Nigerias Truppen in Mali: Auf Versorgung aus dem Land angewiesen
Wie zuverlässig die Informationen nigerianischer Medien sind, kann ich nicht beurteilen. Aber selbst wenn diese Meldung nur zum Teil stimmt, ist es alarmierend: Die Soldaten Nigerias, berichtet die Zeitung Premium Times, sind bei ihrem Einsatz in Mali praktisch ohne Versorgung:
The condition of Nigerian troops in Mali is quickly sliding from bad to worse as inadequate supply of provision is forcing the contingent to solicit food from locals, PREMIUM TIMES can exclusively report.
According to a reliable defence source who asked not to be named, the Nigerian contingent solicits food and handouts under the guise of “courtesy calls” to community leaders in Mali.
After one of such courtesy calls on Monday, the troops received a handout of a cow and 50 bags of rice from the Prefect of Tuban in Banamba region.
Zur Erinnerung: Die Nigerianer sind Teil der von den Vereinten Nationen geforderten wie gebilligten Eingreifmission der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS, die in Mali den Kampf gegen die islamistischen Rebellen führen soll. Frankreich, dass seine Intervention möglichst im März beenden will, plant an diese AFISMA-Truppen zu übergeben. Und Nigeria ist von den Staaten, die die ECOWAS-Einheiten stellen, noch eine der militärisch leistungsfähigsten Nationen in der Region.
Das sieht nicht gut aus. Und auf die Ausbildung der malischen Armee, für die demnächst eine EU-Mission – mit deutscher Beteiligung – bereitstehen soll, lässt sich nur sehr langfristig hoffen. Derzeit, so die Einschätzung von Experten, hat diese Truppe praktisch keine Kampfkraft.
(Foto: Nigerianische Soldaten der UNAMID-Mission in Darfur – UN Photo/Stuart Price)
Vom bitten/erbetteln ist es nicht mehr weit zum requirieren.
Und die „courtesy calls“ sind sehr nahe an der Methode, die hierzulande zum Schutzgeld erpressen genutzt wird.
Willkommen im 18. Jahrhundert beim Alten Fritz…
„Willkommen im 18. Jahrhundert beim Alten Fritz…“
Und ich hab’s mir extra verkniffen…
Welche Versorgung? – je nach Dauer einer Dürreperiode gibt es dort nichts zu beißen. Deutsche und französische NGO’s haben ihre Unterstützung von Schulen und/oder Internaten teilweise eingestellt, bzw. die Hilfsgelder eingefroren da sich herausgestellt hat, das z.B. ein Schulleiter der Bruder des örtlichen Führers von Ansar-al-Dine ist und dieser somit wohl Einfluss auf die naiv gestiftete Hilfsgelder hatte (z.B. 100 US $ für eine Kalashnikov anstelle von Reis, Decken, Schulheften etc).
Hier hatte seinerzeit das Gutmenschentum der deutschen Afrikafahrer-Szene zugeschlagen, und das ist keine Spekulation, ich bin Insider und weiß leider nur zu genau wie das gelaufen ist…
Fazit: die nigerianische Soldateska wird irgendwann anfangen zu marodieren – aber das ist ja in Afrika üblich.
Im schlimmsten Fall wird Mali in seiner jetzigen Struktur zerfallen: es wird keine funktionierenden Verwaltungs- und Regierungsstrukturen mehr geben – dafür aber Warlords (q.e.d.)
Wir werden nichts ändern – die Afrikaner regeln alles auf ihre eigene Art…
Zitat: „Im schlimmsten Fall wird Mali in seiner jetzigen Struktur zerfallen: es wird keine funktionierenden Verwaltungs- und Regierungsstrukturen mehr geben – dafür aber Warlords (q.e.d.)“
Wie in Afghanistan, im Irak, in Libyen und in Syrien (z. B. befreite FSA- und Al Kaida-Zonen, Kurdengebiet). Was haben diese Staaten wohl alle gemeinsam?
Wir fangen schon wieder so an wie in Afghanistan…
Deutsche Ausbilder, zunächst ja nur für die Kampfunterstützung, dürfen malische Soldaten dann nicht ins Gefecht begleiten. Das kommt mir sehr bekannt vor.
Jetzt auch noch das vermutliche Versorgungsproblem der Nigerianer, dann vielleicht noch andere afrikanische Verbände, die dieses Problem haben (die USA machen sich da bei einigen Truppenstellern der Ecowas Sorgen) und schon wird der Ruf nach mehr Unterstützung durch die NATO laut. Wer macht dann soetwas, natürlich die Deutschen, afrikanische Truppen versorgen ist ja so gut wie Brunnen bohren und Mädchenschulen bauen…
Nur wer schützt dann die Versorgungsrouten? Früher oder später stellen wir dann fest, das wir mal wieder in einen Schlamassel geraten sind.
Vllt. haben wir aber auch Glück und das ganze geht schnell und glimpflich über die Bünne (??).
Nicht umsonst wollte der Tschad seine Truppe nicht diesen Amateuren unterstellen. Wieso kann die nigerianische Armee ihr einzelnes btl im Einsatz nicht versorgen? Ist es vielleicht Kalkül, darauf zu setzen, das die Versorgung dann von anderen übernommen wird?
pi
PS: wieviel braucht ein nigerianisches btl pro Tag?
Zum Glück gibts bald eine richtige UN-Truppe, dann kommen zu den Truppenstellenden Nationen auch Pakistan und Bangladesh dazu, und alles wird besser.
Ironie beiseite: Die EU müsste eine viel größere Rolle spielen und sich neben ihrer Zivilmacht-Rolle mehr mit dem Militär anfreunden. Sie spricht ja schon ganz richtig immer von beidem, Sicherheit UND Entwicklung, aber bleibt dann vor allem beim Thema Sicherheit hinter dem Anspruch zurück.
EUTM reicht nicht aus um die Region zu stabilisieren. Würde sich die EU mehr engagieren kämen Versorgungsprobleme, die im Endeffekt den Aufständigen in die Hände spielen und die Mission gefährden, vielleicht nicht vor.
@Rick,
schon mal mit Truppen aus Pakistan oder Bangladesh zusammengearbeitet?
Wohl kaum und dann ist das hier ein äußerst überflüßiger Kommentar!
Frei nach Dieter Nuhr: „Wenn man keine Ahnung, …!“
„Auf einmal“ fehlen Hubschrauber für den prognostizierten Einsatz der EU in Mali?
Schicken wir doch die Eurofighter hin, die F-22 und F-35.
Wer braucht denn Hubschrauber? Dort ziehen sich europaweit Beschaffungen über Jahrzehnte hin, zu Gunsten von hemmungslos überhöhten Stückzahlen der Jetflieger.
Die Briten werden kaum genügend Drehflügler zur Verfügung stellen können, die sind immer noch in AFG gebunden. BEL, NED, NOR, SWE, ITA, FRA stecken alle mitten in der „gescheiterten“ Umrüstung auf den NH-90 oder ähnliche Muster, werden also auch kaum Kapazitäten zur Verfügung haben. DEU hat sich vom professionellen Betrieb von Militärhubschraubern durch Stümperei verabschiedet und ist sowieso in umfangreichen „Überlegungen“ und „Prüfungen“ gebunden, die CH-53 könnten das wohl kaum auch noch durchhaltefähig stemmen. (Ganz abgesehen vom gerade stattfindenden Fähigkeitsverlust – ähh – Transfer)
Bleiben also wieder einmal die USA. Oder zivile Contractors.
So, genug schlechte Laune veröffentlicht.
@TomTom “ gefällt mir “ geklickt :D
@TomTom
Nun ja, wie der Kollege von Bruxelles2 hier aus Dublin berichtet, fehlen bislang ziemlich genau die zwei erforderlichen MedEvac-Hubschrauber für EUTM Mali – nicht auf einmal, die hat bislang keiner angeboten. Belgien hat wohl ohnehin bereits Hubschrauber dort, nicht so ganz klar ist, warum die nicht dafür verwendet werden…
Betreffend etwa den Einsatz von pakistanischen Peacekeepern im Kongo gab es in der Vergangenheit durchaus Unerfreuliches zu berichten:
http://news.bbc.co.uk/2/hi/south_asia/7367965.stm
[Sorry, für Heise gilt bislang das Gleiche wie für andere Verleger-Webseiten. Link gelöscht; bitte den Inhalt kurz zusammenfassen. T.W.]
sorry, dachte Heise hätte keine Leistungdingensrechtsprobleme mit Verlinkungen.
Einfach mal nach „Die Mietregimenter der VN“ auf telepolis.de googeln und dann gleich auch „Mali, das Militär und der Hunger“ lesen ;-)
Tenor des Mietregimenter-Artikels: Letzendlich sind die Friedenseinsätze der VN zu einem Geschäft mutiert mit dem die großen Netto Zahler der VN contracted und VN legitimierte Truppen aus der 3. Welt unterhalten
Der Artikel auf Telepolis/heise stammt von dieser Seite:
http://www.kriegsreisende.de/wieder/blauhelme.htm
Der Link sollte auch Leistungsschutzrecht-Kompatibel sein.
@ klabautermann:
Richtig, für die westliche Welt ist Peacekeeping zu einer Art „Ablasshandel“ geworden (vllt. ist es das auch immer schon gewesen) – UN-Peacekeeping findet immer da statt, wo Großmächte kaum eigenen Interessen verfolgen, aber aus humanitären Gründen Aktionismus demonstrieren wollen.
Die Verfehlungen einzelner Kontigente sind natürlich nicht zu rechtfertigen, aber wir sollten trotzdem nicht ausblenden, dass an den humanitär drängensten Krisenherden der Welt (Ostkongo, Dafur, Südsudan, Somalia inland) nahezu ausschließlich Truppen aus der sog. dritten Welt ihren Hintern hinhalten. Und wenn ihnen das schon keiner dankt, dann sollen sie es sich meiner Meinung nach wenigstens bezahlen lassen.
Es kommt einem ALLES, aber auch Alles soooo bekannt vor! Die Frage ist doch berechtigt, warum die internationale Gemeinschaft, wenn es denn einen echten Willen zur Konfliktbewältigung gäbe, sich nicht entschliesst, mit diesem ewigen Gestümpere aufzuhören und sich nicht Söldnern zuwendet, die dann zwar nicht vorgeben, etwas aus „edlen“ Motiven zu tun, aber für eine ordentliche „Friedensdividende“ ihre Haut zu Markte tragen. Dann müsste man nur noch monatlich mit dem „Klingelbeutel“ international herumgehen- und Konkurrenz gäbe es auch. Und die nationalen Armeen, zumindest in Europa, könnten endlich ungestört ihrem Administrationsdrang nachgehen und dabei Generale von Rang hervorbringen, die sich besonders durch die in Fahnenjunkerzeiten erbrachten Einzelkämpfermeriten der Öffentlichkeit stellen. Warum beschäftigen wir uns eigentlich noch mit diesem „Gemurkse“?
„…Warum beschäftigen wir uns eigentlich noch mit diesem “Gemurkse”?….“…….weil wir doch die Gutmenschen sind ?
Gut dass einige die Ironie auch verstanden haben….
Diese tragischen Geschichten mit UN-Peacekeepern hatten jeweils sehr negative Auswirkungen auf die Beziehung der Bevölkerung zur Mission (Kongo). Man muss sich doch fragen wie man eine jetzt aufzustellende UN-Truppe zusammensetzt damit so etwas nicht wieder vorkommt, sonst rennen wir sehenden Auges in den nächsten never ending conflict und diesmal vor Europas Haustür.
Der Punkt ist: Wenn es die EU ernst meint mit der Sahel-Strategie müsste sie (und damit die Mitgliedsländer) diesmal mehr tun, als es den „Mietregimentern“ zu überlassen.
@rick
genau das ist der Punkt, aber wir haben ja Wahljahr……..
Dieses aktuelle Beispiel demonstriert wieder einmal die 3 großen Defizite der Vereinten Nationen: (1) das Legitimitätsproblem, (2) das Finanzierungsproblem und (3) das Durchsetzungsproblem.
Zu (1) Es gibt mit dem Sicherheitsrat zwar ein Gremium, verbindliche Entscheidungen zu treffen. Aber die Zusammensetzung des SR, die im wesentlichen den Machtverhältnissen von 1945 entspricht, spiegelt nicht die reale heutige Wirklichkeit wider. Und der Entscheidungsprozess selbst ist in extremer Form von partikularen (nationalen) Interessen überlagert und bestimmt. Darunter leidet natürlich die Legitimität.
Zu (2) Das Budget der VN reicht in keiner Weise hin, wirklich kraftvolle Entscheidungen auch konsequent umzusetzen. Die VN hängen am Tropf der größten Geldgeber nach dem (verständlichen) Motto „wer zahlt, schafft an“.
Zu (3) Als Idealvorstellung müsste man eigentlich VN-eigene Machtmittel (bis hin zu ordentlich ausgerüsteten, ausgebildeten und geführten Truppen) fordern, die nach einem Entschluss des SR ohne Verzug und ohne nationale Caveats einsetzbar wären. Davon sind wir weit entfernt. Auf absehbare Zeit werden die VN auch in dieser Hinsicht als Bittsteller auftreten müssen, mit all den bekannten Folgen. Man nimmt, was man kriegt.
So begnügen wir uns eben weiter mit VN-Einsätzen, deren Erfolgsaussichten auch aufgrund der oben beschriebenen Mängel häufig denkbar schlecht sind. Die Prognose ist wenig mutig: Mali wird da leider keine Ausnahme bleiben.
@ KeLaBe
Da gab es 1992 schon mal einen interessanten Versuch:
„Agenda for peace“ nannte sich der Bericht des damaligen UN Generalsekretärs Boutros Boutros-Ghali. Leider hatte zum damaligen Zeitpunkt kein Mitglied der Vereinten Nationen daran ein Interesse. Und „stand-by-forces“ für die UNO wollte auch niemand.
War aber ein guter Bericht und hatte aus meiner Sicht mehr Substanz als R2P.
@KeLaBe
tja, und so brauchen wir eben ein VN Mandat und darauf abhebend ein BT-Mandat, denn freiwillig geht doch keiner mehr als BW Angehöriger in so einen Schlamassel……;-)
Man muss leider auch noch anmerken, dass alle von KeLaBe unter (3) geforderten Punkte nicht neu sind, sondern regelmäßig gefordert und abgelehnt werden. (Agenda for Peace, Brahimi Report, in stark abgeschwächter Form auch New Horizon non-paper, dazu natürlich noch Art. 47 der Charta, der seit Beginn der UN vorhanden ist – aber nie angewandt wurde). Und es sind nicht die Haupttruppenstellerstaaten, die die Forderungen ablehnen.
Oder wie es Kofi Annan sagte: Die UN sind “the only fire brigade in the world that has to wait for the fire to break out before it can acquire a fire engine.”
@klabautermann
da wär ich mir nicht so sicher ;)
@KeLaBe
Ihr Wort in Gottes Ohr. Aber wie lange reden wir darüber schon – 10 Jahre, 20?
Das Budget ist, finde ich, von den dreien das kleinste Problem. Bezahlt wird doch eher als das Truppen gestellt werden, oder?
(Allerdings schafft nicht der an der zahlt, sonst hätte DEU als drittgrößter Beitragszahler was zu sagen…- wobei, bei dem was wir sagen, haben wir besser nichts zu sagen)
Passt nicht ganz hierher, aber im jüngsten Spiegel, hinten bei den Personalien, wird Herr Özdemir von den Grünen zum deutschen Beitrag für Mali zitiert. Seine Kritik an den Herrn BM WW ist wirklich hübsch: Dieser sei die späte Rache der FDP an der Friedensbewegung…