Zwischenruf: Kultur der Zurückhaltung mit anderen Mitteln?

Nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bestimmt nun ein anderes Thema die Wahrnehmung der Verteidigungsministerin in der Öffentlichkeit. Von dem Interview Ursula von der Leyens im morgigen Spiegel und der begleitenden Geschichte der Spiegel-Kollegen zu einer neuen Kultur der Auslandseinsätze (ebenfalls noch nicht online), vielleicht auch von dem Interview der Ministerin heute abend in der ARD, wird öffentlich eine Aussage wahrgenommen: Deutschland soll und will sich, so das Bestreben von Verteidigungsministerin und Außenminister Frank-Walter Steinmeier, militärisch viel mehr als unter der schwarz-gelben Koalition mit Soldaten weltweit engagieren.

So weit die plakative Aussage – und über die wird jetzt gestritten.

Faktisch sieht das alles (noch?) ein bisschen anders aus. Von Finanzpolitik habe ich keine Ahnung, wage trotzdem mal einen hinkenden Vergleich: Der Euro steckt in der Krise, die Finanzminister der EU-Staaten beraten immer wieder über Rettungsmaßnahmen. Da wagt die Bundesregierung einen beherzten Schritt: Um die anderen EU-Partner zu entlasten, wird sich die Bundesbank energisch an den Maßnahmen beteiligen – und für die anderen Notenbanken die ganze Organisation der Einführung des neuen 10-Euro-Scheins übernehmen.

(Ich entschuldige mich schon mal bei den Soldaten, die von einer Aufstockung des Mali-Kontingents um 70 Mann betroffen sein könnten und diesen Vergleich unfair finden.)

Die Rede ist von dramatischen Krisen, die Rede ist von mehr deutschem – neben zivilem auch militärischem – Engagement. Der Dramatik der Krise angemessen werden dann Einsätze geplant, die in anderen, auch europäischen Ländern als administrative Maßnahme unterhalb der Wahrnehmungsschwelle gelten.

Ja, es muss die Debatte geben, warum sich Deutschland mit der Bundeswehr irgendwo in der Welt engagieren sollte. Und wenn die politische Mehrheit in diesem Land der Meinung ist, dass das nötig ist, muss sie auch die entsprechenden Beschlüsse fassen. (Nebenbei: einen Einsatz in Afrika sehe ich persönlich auch im deutschen Interesse – nicht um französische Wirtschaftsinteressen zu befördern, sondern um Auswirkungen vorzubeugen, die unter anderem über Flüchtlingsströme bei uns ankommen werden).

Den großen Worten der Verteidigungsministerin und des Außenministers folgend, würde man ja fast den Einsatz eines verstärkten Bataillons der deutsch-französischen Brigade mit 2.000 Mann erwarten. Danach sieht es aber ganz und gar nicht aus – oder doch?

Aber so? Das große Drama beschwören und dann minimale Mittel dagegen bereitstellen? Das ist, pardon, die Kultur der Zurückhaltung, nur mit anderen Mitteln. Und anders kommuniziert.

(Das war jetzt, etwas abweichend von meinen übrigen Einträgen hier, ein sehr persönlicher Kommentar.)