Fernsehen: ‚Unser Krieg – Mission Afghanistan‘
Der Fernsehtipp ist eigentlich für den (morgigen) Dienstag, auf ZDF info gibt’s den Zweiteiler allerdings schon am (heutigen) 7. Oktober: Unser Krieg – Mission Afghanistan hat das ZDF seinen Film genannt, der sich den zahlreichen Facetten des deutschen Afghanistan-Einsatzes widmet. Mit vielen Interviews mit Soldaten, Kommandeuren, einem Minister, Angehörigen – und ein Teil der Interviews ist, weil er in den Film nicht mehr reinpasste, nur online zu sehen. Ebenso der Video-Rundgang über die Höhe 432 im Distrikt Char Darrah bei Kundus.
Die Sendetermine zur Primetime: am 8. und 22. Oktober, 20.15 Uhr, im ZDF; aber am 7. Oktober um 21.40 und 22.25 Uhr auf ZDF info (da ist das ZDF sich selbst wohl nicht klar, wann es was senden will. Nachdem auch die ARD neulich einen noch kurz zuvor auf der Webseite angekündigten Beitrag irgendwie verschoben hat, sollte ich vielleicht langsam darauf verzichten, auf Sendungen der öffentlich-rechtlichen Sender hinzuweisen. Die zeigen ihr Zeug ja doch wann sie wollen.)
Und das Bonus-Material auf der Webseite.
@Iltis
Die aus Deutschland geliehenen Leopard 2 wurden durch die kanadischen Truppen im RC South mit Erfolg eingesetzt – in anderem Gelände, gegen anderen Gegner und mit anderen Taktiken, als sie im RC Nord vorherrschten.
Ein Leopard 2 hätte in KUNDUZ sicherlich einige Straßen und compound Mauern demolieren können, wäre an genau zwei Stellen durch den KUNDUZ River gekommen und beim Querfeldeinfahren durch die mit Abwässergräben durchzogenen Felder irgendwann in einem Reisfeld (ja die gibt es da) liegen geblieben. Bereits die SPz konnten abgesehen von OST- und WESTPLATTE kaum von den Straßen runter, weil sie entweder Kollateralschäden verursacht hätten oder befürchten mussten, sich fest zu fahren. Von den ständigen technischen Aussetzern ganz zu schweigen. Das einzige was da schlimmer gewesen wäre, als ein zerstörter Leopard (den hätte es nämlich genauso zerrissen, wie den SPz in BAGHLAN), wäre eine Bergeoperation eines Leopard unter Feuer gewesen. Die US-Truppen haben im Chahar Darreh mal acht Stunden unter sporadischem Feuer gebraucht eines ihrer Fahrzeug aus dem drei Meter tiefen Krater zu bekommen.
Ok, wenn die Verhältnisse so sind, hat es mehr Nach- als Vorteile. Ist auch das der Grund, weshalb man die Artillerie nur stationär verwendet hat? Die PzH 2000 ist ja weniger beweglich als ein Leo, aber ähnlich schwer.
@Cynic2
Es war ein deutscher Bergepanzer, der das US-Wrack geborgen hat, ich war in der Sicherung.
Leos wären kein Allheilmittel gewesen, aber halt eine Option mehr, da beispielsweise Compoundmauern durchaus ein Problem waren und weitreichende Überwachung durchaus punktuell Sinn gemacht hätte. Die Märchen im Bezug auf die Einschränkung der taktischen Beweglichkeit kann man sich sparen. Die Leos wären an genau die identischen Stellen hin gekommen, wie die Marder, die auch die Furten nutzen mussten. Da der Marder sich absolut bewährt hat, im Gegensatz zu Wiesel & Mungo, ist die Argumentationslinie schnell zu widerlegen.
Ja eigentlich wollte ich mich hier ja raushalten, aber ab und zu brennt mir die Seele, weil ja mein Kind noch dort verweilt. Wenn darüber diskutiert wird dass evtl. viele keine >KOnfession haben, sollten sie beachten, dass es tatsächlich sehr viele ehemalige Ostdeutsche und viele Kinder von Deutsch-Russen bei der Bundeswehr verpflichten und die haben nun mal fast alles keine Konfession- s.g. Heiden. Weiterhin finde ich es sehr traurig, dass heute nachdem Familien ihre Kinder, die Soldat waren in Afghanistan, verloren haben, disskutiert wird über die Notwenidigkeit eines Einsatzes. Leider tut sich Deutschland sehr schwer mit Bürgerentscheiden, dann müssten die ganzen Schlauschei..er, die heute sagen was will denn Dein Kind dort, den Mund halten..Ich finde es schlimm, dass man fast verachtet wird, wenn man Soldat ist.
Mit dem Film der übrigens für uns Eltern sehr informativ war, wurden jedoch wieder Feuer ohne Ende geschürt.(die Geldausgaben- Steuerausgaben)
Die Bundesrepublik zeigt einfach zu wenig, dass sie hinter ihren Entscheidungen stehen. auch wenn Herr Gutenberg etwas arrogant rüberkam zumindest hatte ich das Gefühl, dass er eine Struktur in die Bundeswehr bringen will. Was heute passiert ist nur radikaler unüberlegter Stellenabbau
@ Stefan H.
Ich weiß, die Amerikaner hätten ihn früher rufen sollen.
Die Marder sind abgesehen von den beiden Platten aber auch kaum im Gelände gefahren. Oder sehe ich das falsch? Innerhalb der bebauten Zonen haben sich auch deshalb so gut bewährt, weil sie mit der 20mm gut schwenken und wirken konnten. Ein Leopard hätte seine Kampfentfernung da gar nicht ausspielen können und wäre zum „Kanonenwagen“ verkommen, wie vor ihm die Fennek. Aufgrund Schwenkbereich und fehlender Waffenanlage wäre er auch kaum zum Selbstschutz befähigt gewesen.
Auch wenn er also überall hin gekommen wäre, wo die Marder auch hinkamen, hätte er in der bebauten Zone nichts genutzt, sondern hätte von den Platten aus punktuell überwachen müssen, wie sie sagen. Das ist eine weitere Option aber mit geringem taktischer Mehrwert. Und wenn sie diese Bewegungsfreiheit mit dem Vergleichen, was die gepanzerte Kampftruppe für Gefechtsoperationen normalerweise annimmt, ist das absolut kein Märchen. Damit wäre kein Panzerkommandant zufrieden geworden.
@ Cynic2 (zum BW-Nachrichtenwesen)
Sie sind der Bundeswehr-Inside, da will ich auch gar nicht lange streiten. :)
Mein Eindruck, fast ausschließlich aus Marc Lindemanns Buch und ein paar Blog, ist dass dass man eben mitbekommt wenn Dörfer nicht mehr mit der Bundeswehr/Regierungsseite reden wollten, und auch Informationen über bestimmte charakteristische Kämpfertruppen und deren Bewaffnung erhält, wie auch über die Zusammensetzung der Schattenregierung der Aufständischen. In der Lage zu sein, untergetauchte Aufständische in der Bevölkerung zu erkennen, scheint man jedoch nicht.
Und das ist dann auch der Punkt, wo das „offensive Vorgehen“ scheitert – egal ob mit Leo oder ohne. Wenn die Bundeswehr/Regierungsseite abends wieder abzieht ist es Selbstmord denen im Dorf untergetauchte Aufständische auszuliefern.
Egal ob Bandenkriminalität oder Aufstandsbewegung: „Die Lösung“ liegt seit Jahrhunderten vor allem darin vor Ort sowohl kampfstärker als auch besser vernetzt zu sein. Am besten mit einer langfristigen Perspektive, die glaubwürdiger und angenehmer ist als die Versprechen der Gegenseite. Klar, das sagt sich so leicht, und in der Praxis ist das aufgrund des benötigten Umfangs alles andere als billig oder trivial, mit vielen Unbekannten und Fehlermöglichkeiten.
Aber in diese Richtung war/ist Deutschland eben praktisch gar nicht aktiv. Um nochmal kurz auf Memoria zurückzukommen: Es ist eben nicht ISAF die mehr Feuerkraft braucht (die ist kämpferisch überlegen, auch wenn da mehr besser ist), sondern die „Dorfpolizei“. Nur das ist sowas von gar nicht Teil der deutschen Planung, der deutschen Debatte, und auch (wieder mal) nicht Gegenstand dieser deutschen Doku.
Auch wenn der Link hier schon X-mal kam: Sehr anschaulich ist da auch die meines Wissens einzige Zusammenarbeit der Bundeswehr mit Milizen: „Schlacht um Shahabuddin“. Auch gerade der Aspekt, dass der der Entsatz durch die Bundeswehr 2 Tage braucht (wegen gesprengter Brücke, soviel nochmal zum Leo und den ahnungslosen Badelatschenträgern). So ein bisschen hab ich ja noch die Hoffnung, dass diese Episode doch noch in der Doku aufgegriffen wird…
Hab gerade mal die Kommentare durchgescannt und muss sagen: Die strategisch entscheidende Frage hat wohl @ autostaedterin gestellt: Wo war der Knackpunkt in Nord-AFG und warum gab es ihn überhaupt?
Die Ausgangslage in Nord-AFG hätte doch für uns Deutsche kaum günstiger sein können, vor allem im Vergleich mit dem Osten und Süden. Jeder, der vor 2004/2005 in Kunduz war, wird das bestätigen. Es bleibt also ein Rätsel, wieso der Trend von Jahr zu Jahr immer schlechter statt besser wurde. Es gab sicherlich äußere Faktoren, die zu beeinflussen nicht in unserer Macht lagen, aber irgendwas haben wir zweifellos auch selbst falsch gemacht.
Aus meiner Sicht geht es dabei im Kern gar nicht so sehr um bestimmte Waffensysteme, die man hat oder nicht hat. Vielmehr waren – ohne das allzu pauschal anprangern zu wollen – zwei Punkte ursächlich: Erstens die anfangs extrem spürbare Halbherzigkeit, mit der mit Rücksicht auf die eigene Bevölkerung der Einsatz mandatiert und unterstützt wurde. Das ist ein Defizit der politischen Seite. Und zweitens die Mutlosigkeit und mangelnde Gelassenheit, mit der die Truppe in kritischen Lagen auf Gefahren geantwortet hat. Diese Kritik wiederum richtet sich an die militärische Führung – auf höheren Ebenen, aber teilweise auch vor Ort.
Der letztere Punkt bedarf dringend einer nüchternen Aufarbeitung. Es war politisch und menschlich voll nachvollziehbar, aber dennoch schlichtweg falsch, sich nach jedem Anschlag zu verschanzen, die eigene Sicherheit zum Maß aller Dinge zu machen – und dadurch Schwäche und Verunsicherung zu demonstrieren. Mit dem in der Folge unverhüllt gezeigten pauschalen Misstrauen gegenüber den Afghanen (besonders gut zu beobachten z.B. auch im Straßenverkehr über Land) haben wir zugleich deren Vertrauen und Achtung verloren. Die Sicherheit für die eigene Truppe („Schutz über alles“) wurde zwar kurzfristig gesteigert, längerfristig aber konterkariert. In den Augen großer Teile der örtlichen Bevölkerung sind wir – ohne es zu merken, geschweige denn zu wollen – vom Freund und Helfer zum Besatzer oder noch schlimmer zum voraussichtlichen Verlierer mutiert. Und das war zumindest teilweise der Schlüssel zum Misserfolg.
Einsätze wie der in Afghanistan sind – neben militärischem Können – eben von Psychologie und kultureller Kompetenz bestimmt. Und da sind wir offenbar genau so wie alle Europäer und vor allem Amerikaner nicht perfekt.
@ J.R.
Die Bundeswehr arbeitete nicht mit Milizen zusammen, weil das Wort Milizen böse ist!
Bei Shahabuddin wurde mit US Streitkräften zusammengearbeitet, die wiederum Afghan Local Police dabei hatten.
Die gibt es seit Dezember 2010 auch im Raum KUNDUZ zu Hauf unter nomineller Kontrolle der afghanischen Polizei und deshalb keine Miliz – böses Wort!
Der Bericht von amnesty international war hier wohl schon einmal verlinkt:
http://www.hrw.org/sites/default/files/reports/afghanistan0911webwcover.pdf
Das passiert, wenn man seine ALP von der afghanischen Polizei rekrutieren lässt und nur daneben stehen darf.
2002 von Peter Schol Latour
Kampf dem Terror
Kampf dem Islam
Schrieb er das für die Bundeswehr gefährlich wird , wie es auch tatsächlich kamm ,
er wurde damals belächelt
Später unter V-Minister Jung bekam er BW Verbot
@Cynic2
Ich glaube mit diesem überspitzte Truppengattungsdenken „wer was nicht kann“ macht man es sich selbst nur schwer. Ich bin Panzermann und hätte viele gute Einsatzmöglichkeiten – auch im Gefecht – gesehen. Glauben Sie mir: Panzer suche sich schon eine Stellung wo man schwenken kann. Gerade in Baghlan wäre da schon eine Menge drinnen gewesen; das gilt auch für Höhen, PHQs und vegetationsbedingt mehr als die Hälfte des Jahres für das ganze Kunduztal.
Exkurs: Es hatte sich mal unglaublich das Gefecht verbundener Waffen – Infanterie – Panzer – Artillerie – bewährt und keiner stellte das in Frage. Später erkannte man, dass es noch mehr Fähigkeiten braucht und man erweiterte das Modell zum Einsatz verbundener Kräfte. Ich kann mir das eigentlich nur aufgrund der harten Verteilungskämpfe um knappe Ressourcen erklären, warum auch bundeswehrintern dieser Verbund systematisch im Einsatz verhindert wurde. Selbstverständlich wäre in diesem Szenario der Schwerpunkt bei der Infanterie gelegen, Panzer & Artillerie taktisch in einer die Infanterie unterstützenden Rolle. Ich behaupte auch nicht, dass es im Gesamtergebnis heute anders aussehen würde. Allerdings wäre Einigen in taktischen Gefechten geholfen gewesen, wenn sie eine ordentliche Feuerunterstützung bekommen hätten. Es gab mal Zeiten, wo man Dingo & Fuchs als unterbewaffnet und nur zum Eigenschutz befähigt angesehen hat, nicht als Träger des Gefechts. Wenn ich aber mit Dingos ins Gefecht rolle, muss ich zum Gefecht absitzen und das führt zur Verzahnung mit dem Feind. Echte Möglichkeiten des Handelns erfordern einen Fähigkeitenmix.
Back to Topic: Den ersten Teil der Dokumentation fand ich super. Ich hoffe der 2 Teil hält dieses Niveau. Ich hoffe auch, dass der Fokus nicht zu sehr auf zwei Tankwagen gelegt wird.
Wenn man das alles so liest … da bleibt ja fast nur Auflösen, Strukturen einstampfen, komplette Neuaufstellung.
Zur Verantwortung: Sowohl BW-Führung als auch Bundestag heben ja immer wieder die Stellung der BW als Parlamentsarmee hervor. Und was folgert für unserer Volksverräter … errr … -vertreter daraus? V E R A N T W O R T U N G !!! Nämlich:
– Verantwortung sich zu informieren
– Verantwortung gegenüber den Soldaten & Soldatinnen im Einsatz
– Verantwortung kritische Fragen zu stellen
– Verantwortung selber zu denken
– Verantwortung, sich ein UMFASSENDES Bild zu verschaffen, auch mit Perspektiven internationaler Partner
– Verantwortung zu führen, nicht bloß zu verwalten (d.h. auch mal unattraktive Entscheidungen zu treffen – z.B. COIN zu unterstützen)
Davon habe ich nirgends auch nur einen Funken gesehen … abseits von kleinmütigem „kein Staub aufwirbeln“ und populistischem „Abzug jetzt“ Gefasel gab es da nichts, wo ich echtes Interesse und Annahme der Verantwortung wahrgenommen hätte. Auch erinnere ich mich an einen Artikel, in dem sich britische Journalisten wundern warum die deutsche Politik (Kanzlerin & Verteidigungsminister) den deutschen Kommandeur (Name ist mir entfallen) total links liegen läßt, wohingegen er z.B. bei McChrystal ständig ein und aus geht und Besuch von amerikanischen & britischen Regierungsleuten bekommt. Auch das ist ein Zeichen des Desinteresses … und der Verantwortungslosigkeit.
Das VM Jung bashing scheint ja in Mode zu sein. Meine Meinung dazu: Insbesondere im Umgang mit Medien war/ist er etwas tappsig. Ihm deshalb aber mangelnde Empathie oder fehlendes Interesse für gefallene oder verwundete Soldaten zu unterstellen finde ich sehr einfach und ungerecht.
Ich verbinde mit seinem Namen, neben der Unbeholfenheit vor der Kamera, vor allen Dingen das Einsatzweiterverwendungsgesetz, die Schwerpunktstaatsanwaltschaft und den kostenfreien Rechtsbeistand bei evtl. Verhandlungen vor DEU Gerichten.
Mit Medien KT verbinde ich lediglich die überstürzte „Aussetzung“ der Wehrpflicht, ein Spitzeneinstieg in eine Spitzenreform und Haargel…
@csThor:
Wenn sie hiervon „keinen Funken“ gesehen haben, dann haben vielleicht auch sie nicht richtig hingeschaut. Ich empfehle als Lektüre Berichte von Nachtwei und kl. Anfragen verschiedener Fraktionen anzuschauen. Lindemann bezieht sich in seinem Buch häufig auf kl. Anfragen der FDP. Zudem verweise ich nochmal auf die ROE-Diskussion, die man durchaus als Beförderung von COIN-Gedanken betrachten kann.
@Spowi:
Sicher gibt es ein Ungleichgewicht zwischen FJJ und KT in der medialen Betrachtung. Es ist aber auch wahr, dass Jung nie gestaltet hat. Er blieb der verlängerte Arm des Apparates.
Eine starke Empathie bei Gefallen hatte er jedoch auch.
Der Minister wird aber vor allem fürs Entscheiden bezahlt und nicht fürs Mitfühlen und Ehrenmale bauen.
@ csThor
Naja, mit Winfried Nachtwei (Verteidigungspolitischer Sprecher der Grünen 2004-2009) gibt es da mindestens eine sehr bemerkenswerte Ausnahme.
@Stefan H.
Wenn Sie Einsatzmöglichkeiten gesehen haben, nehme ich Ihre Expertise mal so hin. Einsatzmöglichkeiten in BAGHLAN will ich Ihnen auch gerne glauben. Das Erkundungskommando der PzLehrBrig 9 machte auf mich nur einen sehr nervösen Eindruck, als es einen Blick ins Gelände geworfen hatte. Auch die Task Force bewertete seinerzeit keinen Bedarf an KPz da mehr Probleme als Nutzen entstanden wäre.
Das wesentliche Problem sehe ich auch weniger im Truppengattungsdenken, als in der politisch in Stein gemeißelten Kontingentobergrenze, die zur Auftragserfüllung zu gering war und keine Flexibilität zuließ. Einsatz verbundenener Kräfte hätte man mit Sicherheit gern gemacht, wenn es nicht um jeden Dienstposten ein Hauen und Stechen gegeben hätte. Wenn man eine Fähigkeit in den Einsatz bringen wollte, mussten so und so viele Stellen frei werden.
Hätte man die Fähigkeiten Artillerie und KPz zusätzlich in den Einsatz gebracht und dafür nicht andere gestrichen, wäre diese Kontroverse so auch nicht aufgekommen.
@ Memoria & J.R.
Ja, Herr Nachtweih und ein zwei andere bilden hier eine Ausnahme. Aber die handvoll gegenüber einem Bundestag von über 600 Leuten? Haben die ihr Mandat nur zum Besprechen wieviel Promille des deutschen BSP-Kuchens nun wie verteilt werden, oder wie?
Kann sein, daß ich von einem MdB zuviel erwarte, aber außen- und sicherheitspolitische Dinge auf die Schultern einiger weniger zu packen und die dann geflissentlich zu ignorieren kann doch nicht Anspruch des Bundestags sein, oder?
@csThor:
Es sind bzw. waren ja, wie Sie schreiben, mehr Leute als Nachtwei. Was Interesse und Wissen angeht hab ich da deutlich mehr erlebt als bei vielen Generalen.
Es gibt jedoch auch genug andere Themen um die sich Abgeordnete kümmern sollten (Euro, Energiewende, Innere Sicherheit, etc). Arbeitsteilung eben.
Nächstes Mal soll der Tankwagen Bomben dran sein
Interessant war das für 2009 ein Angriff tatsächlich geplant war auf das Feldlager
Kam am Ende des Beitrages
@Cynic2
Mit den Kontingentobergrenzen dürften Sie den Nagel auf den Kopf getroffen haben, warum kein Bedarf für viele Fähigkeiten gesehen wurde…
@ J.R. | 09. Oktober 2013 – 21:07
Sie behaupten:
„Unser Problem ist nicht die Feuerüberlegenheit. Unser Problem ist Aufklärung.“(Schneiderhan)
„Wobei diese Aussage aber wahr ist. Das Problem von ISAF war zu keinem Zeitpunkt Feuerkraft, aber sehr wohl ein Mangel an Präsenz und Information.“
Können Sie das mit Aussagen belegen, die von Kommandeuren stammen, die mit ihrer Truppe die Gefechte im Raum Kundus zu bestehen hatten? Mir sind keine bekannt.
Ganz im Gegenteil: Oberst i.G. Rohrschneider, ehemaliger PRT-Kommandeur in Kundus, verdeutlichte, woran es gefehlt hat. Es fehlte an gepanzerten Kampf -und Kampfunterstützungstruppen. Er sagte:
„Es ist aber meine Erfahrung gewesen, das in jeder Krisensituation ein Mangel
an wirksamem Feuer das Kernproblem war. Hier erwies sich der Einsatz des SPz
Marder als entscheidend. Durchsetzungsfähigkeit, Wirkung und Schutz waren die
Voraussetzungen für den Erfolg, wobei wir den SPz mehr wie leichte KPz eingesetzt
haben. Nach meiner Bewertung sind KPz durchaus in diesem Szenar vorstellbar, weil überall dort, wo SPz eingesetzt wurden auch KPz ihre Wirkung entfalten können dazu mit besseren Beobachtungsmöglichkeiten und präziserer Wirkung.“
Auch ganz interessant in diesem Zusammenhang die Aussage des Fallschirmjägers Johannes Clair:
„Auf dem Weg in die nächste Raumverantwortung waren wir deutlich gelassener. Der India Zug hatte endlich seine Schützenpanzer bekommen. Wir waren für diese Verstärkung sehr dankbar…(J.Clair, Vier Tage im November, S.200).
@ politikverdruss
gemeint war vermutlich der mangelnde wille die theoretisch vorhandene Feuerkraft auch zur anwendung zu bringen.
ungenutzte wirkmittel wirken auch nicht.
desweiteren hätte man den gegner auch völlig ohne schützenpanzer dezimieren können sofern man grundlegende infanteristische Prinzipien bherzigt hätte. (kalkulierbarkeit der anmarschwege, handstreich/überraschungseffekt, generell selbst initiativ werden anstatt meilenweit sichtbar durch die gegend zu rumpeln)
der gegner war keine mot schützen division
@ wacaffe | 10. Oktober 2013 – 18:57,
bedauerlich, dass Sie die deutsche Infanterie in Afghanistan nicht geführt haben. Was wäre uns allen erspart geblieben…
Die besten Kapitäne stehen leider immer an Land!
sarkasmus in allen ehren aber sinn und zweck der kommentareist doch defizite zu benennen. wenn sie das taktische vorgehen im rc nord für ein musterbeispiel erfolgreichen operierens halten müssen sie das schon begründen.
@wacaffe:
Nur leider sind einige Einsatzgrundsätze in diesem Umfeld nur schwer umsetzbar (unaufgeklärte Annährung).
War amongst people ist in den HDv eben noch nicht angekommen. Wobei einige unkonventionelle Methoden sicher öfters anwendbar gewesen wären.
Aber hier scheint wiedermal die Betrachtung zwischen Einsatz und Grundsätzen des regulären Krieges zu sschwanken.
mir ist schon klar das meine vorschläge kein allheilmittel gewesen wären.
was mir grundsätzlich und in afghanistan im speziellen gefehlt hat ist eine gewisse experimentierfreudigkeit und fähigkeit zur selbstkorrektur.
führt operationsart A über längere Zeit nicht zum erfolg versucht man es eben anders oder fügt zumindest neue elemente hinzu. (sof capture/kill, COIN vs. CT, mehr abgesessen, mehr luftsturm und und und) alles elemente die man je nach gusto hätte beimengen können. bei fehlern wird dann eben nachjustiert.
auf mich wirkte die Bw sowohl auf theoretischem als auch praktischen feld in dieser beziehung merkwürdig phlegmatisch.
wacaffe | 10. Oktober 2013 – 19:48,
„…müssen sie das schon begründen.“
Ist Ihnen entgangen, dass ich meinen Beitrag mit den Aussagen Kampf erfahrener Soldaten belegt habe, während Sie unbelegt behaupten, dass „ man den gegner auch völlig ohne schützenpanzer (hätte) dezimieren können sofern man grundlegende infanteristische Prinzipien bherzigt hätte.“
Finden Sie nicht auch, dass Sie mal langsam anfangen sollten, Ihre Behauptungen zu begründen? Und zwar ziemlich schnell, denn die deutsche Infanterie verfällt gerade in Schnappatmung.
@ Politikverdruss
Das ist der gleiche Artikel, aus dem auch das folgende Zitat stammt, oder?
„Ich halte das mir verfügbare Kräftedispositiv, vor allem nach Verlegung einer weiteren Infanteriekompanie auf Entscheidung des Ministers für ausreichend.“ („Das Schwarze Barett“ des Freundeskreises der Panzertruppe, Heft 43)
Und das oben ausgeführte finden Sie eben auch bei J.Clair, etwa beim Gespräch mit den Sprachmittlern (S. 196ff):
„Die Aktionen gingen vom Gegner aus. […] Dabei wußten wir noch nichtmal, wer dieser Gegner war. […]
Die Straße hier ins Chahar Darrah – die Straße die ihr jeden Tag benutzt – sollte schon vor Jahren asphaltiert werden. Aber das ganze dafür bereitgestellte Geld ist wegen der Korruption verschwunden. Wenn die Menschen, die an dieser Straße leben, euch einmal am Tag vorbeifahren sehen ist das schon ’ne Menge. Aber sie sehen euch eben nur vorbeifahren. Und was ist mit den Dörfern abseits der Hauptstraße? Da kommt niemand hin. Ist doch klar, dass die lieber mit den Taliban oder irgendeinem Clanchef zusammenarbeiten, der ihnen entweder eine Kalaschnikow an den Kopf hält oder wenigstens zwanzig Dollar gibt. Und diesen ganzen Clanchefs und Warlords seid ihr auch egal. […] Denn eins muss euch klar sein. Ihr wisst gar nichts, aber die wissen alles. Die wissen, wann ihr wohin fahrt, wie viele ihr seid und ob sich ein Angriff lohnt. […]
Ich hatte große Augen bekommen, mir waren diese Zusammenhänge bisher völlig unbekannt gewesen.“
Ähnliche Stellen finden Sie auch bei Marc Lindemann (dessen Buch ich gerade nicht griffbereit habe), aber Sie wollten ja eh einen deutschen Kommandeur in Kunduz:
„Es gibt keine aktuelle Analyse der militärischen Lage, die letzte ist zwei Jahre alt. […] In Kundus findet Meyer nur wenige sortierte Daten, kein Archiv, nichts. […] Er hat ein eigenes Budget von 40.000 Dollar zur Verfügung.“ (Die Zeit: Das Kunduz-Syndrom, 2010)
Und um da mal anzusetzen, und auch nochmal Cynic2 aufzugreifen: Glaubt hier irgendwer, dass selbst bei doppelter BW-Kontingentgröße die Sicherheitslage im RC Nord heute groß eine andere wäre?
@ wacaffe
gemeint war vermutlich der mangelnde wille die theoretisch vorhandene Feuerkraft auch zur anwendung zu bringen.
Nein. Gemeint ist tatsächlich, dass die Bundeswehr gegenüber den Aufständischen an reiner Kampfkraft deutlich überlegen war.
Auch gerade im historischen und überregionalen Vergleich hatte es die Bundeswehr in Kunduz was das Kräfteverhältnis angeht deutlich leichter als andere westliche Streitkräfte. Oder hätte irgendwer mit den Amerikanern oder Briten im Irak oder einer der COPs in Helmand, Kandahar oder Paktika tauschen wollen?
Und trotzdem hat sich dort (mal wieder) nach einem enormen Blutzoll die Erkenntnis durchgesetzt, dass Feuerkraft allein wirkungslos ist. Ohne eine Möglichkeit den Gegner zu identifizieren kann er nicht bekämpft werden. Und ohne die Fähigkeit die Bevölkerung vor dessen Zugriff zu schützen wird sie den nicht identifizieren.
Das ist eine der ganz großen Lücken des Afghanistan-Bundeswehr-Einsatzes. Und die Hilflosigkeit der Bundeswehr gegenüber Vergeltungsmaßnahmen gegen ISAF-Kollaborateure ist wohl bei Claire als auch Meyer wirklich greifbar. Und Panzer ändern daran reichlich wenig. Weswegen im Kampf erfahrene Soldaten in Vietnam, Irak und Südost-Afghanistan dann auch mit Erfolg deutlich andere, bevölkerungsorientierte Schwerpunkte gesetzt haben.
@J.R.:
Ich teile ihre Ansicht, dass es operativ an Aufklärung fehlte. Das Problem dahinter ist jedoch das überholte Kriegsbild der Bw. Entweder KFOR oder klassisches Gefecht.
Auf taktischer Ebene nochmal der Hinweis, dass es hier im Dreiklang Aufklärung/ Führung/ Wirkung erhebliche Probleme gab. Wobei hier oftmals Aufklärung nicht das Problem war, sondern Führung und Wirkung. Hierzu gibt es mehrere Beispiele von 2005-2010, Feldlagerschutz in den Ktgt 14-18. Aber auch am berühmten Karfreitag.
Fazit: Ich teile ihre Gesamtsicht, aber taktisch war es eben oftmals kein Aufklärungsproblem. Wirkung wird hier oft überschätzt, allzu oft war es Führung.
J.R. | 10. Oktober 2013 – 21:22,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Wenn Herr Schneiderhan behauptet, es habe lediglich an ausreichender „Aufklärung“ gefehlt, dann verdeutlicht das einmal mehr die zweifelhafte Rolle, die er selbst einnahm.
Ein Kampfkraftvergleich zwischen den Kräften im Verantwortungsbereich der Deutschen und den Aufständischen insgesamt ist mir nicht bekannt. Wenn ich mir aber vorstelle, dass der zu schützende Raum von der Größenordnung her vergleichbar war mit den neuen Bundesländern plus Bayern, dann wird klar, dass M. Seliger Recht hat wenn er feststellt: „Bisher hatten sich die deutschen Einheiten aus freigekämpften Gebieten stets wieder zurückgezogen, da sie nicht über ausreichend Truppen verfügten, um in der Kampfzone zu verbleiben.“ http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/bundeswehr-der-sieg-bei-isa-khel-11065997.html
Aus diesem Grund hat Rohrschneider sicherlich auch betont: „…vor allem nach Verlegung einer weiteren Infanteriekompanie…“http://www.focus.de/politik/deutschland/konflikte-bundeswehr-kommandeur-will-verstaerkung-fuer-kundus_aid_471483.html
Seit August 2010 stellte die Bundeswehr zwei etwa 800 Mann starke Gefechtsverbände auf. Anschließend fand mit der Operation „Halmazag“ erstmal eine gezielte Aufstandsbekämpfung mit dem Ziel statt, schrittweise die Kontrolle über die Schlüsseldistrikte zu erlangen und dazu mit Kräften in der „Fläche“ zu verbleiben.
Voraussetzung dafür war eine deutliche Aufstockung der Truppenstärke sowohl von der Kopfzahl her als auch in puncto Ausrüstung. Dass es der deutschen Politik, bestärkt durch die militärpolitische Führung „im vorauseilenden Gehorsam“, nicht in den „Kram“ passte beschrieb die FAZ sehr zutreffend: „Washington wird erstmals ein größeres Truppenkontingent in Nordafghanistan stationieren, ein Teil davon womöglich in Kundus. Das könnte es der Bundesregierung erleichtern, auf eine eigene größere Truppenverstärkung zu verzichten.“ http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/afghanistan-einsatz-bis-zu-2500-amerikanische-soldaten-nach-kundus-1913346.html
Welche zweifelhafte Rolle gerade auch Herr Westerwelle im Zusammenhang mit Verstärkungen spielte, verdeutlicht ein Artikel der WELT: „Westerwelle blockiert Aufstockung in Afghanistan“ http://www.welt.de/politik/ausland/article5815256/Westerwelle-blockiert-Aufstockung-in-Afghanistan.html Wo aber blieb anschließend der Widerspruch unserer Generalität? Ja, da hätte man sich ein Beispiel nehmen können an der amerikanischen Militärführung, die gegenüber dem US-Präsidenten, auch in öffentlicher Auseinandersetzung, ein „Surge“ durchsetzte.
Also, um der Legendenbildung vorzubeugen: Die deutsche Afghanistan-Truppe hat sich eine kampfkräftige Ausstattung und Ausrüstung gegenüber der eigenen politischen und militärpolitischen Führung mühsam „erkämpfen“ müssen. Dabei spielte die Generalität der Bundeswehr eine äußerst zweifelhafte Rolle. Man kann nur hoffen, dass die Militärhistoriker möglichst rasch beginnen, Klarheit in die Abläufe zu bringen.
@Memoria | 10. Oktober 2013 – 22:08,
Zustimmung!
Die Historiker steigen wohl erst dann ein, wenn wirklich alle Dokumente freigegeben werden ;-) Wobei man sagen muss, dass in Potsdam am ZMSBw (ehemals MGFA) durch den Bereich Einsatzgeschichte bereits fleißig gesammelt wird. Ein Ansprechpartner ist auf der offiziellen Website zu finden, gesucht wird alles vom Foto bis zum selbstgekauften Helm. ^^
@Politikverdruss:
Geade bei Halmazag muss man nicht auf Historiker warten:
http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2011_S30_mue_ks.pdf
Hier wird auf S. 28 genau dargelegt wie begrenzt die jeweiligen Erwartungen an Op Halmazag waren.
Die ZDF-Doku hätte nur öffentlich zugängliches Wissen den Erfahrungen der „Zeitzeugen“ gegenüberstellen müssen. Gerade auch die Aussagen der Politik und der militärischen Führung. Leider geschah dies nicht.
Schade. Im Teil II ist das eigentlich schon nicht mehr das Thema – zumal ich befürchte, dass der 04.09.09 hier großem Raum gegeben wird. Für das Gesamtverständnis jedoch auch nur begrenzt hilfreich, wenn man auch hier eher an der Oberfläche bleibt.
Ausschnitt aus der „Lehrübung Kampf“ aus dem Jahr 2010 (schon der Name):
https://www.blauer-bund.de/page.php?modul=Article&op=show_pdf&aid=463
So ist dann bei der Lehübung: Escalation of Force bei Feldlagerbeschuss…
Nebel und Leucht auf Feuerstellungen, die das Feldlager unmittelbar bedrohen?!?
Es ist eben Aufklärung/ Führung (!!)/ Wirkung
Aber in I.-O. hatte man ja auch 2010/2011 noch ganz grundsätzliche Probleme mit ROE u.ä.
Solche Bilder werden also dem Führernachwuchs gestellt.
@J.R.:
Vielleicht wird hieran klar, woran es in der Praxis eben auch mangelt.
Ohne alle Kommentare gelesen zu haben… Müsste die zentrale Frage nach Afghanistan nicht eigentlich sein, ob diese Art Einsatz überhaupt zum Fähigkeitenspektrum der Bundeswehr gehören sollte?
Offenbar fährt Deutschland seit seiner interventionistischen Periode unter Rot-Grün doch eine Politik der „Zurückhaltung“. Bündnisverpflichtungen spielen eine immer geringere Rolle (siehe Libyen). Einsätze beschränken sich oft auf Ausbildungsmissionen (Uganda, Mali). Die Größe der Bundeswehr schrumpft kontinuierlich, und ein Großteil der Bevölkerung sieht keine Notwendigkeit für ein größeres Verteidigungs-Budget. Die Konflikte an Europas Peripherie haben deutlich an Intensität verloren (Balkan). Zudem wird das internationale System multipolarer, was eine globale westliche Ordnungspolitik immer unwahrscheinlicher macht.
Macht es unter diesen Umständen Sinn, große Lehren aus dem Afghanistan-Einsatz zu ziehen? Oder bleibt unterm Strich nur die Einsicht, dass wir Deutschland/Europa verteidigen wollen und sonst nichts?
@Memoria | 11. Oktober 2013 – 12:45,
vielen Dank für die Informationen. Ja, die Studie von P. Münch legt schon mal den Finger in die Wunde, so auch auf Seite 18:
„ Offenbar war die fehlende Eindeutigkeit(der RoE) von Seiten der Verantwortlichen im BMVg beabsichtigt. Denn auf diese Weise konnte im Fall eines Skandals wegen unbeabsichtigt getöteter Zivilisten die Auffassung vertreten werden, dass die bestehenden Regeln zur Gewaltanwendung nur Nothilfe und Selbstverteidigung gestatteten. Gleichzeitig die gewählten Formulierungen es aber zu, gegenüber den anderen Nato-mitgliedstaaten den Vorwurf mangelnder Bündnistreue aufgrund zu restriktiver „Caveats“ zurückzuweisen, indem einfach die andere Interpretation vertreten wurde.“
Man muss sich diese „Sauerei“ gegenüber der eigenen Truppe mal vorstellen. Einfach unglaublich!
@Poli
„Bündnisverpflichtungen spielen eine immer geringere Rolle (siehe Libyen).“
Welche Bündnisverpflichtungen hatte die BRD in Libyen?
„Oder bleibt unterm Strich nur die Einsicht, dass wir Deutschland/Europa verteidigen wollen und sonst nichts?“
Evtl wollen, aber u.U. nicht mehr können, aber gegen wen auch? Die Hauptverteidigung der EU Grenze macht die Frontex und Küstenwache.
@ Elahan
Sagen wir mal so: Viele Einsätze mit den USA bzw. der NATO wurden sicherlich aus einem Gefühl der Bündnispflicht heraus begonnen. Eine wirkliche Pflicht, Truppen bspw. nach Afghanistan zu schicken, gab es ja selbst durch Art. V nicht. Die Tatsache, dass Deutschland sich im UNSC neutral verhält wenn unsere Verbündeten (USA, UK, F) direkt vor der EU-Haustür eine militärische Operation durchführen, lässt auf eine sinkende Bündnisausrichtung der deutschen Außenpolitik schließen.
Klar, kann immer nur eine Momentaufnahme sein. Aber so ganz aus dem Nichts kommt eine Entscheidung dieser Tragweite nicht.
Um den Bogen zu spannen: Alleine wird Deutschland sicherlich nicht in irgendeinem Land intervenieren und anfangen, dort Statebuilding zu betreiben. Wenn Interventionen nur im Büdnis stattfinden, aber Bündnisse immer weniger Bedeutung für die deutsche Außenpolitik haben.. Sie sehen was ich meine, oder?
Wie wird man eigentlich Caveatmacher beim BMVG? ;)
Hilft Berufserfahrung als Satiriker bei der Bewerbung?
@Poli:
„ob diese Art Einsatz überhaupt zum Fähigkeitenspektrum der Bundeswehr gehören sollte?“
Genau das wäre die Frage gewesen, wenn man eine echte Neuausrichtung der Bw vorgenommen hätte. Wollen wir das? Können wir das?
Aber stattdessen hat man sich auf ein Bequemes: Wir können alles, auch wenn wir nichts wollen geeinigt (Breite vor Tiefe).
Denn auch international hat man erkannt, dass derlei mit viel Aufwand, Blut, Geld und Zeit nur sehr wenig bringt.
Wäre eine gute Frage bei Koalitionsverhandlungen… Aber dann müßt man sich ja festlegen. Also lieber: Breite vor Tiefe! Wir können alles! Wir sind Anlehnungsmacht!