‚Selig sind die Friedfertigen‘ – Das EKD-Papier zu Afghanistan
Was ist eigentlich aus christlicher Sicht zum (Kriegs)Einsatz in Afghanistan zu sagen? (Bild oben: US-Soldaten beim Weihnachtsgebet im Einsatz am Hindukusch)
Dazu hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) heute ein Papier ihrer Kammer für öffentliche Verantwortung veröffentlicht, das schon zuvor – auch hier im Blog – zu heftigen Diskussionen geführt hat. Wer sich selbst ein Bild machen will, hier ist es:
„Selig sind die Friedfertigen“ – Der Einsatz in Afghanistan: Aufgaben evangelischer Friedensethik EKD-Texte 116
Dazu hat sich auch bereits heute morgen der EKD-Ratsvorsitzende Nicolaus Schneider im Deutschlandfunk geäußert.
(Am heutigen Montagabend sitze ich in Berlin auf einem Podium, das über dieses Papier debattiert – mal sehen, was ich davon für Augen geradeaus! hinterher aufbereiten kann.)
(Foto: Chaplain (Maj.) Robert Allman (middle) with Headquarters and Headquarters Troop, Combined task Force Dragoon, gathers fellow troopers together during a Christmas service Dec. 25, 2013, at Combat Outpost Shur Andam, Afghanistan – U.S. Army Photo by Sgt. Joshua Edwards via Flickr unter CC-BY-Lizenz)
Ich geb zu, ich hab den ersten Teil nur überflogen, aber bei dieser Stelle:
“ Einige zivile Akteure sehen darin aber die Instrumentalisierung ziviler, politischer und entwicklungspolitischer Maßnahmen für eine Kriegführung „niedriger Intensität“. Dies
würde die in der Denkschrift für bewaffnete Friedenserzwingungsmissionen formulierten Grenzen überschreiten, den Schutz der Zivilbevölkerung der militärischen
Bekämpfung gegnerischer Kräfte unterordnen, und die Komplexität des friedenspolitisch Notwendigen unterschätzen.“
Nachdem ich oben zitierten Absatz mehrfach gelesen habe, bin ich ausgestiegen.
Was wäre den werten Herrschaften denn genehm? Lieber Kriegführung hoher Intensität ohne die „Instrumentalisierung ziviler, politischer und entwicklungspolitischer Maßnahmen“? Kein Problem, B52 dürften ja noch in ausreichender Zahl vorhanden sein, dann hinterher einen Trupp vom Technischen Gebäudemanagement eingeflogen, die dann (sobald sich der Rauch gelegt hat) die Abgrenzungslinien auf dem „größten Parkplatz der Welt“ pinseln können.
„…den Schutz der Zivilbevölkerung der militärischen Bekämpfung gegnerischer Kräfte unterordnen“
Also entweder habe ich beim „people centric approach“ etwas mißverstanden, oder die Herren und Damen Verfasser der Denkschrift haben da ein gaaanz dünnes Brett gebohrt…
Kann mich da BITTE jemadn aufklären!?! Danke im Voraus!
es geht eben um selbstreferentielle Milieubeglückung und nicht um kritisch rationale Analyse geschweige denn echtes Interesse an der Thematik.
Jedes „verstehenwollen“ muss daher scheitern weil es schon von der falschen Prämisse ausgeht dem Text läge eine stringente Argumentation zugrunde und kein wildes amalgam unzusammenhängender Platitüden und Phrasen.
Passend dazu von heute die Meldung, dass die vatikanischen Friedenstauben von aggressiven Vögeln angegriffen wurden. Die abstürzenden Friedenstauben sehen trotz aller praktizierten Friedensethik alles andere als „selig“ aus:
http://www.spiegel.de/fotostrecke/vatikan-moewe-und-kraehe-greifen-friedenstauben-an-fotostrecke-106230-4.html
Das EKD-Papier stellt einen ähnlichen Absturz dar, der schon damit beginnt, dass der Einsatz vollkommen falsch verstanden wird. Es geht nicht um „Frieden“, sondern um den Sieg über dei Aufständischen bzw. um die Befähigung der Regierung, sich dauerhaft gegen diese durchzusetzen. Wenn man nur „Frieden“ haben wollte, hätte man 2001 nur die kurz vor dem Sieg stehenden Taliban unterstützen müssen.
Das Papier scheitert auch daran, den betont unpolitischen Anspruch der Bergpredigt, der allenfalls einen individuellen Märtyrer-Ethos begründen kann der nicht nach den Konsequenzen seines Handelns fragt, mit den Erfordernissen der Politik zu verbinden. So springt man dann auch recht schnell von der Bergpredigt zum Völkerrecht, das für die EKD einen ähnlichen Stellenwert zur Begründung ethischer Aussagen einzunehmen scheint wie die Bibel. Diesen Anspruch kann das Völkerrecht, also die größtenteils in einem ganz anderen Kontext getroffenen mehr oder weniger verbindlichen und höchst auslegungsfähigen Vereinbarungen zwischen Staaten, kaum erfüllen. Man würde ja auch nicht die die Straßenverkehrsordnung irgendeine höhere Moral hineininterpretieren.
Das Papier scheitert also schon im Grundsatz, und man könnte viele Seiten mit der Kritik der folgenden, meist auf einem unvollständigen Verständnis militärischer und strategischer Sachverhalte beruhenden Ausführungen füllen.
@K. Müller
Wenn die EKD jetzt noch den geistigen Sprung zu den „de-facto-Kombattanten“ schaffen würde, wären wir einen großen Schritt weiter…
Nach 54 Seiten Lektüre dieser in vielen schwierigen Fragen leider nicht Orientierung gebenden, weil im einerseits/andererseits stecken bleibenden Schrift ärgert mich als bekennenden evangelischen Christen vor allem der Titel: „Selig sind die Friedfertigen“. Was sind wir, die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, denn nun in den Augen der Kirche, Herr Ratsvorsitzender? Friedfertig? Oder nicht friedfertig?
Zu einer klaren Antwort ohne Interpretationsspielraum konnte sich die Kammer nicht durchringen. Ich empfinde das als bitter. Und als arm. Dabei denke ich an Matthäus 5,4: „Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr.“
Ist Matthäus 5.3, wobei ich da bei manchem eher „geistig“ statt geistlich nehmen würde.
Es geht in diesem „Friedenspapier“ ganz offensichtlich nicht (allein) um eine Einordnung des Militäreinsatzes in Afghanistan aus evanglisch-lutherischer Sicht, sondern um eine protestantisch politisch-ideologische Stellungnahme.
Ärgerlich ist nicht allein das Ignorieren der Eigenheiten asymmetrischer Auseinandersetzungen, bei deren Bewertung das International Committee of the Red Cross ICRC inzwischen deutlich weiter ist als die institutionelle evangelische Kirche.
Vier Dinge fallen mir auf ersten Blick in der Schrift der evangelischen Friedensengel besonders auf:
1. Die „Kammer“ ist sich untereinander in kaum einem Punkt einig. Wer als protestantischer Soldat eine Handlungsempfehlung erwartet, bleibt hilflos zurück.
2. Das EKD-Papier ist kulturell völlig blind. Con der eigenen theologischen Perspektive überwältigt, ignoriert die Kammer, dass der Afghanistan-Einsatz in einem Umfeld spielt, in dem andere kulturelle, politische und gesellschaftliche Regeln gelten.
3. Das Alte Testament wird hier von den Verfassern sehr speziell ausgelegt, wenn das sechste Gebot immer noch mit „Du sollst nicht töten“ übersetzt wird, das hebräische Original aber den Begriff „ratsah“ gebraucht – und das bedeutet „morden“ / „widerrechtlich töten“, ein charmanter Unterschied.
4. Mit dem Neuen Testament und der Bergpredigt im Besonderen ist das Papier kaum besser. Denn das „Totschlagargument“ (sorry ;-) ) vom „die andere Wange hinhalten“ bezieht sich – jedenfalls neuerer Forschung nach – nicht darauf, sich alles gefallen zu lassen, sondern darauf, sich nicht von Beschimpfungen und Beleidigungen provozieren zu lassen (Schlag mit der rechten Rückhand als Herausforderung). Jesus hat schließlich dem Knecht des Hohepriesters selbst auch nicht die „andere Wange“ hingehalten, als der ihn schlug (Joh 18,23), sondern die (wenn auch verbale) Auseinandersetzung gesucht.
Ich empfehle der EKD die Lektüre der „Kriegsleuteschrift“ von Martin Luther.
Ich hatte auf eine echte Auseinandersetzung mit der Thematik gehofft, bin aber wieder einmal enttäuscht worden; warum haben meine Vorredner bereits ausgeführt.
Man kann das auch unter „Klientelpolitik“ ablegen: Andere (und vor allem wertvolle) Aussagen, als die für das übliche (interne) Publikum bisher getätigten, sind einfach nicht vorhanden.
EKD goes „Ich mach mir meine Welt, wie-de-wie-de-wie sie mir gefällt…“ – ohne auch nur ein einziges Mal über den Tellerrand (bzw. auf den Kontext) zu blicken.
Man kann ja gerne heute abend bei der entsprechenden Veranstaltung vorbeischauen und sich kritisch äußern…
Ich werde als lauschender Beobachter da sein, für fachliche Kritik fühle ich mich dann doch nicht berufen.
„Die Ziele der ISAF-Beteiligung der Bundeswehr wurden in den seit 2001 jährlich
erneuerten Mandaten des Deutschen Bundestags — wie üblich — immer nur
sehr allgemein und ohne Angabe präziser, überprüfbarer, auf ein friedenspolitisches
Gesamtkonzept bezogener Teilziele formuliert.“ (EKD-Texte 116, S.19, Nr. 12)
Hier muss man den Damen und Herren Verfassern aber zustimmen, es ist schließlich auch genau der Fakt, welcher dieses Forum mit Blick auf MALI umtreibt. Da die Hoffnung zu letzt stirbt, vielleicht liesst es in Berlin ja mal jemand und denkt darüber nach.
Ganz so negativ, wie von einigen Bloggern hier kommentiert, sehe ich das Papier nach erster Lektüre nicht. Bei einem Teil der Kammer ist zwar die Gutmensch-Attitüde nicht zu verkennen, aber immerhin scheint ein anderer Teil der Kammer – wobei man gern wüsste, wie groß dieser ist – die Verhältnisse in Afghanistan einigermaßen realistisch einzuschätzen. Was die Kritik an der Gesamtkonzeption des Einsatzes (zivil wie militärisch) anbetrifft, teile ich sie überwiegend. Den Schlussfolgerungen der erstgenannten Gruppe kann ich mich allerdings nicht anschließen.
Den Titel des Papiers „Selig sind die Friedfertigen“ finde ich wie @Minenjäger ärgerlich und missverständlich, weil er zumindest unterschwellig suggeriert, Friedenserhaltung oder -erzwingung mit Waffengewalt widersprächen einem solchen Anspruch.
Insgesamt gibt die Denkschrift durch die gleichwertig nebeneinander dargestellten, sich tatsächlich aber ausschließenden Positionen keine Orientierung. Als Diskussionsgrundlage halte ich sie jedoch für brauchbar. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse der von T.W. angekündigten Podiumsdiskussion.
Sorry – aber bei ‘Selig sind die Friedfertigen’ und EKD muss ich automatisch an `Gepriesen sind die Skifahrer‘ und Monty Pythons Leben des Brian denken.
Wobei der Film sicher mehr Menschen erreicht hat und mehr Nachhall in der Weltgeschichte finden wird…
Was würde die EKD eigentlich davon halten, wenn das BMVg ein Positionspapier zu Glaubensfragen und deren Umsetzung in der evangelischen Kirche verfasst? Was sagen eigentlich die Militärgeistlichen dazu? Hat man sie überhaupt gefragt?
Die Stoffsammlung des Papiers ist ja durchaus tiefgründiger als der Aufsatz von Herrn Papier erwarten ließ. Am entscheidenden Punkt scheint man jedoch vor der eigenen Recherche zurück zu schrecken:
Man kann sich nicht einmal darauf einigen, dass die Position des IKRK zur direkten Teilnahme an bewaffneten Konflikten die Grundlage für eine Zielauswahl bilden kann (S. 22). Es wird auch nicht herausgearbeitet warum dies so ist, stattdessen wird das Thema gezielte Tötungen mit dem Tod von Osama bin Laden vermischt. Hier enttäuscht das Papier.
Gerade hier wäre mehr Tiefe notwendig gewesen, stattdessen allerlei Allgemeinplätze zu Mandatierung, Drohnen und PTBS.
An anderer Stelle wird erwähnt, dass Soldaten nur im Rahmen der Notwehr und Nothilfe töten dürfen. Wie weitgehend ist der Begriff der Nothilfe zu fassen?
Sind Angriffshandlungen auf operativer Ebene noch Nothilfe?
Mein Fazit: Thema verfehlt.
„An anderer Stelle wird erwähnt, dass Soldaten nur im Rahmen der Notwehr und Nothilfe töten dürfen. “
was nicht nur rechtlich grob falsch ist sondern letztlich dem Soldatenberuf die existenzgrundlage entzieht. die durchsetzung von militärischen Zielen erfordert per definitionem aktives handeln und nicht passives reagieren.
man versucht hier auf primitivste art und weise einen normativen rahmen als gegeben hinzustellen (bzw. fantasiert in herbei) der militärisches handeln de facto verunmöglichen würde.
personen dieser coleur haben mal die „strukturelle nichtangriffsfähigkeit“ der deutschen Streitkräfte propagiert. mittlerweile scheint eher „strukturelle wehr- und hilflosigkeit“ angesagt.
der werterelativismus der dieser ideologie zugrundeliegt wurde ja schon thematisiert und zeigt sich besonders deutlich in der durchscheinenden pauschalen Ablehnung tödlicher gewalt unabhängig davon WER eigentlich WOFÜR zu diesem mittel greift.
p.s. kann mir noch mal jemand erklären wir man diesen schönen grauen zitierblock erzeugt. merci
@ Interessierter
Kann mich da BITTE jemadn aufklären!?! Danke im Voraus!
Mehr dazu steht in Abschnitt 17) auf Seite 24.
Die Ansicht „einiger ziviler Akteuere“ läßt sich aber mit „Wenn die Politik das Interesse verloren hat, die Medien nicht mehr hinschauen und die Bundeswehr abgehauen ist, dann sind wir immer noch da“ glaub ganz gut auf den Punkt bringen. Ist natürlich umso treffender, wenn aus Deutschland nur populistische Symbolpolitik kommt, die sich arg offensichtlich nicht um die Belange der Bevölkerung vor Ort schert. Von daher ist die Entscheidung von beispielsweise der International Afghan Mission (seit 1966 in Afghanistan) oder der Kinderhilfe Afghanistan (seit 1998 in Afghanistan), sich nicht von ISAF abhängig zu machen, durchaus rational. Und die Realität hat ihnen ja recht gegeben. Leider.
@ ‘Selig sind die Friedfertigen’
Trifft es doch auf den Punkt. Krisenprävention und positiver Friede haben die Schwerpunkte zu sein, Feuerwehreinsätze haben die Ausnahme zu bleiben. So oder so hat ein nachhaltiger Friede im Vordergrund zu stehen. Ist eigentlich eine Binsenweisheit. Und trotzdem ist die deutsche Außenpolitik meilenweit davon weit entfernt.
@ BausC
Was würde die EKD eigentlich davon halten, wenn das BMVg ein Positionspapier zu Glaubensfragen und deren Umsetzung in der evangelischen Kirche verfasst?
Ich wär ja schon froh, wenn das BMVg ein Positionspapier zum Afghanistaneinsatz oder zu friedenserzwingenden Einsätzen generell vorlegen würde. Da ist das EKD-Papier um einiges näher an der Realität als das dortige wattebäuschige Schöngeschreibsel.
Beispielsweise wäre sowas wie der Punkt 18) auf Seite 25 wäre doch seitens der Bundeswehr undenkbar, und der Punkt 16) auf Seite 23 hat mehr Substanz zu Kampfdrohnen als alles was Frau von der Leyen bisher hat verlauten lassen.
@wacaffe:
Es scheint innerhalb des Papieres sogar an diesem entscheidenden Punkt keinen Konsens zu geben:
„In bewaffneten Konflikten sind die Soldaten zu einem über Notwehr und Nothilfe
hinausgehenden Einsatz militärischer Gewaltmittel berechtigt, und ihr Waffengebrauch
ist nach humanitärem Völkerrecht (das an die Stelle des früheren kriegsrechtlichen
ius in bello getreten ist) zu beurteilen.“ (S. 20)
„Nur im Falle der Notwehr und Nothilfe kann es für Christinnen und Christen eine
Ausnahme vom Gebot „Du sollst nicht töten!“ (5. Mose 5,17; 2. Mose 20,13) geben.“ (S. 37)
Daraus kann man logisch folgern, dass (evangelische) Christen keine Soldaten werden können.
Der innere Widerspruch scheint den Verfassern nicht einmal aufzufallen.
Relativismus in Reinform.
@wacaffe
EKD-Geschreibsel kann ich nicht mehr ernst nehmen, seit der ehem. Vorsitzenden, die für Taliban beten wollte, Wasser gepredigt, Wein gesoffen und dann Auto gefahren ist.
Kurze Rückmeldung des „stillen Beobachters“: Die Veranstaltung krankte leider daran, das man ein ziemlich umfangreiches Thema, das natürlich eine Menge Publikumszuspruch und -kommentierung befeuerte, noch durch ein insgesamt fünf-köpfiges Diskussionspodium total überlastete…
In diesem Rahmen hätte man mindestens vier Stunden ansetzen müssen, durch Einleitung, Vorstellung und Abschluß blieb aber gerade mal eine Stunde übrig.
@ Someone
wenn schon, dann bitte die ehemalige Ratsvorsitzende. Soviel Zeit muss schon sein.
@ Fussgänger.
Stimmt. Ich teile Ihre Einschätzung. Dass sich General Glatz der Stimme enthalten hat habe ich auch erst bei der Veranstaltung am Gendarmenmarkt gehört.
Uff, bin jetzt zurück und werde heute Abend bestimmt nix mehr machen.
In der Tat, fünf Leute auf dem Podium macht es nicht einfach…
Wie ist denn das Interesse, das nachzuhören? Audio-Datei?
Hi, ja Audio-Dat. wäre gut :-)
@J.R.
„Die Ansicht “einiger ziviler Akteuere” läßt sich aber mit “Wenn die Politik das Interesse verloren hat, die Medien nicht mehr hinschauen und die Bundeswehr abgehauen ist, dann sind wir immer noch da” glaub ganz gut auf den Punkt bringen. Ist natürlich umso treffender, wenn aus Deutschland nur populistische Symbolpolitik kommt, die sich arg offensichtlich nicht um die Belange der Bevölkerung vor Ort schert.“
Tut mir leid, das Argument sticht (bei mir) nicht. Weder Öffentlichkeit (inkl. Medien) noch Politik, interessieren sich für den Kosovo. Wir sind immer noch dort und machen unseren Job.
Wie bringen Sie das mit Ihrer These in Einklang?
@Memoria, @Someone & @all:
Zum von Ihnen bezeichneten „Relativismus in Reinform“ und zum „Geschreibsel“ vergleiche man bitte die Quelle: „DAS RECHTE WORT ZUR RECHTEN ZEIT“ (Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirche, Hannover/Berlin, im Juli _2_0_0_8_ , angenommen vom Rat der EKD unter Bischof Dr. Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der EKD.
Darin steht unter „1. WELCHEN AUFTRAG HAT DIE KIRCHE“ (dort Seite 21 & 22):
„15) Rechthaberei, Bevormundung und Fanatismus suchen sich selbst an die Stelle Gottes zu setzen und sind deshalb mit der von Christus gebotenen Wahrhaftigkeit, Demut und gegenseitigen Achtung nicht zu vereinbaren. Der Dienst, zu dem Christen und Christinnen in der Welt in ihrem Denken, Reden und Tun berufen sind, ist deshalb auch ein Dienst, der die zur Mündigkeit berufene Welt in ihrer Weltlichkeit respektiert und zugleich den Glauben als eine Kraft zur Bildung und Zivilisierung erweist.
(16) Der Dienst, zu dem die Christenheit in dieser Welt beauftragt ist, ist qualifiziert und begrenzt durch die Unterscheidung zwischen Letztem und Vorletztem. Mithin ist es ein Dienst, der im Sinne der recht verstandenen Zwei-Reiche- bzw. Zwei-Regimenten-Lehre Luthers [vgl. http://www.theoblog.de/das-leben-in-zwei-reichen/5838/%5D zwischen politischem Mandat und Einfluss einerseits und geistlichem Auftrag andererseits unterscheidet. Auf je eigene Weise sowie mit je eigenen Zuständigkeiten und Mitteln haben Staat und Kirche Verantwortung wahrzunehmen für die Humanität des Gemeinwesens. Die Kirche Jesu Christi hat die Aufgabe, Verkündigung des Evangeliums, ethische Orientierung und entsprechende Praxis miteinander zu verbinden – in Wort und Tat. Über diesen besonderen Auftrag hinaus darf die Kirche sich aber nicht »staatliche Art, staatliche Aufgaben und staatliche Würde aneignen und damit selbst zu einem Organ des Staates werden« DAS IST EINE WESENTLICHE GRENZE DES KIRCHLICHEN AUFTRAGS. Indem die evangelische Kirche diese Grenze respektiert, befolgt sie zugleich das neutestamentliche Gebot, nicht in ein fremdes Amt einzugreifen (1 Petr 4,15)..
Ergo, die EKD _h_a_t_ _g_a_r_ _n_i_c_h_t_ _d_e_n_ _k_i_r_c_h_l_i_c_h_e_n_ _A_u_f_t_r_a_g_ mit der aktuellen Denkschrift ihrer Kammer für Öffentliche Verantwortung der EKD „SELIG SIND DIE FRIEDFERTIGEN Der Einsatz in Afghanistan: Aufgaben evangelischer Friedensethik“ unsere Bundeswehr und deren Soldat(inn)en öffentlich zu beeinflussen und zu bevormunden (dies auch noch vorwiegend auf „Publicity und Schäfchenfang“ orientiert und derart zu Lasten des Ansehens unserer Bundeswehr).
Die Einsicht, daß in AFG (… und auch im Kosovo) Fehler gemacht wurden, bedarf nicht der EKD. Insbesondere auch dann nicht, wenn die EKD nicht in der Lage ist, gangbare Fehlervermeidungs-Strategien aufzuzeigen, statt nur um das Thema ambivalent und relativierend sowie ohne jegliche Insider-Expertise herumzureden)“!
Hier sind die IBUK und der GI gefragt und eben nicht die EKD (… auch nicht die Katholische Bischofskonferenz, oder wie vielleicht absehbar, der Zentralrat der Muslime samt Imane, oder der Zentralrat der Juden samt Rabbiner. Wir haben nämlich ca. 2/3 mehr Soldat(inn)en dieser Glaubensgemeinschaften, als offiziell ausgewiesen).
Übrigens, ausser dem Militärbischof Dr. Martin Dutzmann finde ich auch keinen einzigen „Militärgeistlichen“ weder als ständigen Gast, geschweige denn unter den Mitgliedern der Kammer (vielleicht hätte man auch mal echte Insider wie z.B. den mittlerweile „49-Jahre jungen“ Militärpfarrer Dr. York-Herwarth Meyer vom evangelischen Militärpfarramt Schwielowsee konsultieren sollen ? Vgl. http://www.mt-online.de/lokales/minden/5038889_Ein_Mindener_Seelsorger_am_Hindukusch.html, übrigens zuvor im kirchlichen Dienst der Polizei in Hagen-Selm tätig).
Die Mitglieder der Kammer sind wie folgt charakterisiert:
Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler (stellvertretende Vorsitzende), München (wurde bereits ab 2005 in ihrer Doppelfunktion als Kirchenperson und zugleich Berichterstatterin über EKD-Themen in der SZ, als nicht neutral ebenso kritisiert, wie der Fakt, daß die für den konfessionsunabhängigen Ethikunterricht der bayerischen Gymnasien einzige zugelassene Schulbuchreihe von ihr als EKD-Repräsentantin verfasst und herausgegeben wurde; fiel ferner 2013 auf, weil sie als Mitautorin einer umstrittenen EKD-Orientierungshilfe zum Thema Familie, die Kritiker dieses Papiers aus Kirche, Medien und Öffentlichkeit zynisch pathologisierte);
• Prof. Dr. Angelika Dörfler-Dierken (Uni BW Hamburg (entwickelte die These vom »Lustgewinn durch Partizipation an der Friedensbewegung«);
• Dr. Andrea Dörries (GF des bekannten „Zentrum für Gesundheitsethik an der Evangelischen Akademie Loccum“, Hannover);
• Prof. Dr. Johannes Fischer (emeritierter Professor auf dem Lehrstuhl für Theologische Ethik an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich);
• Prof. Dr. Christine Gerber, Hamburg (Schwerpunkt u.a.: „Gender-Aspekte und feministische Theologien“);
• Generalleutnant a.D. Rainer Glatz, Potsdam; (soll als KdrEinsFüKdo R bei Themen unterhalb der politischen Ebene eher nicht als Treiber, sondern Bremser sowie als überproportional im Amt gealtert gesehen worden sein);
• Prof. Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt, Tübingen engagiert bei „FRAUENMAHL / Studiumzentrum für Genderfragen in der EKD“):
• Hermann Gröhe, MdB, Generalsekretär, Berlin G. ist u.a. seit 1997 Mitglied der Synode der (EKD) und war von 1997 bis 2009 Mitglied des Rates der EKD. In den Jahren 2000 bis 2009 war er Mitherausgeber des Magazins CHRISMON):
• Klaus Jancovius, Redakteur, Mannheim (seit 2008 Redaktionsleiter der Badischen Fernseh-Redaktion in Mannheim (SWR);
• Dr. Christiane Kohler-Weiß, Pfarrerin, Meckenbeuren (ausgezeichnet durch den „Hanna -Jursch-Preis“ der EKD für herausragende wissenschaftlich-theologische Arbeiten für Ihre Promotionsarbeit, welche sich als „Darstellung, Analyse und Weiterentwicklung einer evangelischen Ethik des Schwangerschaftsabbruchs aus der Perspektive von Frauen“ versteht);
• Professor Dr. Andreas Kruse (Psychologe, Gerontologe und Demograph, verantw. Autor der „Altenberichte des Bundestags“);
• Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier (Vorsitzender), München (appelierte nach den Bundestagswahlen 2005 an die Politiker , daß der „eine verantwortliche politische Führung des Landes“ und „keine Vorführung taktischer Scharmützel“ oder „smarte Sprüche aus der Werbeabteilung der Politikberatung“ erwartet);
• Ulrike Poppe, Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Berlin (Politikerin, ehem. Mitarbeiterin der Volkskammerfraktion Bündnis 90/GRÜNE);
• Prof. Dr. Hans-Richard Reuter, Münster (Prof. Dr. Reuter wurde 2013 emeritiert und ist auf eine Seniorprofessur des Excellenzclusters ‚Religion und Politik‘ gewechselt, Beirat des Instituts für Theologie und Frieden in Hamburg, Hrsg. RANDOM HOUSE, vorm. Bertelsmanngruppe);
• Prof. Dr. Gerhard Robbers, Trier (Prof. für Öffentliches Recht, Kirchenrecht, Staatsphilosophie und Verfassungsgeschichte an der Uni Trier, leitet das Inst. für Europäisches Verfassungsrecht und ist GF-Vorstand des Inst. für Rechtspolitik in Trier. War von 2007-2013 Mitglied des Präsidiumsvorstandes des Deutschen Evangelischen Kirchentages.
• Michael Roth, MdB, Berlin (Staatsminister Michael Roth wurde am 24.01.2014 zum Beauftragten für die deutsch-französische Zusammenarbeit ernannt, ist seit 2009 Europapolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Mitglied im Bundestagsausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union, ist seit 2004 Landessynodaler der EK Kurhessen-Waldeck);
• PD Dr. Stefan Ruppert, Oberursel (seit 1990 FDP-Mitglied, gehört zum liberal-konservativen Wirtschaftsflügel, Jurist, Schwerpunkte u.a. „Geschichte des Kirchen- und des Staatskirchenrechts“);
• Prof. Dr. Eva Senghaas-Knobloch, Bremen (Soziologin, Politologin & Friedensforscherin, Beirat der Zeitschrift Feministische Studien, war führende Aktivistin im Sozialistischen Büro, Ehefrau des Politologen und Friedensforschers Dieter Senghaas, Schwerpunkte u.a.: „Internationale Regulierung von Arbeit in globalen Strukturen, Zukunft der Arbeit und Geschlechterverhältnis“);
• Prof. Dr. Klaus Tanner, Heidelberg (Ordinarius für Systematische Theologie und Ethik, Schwerpunkte u.a.: Protestantismus und politische Kultur im 19. und 20. Jahrhundert, Geschichte der Ethik, Medizin- und Bioethik.; wichtigste Publikationen u.a. „Die fromme Verstaatlichung des Gewissens“, „Theologie im Kontext der Kulturwissenschaften“ und „Ist Theologie solides Wissen?“;
• Mathias Wagner, MdL, Wiesbaden (Bündnis 90/DIE GRÜNEN; Fraktionsvorsitzender, Sprecher für Bildung; Dipl. Politologe, (NF VWL), Mitglied des Synodal-Ausschusses „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung der Evangelischen Kirche Hessen-Nassau“.
Fazit:
Bei diesem durchweg akademisch und in Masse auch politisch hochqualifizierten Team der EKD und dessen eindeutiger Ausrichtung auf „ETHIK und FRIEDEN“, überrascht das Ergebnis der EKD-Denkschrift doch schon sehr! Oder vielleicht auch gerade deshalb nicht, weil ein völlig untauglicher Versuch von Theoretikern und EKD-Ideologen (Funktionären?) vorliegt, welche ganz weit weg von der Praxis und der Komplexität der verfolgten Thematik sind. Frei nach dem Motto „Es wird immer wieder selbstberufene Lehrmeister geben, welche den Eskimos vorschreiben wollen, wie diese sich in der tropischen Regenzeit zu verhalten haben“. Auf die Stellungnahme des BMVg bzw. dessen PrInfoStabes zu dieser jüngsten „EKD-Denkschrift“ bin ich deshalb sehr gespannt, sofern denn eine solche überhaupt noch erfolgt?
@ Vtg.-Amtmann
Ich glaube nicht, dass es eine detaillierte Stellungnahme des BMVg auf die Denkschrift geben wird. Dazu müsste man sich inhaltlich viel zu sehr mit den Positionen auseinandersetzen. Außerdem müsste dann gesagt werden, dass Soldaten nicht nur aus Notwehr und Nothilfe töten dürfen und z.T. auch müssen, sondern auch zur Durchsetzung ihres Auftrages töten müssen, z.T. auch in Angriffsoperationen, auch aus der Luft, ohne vorherige Gerichtsverhandlung usw.
Kurzum das BMVg müsste sich zum Wesen des Soldatenberufes in einer offensiven Art und Weise bekennen und das wird nicht passieren.
Dieser Artikel stammt zwar nicht von der EKD sondern von der NATO, passt aber in das hiesige Diskussionsthema:
http://www.jftc.nato.int/news-stories/you-are-up-and-ready-to-support-your-commander-in-afghanistan
Zitat GenLt Fritz:
Klingt auf Englisch fast glaubwürdiger als auf Deutsch!
@Vtg-Amtmann
Dafür, dass das Papier anscheinend mehrheitlich von FachfrauInnen für feministische Theologie verfasst wurde, ist es doch erstaunlich gut und reicht fast an die Qualität einer durchschnittlichen Seminararbeit des Grundstudiums an einem beliebigen Institut für Friedensforschung heran.
[Na, der Nick ist schon hart am Rande des Trollens… Ich sag’s mal nur so. T.W.]
@ Interessierter
Berechtigter Einwand. Nur sagt ein Beispiel in Europa wenig über das deutsche Engagement in Asien oder Afrika aus. Noch befindet sich Deutschland im Kosovo in einem „Kleinen Krieg“, und führt dort auch keine Aufstandsbekämpfung durch.
Von daher können Sie gerne davon ausgehen, dass Deutschland sein Engagement in Europa ernster nimmt als anderswo. Das hilft den NGOs in anderen Erdteilen aber reichlich wenig.
Persönlich sehe ich das nebenbei skeptischer: Den Bosnienkrieg hat man versucht auszusitzen, obwohl die Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung nicht zu übersehen waren. Beim Kosovokrieg war der Schutz der Zivilbevölkerung extrem nachrangig (angesicht des Angriffs ziviler Ziele wohl ein Euphemismus). Und auch KFOR war und ist eben kein friedenserzwingender Einsatz gegen eine starke Opposition.
Und das wohlgemerkt in der Vor-Merkel-Ära. Heutzutage schert sich die Regierung ja nichtmal um noch recht „zivile“ Problemfelder wie die Krisen des Rechtsstaats samt Massenprotesten in der Ukraine und der Türkei. Von daher hab ich meine Zweifel, ob sich Deutschland in Europa bei der Bekämpfung von schlagkräftigen, bewaffneten Bewegungen mehr ins Zeug legen würde. Wie gesagt, vielleicht hab ich da noch zu sehr das deutsche Verhalten in Afghanistan vor Augen, und in Europa würde alles besser. Aber auch angesichts des deutschen Engagements im ehemaligen Jugoslawien würde ich drauf nicht wetten wollen.
Als ein Mensch der in ‘a lifetime’ versucht hat von drei christlichen und zwei nichtchristlichen Religionen Antwort auf Krieg, Gewalt und Toeten zu finden zitiere ich heute nur noch (als grundsaetzlicher Antikommunist): ‘Religion ist Opium fuer’s Volk’.
Wie sich aus den widerspruechlichen Stellen der Bibel, des neuen Testamentes, des Korans, des Talmud incl aller Uebersetzungs- und Interpretations-Fehler/Probleme und dem Zitieren von Autoritaeten ein goettlicher Wille oder eine Maxime fuer die Handlung eines Soldaten kondensieren lassen sollte ist einem analytischen Verstand nicht zu erklaeren.
Das Maximum was ein Pope, Pfarrer oder Rabbi leisten kann hat ein kriegserfahrener Arzt, Peter Bamm, in der ‘Unsichtbaren Flagge’ unnachahmlich beschrieben: Er kann troesten. Das ist alles.
@MikeMolto:
+1
Add on: Wer zahlt noch Kirchensteuer?
Hat der ADAC mehr zahlende Mitglieder als ev./rk. zahlende Mitglieder?
Weiss jemand mehr?
Nachtrag: Ich bin zZt in einer Gegend wo das internet nur sporadisch funktioniert.
Deshalb ist folgender Teil meiner oa. Auesserung untergeschnitten und ist nach ‚Opium fuers Volk‘ einzusetzen:
“ Aus meiner Sicht sind alle Religionen oppresive Institute, mit einer auf Macht- und/oder Pfruendeerhalt ausgerichteten ‘Beamtenschaft’ und Tross.
@MikeMolto:
Na das ist jetzt natürlich, also, jetzt mal ehrlich, gehts noch,
;-)
Wer als Soldat religiös sein will, kommt an älteren Ansätzen antiker Erfahrungsreligion und damit verwandter Philosophie m.E. nicht vorbei. Hier ein aktueller Zugang dazu: http://www.usna.edu/Ethics/_files/documents/stoicism1.pdf
Der im angelsächischen Raum stark wahrgenommene Autor Karl Marlantes beschreibt seine Kriegserfahrung nicht umsonst als Eintritt in den „Tempel des Mars“. Diese Erfahrung muss evangelischen und anderen Geistlichen für immer verschlossen bleiben, denn in ihren Offenbarungsschriften kommt sie nicht vor, und sie selbst wollen sich als Pazifisten ja auch nicht in diese hinein begeben. Also sollten sie auch darüber schweigen.
@ J. König | 27. Januar 2014 – 22:45
Ich schrieb ehem. Vorsitzende