Ein Soldat wehrt sich: „Wir repräsentieren das gesamte deutsche Volk“
Dominik Wullers ist Bundeswehrsoldat. Und, als Sohn eines kapverdischen Vaters, einer der Soldaten mit so genanntem Migrationshintergrund, die sich im Verein Deutscher Soldat e.V. zusammengeschlossen haben. Die Anfeindungen, die er erlebt, haben allerdings offensichtlich weniger mit seinem offenkundigen Familienhintergrund zu tun – sondern mit seinem Soldatsein. In einem Gastbeitrag für die Zeit hat sich der Hauptmann Luft gemacht:
Ich bin ein Soldat. Ich habe geschworen, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Ich betrachte die Soldaten der Bundeswehr als Schutzschilde Deutschlands, als Bürger, die bereit sind, für den Frieden und die Freiheit zu sterben. Auch für die Freiheit, uns zu verachten. Andere müssen aber auch akzeptieren, dass ich mich wehre.
Wie sich Wullers wehrt, ist hier nachzulesen*: Was glaubt ihr eigentlich, wer wir sind?
Der Text erschien vergangene Woche in der gedruckten Zeit und ist seit dem (heutigen) Sonntagmittag online – in noch nicht mal zwei Stunden kamen bereits rund 120 Kommentare bei Zeit Online zusammen. Einige sind dazu geeignet, Wullers Ärger, nein Wut zu bestätigen.
(* In der Regel werden hier deutsche Verlagswebseiten nicht verlinkt. Den Text Wullers‘ halte ich für so wichtig, dass davon eine Ausnahme gerechtfertigt ist – zudem handelt es sich nicht um ein journalistisches Produkt dieses Verlags, sondern um einen Gastbeitrag.)
(Grafik: Deutscher Soldat e.V., Foto: Wullers,r., als Preisträger bei der Immatrikulationsfeier der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg)
Dass es in Deutschland gerade in den gebildeten Schichten relativ viele Bürger gibt, die mit der im Grundgesetz angelegten wehrhaften Demokratie auf Kriegsfuß stehen und die diese durch eine pazifistische Grundordnung ersetzen wollen, ist nicht neu. Seit Ende des Ost-West-Konfliktes herrscht bei den wehrhaften Demokraten jedoch weitgehend Stille. Wie man auch aus den Kommentaren bei Zeit Online entnehmen kann, haben viele Deutsche nach wie vor nicht realisiert, dass eine Beschränkung des Einsatzradius der Bundeswehr auf das deutsche Staatsgebiet in einer global vernetzten Welt keine Option mehr darstellt. Dieser Umstand schwächt die wehrhafte Demokratie mehr als das bisweilen lautstarke Auftreten ihrer Gegner.
Schade, jetzt wird es Meta. Einer der nachdrücklichsten Endrücke, den ich
aus dem Blogtreffen in Berlin mitgenommen habe, ist, dass man auch von Angesicht zu Angesicht diskutieren kann, ohne den Klarnamen des Gegenübers zu kennen.
Anonymität funtioniert auch offline, und die Diskussion wird durch das Interesse am Thema relevant, nicht, weil der Andere mir seinen Personalausweis zeigt.
@Memoria, @Koffer:
Ich muss sagen, nach einigem Nachdenken finde ich das Thema in der Tat etwas kompliziert. Die Frage nach Konsequenzen ist dabei nur ein Element.
Was meine Andeutung bzgl. der Auswirkungen von Äußerungen wie denen des Hauptmanns angeht, da bin ich möglicherweise gedanklich einen Schritt zu weit gegangen. Auch ist es keine ganz konkrete „Angst“ oder Befürchtung von mir, bei entsprechenden eigenen Äußerungen mit dienstlichen/Laufbahn-Nachteilen rechnen zu müssen. Das würde mich selbst also eher nicht abhalten.
Gleichzeitig war aber einer meiner ersten Gedanken beim Lesen des Beitrags der an meine eigene Ausbildung und das beinahe Mantra-artige einhämmern des Prinzips – Nicht mit der Presse reden! – Wenn sie jemand zu etwas befragt, verweisen sie an den Presseoffizier/Stab/Vorgesetzte! – etc.
Sicher ist das in der Ausbildung wohlbegründet – schließlich möchte niemand eine Horde Mannschaftsdienstgrade OA, die der Presse gegenüber Äußerungen abgeben, die dann als „aus Bundeswehrkreisen war zu hören“ brühwarm aufbereitet werden.
Ich habe aber den Eindruck, dass sich dieses Vermeiden öffentlicher Äußerungen, das Rekruten oft eingebläut wird, in einer extremen Zurückhaltung des gesamten Offizierkorps fortsetzt – bis deutlich hinauf in Stabsoffizierdienstgrade.
Ich habe schon öfter den Eindruck gehabt, dass Kameraden, die sich dennoch äußern, gerade auch aus der eigenen Dienstgradgruppe und/oder dem eigenen erweiterten Dienstumfeld, verhaltene Missbilligung entgegenschlägt, die nicht unbedingt inhaltlich begründet war.
Viel mehr hatte ich den Eindruck, dass diesen Kameraden Aufmerksamkeitsheischerei unterstellt wurde, oder man meinte „dass man das halt nicht macht“ (öffentlich, also Dienststellen-Externen gegenüber, aus dem Dienstalltag zu sprechen).
Von daher finde ich die Metapher Memorias von der Schere im Kopf sehr treffend.
Auf der einen Seite gibt es in jedem nur erdenklichen Bundeswehr-relevanten Kontext mehr als genug Gesprächsbedarf. Auf der anderen Seite haben „wir“ (wer das aus eigenem Erleben anders sieht, möge mir widersprechen) uns aber angewöhnt, uns herauszuhalten und Die sprechen zu lassen, deren Haupt-Aufgabe das ist (Presseoffiziere, Kommandeure, Referenten etc.).
Ergebnis ist dann, dass eben diese Kameraden in der Öffentlichkeit, oder auch bei geeigneten Gelegenheiten wie z.B. Truppenbesuchen des Ministers, Dinge äußern, über die der einfache Zugführer nur den Kopf schütteln kann.
Ein – zugegebenermaßen sehr tragisches und emotional belegtes – Beispiel, dass mir für diesen ganzen Themenkomplex in den Sinn kommt, ist die öffentliche und mediale Debatte über die Ausrüstung der deutschen ISAF-Kontingente im Zuge der Verluste während der Karfreitags-Gefechte 2011.
In allen Medien ereiferten sich Politiker (inkl. Mitglieder des Verteidigungsausschusses) über die Missstände bei Ausbildung und Ausrüstung, von denen man nicht gewusst habe, und fragten empört, wie dies denn sein könne. Schließlich musste der damals schon ex-Wehrbeauftragte Reinhold Robbe die Damen und Herren auf die jahrelange, explizite und detaillierte Dokumentation und Meldung eben dieser Mängel in Form der Berichte der deutschen ISAF-Kommandeure und seiner eigenen Berichte hinweisen und darauf, dass sie alle davon hätten wissen MÜSSEN, hätten sie ihren Job gemacht.
Ich kann mich an keine nennenswerten Wortmeldungen aus der Truppe in dieser Debatte erinnern. Selbst GI, Inspekteure und direkt betroffene Kommandeure haben meiner Erinnerung nach die Füße stillgehalten (man möge mich berichtigen, wenn ich falschliege).
Mir stellt sich da die Frage, inwieweit ein etwas extrovertierteres öffentliches Auftreten des Durchschnitts-Offiziers wünschenswert ist/wäre?
Oder gibt es gute Argumente dafür, die Führung öffentlicher Debatten auch in Zukunft der übergeordneten (und bisweilen über den Tatsachen schwebenden) Führung, sowie einzelnen Stimmen wie DBWV und Wehrbeauftragtem zu überlassen?
Für Gedanken dazu wäre ich dankbar!
Meinung eines Ungedienten: Entweder man will den „Staatsbürger in Uniform“ und muß auch mal mit öffentlichen Äußerungen wie dieser (Chapeau, Herr Wullers!) rechnen, die vielleicht nicht immer und überall ins politische „Don’t disturb the plebs“ passen oder man will eine dozile Armee als Dienstleister mit der man am außenpolitischen Schach teilnehmen kann.
Gewisse Dinge aus dem Dienstbetrieb gehören nicht in die Öffentlichkeit, das ist klar, aber ich glaube nicht, daß Herr Wullers hier diese Grenze überschritten hat. Meine erste Reaktion auf den Artikel war ein „Na endlich!“ Und ist es immer noch.
Erstmal Respekt vor der Aktion von Hauptmann Wullers. Das trauen sich die meisten nicht, sich so „aus der Deckung“ zu wagen, mal ein wenig kommentieren hier und da, das wars bei der Masse.
Was mir nicht gefällt ist, dass in der Aussenwirkung doch möglicherweise der Eindruck entsteht, dass er eine repräsentative Meinung vertritt.
Ich persönlich bin bisher nirgends angefeindet oder angepöbelt worden. Ich war, zugegebenermassen vor langer Zeit, schon an Schulen und habe dort interessante Diskussionen führen dürfen. Mein Umfeld ist teilweise deutlich weniger BW kritisch als ich und einige Kameraden. Von daher teile ich große Teile seines Beitrags ausdrücklich nicht.
Und die Schreier in den Kommentaren bei Zeit oder SPON … was juckts die deutsche Eiche …
@Sascha Stoltenow:
„dass man auch von Angesicht zu Angesicht diskutieren kann, ohne den Klarnamen des Gegenübers zu kennen“
Im Schwerpunkt sollte es ja um die Sache gehen – nicht um die Person. Insofern finde ich die Anonymität sogar hilfreich, denn es gilt weniger das Recht der Laufbahngruppe oder des Lebensalters, sondern das des Argumentes.
(Es soll auch Arbeitsgruppen im militärischen Bereich geben, die ihre Sitzungen genau aus diesem Grund in Zivil abhalten – aber das ist dann ein anderes Thema ;) )
Prinzipiell habe ich hier im Blog aber regelmäßig das Gefühl, dass der harte Kern der Kommentatoren damit auch sehr gut umgehen kann – was den rest angeht: ohne Trolle wäre es nicht das Internet ;)
Wer sich in der Truppe umschaut, wird erstaunt feststellen, dass so manches deutsche Tabu nicht gekannt/akzeptiert wird, weil sich Deutsche dazu aeussern, die aufgrund ihrer Abstammung ein anderes Selbstverstaendnis haben. Die Gnade der spaeten Geburt gibt es naemlich nicht. Dagegen koennen insbesondere Menschen mit auslaendischen Wurzeln Positionen beziehen, die andere eher in’s Zwielicht stellen oder den MAD auf den Plan rufen, wasbei den Aussagen Herrn Wullers jedoch nicht der Fall ist. Es ist umso bezeichnender, wenn Aussgaen dieser Art schon als mutig empfunden werden. Arme Bundeswehr . . . Oder sollte man sagen arme Demokratie?
Interessant ist jedoch, dass auch Wullers das Mantra deutscher Schuld ungebremst verbreitet: „Natürlich, da sind die Weltkriege, die deutsche Schuld.“
Gerade mit Blick auf das kommende Jahr hat ein australischer Historiker mal wieder das politikverseuchte historische Bild des Deutschen Reiches gerade gerueckt.
Denn gerade diese verfaelschende Sicht der deutschen (Militaer)Geschichte traegt dazu bei, dass wir als deutsche Soldaten uns in der der von Wullers beschriebenen Position befinden.
Natürlich sind viele der Kommentare bei der „Zeit“ unterirdisch. Aber es ist die „Zeit“. Und das dortige Publikum ist nun mal, sagen wir heterogen. Allein die Tatsache, dass innerhalb weniger Stunden ein solcher Text wie der von Hauptmann Wullers solche Verbreitung findet und eine solche Diskussion verursacht, ist doch schon ein riesiger Erfolg. Denn diese Debatte zeigt, dass viele Menschen eine Meinung zu diesem Thema haben und diese auch vertreten.
Noch ein Beispiel persoenlichen Erlebens:
Was bin ich 1990 gewarnt worden, in Goettingen die Kaserne in Uniform zu verlassen und in die Stadt zu gehen. Nie ist irgendetwas passiert. Ausser das ein Passant – geradezu klassisch – fast an die Laterne geprallt ist, weil er mich im Vorbeigehen angestarrt hat.
Wir sind als Bw zu Konfliktvermeidern geworden. Das beginnt ganz oben und setzt sich bis in die untersten Raenge fort. Jedes linke Fernsehmagazin loest mit Halbwahrheiten und Verzerrungen eine weitere Anpassung an diesen Zeitgeist aus. „Missverstaendnisse“ sind zu vermeiden. Die Meisten machen mit und koennen sich ansonsten am 20. Juli vor Rueckgrat gegenueber der Diktatur kaum bewegen. Aber im Nachhinein ist das ja auch kein Problem . . .
Die linken, lila Pädagogen sehen Bundeswehrsoldaten offensichtlich immer noch in Wehrmachts- oder SS-Uniformen. Dem drohenden Faschismus begegnen sie damit uns das Wort verbieten zu wollen. Blöder gehts kaum noch.
Forrest Gump hat sich dahin gehend schon geäußert.
Leider erfahren die positiven Beispiele keine Öffentlichkeit. Heute geistert dann auch gleich mal die Meldung durch die Presse, dass es deutsche Unis gibt die vom amerikanischen Verteidigungsministerium Aufträge und somit Geld bekommen haben.
Witzigerweise waren auch welche dabei, die sich der Zivilklausel verschrieben haben.
Welche Uni sagt aber mal: Ja, wir nehmen gerne Aufträge vom Militär an. Damit leisten wir nicht nur einen Beitrag für Forschung und Lehre, sondern auch für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung.
Es fehlt einfach die Balance zwischen einer Minderheit die ständig mediale Aufmerksamkeit bekommt und der Mehrheitsmeinung die offensichtlich uninteressant für Quoten ist.
Dieser Minderheitenschutz geht für mich häufig soweit, dass es der Mehrheit nicht erlaubt zu sein scheint, diese auch mal durchzusetzen.
Insofern stellt sich mir die Frage:
Wer schützt die Mehrheit?
@T.Wiegold
[och nee, die Quelle muss hier nicht verlinkt werden, da bin ich dann mal einfach Hausherr. Sorry, T.W.]
Der Text weißt viele Parallelen zu Herrn Wullners Äußerungen auf. Ggf. spreizt das aber die Debatte in diesem Thread zu sehr.
So, meine Damen und Herren aktive Majore, Oberstleutnante, Oberste und Generale: Ich warte! Hauptmann Wullers hat ein Zeichen gesetzt. Wo bleiben die sichtbaren Zeichen der Unterstützung? Das ist das eigentlich bittere an diesem Thema: Keine/r sagt was mit Namen und Dienstgrad. Und kommt mir bloß nicht mit den Soldatengesetz! Das Gebot zur Zurückhaltung in und außer Dienst bedeutet jedenfalls nicht, dass man sich in der Anonymität zu verstecken hat. Das öffentliche Bekenntnis zu diesem Staat ist erlaubt – auch in Uniform. Als Reservist wäre ich gern bereit, Kopien des Wullers-Beitrages morgens vor Schulen zu verteilen. Wer macht mit?
@BausC („Wer schützt die Mehrheit?“) ein kleiner Erinnerungsposten an unseren Ex-Bundspräsdienten Köhler. Der laut Spiegel dazu sagte, die
Deutschen hielten die Umwandlung der Bundeswehr in eine Armee im Einsatz „ganz gern vor sich selbst geheim“. Bei „freundlichem Desinteresse“ für die Bundeswehr dürfe es aber nicht bleiben.
womit Herr Köhler die Sache m.E. ganz gut getroffen hat. Ergo: Die Mehrheit braucht in dieser Frage gar keinen Schutz, denn sie schützt sich selbst durch Wegschauen. Die Mär von der „schweigenden Mehrheit“ führt nicht nur nicht aus dem Ghetto, in dem die BW steckt sondern stabilisert es sogar. Denn dieser alberne Selbstbetrug „schweigende Mehrheit“ hindert daran einzusehen, dass unsere Sicherheitspoltik und die BW als ihr Instrument offensiv vertreten werden müssten.
Na, „Minenjaeger“, ganz so offen zeigt man sich dann doch nicht, was?
Ansonsten kann ich als OTL dazu nur sagen, dass jeder seinen Weg geht, fuer seinen Beruf einzustehen – oder auch nicht.
Richtig ist, dass wir konfliktfreudiger werden muessen. Aber das wird oberhalb der militaerischen Ebene entschieden. Diese Ebene sollte man beeinflussen. Ich kenne meine Bundestagsabgeordneten und sie erhalten des oefteren e-Post.
Der DBwV hat uebrigens auch eine Wendung genommen, die eine Mitgliedschaft dort lohnend erscheinen laesst.
@ Jan Hoffmann: Offenheit in diesem Blog und „Gesicht zeigen“ in der Öffentlichkeit sind zwei Paar Schuhe. Wenn der Reservistenverband den Mumm hätte, den Wullers-Text vor Schulen zu verteilen, wäre ich dabei.
Ich bin Sohn eines Berufsoffiziers und, liebe(r) BausC, ein (wie Sie so schön verächtlich sagen würden) linker lila Kerl, wenn auch kein Lehrer.
Mein Vater hat die Bundeswehr in den 90ern etwas früher als nach seiner Laufbahn vorgesehen verlassen, u.a. begründete er dies auch damit, wie mulmig ihm wurde, als die Bundeswehr nach der Wiedervereinigung erkennbar militaristischer wurde. Er war ein aufrechter Offizier und stolzer Militär, aber kein Militarist – was schließlich ein Unterschied ist – und er sprach davon, dass in der BW nun vermehrt die Krawallköpfe ans Ruder kommen, die heiß auf Kriegseinsätze seien. Er sagte, das sei nicht mehr „seine“ Bundeswehr.
Ich war selbst Zeitsoldat in den frühen 90ern direkt nach der Wiedervereinigung. Zwar nur Sanitäter, also „Kriegsdienstverweigerer in Uniform“, aber auch mir ging es so, dass die BW sich in der kurzen Zeit meines Dienstes stark veränderte und es eine zunehmende „Hurra, bald dürfen wir auch mal schießen“ Stimmung bei einer bestimmten Rekrutenklientel gab. Die Folgen für die BW sehen wir ja heute.
Insofern kann ich Hauptmann Wullers einerseits gut verstehen, aber wundere mich überhaupt nicht, dass er in den Schulen Gegenwind bekommt. Seinen Artikel fand ich da ehrlicherweise ein wenig weinerlich.
Die heutige Lehrergeneration ist ebenso wie ich mit einer Wehrpflichtarmee aufgewachsen, die BW Deutschland im Falle eines Krieges verteidigen sollte, aber sich sonst fein raushielt.
Andererseits darf man sich nicht wundern: Wir Deutschen wollten mehrheitlich keine Wehrpflichtarmee mehr (was ich für einen Fehler halte). Und damit müssen wir auch die Folgen wie BW-Eigenwerbung und Rekrutierungsmaßnahmen akzeptieren sowie die Tatsache, dass bei einer Freiwilligenarmee nicht mehr der durchschnittliche Staatsbürger in Uniform an der Waffe ausgebildet wird, sondern zu einem großen Teil der Teil der Bevölkerung, der das Militär vielleicht auch mal etwas zu stark begrüßt. Oder der, der anderswo keine berufliche Chance mehr für sich sieht.
Wenn schon keine „innerbetriebliche“ Konfliktfreudigkeit, dann also nach aussen …, ich kann mich mit den angebrachten Punkten nicht identifizieren, deshalb wird auch nix verteilt.
Flugblätter verteilen ist so 1970er….
@ JCR: Die Wirkung läge weniger in den Flugblättern selbst, als in der medialen Folgewirkung. Wenn man das an einem Morgen in ganz Deutschland an 50 verschiedenen Schulen hinkriegen würde, hätte man wohl mindestens ähnliche Effekte wie in den Siebzigern. Was damals mit Flugblättern angerichtet wurde, erinnere ich noch gut! Wenn das einigermaßen geschickt mit Medienarbeit koordiniert wird, gibt es auch ein Echo. Aber wer es gar nicht erst versucht, hat schon aufgegeben ….
„So, meine Damen und Herren aktive Majore, Oberstleutnante, Oberste und Generale: Ich warte! Hauptmann Wullers hat ein Zeichen gesetzt. Wo bleiben die sichtbaren Zeichen der Unterstützung?“
tja, warum unternimmt Hr. Wullers diesen erfrischenden und mutigen Schritt in die Öffentlichkeit, während besagte aktive Offiziere in der Deckung bleiben? Ich verdiene mein Geld in der freien Wirtschaft, bin aber Angehöriger einer Familie, die (normalerweise) seit Generationen ihr Geld im Staatsdienst verdient. Als solcher stelle ich mal folgende These auf:
Betrachtet man das Verhalten des klassischen Deutschen, der als Beamter im Dienst des Bundes / Landes steht, so fällt mir immer wieder auf, mit welcher Ergebenheit auch die unsinnigsten Anordnungen brav ausgeführt werden. Abends wird dann am Küchtentisch kräftig gelästert bzw. geheult. Das zieht sich übrigens durch bis in gewisse „Staatsbetriebe“, die z.B. in der Telekommunikation tätig sind. Auch dort kann man etwas beobachten, zu dem mir manchmal nur der Begriff „Kadavergehorsam“ einfällt. Eine abweichende Meinung oder gar Widerspruch, der von der Fachebene nach oben durchgereicht wird, ist in den Köpfen schlicht nicht vorgesehen – egal, wie gut begründet und korrekt vorgetragen. Anscheinend haben sich unter der moderrnen Oberfläche die Gene des preußischen Obrigkeitsstaates doch ganz bis heute erhalten.
Die „Obrigkeit“ arbeitet aber auch kräftig daran, dieses Ergbut zu bewahren. Dazu ein sehr aktuelles (nichtmilitärisches) Beispiel: bei uns in NRW peitscht die Landesregierung grade die Inklusion (gemeinsamer Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Kinder) durch. Die betroffenen Schulen stehen vor zum Teil unlösbaren Problemen, mit denen sie innerhalb des „Systemes“ alleine gelassen werden. Daraufhin haben sich in unserer Stadt die betroffenen Schulleiter in einem gemeinsamen Brief – nein, nein, nicht an die Öffentlichkeit, sondern an die Bürgermeister als die Schulträger gewendet.
Konsequenz durch die Regierung: der Schulrat wurde als Rädelsführer vom Dienst suspendiert, alle beteiligten Schulleiter erhielten eine förmliche Abmahnung und mußten als zusätzliche Demütigung eine schrifltiche Selbstkritik einreichen. (Ach ja, zur Ergänzung noch: wir werden in NRW nicht von Wilhelm Zwo oder der SED regiert, sondern von Rot/Grün).
Offenbar muß man einen kapverdischen Vater haben, um als deutscher Staatsdiener seine Überzeugungen so öffentlich zu vertreten. Da sind besagte „preußische Beamten-Gene“ anscheinend schon ziemlich verdünnt..
Ich ziehe meine Hut vor Hr. Wuller und mache eine tiefe Verbeugung. Von der Sorte könnten wir wohl noch ein paar mehr gebrauchen.
@Minenjäger:
ich kann in der Öffentlichkeit Gesicht zeigen, ohne dafür im Großformat bekannter Blätter zu erscheinen.
Was alles Weitere angeht bin ich ganz beim Kameraden Hoffmann – das Problem setzt weiter oben an.
Beispiel: Es begab sich vor geraumer Zeit, dass im Rahmen einer Serie (ARD?) die Bundeswehr aus der Sicht der Soldaten diffamiert wurde. Ich meine mich zu erinnern, dass die Offiziere an der Bundeswehruniversität München (?) quasi eine Petition starteten um über den Pressesprecher/höhere Ebenen eine Richtigstellung zu verlangen. Ich meine mich ebenso zu erinnern, dass dieses Unterfangen bereits innerhalb der Bundeswehr gestoppt wurde, obgleich es über das Internet eine gewisse mediale Präsenz hatte.
Die Weisungslage gibt zudem nicht her, dass der gemeine Soldat sich als Vertreter der Bundeswehr ohne Rücksprache mit dem PIZ betätigt – unabhängig vom Dienstgrad. Ich habe daher Hochachtung vor den noblen Zielen des Kameraden und halte es dennoch für den falschen Weg.
@ Kerveros: Ich respektiere Ihre Haltung und möchte gewiss niemanden drängen, seine berufliche Zukunft und damit das Auskommen seiner Familie zu gefährden. Blanker Aktionismus dient der guten Sache meistens wenig. Dennoch erschrickt mich der Geist, der da sagt: Was die Weisungslage nicht hergibt, wird auch nicht gemacht. Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: Was die Weisungs-, Vorschriften- und Gesetzeslage nicht ausdrücklich untersagt, kann gemacht werden! Dass man sich öffentlich zu diesem Staat bekennt, ist nirgendwo untersagt. Auch nicht für Soldat(inn)en. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, wo Hauptmann Wullers eine Gefahr seitens des Dienstherrn droht. Leider kann ich aber auch nicht sehen, dass der Reservistenverband irgendwann mal mit professionell konzipierter sowie aktuell und modern umgesetzter Informationsarbeit aus dem Knick kommt. Hier wäre eine Gelegenheit.
@Minenjäger:
„Dass man sich öffentlich zu diesem Staat bekennt, ist nirgendwo untersagt. Auch nicht für Soldat(inn)en“
Soweit das Interviews in der Funktion als Soldat angeht möchte ich Ihnen da ausdrücklich widersprechen.
Es gibt da Richtlinien im Umgang mit den Medien, zwar prinzipiell für den Einsatz als Taschenkarte gemünzt, aber doch im Grunde mit allgemeinem Anspruch. (siehe auch den ensprechenden Erlaß zum Thema Umgang mit Medien)
Dort wird unter anderem explizit verlangt, den Dienstweg zu informieren/zu beteiligen.
Ebenso ist die Beschränkung auf den eigenen Erfahrungshorizont (Person/Einheit) verankert – Forderungen mit Allgemeingültigkeitscharakter sind also für den Soldaten per se ersteinmal nicht vorgesehen.
Was das Bekenntnis zum Staat angeht: dieses ist nicht nur nicht untersagt, sondern explizit Voraussetzung des Soldatseins – und dennoch, sonst wären wir nicht in der Bundeswehr, formal geregelt ;).
Insofern ist „Was die Weisungslage nicht hergibt, wird auch nicht gemacht.“ hier auch garnicht zutreffend.
Die Truppe nutzt sehr wohl im Rahmen des Möglichen die Gestaltungsräume der Vorschriftenlage aus (sonst würde so manch einer wohl den Dienstbetrieb schon längst eingestellt haben) – aber mit limitierten Ressourcen muss man sich die Schlachten, welche man schlagen will, sehr genau aussuchen.
Ich für meinen Teil betätige mich da an Fronten, die ich für kritischer und wichtiger halte, als mein Ansehen in der Öffentlichkeit – so etwas soll es auch geben. Letzteres ist für mich eher ein Anfall von Quichotismus. Die breite Masse hat nichts gegen die Bundeswehr – und den publikumswirksamen Rest werden wir ohnehin nicht bekehren.
Kerveros: Mit Ihrem Schlusssatz erklären Sie die Debatte für sinnlos. Die Auffassung teile ich nicht. Im Gegenteil: Ich fürchte, mit dem Wegfall der Wehrpflicht hat eine zwar langsame, aber stetig fortschreitende Erosion begonnen, in deren Verlauf die „breite Masse“, die nichts gegen die Bundeswehr hat, an Gewicht verlieren wird. Das sollten wir nicht einfach so geschehen lassen.
Beim Thema Richtlinien und Taschenkarten haben wir uns vielleicht missverstanden. Natürlich hat der/die Soldat/in den Dienstweg einzuhalten, wenn er/sie sich in der Öffentlichkeit in seiner/ihrer militärischen Funktion (z.B. Zugführer erster Zug, 2. Kompanie PzGrenBtl 999) äußern möchte. Gleiches gilt für Auftritte in Uniform. In der Regel wird das untersagt – was ich richtig finde.
Öffentliche Äußerungen mit dem Status-Hinweis „Ich bin Soldat/in der Bundeswehr“ sind aber sehr wohl erlaubt, solange die entsprechende (z.B. parteipolitische) Zurückhaltung gewahrt bleibt. Kurzum: Nur Mut, Herr/Frau Staatsbürger/in!
@Minenjäger:
Da sind wir wieder zurück bei der Auswahl der Schlachten. Ich für meinen Teil mache das im Rahmen der Jugendarbeit ausserhalb der Bundeswehr gleich mit.. ohne das Soldatsein in den Vordergrund stellen zu müssen und ohne mich mit Schulen herumzuprügeln. Die Fragen kommen von ganz alleine – die Antworten auch.
Was nebenbei bemerkt nicht bedeutet, dass ich nicht der Meinung wäre, wir sollte Jugenoffiziere an Schulen schicken um eine Breite der Denkansätze zum Wohle der FDGO (welche gewisse Schulen udn Lehrer nicht verstanden zu haben scheinen) zu erwirken.
Dafür jedoch gibt es ausgebildetes und geschultes Personal – ich kehre lieber vor der eigenen Haustür. Wenn denn nur jeder in seinem Bereich die Möglichkeiten ausschöpfen würde, dann wäre schon viel gewonnen – auch gänzlich ohne Artikel in den großen Blättern.
Schön, dass sich ein Hauptmann mit Migrationshintergrund empört, der aufgrund dieses Hintergrundes auch anders wahrgenommen wird. Trotzdem hat die Masse keinen Bezug dazu.
Wenn der Hauptmann XY im Ort der Einheit im Verein verankert ist, wo man auch einen Bezug zur Person hat, wirkt das gleich wieder anders. (Wo wir dann wieder beim Problem fehlender Einbindung der Einheiten in die lokalen Vereine in den Zeiten des Berufspendlertums wären, aber damit sind wir dann endgültig O.T.)
Insbesondere die mediale Nachhaltigkeit eines solches ‚#aufschrei’s ist meiner Meinung nach ohnehin fragwürdig.
Und glaubt tatsächlich irgendwer, dass wir die Aktzeptanz für die BW steigern, wenn wir mit einer Bundeswehr-Variante des Wachturms vor Schulen und in Fußgängerzonen rumstehen?
Damit meine ich nicht den Einsatz z.B. des Jugendoffz im Rahmen der PolBil egal an welcher Bildungseinrichtung.
@ diba: Mal abgesehen davon, dass ich den Vergleich zum „Wachtturm“ ziemlich geschmacklos finde, frage ich Sie: Wollen Sie den Hauptmann Wullers wirklich allein im Wind stehen lassen? Sind Sie sich selbst genug? Welche Variante hätten Sie den anzubieten? Ich kenne Hauptmann Wullers nicht persönlich – aber ich sehe, dass er handelt, während viele, viele Andere sich winden und nach Begründungen dafür suchen, öffentlich doch lieber nichts zu sagen.
Für das Handeln hab ich weiter oben meinen Respekt ausgedrückt. Ich teile nur seine Analyse nicht, dass wir nicht anerkannt sind. Ich erfahre in meinem Umfeld anderes, Umfrgaen bestätigen dies im übrigen. Und nur weil ein paar Plärrer lauter schreien als die Masse, heisst das nicht, dass die damit die tatsächliche Situation darstellen. Vielleicht hab ich mehr Gelassenheit als andere, aber ich brauch nicht ständiges Schulterklopfen und „ach seid ihr toll“. Mir konnte hier auch noch keiner überzeugend darlegen, was das ganze denn auch bringt, ausser der Befriedigung für den Einzelnen, dass er sich gegen das ganze Unrecht erhebt, das uns geschieht (Achtung – Sarkasmus).
Aber wie auch schon geschrieben, das ist meine Meinung dazu, die muss keiner teilen.
@minenjäger („Wenn der Reservistenverband den Mumm hätte, den Wullers-Text vor Schulen zu verteilen, wäre ich dabei.“): Ich habe zwar keine Flugblätter verteilt, aber im November 2012 die Kameraden Dominik W. und Jordanis P. („Mein Migrationshintergrund ist übrigens Melle-Neuenkirchen.“) zu meiner Lehrerfortbildung eingeladen – 35 Lehrkräfte nahmen an einem Samstag daran teil und diskutierten engagiert und kontrovers. Nur eine böse E-Mail kam von einem Kollegen einer Hamburger Stadtteilschule (= Gesamtschule) – der Kollege war aber zu feige, sich der Diskission zu stellen. Oder zu faul, sich am Wochenende fortzubilden.
Mittlerweile hat sich sogar die taz des Themas angenommen – Titelseite vom 19.03.2013 mit meinem Foto des Kameraden Gaho Burihabwa: „Bürger dank Uniform“ . Und wenn man googelt findet man auch andere Artikel zum Thema (WAZ, Stuttgarter Zeitung).
@ diba: Nein, diese Meinung muss keiner teilen – richtig erkannt. Auch den Widerspruch nicht. Insofern sind wir fein beieinander. Das Wort „Gelassenheit“, selbst wenn man es als Sarkasmus einordnet, steht hier leider in einer begrifflich bitteren Nähe zu „Ignoranz“. „Lasst den mal machen. Der wird schon sehen, was er davon hat.“ Kamerad(inn)en, das finde ich traurig. Meine Meinung.
@Minenjäger
Bereits eine kurze Recherche führt zu dem Lagebild, dass dem Hptm Wullers hier mitnichten spontan der Gedanke kam, er müsse sich nun einmal öffentlich zu der Thematik äußern, sondern dass dies durchaus Teil eines langfristigen Engagements seinerseits ist. Nicht nur kann man annehmen, dass er als Offizier der Truppe Operative Information, weiß was er da tut und wie er es zu tun hat, und dies wird auch aus seinen öffentlich zu findenden Wortbeiträgen und Interviews deutlich, sondern er steht auch nicht allein im Wind, sondern ist sogar einem Verein vorständig (Der Webauftritt dieses Vereins ist übrigens so dicht am corporate design der Bw, dass man auf den ersten Blick glauben könnte, es mit einer Projektseite der Bw zu tun zu haben, was durchaus professionell wirkt.).
Wir haben also einen Offizier, der für sich persönlich mit großem Engagement und Qualität eine Thematik in die Öffentlichkeit trägt und das finde ich gut und verdient Respekt. Allerdings ist dies nicht die einzige Baustelle der Bw und mit Blick auf die Kernaufgaben und –fähigkeiten der Streitkräfte vermutlich auch nicht die dringendste. Aus diesem Grund kann ich jeden Kameraden verstehen, der sich mit dem täglichen bürokratischen Wahnsinn des Dienstes herumschlägt und bereits ausgelastet ist, seinen Teil der Streitkräfte in Ordnung zu halten. Wer abends mit der gesunden Überzeugung „was für ein Eierladen!“ aus dem Dienst kommt, hat nun einmal nicht mehr den Elan auch noch in die öffentliche Respektsdebatte einzusteigen und zu versuchen anderen zu erklären, wo die Unterschiede zwischen politischer Führung, Organisation Bundeswehr und einzelnem Soldaten sind und warum dieser Anspruch auf Akzeptanz und Respekt haben sollte.
Weder soll dies eine Entschuldigung dafür sein, dass die Organisation Bundeswehr nicht mehr unternimmt ihr corporate image und ihren Respekt in der Bevölkerung zu erhöhen – das sind nun einmal die Früchte einer „Ein-Job-wie-jeder-andere“-Politik – noch glaube ich, dass man sich außerhalb des Dienstes wegducken und ausweichen sollte. Für die breite Mehrheit der Truppe sehe ich aber den Ansatz, wie ihn @Kerveros beschrieb, im eigenen Bereich zu wirken, als zielführender und besser umsetzbar, als Flugblätter zu verteilen. Öffentliche Kampagnen sollen die unternehmen, die Engagement, Kenntnis, Fähigkeiten und Kapazitäten dazu haben, wie der Hptm Wullers, denn gemessen an der medialen Präsenz scheint er das besser zu machen, als viele andere es könnten.
„…dass er sich gegen das ganze Unrecht erhebt, das uns geschieht…“
das ist der Sarkasmus, nicht die Gelassenheit.
Anlässlich einer Rede des GI´s zum Thema „Soldate sein heute“ schrieb ich in meiner Kritik: „Sie (die Bundeswehr) ist an der Spitze eine Armee der Beamten in Uniform, die vor lauter treuem Dienen vergessen haben, dieses Dienen zu hinterfragen, um es aus einer eigenen soldatischen Identität heraus positiv zu begründen.“ (http://bendler-blog.de/2012/05/06/soldat-sein-heute-eine-kritik/)
Darauf, dass sich ein Stabsoffizier oder ein General zu dem Text von Wullers öffentlicht äußert, dürften wir lange warten.
@ cynic2: Danke für Recherche. ;-)
Wie gesagt: Ein Flugblatt (oder wie immer man es nennt) allein wäre blanker Aktionismus, der verpufft. Als Teil eines Konzepts der vernetzten Info-Arbeit kann so ein Retro-Instrument aber durchaus wirken. Den Ansatz „Jeder an seinem Platz und nach seinen Möglichkeiten“ finde ich sehr richtig. Wie man sieht, wird der ZEIT-Beitrag in den Netzwerken intensiv verbreitet. Von DBwV und VdRBw dagegen lese ich wenig, was die breite Öffentlichkeit erreicht. Vielleicht habe ich da aber auch nicht ausreichend recherchiert….
@f28
Ich bin recht dankbar für meine preussischen Gene, denn die bedeuten auch Aufklärung oder auch „Ungnade, wo Gehorsam keine Ehre brachte“. Aufrichtigkeit wird in allen großen Unternehmen gerne vergessen, ja sogar unterdrückt. Auch im Staatsbetrieb. Das sehe ich jeden Tag. Aber wurde ich so erzogen? Nein, die Bw hat mir einiges an Rückgrat gegeben, welches mich den Tag durchstehen lässt bei all diesen Gutmenschen und Bedenkenträgern. Aber ist das typisch Militärerziehung. Ich denke nein. Ich unterstütze gerne den Hptm Wullers, komme aber mit der Öffentlichkeit an die Grenzen, wegen der üblichen Zurückhaltung, die das Heer von mir fordert. Aber ch bekenne, als Stabsoffizier, „bin dabei“ ;) so long
@Minenjäger: Was mich am VdRBw und seiner Öffentlichkeitsarbeit (???) am meisten stört: Dass er sich und seine Geschäftsstellen in der Regel hinter den Kasernentoren versteckt – anstatt in den Innenstädten präsent zu sein und die Türen zu öffnen. Aber das würde Geld kosten und Arbeit machen.
Lieber lädt man zum Neujahrsempfang die/den OB, den/die MdL und die/den MdB ein und ist gemütlich unter sich. Von den örtlichen Reservistenkameradschaften in muffigen Kneipenzimmern ganz zu schweigen.
Cynic2 hat es richtig beschrieben, es ist nicht das erste Mal, das Mitglieder des Deutscher Soldat e.V. in den Medien auftreten. Unlängst gab es einen Bericht über einen Hauptmann mit u.a. afrikanischen Wurzeln, der als SaZ12 aus dem aktiven Dienst ausschieht (Zeit) und einen weiteren mit 4-5 Soldaten, Dominik Wullers als Vorsitzender des Vereins eingeschlossen (Zeit od. SZ). Die Botschaften gingen in dieselbe Richtung, wie beim vorliegenden Text.
Es scheint so zu sein, dass gerade dieser Verein zum einen verstanden hat, welche Pflichten der „Bürger in Uniform“ hat und es scheint dieser Verein zu sein, der sich entsprechend positionieren will. Dies tun die Mitglieder, Wullers vorne weg, deutlich. Hier wurde jetzt mehrfach von einem „Beigeschmack“ und der „einen Meinung“ gesprochen und bisweilen gefragt, ob das denn dürfe. Derweil frage ich mich, wo denn die anderen Meinungen der Anderen sind? Ist jenseits des Arbeitstages in der Kaserne keine Energie und/oder kein Interesse da, sich auch eimal hinzusetzen, den Bleistift anzufeuchten und einem der dutzenden Zeitungsverlage einen ähnlichen Brief zu einer ähnlichen Thematik zu schreiben? Wie kann es sein, dass immer wieder, bis fast zum Erbrechen von dem Bürger in Uniform gesprochen wird und man sich trotz schwerster Rückschläge und Missstände immer noch nicht aus seinem Schneckenhaus traut und seine Meinung kundtut?
Eigentlich braucht man diese Bezeichnung gar nicht, denn als demokratische Bürger hat man das Recht und die Pflicht (!) die Meinung frei äußern zu dürfen und auch bitte von diesem Recht regen Gebrauch zu machen! Natürlich unter Wahrung der OpSec.
@fennek: die arbeit des reservistenverbandes auf die von ihnen genannten elemente zu reduzieren, ist absurd und unredlich.
zum artikel: er wird hier im forum weit beachtet, aber da kein jauch oder will oder maischberger draus wird, sehr schnell vergessen sein. armes deutschland.
@LTC007: Ich weiß durchaus wovon ich rede – ich bin Beauftragter Presse und Internet einer Kreisgruppe des VdRBw …
@alle
Jetzt mal bitte nicht zu schwarz sehen.
Ich finde die Aussagen des Hptm Wullers gut, aber sie sind ja nun wirklich in den letzten Jahren nicht ohne vergleichbares geblieben. Da gab es noch eine gute Handvoll andere.Und keiner der Kameraden hat davon Karrierenachteile davon getragen.
Und wissen sie wer das alles gerichtlich durchgefochten hat? Die Wehrkraftzersetzer vom Darmstädter Signal in den 70er. Ausgerecht die :(
Ein deutscher Soldat darf seine persönliche Meinung öffentlich kundtun (auch wenn sie der offiziellen Bundeswehrmeinung zuwiderläuft) und er darf dies unter Angabe seines Dienstgrades tun.
Und er darf sogar polemisch sein.
Was er nicht darf ist sich parteipolitisch äußern, gegen die FDGO verstoßen oder eine Position vertreten, die seine Stellung als Vorgesetzter gefährdet.
Ich kann es nur noch einmal betonen: nach meiner festen Überzeugung handelt es sich hier um eine „Schere im Kopf“. Wir beschneiden uns selbst derart, dass wir uns Dinge selbst untersagen, die vollkommen ohne Probleme sind.
@NordlichtHH
„Oder gibt es gute Argumente dafür, die Führung öffentlicher Debatten auch in Zukunft der übergeordneten (und bisweilen über den Tatsachen schwebenden) Führung, sowie einzelnen Stimmen wie DBWV und Wehrbeauftragtem zu überlassen?“
Nein, gibt es nicht!
Denn nur wir Soldaten haben zumeist den notwendigen Sachverstand um zu einer fundierten Diskussion beizutragen.
Aber leider haben sich deutsche Generale und hohe Stabsoffiziere in den letzten Jahren angewöhnt sich vor Beamten, Staatssekretären und mittelklassigen Politikern zur Wurst zu machen.
Hier wird das Primat der Politik häufig vorgeschoben, aber zumeist geht es einfach um Rückratlosigkeit.
Wer mal mitbekommen hat, wie im Amerikanischen Kongress Vier-Sterner gleichsam hoch respektvoll behandelt werden und inhaltlich „gegrillt“ werden, der muß sich fast übergeben, wenn man mitbekommt wie es im DEU Vtdg-Ausschuss genau umgedreht ist.
Hierzu kann ich nur eine Anekdote aus altvorderer Zeit erzählen, die sich man deutscher General mal zu Herzen nehmen sollte: Als WII noch Kronprinz (bzw. Sohn des Kronprinzen) war unterbrach er einen KG bei der großen Kritik eines Herbstmanövers. Der KG antwortete daraufhin: Kaiserliche Hoheit bitten nachzusehen, aber der KG hält gerade Manöverkritik! WII verstummte. Ein Jahr später war WII deutscher Kaiser und der KG in Pension, aber das wußte er ja vorher und seine Würde hat er dennoch behalten und WII hatte seine Lektion gelernt!
@ Koffer
ich möchte wetten, Sie waren noch nie im Vtdg-Ausschuss. Also Vorsicht mit solch strammen Behauptungen! Bitte keine Klischees, die gut klingen, aber haltlos sind.
Ansonsten liegen Sie mit diesem Kommentar im Großen und Ganzen richtig – meiner Meinung nach.
PS: Was ist ein „Rückrat“?
@Sascha Stoltenow:
„Darauf, dass sich ein Stabsoffizier oder ein General zu dem Text von Wullers öffentlicht äußert, dürften wir lange warten.“
Ahjo… das ist mitnichten unter Ihrem Niveau. Stabsoffiziere beginnen beim Major und wenn sich ein Major oder Oberstleutnant aus der Truppe dazu äußern würde hätte das effektiv den gleichen Nährwert wie der Beitrag des Hptm Wullers.
Insofern hier pauschal die Keule zu schwingen ist allenfalls ein Anfall billiger Polemik, welche Sie eigentlich nicht nötig haben.
Wenn Sie die Herren Stabsoffiziere in höheren Positionen der Ämter/Kdo/BMVg adressieren, dann wäre diese Eingrenzung schon durchaus wichtig.
Ich kann die Position des Kameraden Wullers schon allein deswegen nicht öffentlich stützen, weil ich sie aus Erfahrung nicht teilen kann. Die Problematik Zivilklausel und Schulen trifft nunmal zuallererst Jugendoffiziere und die mit der Öffentlichkeitsarbeit betrauten.
Mal eben Empörung zu heucheln, weil mir die Position gut in mein Weltbild passt wäre wohl auch eines Stabsoffizieres unangemessen.
Wichtiger: meine Erfahrung ist wie gesagt eine Andere. Es gibt durchau Schulen, die sich nicht so anstellen – ebenso wie Vereine. Das Einzige, was regelmäßig dabei erwähnung findet, ist die Bitte, derlei Veranstaltungen nicht zu Werbeveranstaltungen für die Bundeswehr zu machen – was ich durchaus so mittrage.
Es ist nicht Aufgabe der Bundeswehr das Bildungsdefizit der Gesellschaft zu beheben – dafür gibt es ein Bildungsministerium. Es ist nicht Aufgabe der Bundeswehr, die Gesellschaft politisch zu bilden – dafür gibt es, unter Anderem, die Zentralen für Politische Bildung. Es ist weder Aufgabe noch im Bereich der Möglichkeiten der Bundeswehr Dummheit zu bekämpfen – damit müssen die Betroffenen einfach leben (und ich definiere hier ausdrücklich: Dumm ist, wer Dummes tut.)
Damit sind wir wieder beim Kehren vor der eigenen Haustür und dem ’sich der Probleme widmen, die im originären Aufgabenbereich liegen‘.
Natürlich stören mich persönlich gewisse Auswüchse zum Beispiel der GEW – doch sie stören mich nicht als Soldat, sondern als Staatsbürger. Indem ich aber meinen Protest vor den Hintergrund der Bundeswehr stelle befeuere ich doch die Argumentation der Gegenseite. Wenn mich als Staatsbürger dazu äußere, dann ist die Uniform fehl am Platze, bzw. brauche ich dafür auch keine Stabsoffiziere…
Und wenn ich gerade mal dabei bin: was wird in diesem Kontext eher objektiv betrachtet: sachliche Kritik eines besorgten Bürgers oder die Erregung des Staatsbürgers in Uniform? – einfach mal etwas zum ‚daraufherumdenken‘.
Aber sollte es uns nicht zu denken geben, dass der Gründer und Vorsitzende des Vereins Deutscher Soldat, der Hptm d.R. Ntagahoraho Burihabwa, die Bw mittlerweile leider verlassen hat?
Ich finde das sehr schade, ein schwarzer (Hautfarbe!) General hätte mir gut gefallen. Und das Zeug dazu hätte Gaho allemal gehabt: Er hat an der HSU in Trimestern gleich zwei Studiengänge abgeschlossen – als Jahrgangsbester und Träger des Johann-Max-Böttcher-Preises.
@KeLaBe
1. Rückgrat ;)
2. Ich in der Tat noch nicht, aber es gibt genügend Zitate und Episoden in Spiegel, FAZ und seriösen Medien, die meine Aussage stützen. Sowohl hinsichtlich der mangelnden Fachkompetenz, als auch des mangelnden Respekts!
Und mal als Zeichen des mangelnden Respekts:
1. Als der GI und der StS damals von KTG in den Schwarzwald geschickt wurden, titelten deutsche Zeitungen: der Staatssekretär muß gehen, die NYT titelte GER CoD muß gehen.
2. Wenn der GI pensioniert wird, bekommt er qua Amt und Tradition das große Bundesverdienstkreuz. Nur mal zur Verdeutlichung, das ist die NIEDRIGSTE Stufe des Halsordens.
@ Fennek
Volle Zustimmung. Burihabwas Ausscheiden ist ein Verlust für die Bundeswehr. Aber in anderen Bereichen ist er vielleicht sogar noch wertvoller. Er findet jedenfalls seinen Weg.
Ihre verdeckte Vermutung („zu denken geben“) verdient aber Aufmerksamkeit: Ist unsere Truppe reif genug, farbige Offiziere, die dann auch noch Erfolg haben und Karriere machen, auf allen Ebenen vorbehaltlos zu akzeptieren? Ich hoffe das sehr. Denn nur wenn wir diese Frage uneingeschränkt bejahen können, ja sogar erstaunt über den Fragesteller sind, haben wir Innere Führung verstanden und umgesetzt.
Aber das wird jetzt OT, daher von mir keine Vertiefung.
@KeLaBe
Diese Frage hat er übrigens selbst schon beantwortet:
„»Nirgends werde ich so wenig diskriminiert wie in der Bundeswehr«, sagt Burihabwa. »Ich bin zwar der schwarze Hauptmann, aber ich bin immer noch Hauptmann.« Er, den sonst immer alle für den Anderen, den Ausländer halten, ist hier einer von vielen. Anfangs sei er oft froh gewesen, wenn er sonntags abends zurück in die Kaserne konnte. Er dachte: »Hier hast du deinen Platz. Irgendwann müssen das auch die Leute draußen erkennen.«
@ Koffer
Der VA tagt i.d.R. hinter verschlossenen Türen. Vertreter von Medien (auch solche seriöser Art) sind nicht zugelassen. Das in der Presse vermittelte Bild ist also mit Vorsicht zu genießen.
Ich bin nicht der pauschalen Ansicht, dass es im Parlament an Respekt gegenüber der Generalität mangelt. Von Ausnahmen natürlich abgesehen ;-)
Die Aussage von Hptm d.R. Burihabwa (ich habe ihn schon einige Male persönlich kennengelernt und schätze ihn sehr) ist für die Bundeswehr sehr erfreulich. Danke für diese Info.
Das ist ja ein ganz netter Rundumschlag von Wuller, aber irgendwie fehlt es da schon manchmal an Substanz. War das nun ein Gastbeitrag von ihm allein oder steht da irgendwie die Bundeswehr offiziell dahinter? Habe mir ehrlich gesagt mehr von diesem Gastbeitrag erhofft, wurde aber eher enttäuscht. Schade.
@ Koffer
Ich habe einen wichtigen Punkt noch vergessen: Die von Ihnen zitierte Aussage von B. ist sehr erfreulich für die Bw, aber zugleich auch ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.
Von Keveros:
„Ich kann die Position des Kameraden Wullers schon allein deswegen nicht öffentlich stützen, weil ich sie aus Erfahrung nicht teilen kann. “
Ich hatte schon befürchtet, ich hab eine isolierte Einzelmeinung, wollte schon einen Termin beim Truppenpsychologen buchen.