Kriterien für Rüstungsexporte: Menschenrechte – und außenpolitische Interessen


Deutscher Exportschlager Kampfpanzer Leopard – hier bei der Informationslehrübung Nord des Heeres 2007

Rüstungsexporte sind in Deutschland ein heiß diskutiertes Thema – vor allem, wenn es um die Lieferung von Waffen an Länder außerhalb von EU und NATO geht. Im Blickpunkt steht dabei in erster Linie die Frage, welche Kriterien für die Genehmigung eines solchen Geschäfts gelten – und für seine Aussage, dass Menschenrechte im Empfängerland nicht allein ausschlaggebend sein können, hat Verteidigungsminister Thomas de Maizière viel Kritik einstecken müssen.

Zur Dokumentation deshalb eine am (heutigen) 6. November übermittelte Antwort der Bundesregierung, genauer: des Bundeswirtschaftsministeriums, auf eine schriftliche Frage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Katja Keul, in der es genau um diese Kriterien geht:

Frage:
Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, Rüstungsexporte an Diktaturen und undemokratische Regime auszuschließen, wie es derzeit Schweden im Wege der Gesetzesänderung vorhat?

Antwort:
Nach dem Außenwirtschaftsgesetz sind Einschränkungen der Außenhandelsfreiheit möglich, insbesondere, um eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu verhüten.
Vor diesem Hintergrund entscheidet die Bundesregierung über Rüstungsexporte jeweils im Einzelfall auf Grundlage der „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000 und des „Gemeinsamen Standpunktes 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern“.
Pauschale Beschränkungen der in einem Empfängerland herrschenden Regierungsform sind – jenseits von Sanktionsbeschlüssen, z.B. der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union, – derzeit rechtlich nicht vorgesehen. Derartige Beschränkungen wären nicht mit einer differenzierten und sorgfältigen Einzelfallprüfung, insbesondere unter außen- und sicherheitspolitischen Gesichtspunkten, zu vereinbaren. Zudem wären sie nur sehr schwer operationalisierbar und würden aus Sicht der Bundesregierung keinen außen- und sicherheitspolitischen Mehrwert im Vergleich zu den bisher angewandten Regeln bedeuten.
Hingegen erlauben die bewährten „Politischen Grundsätze“ sowie der „Gemeinsame Standpunkt“ eine differenzierte Beurteilung von Ausfuhrfällen im Rahmen der internationalen und gesetzlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Diese Beurteilung orientiert sich dabei stets am Sicherheitsbedürfnis der Bundesrepublik Deutschland und ihren außenpolitischen Interessen.
Eine besondere Bedeutung kommt im Rahmen der sorgfältigen Einzelfallprüfung den Kriterien 2 (Achtung der Menschenrechte), 3 (Innere Lage im Endbestimmungsland als Ergebnis von Spannungen oder bewaffneten Konflikten) und 4 (Aufrechterhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region) des „Gemeinsamen Standpunkts“ zu. Zusammen mit anderen Kriterien, insbesondere dem Kriterium 6 (Verhalten des Käuferlandes gegenüber der internationalen Gemeinschaft, unter besonderer Berücksichtigung seiner Haltung zum Terrorismus, der Art der von ihm eingegangenen Bündnisse und der Einhaltung des Völkerrechts) erlauben sie eine differenzierte und sachgerechte Prüfung von Anträgen auf Ausfuhrgenehmigung im Lichte der potentiellen Verwendung der auszuführenden Rüstungsgüter, ohne dass pauschale Beschränkungen aufgrund der in einem Empfängerland herrschenden Regierungsform erforderlich wären.