Piraten: Somalia weit unten in der Liste
Das Piracy Reporting Centre in Kuala Lumpur hat am (heutigen) Donnerstag seinen Bericht zur weltweiten Piraterie in den ersten neun Monaten dieses Jahres veröffentlicht. Neben dem generellen Trend, dass die Piraten insgesamt gesehen in diesem Jahr weltweit weniger aktiv waren als in den Vorjahren, fällt auf: Somalia und das Horn von Afrika, über Jahre der Hotspot der Piraterie, sind weit nach unten gerutscht auf der Liste. Im Westen Afrikas dagegen schlagen die Seeräuber mehr zu als je zuvor.
Aus dem Bericht für die Zeit 1. Januar bis 30. September:
Between 1 January and 30 September 2013, the IMB PRC has received a total of 10 incidents attributed to Somali pirates. This includes two hijackings, with 34 seafarers taken hostage and three vessels being fired upon. Reports also suggest that merchant vessels have been approached by potential Somali pirates to assess the on board vigilance, hardening and the carriage of armed teams, showing the continued threat and capability of the Somali pirate. Continued vigilance and hardening is encouraged not only for the merchant fleets but more so for the fishing and dhow fleets which remain softer targets.
As of 30 September 2013, suspected Somali pirates held two vessels for ransom with 15 crew members of different nationalities as hostage.
Zum Vergleich: Den zehn versuchten Angriffen in diesem Jahr standen zum Beispiel im Jahr 2009 genau 164 Angriffe gegenüber. Und deutlich mehr gekaperte Schiffe – zumal die zwei genannten Hijackings in diesem Jahr nicht die großen Handelsschiffe, Frachter oder Tanker, der Industrienationen waren, sondern Fischerboote oder Dhaus, also praktisch weiche Ziele. Ohne bewaffnetes Sicherheitsteam, wie es mittlerweile auf Handelsschiffen zum Standard gehört. Aber mit genügend Geiseln, für die sich allerdings in den Industrienationen niemand interessiert.
Spitzenreiter der Pirateriezwischenfälle ist übrigens in diesem Jahr Indonesien. Allerdings meist mit Überfällen, bei den es um die Kasse und Wertsachen der Besatzung geht. Nicht um ganze Schiffe und ihre Ladung.
Die Analyse von Reuters zu dem aktuellen Bericht: Pirate attacks by heavily armed gangs surge off Nigerian coast
(Foto: Der Cougar-Bordhubschrauber der niederländischen Hubschrauberträger/Kommandoschiffs Johan de Witt vor der somalischen Küste; Bild vom Kommandaten Frank Foreman via Twitter veröffentlicht)
A propos somalische Piraten. Vielleicht hat ja der eine oder andere noch nicht von dem jüngsten Erfolg bei der Bekämpfung der Piraterie gehört:
http://www.dw.de/somalischer-pirat-001-kommt-nicht-ins-kino/a-17157410
@chickenhawk: Made my day.
Danke dafür.
Momentan läuft gerade eine Reportage in der ARD über diesen Einsatz. „Exclusiv: Machtlos vor Somalia“
@O. Punkt:
Vielen Dank für den Hinweis.
Hier der gleiche Bericht bereits im Juli im BR:
http://www.ardmediathek.de/br-fernsehen/kontrovers/piratenabwehr-am-horn-von-afrika?documentId=16263578
Interessant wie man sich mal wieder hinter dem Mandat versteckt – anstatt die Probleme mit HRO See zu erläutern.
Der Tenor: „Wir können, aber das Mandat erlaubt es nicht“ stimmt zumindest nicht mit der Lesart der Bundeswehrführung überein.
Hat der Kdt der FGS Augsburg weitere Handlungsmöglichkeiten beantragt??
Die Marineführung hat 2007ff offensives Vorgehen (besonders gegen Mutterschiffe) stets in Frage gestellt. Obwohl es gerade aus der Politik anders gefordert wurde.
@T.W.:
Der kritische Blick auf Atalanta ist doch ein eigener Thread Wert, oder?
Nachtrag:
Der im Bericht erwähnte Kdt der Augsburg bei der Kommandoübergabe:
„Ich bin froh, mein oberstes Ziel erfüllt zu haben, nämlich immer mit meiner Besatzung gesund zurückgekehrt zu sein. Es war das Beste was mir passiert ist, es war eine Ehre und Privileg, die Fregatte Augsburg kommandieren zu dürfen“, sagte Fregattenkapitän Veitl zurückblickend.
Aber gleichzeitig vor Fernsehkameras auf angeblich restriktive Mandate verweisen und den Eindruck hinterlassen ihm seien „die Hände gebunden“.
So lernt man es eben an der FüAk und im BMVg.
Nachtrag 2:
Auszüge aus dem aktuellen Atalanta-Mandat:
„1. Rechtliche Grundlagen und politische Rahmenbedingungen (…)
Die EU-geführte Operation Atalanta soll die vor der Küste Somalias und im
mandatierten Seegebiet im Indischen Ozean operierenden Piraten abschrecken
und bekämpfen. Dabei soll zum einen die durch Piratenüberfälle gefährdete
humanitäre Hilfe für die Not leidende somalische Bevölkerung sichergestellt
werden. Zum anderen soll die Operation den zivilen Schiffsverkehr auf den dor-
tigen Seewegen sichern, Geiselnahmen und Lösegelderpressungen unterbinden
und das Völkerrecht durchsetzen. (…)
2. Auftrag (…)
d) Durchführung der erforderlichen Maßnahmen einschließlich des Einsatzes
von Gewalt zur Abschreckung, Verhütung und Beendigung seeräuberischer
Handlungen oder bewaffneter Raubüberfälle, die im Operationsgebiet began-
gen werden bzw. begangen werden könnten“
Und wo ist da jetzt nochmal das Mandatsproblem? Das einem die Hände bindet?
Warum darf (!) man denn nun nicht einschreiten??
Man will es nicht, das mag sein.
Aber dürfen, können und wollen sind verschiedenen Dinge wie auch bei ISAF, in Mali und in Syrien.
Angenehm ist natürlich, wenn man angeblich nicht darf.
Dieses andauernde Verstecken hinter dem angeblich feigen Parlament (das ja den Mandatstext nicht mal ändern darf!) und die fortlaufende Legendenbildung in der Bundeswehr und ggü. der Presse und Öffentlichkeit (wie bereits bei ISAF!) ist ein echter Bundeswehr-Skandal.
Seinen Auftrag nicht erfüllen und dann wahrheitswidrig auf das Parlament zeigen.
Danke schön. Ganz große Leistung.
Danke für den Hinweis auf den TV-Beitrag, der ist mir irgendwie durchgegangen.
In der Tat, da stimme ich Memoria zu, lässt das Mandat mehr zu als von der Bundeswehr militärisch (und wohl auch politisch) gewollt ist. Man hätte ja auch den Boarding-Soldaten Bastian mal nach dem Thema opposed boarding fragen können… Und Hostage Release Operation (HRO) auf See ist dann noch mal ein Tick mehr.. siehe Hansa Stavanger.
(Aber der BR war ja laut Anmoderation auch der Meinung, dass sein Team die ersten Journalisten waren, die je auf einer Fregatte im Atalanta-Einsatz mitgefahren sind.)