
http://www.youtube.com/watch?v=LvbyAcYjzlc
@ baus …
steile these. das scharfschützenwesen ist ja nur zu einem geringen teil aufs abkrümmen konzentriert. ein ähnliches system gab es auch schonmal bei „future“ weapons und anderen milpr0n-sendungen.
vereinfacht das treffen fraglos, aber ersetzt nicht taktik und erfahrung eines dezidierten scharfschützen. sowas dürfte eher dem ZF schützen mit geringerer spezialisierung eine große hilfe sein.