Mali: EU-Trainingsmission kurz vor dem Start
Bevor am kommenden Dienstag, dem 2. April, die EU-Trainingsmission Mali starten soll, ein kurzer Blick auf die Lage: Die Ausbilder, die in den nächsten 15 Monaten die malische Armee zur Gewährleistung der Sicherheit im eigenen, riesigen Land befähigen sollen, sind weitgehend vor Ort in Koulikoro, 60 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Bamako. Das deutsche Feldlazarett, pardon, Luftlanderettungszentrum, hat am 29. März seine volle Einsatzbereitschaft gemeldet, unterstützt von österreichischen und ungarischen Medizinern und Sanitätern. Ab heute stehen wir offiziell in der Verantwortung, zitiert die Bundeswehr den Kommandeur, Oberfeldarzt Mathias Lippa (dessen Vornamen sie hartnäckig verschweigt). Ergänzt werden die medizinischen Fähigkeiten der Role 2 durch zwei belgische Agusta-Westland-Hubschrauber, die für die medizinische Evakuierung (MedEvac) bereitstehen.
Bei der Sanität für EUTM Mali sind die Deutschen vorneweg, bei den Ausbildern kommen sie etwas später: Die deutschen Pionierausbilder und ein nationales Unterstützungselement sollen im April folgen. Andere Nationen sind bereits da, die Tschechen, die die Force Protection stellen, aber auch die Briten. Ihr Einsatz dürfte aus einem Grund, der mit Mali nichts zu tun hat, in die Geschichtsbücher eingehen: Das Ausbildungsteam vom 1st Batallion Royal Irish Regiment aus dem britischen Nordirland wird unterstützt von sechs Soldaten der Republik Irland. Angesichts der Geschichte beider Länder, keine 100 Jahre nach dem irischen Osteraufstand, schon ein bemerkenswertes Ereignis.
Für ihre Pionierausbildung ist die Bundeswehr übrigens von der ursprünglichen Planung abgegangen, wie früher schon einmal – vor dem Putsch in Mali im vergangenen Jahr – die Ausbildung in der Stadt Bapho aufzunehmen, rund 250 Kilometer von Bamako entfernt. Grund dafür ist die Sicherheitslage – denn weite Teile des westafrikanischen Landes gelten nach wie vor als gefährlich, wie die Karte des französischen Außenministeriums vom 7. März zeigt:
Denn der Krieg im Norden und Nordosten Malis ist noch längst nicht vorbei. Weiterhin durchkämmen französische Truppen das Adrar des Ifoghas-Gebirge auf der Suche nach den islamistischen Rebellen, die den Norden unter Kontrolle gebracht hatten und sich erst einmal in der Wüste dem Zugriff der Einheiten aus Frankreich, aus Mali und aus anderen westafrikanischen Staaten entziehen:
Auch die französischen Luftangriffe in dieser Region halten an – von Montag bis Donnerstag der zurückliegenden Woche gab es 30 solcher Angriffe. Vermutlich war daran auch die deutsche Luftwaffe mit ihrer Luftbetankung beteiligt – allerdings nennt die Bundeswehr dazu weiterhin keine Einzelheiten.
Unklar bleibt vorerst, wie angesichts des angekündigten (Teil)Rückzugs der französischen Truppen die Sicherheit in Mali gewährleistet werden soll. In den Vereinten Nationen läuft die Diskussion über eine Blauhelmtruppe – und eine parallele Eingreiftruppe zum Kampf gegen Terroristen, die nicht den Vereinten Nationen unterstellt ist. Einen entsprechenden Vorschlag hatte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon in der vergangenen Woche gemacht. Eine Entscheidung darüber gibt es noch nicht.
Ein Nachtrag vom Ostersonntag: Gefechte in Timbuktu – Fighting erupts after car bombing in Mali
(Foto mit freundlicher Genehmigung von Thomas Fessy/BBC)
Etwas OT:
Die ersten 2/3 der medico Podiumsdiskussion zu Mali gibt es im Netz. Besonders empfehlenswert finde ich die Passage ab Minute 10:00, in der Andrea Böhm beschreibt wie ihre Vorab-Recherchen („afrikanisches Musterland, dann Aufstand der diskriminierten Tuareg, der wird von Islamisten gekapert“) dann vor Ort auf den Kopf gestellt wurden.
Angesichts der Sicherheitslage verwundert es etwas, dass das deutsche Sanitätspersonal offenbar unbewaffnet und ohne Schutzwesten in unmittelbarer Reichweite (wenn überhaupt mitgeführt) aufläuft…
Gibt es eigentlich Informationen, welche Verbände die deutschen Ausbilder für EUTM stellen? Und gleich mal noch eine defätistische Frage: Hat die Bundeswehr es geschafft, hinreichen Französisch sprechendes Personal zusammenzuziehen oder kommunizieren die Ausbilder via Sprachmittler mit den malischen Soldaten? Französisch ist schließlich nicht Dari oder Paschtu…
Nachdem wir es uns problemlos leisten können, Offz mit Frz Sprachkenntnissen, Frz StOffzLg UND Afrikaerfahrung sonstwohinzuschicken, nur nicht nach Mali, scheint doch ein entsprechendes Potential vorhanden zu sein … nicht dass ich unterstellen will, dass bei uns der Überblick fehlt …
Auch wenn es paradox erscheinen mag, aber die Sprachprobleme in Mali könnten sich als schwieriger erweisen als in Afghanistan:
Ich würde behaupten, dass es unter den zu entsendenden deutschen Soldaten vermutlich nicht viele gibt, die Französisch tatsächlich so gut sprechen, dass sie eine sinnvolle Ausbildung durchführen können. Dann bleibt als universelle Verkehrssprache mal wieder nur Englisch, was wiederum in Mail nicht so weit verbreitet sein dürfte wie in anderen Weltgegenden, man muss sich dann erst einmal auf die Suche nach geeigneten Sprachmittlern machen.
@Boots on the Ground
Sanis kommen hauptsächlich vom Kdo SES aus Leer.
Die Pioniere sind teils DSO.
pi
> Und gleich mal noch eine defätistische Frage
Genau besehen habe ich auch so eine Frage.
Jetzt wo es keine Wehrpflichtigen gibt, wer macht dann die Toiletten sauber?
Also, es darf bei der Argumentation von @diba angeknüpft werden. Und ferner, fast jeder Offizier – soweit nicht Altsprachler bzw. humanistisches Gymnasium – dürfte 3 oder 5 Jahre Französisch in der Schule genossen haben. Da ist selbst nach zig Jahren der passive Wortschatz noch einigermaßen vorhanden. Entsprechend kann der aktive Wortschatz in einem „Crash-Kurs“ binnen ca. 2 Wochen mobilisiert werden. Habe das selber bei „Serbokroatisch“ – und das ist eine sehr fremde slawische Sprache – durchgemacht. Urlaubskenntnisse und passiver Wortschatz – wenn auch mit dem Vorteil von Jahrzehnten – waren binnen zwei Wochen per „Crash-Kurs“ in einen aktiven Wortschatz konvertiert, der zwar gramatikalisch eine Katastrophe war, mir aber erlaubte als Kontingentführer einer NGO-Formation in 2004/05 im Kosovo und in Bosnien-Herzogowina ca. 2 Wochen fliegerisch tätig zu sein. Man muss nur wollen und motiviert sein und jemand muss den „Crash-Kurs“ organisieren und zahlen.
Beim Small Wars-Journal erschien ein interessanter Artikel: Towards the Abolition of African Official Armies
Und auch in Mali ist ja die Frage offen, was die BW-Mission eigentlich bezwecken soll.
nach meinen informationen aus dem EinsFüKdoBw ist der beginn der ausbildungsmission wirklich nur offiziell – ausgebildet wird trotzdem erstmal noch nicht. da bleibt zeit für den erwerb von sprachkompetenz vor ort :-). und da der malische kompanieführer in der kaserne gut deutsch spicht, ist auch an die eher langsam lernenden gedacht…
Ich bin mir nicht ganz sicher, inwiefern es relevant ist. Aber da Sie nachfragen Herr Wiegold, werden Sie schon irgendwas dabei gedacht haben.
Der Vorname von OFA Lippa ist in besagter BW-Akutell Ausgabe, in der auch die Beförderung von BrigGen Klein vermeldet wurde. Auf der ersten Seite ganz unten.
Ich persönlich finde übrigens das ein OFA noch nicht so sehr im öffentlichen Interesse steht, als das man ihn bei solchen Sachen anonymisiert darstellen sollte. (So wie auch von ihm persönlich / oder seinem S1 in den ersten Videos aus LEER verlangt – denn dot war nur von OFA L. die Rede).
@bonk
Danke. Mir war nur aufgefallen, dass auf allen Bundeswehr-Webseiten immer nur von Oberfeldarzt Dr. Lippa die Rede ist, so als ob OFA und Dr. schon genügend Vornamen wären… ;-) Bei aktuell heißt er jetzt Mathias, dafür ist der Dr. weggefallen. (Gibt es ein Maximum an Dienstgrad/Titel/Vorname, das man verwenden darf?)
(Alter journalistischer Grundsatz: Ein Name ohne Vorname ist keiner.)
In Leer hat man ihn wohl anonymisiert, weil er da nicht Kommandeur war. Jetzt ist er das.
Von einer Kommandeursfunktion von Oberfeldarzt Lippa wüsste ich nichts. Steht in keiner öffentlichen Quelle (weder BW-Aktuell [hier steht Chef] noch hier http://goo.gl/BknAO [hier steht Leiter]). Woher Sie die Information haben, weiß ich nicht.
Der Chef eines LLRZ (Luftlanderettungszentrum) ist üblicherweise ein Kompaniechef und mit Nebenfunktion „Leiter der Sanitätseinrichtung“ und hat damit Disziplinarstufe 1.
Ich wüsste auch nicht, von was er Kommandeur sein sollte. Ein Sanitätseinsatzverband ist das ja nicht in Mali. Und er wird auch kaum Kommandeur der deutschen Kräfte vor Ort sein. Ich bezweifle, dass er Kommandeur der Pioniere ist.
Am ehesten könnte ich mir noch vorstellen, dass man ihm aus Gründen der Effizienz die Disziplinarstufe 2 verliehen und seinem Einsatzoffizier damit Disziiplinarstufe 1 hat.
Aber auch damit wäre er noch kein Kommandeur. Details kann nur der Blick in die Dienstpostenliste (DPL) bringen.
Ich bleibe dabei. Eine konsequent einheitliche, anonymisierte Darstellung hätte im Sinne seines Persönlichkeitsschutzes gut getan.
PS: Nein es gibt kein Maximum in der Aufzählung. Üblich ist die Reihenfolge Dienstgrad, Titel, Vorname, Nachname (Das kann dann auch schonmal so aussehen http://goo.gl/lwk4e)