Strahlender Dingo
Nein, das ist – trotz der flapsigen Überschrift – eine ziemlich ernste Sache: Was im Bürokratendeutsch elektromagnetische Störung in einem Gefechtsfahrzeug heißt, bedeutet im Klartext: Offensichtlich durch ein defektes Gerät war die Strahlung in einem Dingo im Afghanistan-Einsatz so hoch, dass die gesundheitlich akzeptablen Grenzwerte überschritten wurden. Die Mitteilung der Bundeswehr:
Am 8. Juli, gegen 12 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (14.30 Uhr Ortszeit) wurde in Kundus im Rahmen von Instandsetzungsarbeiten an einem Gefechtsfahrzeug vom Typ Dingo 2 festgestellt, dass die Strahlung eines auf dem Fahrzeug eingesetzten Störsystems über einen unbekannten Zeitraum in den Fahrzeuginnenraum ausgetreten ist.
Eine Messung ergab, dass die volle Leistung eines zur Abwehr von funkfernausgelösten IED verwendeten Störsenders im Fahrzeuginnenraum vorhanden war. Die gemessene Strahlendosis hat die gesundheitlich unbedenkliche Höchstgrenze deutlich überschritten. Betroffene Soldaten wurden ärztlich untersucht.
Im Augenblick kann auch ein Messfehler als Ursache nicht ausgeschlossen werden. Es sind daher noch weitere zeitaufwendige technische Untersuchungen erforderlich, um diesen Sachverhalt abschließend zu prüfen. Fahrzeuge mit typgleicher elektronischer Ausstattung sollen ebenfalls zeitgleich untersucht werden.
Die Störsender, so genannte Jammer, haben schon eine ziemliche Leistung – sie sollen ja verhindern, dass Sprengfallen per Funk ausgelöst werden können, und legen die Funkwellen aller Sender in einem bestimmten Umkreis lahm (ein Physiker oder Funktechniker kann das bestimmt besser erklären).
Das Positive an dieser Meldung: Die Sensibilität für die Gefahren von Strahlung ist da. Das war in der Geschichte der Bundeswehr nicht immer der Fall, wie die Leidensgeschichte der Radargeschädigten der Bundeswehr (und auch der NVA) belegt.
(Foto: Ein Dingo 2 in Afghanistan – Bundeswehr via Flickr unter CC-BY-ND-Lizenz)
Nicht wirklich vergleichbar. Das Problem bei den Radargeräten war das die Röhren hochfrequente Röntgenstrahlung erzeugt haben. Die Frequenzen hier liegen um einiges darunter.
Gut, dass man es untersucht.
Aber auch gut, dass die Jammer eingesetzt wurden und werden. Wer weiß, wie viele der „bestrahlten“ Soldaten sonst angesprengt worden wären…
Wußte gar nicht daß man jetzt Störsender hat, die in Dingos passen.
Muß jetzt nicht mehr jede Patrouille von einem Eloka-Fuchs begleitet werden?
Es handelt sich wohl um die Kleinstörsender CG10 oder CG 12.
Wegen des Hinweises auf Radar:
Uns wurde damals bei der Ausbildung auf dem FERA (Feuerleitradar Artillerie) von Anfang an gesagt wie gefährlich das ist.
Aber die Probleme / Gefährdungen traten meines Wissens nach damals bei der Luftwaffe auf, die waren wohl etwas sorgloser, ich kann mich aber auch irren.
Werferfehler
Die Krebsfälle waren m.W. in den meisten Fällen durch Beleuchterradare bei Fla Rak.
Nike Hercules und HAWK bei der BW, S-75 Dwina u.ä. bei der NVA
@Werferfehler:
Die Luftwaffe war nicht sorgloser… sondern hatte teilweise um Längen mehr Leistung..
Wenn ich diverse Kilowatt beispielsweise bei HAWK in einen continous wave Beleuchter mit wenigen cm Beamdurchmesser leite…dann draussen 100m davon weg einen Bediener hinsetze und ihm erzähle der Machendrahtzaun wird die Stahlung schon abhalten… irgendwie passte die Maschendichte nicht ganz zur 1/10 Lambda Regel die ich mal gelernt habe…
Wenn der Dienstherr wirklich etwas gelernt hätte aus der „Strahlengeschichte“ dann würde er zulassen, das die Nachweise, die geführt werden müssen wenn Soldaten einer Jammerbelastung ausgesetzt wurden, auch in die jeweiligen G Karteien der Soldaten als Nachweis Einzug finden. Damit hätte der Dienstherr diese Belastung (Jammer und auch Röntgen in den jeweiligen Einsätzen) den Soldaten yzumindest schonmal als „wirklich stattgefunden“ und zeitlich zuortbar manifestiert. Ob das am Ende bei Erkrankungen hilft sehen wir dann ja. Es wäre zumindest ein guter Anfang.
Wie hiss es aus der Erzählung eines ehem. Fallschirmjägers, in seinem Buch wo hier Werbung gemacht wurde
Das man seine Uhr nicht an den Sender bringen darf, weil sonst die defekt ist.
Es wird weiter geforscht zum Glück
Nur seltsam ist das gerade zur einer Zeit wo nicht ganz klar, wie das alles herausgeschafft wird 500 Fahrzeuge bleiben da unten.
Und in dem ARD Bericht hieß alles würde heraus Geschaft das passt nicht und der Boxer der wurde eingelagert und nicht an Inst Einheit übergeben das er in die JG Btl übergeben werden könnte nein er uns weitere werden eingelagert, vielleicht geht er auch wieder herunter
Und zum Thema man weiß ja noch nicht was aus den DINGO werden soll ob die noch Umgebaut werden, das Problem ist es sind keine Module Fahrzeuge, o das auch dienen soll das man DINGO da unten lassen könnte
Lesetip zu Afghanistan
The Taliban at war: inside the Helmand insurgency, 2004–2012
Theo Farrell and Antonio Giustozzi, July 2013
Es wird Zeit, dass die Bw neben den Jammern nun endlich auch die HPEM-Pulser stärker vorantreibt. Die strahlen erstens nicht dauerhaft (sondern pulsen) und sie wirken nich nur gegen die über Funk ausgelösten IED’s, sondern auch auf alle anderen Zündeinrichtungen mit Elektonischern Bauteilen – z.B. Bewegungsmelder.
Moin.
Also, die „Jammer“ sind schon seit einiger zeit in den verschiedensten Formen auf jedem geschütztem Fahrzeug vorhanden,sogar auf dem „Bison“.
Ob CG 10, CG 11 oder CG 12…egal, jedes System muss alle 4 wochen von der EloKa überprüft werden und bekommt ein „Prüfsiegel“ für den Monat.
Das „der Fallschirmjäger“ geschrieben hat das seine Uhr nicht mehr funktioniert wenn er an den Sender geht…naja, dann hätte er sich ne gute Uhr kaufen sollen, denn das ist Blödsinn!
Mein Garmin hat immer funktioniert, sogar im Dingo/Eagle/Ennok/Fuchs, und ich meine nicht den Plugger sondern das kleine „Unterarm-Garmin“.
Und was die neuen „pulsierenden Jammer“ angeht…ich finde es genial das man in einem öffentlichem Forum über die nächste Generation von Schutzmaßnahmen schreibt…so kann sich der Gegner schon mal schlau machen und darauf einstellen…mal davon abgesehen das die Funktionsweise ne andere ist.
Wundert mich nur, dass die Fahrzeuge nicht bis zum Abschluß der Prüfung für die Nutzung gesperrt werden. Zertifizierung durch die nachgeordnete AFG Umweltbehörde nat. inklusive… ;-)
Strahlenbelastung wurde meiner Erfahrung nach bei der Bundeswehr noch nie wirklich ernst genommen. In meiner Zeit auf einem 1KW HF-Schreibfunktrupp habe ich die schlimmsten Erfahrungen beim Funktrupp C gemacht. In den alten Kabinen war weder Handy noch Radioempfang möglich, als dann die neuen bzw. umgerüsteten Kabinen kamen haben wir auf Übungen fröhlich mit dem Handy telefoniert während wir in den Kabinen saßen. Mir ist schon klar das Abschirmungen auch was mit der Wellenlänge und der Leistung zu tun hat, aber die von uns angeleierten Messungen gaben uns dann Recht.
Traurig an der Sache finde ich nur das unsere Vorgesetzten entweder mangelhaft ausgebildet waren oder uns absichtlich nicht informierten was die Strahlung mit uns macht.
Hätte meine Ausbildung vor der Bundeswehr nicht auch Strahlenschutz und die Wirkung von Elektromagnitischen Strahlungen auf den Organismus beeinhaltet, wären diese Kabinen sicher heute noch unverändert im Einsatz.
Getoppt wurde das Unwissen nur von den Aussagen unserer Vorgesetzten. Sätze wie „Du bist erst ein richtiger Soldate wenn auch deine Eier Flecktarn sind“ oder „Erst gibts nur noch Mädels, danach gibts garkeine Kinder mehr. Eigentlich solltet ihr bezahlen weil euch der Stress erspart bleibt“ waren hier normal.
Vom Strahlenden Dingo zum schießenden Gewehr:
„Afghanistan: Deutscher Soldat leicht verletzt – Verdacht auf Knalltrauma
Berlin/Kundus, 12.07.2013, Einstellzeit: 13.35 Uhr.
Am 11. Juli gegen 4 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit (6.30 Uhr Ortszeit) kam es im Feldlager Kundus bei einem ISAF-Soldaten während der Sicherheitsüberprüfung seines Gewehrs zu einer ungewollten Abgabe von zwei Schüssen. Beide Schüsse gingen in eine Entladekiste.
In unmittelbarer Nähe hielten sich deutsche Soldaten auf, die sich auf eine Patrouille vorbereiteten. Nach Abschluss der Patrouille klagte einer dieser Soldaten über Geräusche im Ohr.
Da die Möglichkeit eines Knalltraumas nicht ausgeschlossen werden kann, wurde er zunächst in das Feldlazarett Kundus und anschließend zur weiteren fachärztlichen Untersuchung nach Masar-i Scharif verlegt.
Stand: 13.20 Uhr“
Wie man bei einer richtigen Sicherheitsüberprüfung 2 Schüsse abgeben kann, bleibt mir ein Rätsel – oder Sicherheitsüberprüfung mit Magazin?.
@ Memoria | 12. Juli 2013 – 14:21
Da innerhalb des Lagers ja auch eigentlich die Waffen, wie bei einer Sicherheitsüberprüfung, „in der Kiste“ fertig geladen werden sollen, könnte es auch hierbei passiert sein.
Magazin wird wohl drin gewesen sein, bei zwei Schuss, entsichert und Finger nicht da, wo er hätte sein sollen.
Shit happens.
Leider ist das Thema „Strahlung“ immer wieder mal auf der Tagesordnung bei den Stör- und Schutzausstattungen und Meldungen dazu sind äußerst kritisch mit wissenschaftlichem Sachverstand zu bewerten. Das ganze fängt schon damit an, dass der abgebildete DINGO gar kein Störsystem hat.
Wer hat womit was gemessen? Wer war oder ist überhaupt in der Lage eine richtige Messung durchzuführen? Hier sind fundierte Kenntnisse der Hochfrequenzmesstechnik von nöten. Wie kann „in den Fahrzeuginnenraum etwas austreten“ ??? Der dargestellte Sachverhalt ist sowieso sehr mangelhaft beschrieben.
Immer wieder diese Vergleiche mit Handy &Co. Bitte dazu mal beachten wie groß z.B. die elektrische Feldstärke an einer Handy-Antenne ist, die von einer Basisstation erzeugt wird und dann mal vergleichen mit einem in unmittelbarer Nähe befindlichen Störsenders mit wenigen Milliwatt. Wir sprechen im Fahrzeuginnenraum von einem reaktiven Nahfeld. Hier müssen elektrische Feldstärke und magnetische Feldstärke ortsabhängig gemessen werden.
Die Angelegenheit ist sehr komplex und einfach nur ein Messgerät etwas anzeigen lassen ist nicht ausreichend. Aber sehr wohl ausreichend schon gleich über Strahlungsopfer zu reden.
Das Statement zum HPEM, der nur pulst, ist falsch. Weitere Details erspare ich mir, heiße ja nicht Snowden :-)
Hier soll nichts verharmlost werden, aber bei dieser Thematik ist absoluter Sachverstand gefragt.
Zitat:
Die gemessene Strahlendosis hat die gesundheitlich unbedenkliche Höchstgrenze deutlich überschritten. Betroffene Soldaten wurden ärztlich untersucht.
Frage an die Allgemeinheit: Weiß jemand wie die Höchstgrenze aussieht?
Danke im Voraus.
@Someone:
Schon klar wie das Verfahren im Einsatz ist.
Fertigladen ist aber keine Sicherheitsüberprüfung (oder hab ich was verpasst?).
So oder so widersprüchlich oder peinlich.
Für mich ist weniger der Einzelfall interessant, sondern die Häufung an Schießunfällen.
Kein Ruhmesblatt.
@werner
Die maßgebliche Vorschrift dazu ist die BGV B11. Einfach mal googeln. Wenn man in dieser Vorschrift ein wenig schmökert wird einem klar, dass es sich um ein komplexes Thema handelt. Daher nochmal mein Appell: Wissenschaftlich und nüchtern ist an diese Thematik heranzugehen ohne jedoch etwas zu verharmlosen. Die Hysterie bricht sehr schnell aus, siehe Elektrosmog.
@Erwin
Danke für den Tip – schönen Sonntag