De Maizière will Veteranen an Nationalfeiertag ehren
Die Überlegungen für einen Gedenktag für Veteranen der Bundeswehr sind offensichtlich vom Tisch: Verteidigungsminister Thomas de Maizière schug in einem Interview der Neuen Presse in Hannover (Donnerstagausgabe) vor, diese Veteranen am Nationalfeiertag 3. Oktober zu berücksichtigen, nicht aber an einem gesonderten Gedenktag.
Ich denke inzwischen mehr daran, dass wir am Nationalfeiertag einen Akzent für die Veteranen setzen und nicht einen eigenen Tag einführen, zitiert das Blatt den CDU-Politiker. Es gibt so viele Tage: Muttertag und Valentinstag und so weiter. Und dann denkt man an dem Tag an jemand besonders. Toll! Und die anderen Tage nicht?
Der Minister, der vor kurzem seine Definition des Begriffs Veteran präzisiert hatte, sicherte zu, die laufende Debatte aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Es gibt keinen Big Bang für eine Veteranenpolitik. Das wird vor und nach der Bundestagswahl weiter betrieben.
(Foto: Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg 2010 im Gespräch mit Vertretern des Bundes deutscher Veteranen – Bundeswehr/Andrea Bienert via Flickr unter CC-BY-NC-ND-Lizenz)
@ Koffer
Sorry, aber hier haben wir wohl beide vollkommen unterschiedliche Positionen…
Dem scheint so. War ja zu erwarten. ;)
Trotzdem noch eine kurze Antwort, da sie ja jetzt wieder mit Pflicht und der Ahndung von Pflichtverstößen ankommen:
– Zum einen steht die Pflicht ja nicht alleine, sondern sie trifft ja auch auf die Neigung. Wer ein Problem mit strikten Hierarchien hat geht eben nicht zur Bundeswehr. Wenn er kein Problem mit Hierarchien hat wird ihn das Existieren von Hierarchien bei der BW auch nicht viel abverlangen. (Wobei das auch immer eine Frage der Umsetzung ist, klar) Und nicht jeder der sich einen Beruf mit Hierarchie aussucht wäre als Freiberufler glücklicher.
Leute verpflichten sich zu einer Berufswahl, weil sie eh dazu neigen. (Oder weil sie meinen, sich damit arrangieren zu können. Oder weil sie keine andere Wahl haben – aber das sollte auch bei der BW noch nicht gegeben sein.)
– Gefängnisstrafen: Mal im Ernst: Das ist etwas, was recht vielen Berufsgruppen droht. Von Ärzten über Aufsichtspersonen bis zu Leuten die mit vertraulichen Daten arbeiten. Tatsächlich stehen die in der Realität deutlich öfter mehr „Mit mehr als einem Bein im Gefängnis“ als der Soldat. Oder wann hat das letzte mal die deutsche Militärgerichtsbarkeit wen verknackt?
– Hoheitliche Rechte: Die hat auch der Notar, der Justizvollzugsbeamte, der Beamte beim Katasteramt und der Gerichtsvollzieher. Inwiefern ist das relevant, außer dass es gemeinhin mit mehr Ansehen einhergeht?
– Gegen ihren Willen in Lebensgefahr: Genau das Geschieht bei der Bundeswehr halt derzeit nicht. Und auch der Polizist oder Feuerwehrmann darf nicht sagen „Ich fahr nicht zum Großbrand oder zur Schießerei“. Und auch der Soldat wird so vorgehen, dass er die Gefahr für das eigene Leben und den Missionerfolg gegeneinander abwägt. Jetzt können sie natülich wieder anmerken, dass er theoretisch auch zu einem ziemlich sicher tödlichen Vorgehen befohlen werden könnte. Nur geschieht das nicht, und wird auch auf absehbare Zeit nicht geschehen. Umgekehrt gehen auch Polizisten und Feuerwehrleute persönliche Risiken ein. Zum einen aus den gleichen nebensächlichen Motiven (Kameradschaft, Karrie, Gedankenlosigkeit, Ungeduld etc.) zum anderen eben aus dem Berufsverständnis und dem Zusammenspiel von Pflicht und Neigung heraus.
– Entscheiden über Leben und Tod: Mit Verlaub, da sind aber andere Berufsgruppen mindestens genauso nah dran. Und auch die Frage „Hätte ich diesen Tod verhindern können“ stellen sich andere Berufsgruppen in der Realität wohl deutlich häufiger. Als Deutscher sieht man den Typen, der gerade an zwei abgerissenen Beinen krepiert, eben nicht in Afghanistan, sondern in der Rettungssani-Nachtschicht. (Und weil der nicht durch eine strikte Hierarchie zu dieser Tätigkeit gezwungen wird ist das jetzt weniger wert?)
@J:R., Sie behaupten: “Und egal ob Sie da jetzt die Bundeswehr insgesamt oder die Kampftruppe nehmen: So sehr unterscheidet sich das eben nicht von anderen Berufsgruppen. (Und wenn Sie ehrlich mit sich sind, können Sie ja mal an sich selbst den “Würde ich mit Berufsgruppe XYZ tauschen wollen”-Vergleich anlegen.)”
Ich will mich jetzt gar nicht großartig in den Diskurs zwischen Ihnen und @Koffer einmischen. Aber Ihre „Relativiererei“ zwingt zum Widerspruch. Deshalb habe ich mal im Handbuch für militärische Berufsethik (Herausgeber Bohrmann/Lather/ Lohmann, 2013) nachgeschaut. Unter Besonderheiten des Soldatenberufs (S.18ff.) finden Sie folgende Grundlagen:
„Im Mittelpunkt des Soldatenberufs…steht die Bereitschaft und Fähigkeit, andere zu verletzen, zu töten oder ihre Existenzgrundlagen zu zerstören, die Bereitschaft sich töten oder verletzen zu lassen und beides auf Befehl…(S.19).
Es gibt keine andere Berufsgruppe, die diesen Besonderheiten unterliegt. Weder der Polizist noch der Feuerwehrmann noch sonst wer. Niemand, außerhalb der Berufsgruppe des Soldaten muss zum Beispiel auf Befehl töten oder sich töten lassen.
Hier liegt übrigens auch der Ausgangspunkt der momentanen Diskussion um „Anerkennung“.
Wir sind in einer multipolaren Welt zunehmend mit regionalen Kriegen konfrontiert, denen man aus unterschiedlichsten Gründen immer schwieriger ausweichen kann. Gleichzeitig nimmt die Pazifizierung der Gesellschaft zu und damit die Distanz gegenüber kriegerischer Gewalt. Und inmitten dieses Spannungsfeldes befindet sich der Soldat. Von der Politik in den Krieg entsandt und von der Gesellschaft dafür gescholten. Dieses Spannungsfeld gilt es zu entschärfen.