EADS/BAe: China, China, China
Auf die angestrebte Fusion von EADS und British Aerospace (BAe), mit der unter anderem ein neuer Rüstungsgigant entstehen könnte, bin ich bislang hier kaum eingegangen: Im Moment ist das eher eine Geschichte für Analysten und die Wirtschafts-Profis. Ein Punkt ist mir allerdings aufgefallen, und das notiere ich nur mal als Merkposten.
Die Süddeutsche Zeitung erwähnt das heute eher nebenbei, bei der Bewertung der politischen Bedenken:
Man ist sich in Berlin und Paris nicht sicher, ob ein Gemeinschaftsunternehmen aus EADS und BAe auf den großen Rüstungsmärkten USA und China – wie erhofft – besser positioniert wäre.
Prominenter hat die Financial Times Deutschland vergangene Woche diesen Punkt hervorgehoben:
Europas Regierungen haben sich noch nicht entschieden, ob sich EADS mit BAE Systems zu einem Riesen-Luftfahrt- und Rüstungskonzern zusammenschließen soll, da winkt China schon als potenzieller künftiger Großkunde. Der scheidende chinesische Regierungschef Wen Jiabao erneuerte am Donnerstag auf einem EU-China-Gipfel in Brüssel die Forderung, dass Europa das Waffenembargo endlich aufheben soll.
Zur Erinnerung: Das Waffenembargo der EU gegen China war 1989 nach dem Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens verhängt worden. Für eine Aufhebung dieses Embargos hatte sich bereits – erfolglos – 2004 der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder eingesetzt. In Wahrheit geht es Schröder ums Geschäft, urteilte der Spiegel nach Schröders Vorstoß.
Eine Veränderung dieses Embargos kann so eigentlich nur im Lichte der Fusionsentscheidung in den beteiligten EU-Hauptstädten gesehen werden. Interessant wird deshalb jetzt zu beobachten, was mit diesem Embargo passiert – und zeitgleich die politische und wirtschaftliche Entwicklung der geplanten Fusion zu betrachten. Das ist dann nämlich nicht mehr nur ein Thema für Analysten und Wirtschaftsprofis.
Dass das Waffenembargo gegenüber China noch besteht, hat nicht mehr viel mit den Unruhen auf dem Platz des Himmlischen Friedens in 89 zu tun.
Aber bitte ins Detail schauen: Was ein WAFFENembargo ist oder nicht ist, da gehen die Meinungen in Europa ziemlich auseinander. So liefern etwa Italien, England, Frankreich reichlich Rüstungsgüter, Elektronik, Plattformen, Systeme. Solange es nicht „schießt“, denn nur das sieht man als Waffe an. Der deutsche Michel hat das anders gelernt, denn der macht bei jedweden Rüstungsgütern dicht, so sinnlos das auch im europäischen Kontext wirkt. Auch wenn ich das persönlich richtig finde. Denn was bitte ist eine Zusage der chinesischen Behörden wert die besagen müsste, dass man die erhaltenen Rüstungsgüter weder weiterexportieren noch re-engineeren noch zur Verletzung der Menschenrechte (auch hier: deutlich differierende regionale Sichtweise, was das ist) verwendet werden. Na klar, das unterschreiben die und dann halten sie sich daran und falls nicht, dann bekommen sie Ärger mit Großdeutschland.
Das funktioniert nur europäisch und gerade funktioniert das nicht. China will aber an die Technologien ran und drängelt daher.
Fusion hin oder her – dieses Dogma wird Deutschland nicht aufgeben und auch durch das Auswärtige Amt durchsetzen. Bis der letzte Arbeitsplatz in der Rüstung in andere EU-Länder abgewandert ist oder aber unter geschickter Nutzung der Intra-EU-Verbringungsrichtlinie nur noch Komponenten in Deutschland hergestellt werden, dann an ein anderes EU-Land gehen und von dort dann nach China exportiert werden. Auch so kann man sich politischen Handlungsspielraum zerstören.
Für den Beibehalt des Embargos haben sich vor allem die USA sehr stark gemacht. Die sind wohl auch das einzige Land, das noch die Ressourcen hat, um sich zumindest einigermaßen „Chinafrei“ bei kritischen Komponenten machen kann. Denn die Abhängigkeit ist auch bei modernster Technologie in der Rüstung hier längst eingetreten. Oder wer baut bitte in Europa noch ASIC-Controller- oder Speicherchips? Niemand weiß so genau, ob die von der verlängerten Werkbank China gelieferten Teile an Tag X auch noch zuverlässig funktionieren. In ASICs sind schon Hintertüren gefunden worden! Es tut schon körperlich weh, wenn man auf Messen Traumtänzer aus den leitenden Industrieunternehmen sieht, die in grenzenloser Naivität auf gewinnbringende Partnerschaft mit den Chinesen hoffen. Irrtum. Die denken strategisch und langfristig. Aber nur an ihre Interessen.
Dazu kommt, dass die USA gegenüber China starke wirtschaftliche Interessen hat. Da passt es nicht, wenn die EU ihr Embargo aufhebt.
Das Thema gäbe noch viel mehr her. Aber wenn hier im Zusammenhang mit dieser Großfusion das China-Thema mit eingerührt werden soll, dann kratzt man nur an der Oberfläche.
Morgen,
meiner Meinung nach wäre es ein strategischer Fehler der Volksbefreiungsarmee (VBA) neueste Technologien zu überlassen. Die Volksrepublik hat seit Jahrzehnten große Probleme die technologische Lücke zu den USA zu schließen und versucht sich schon seit langem durch das bereits erwähnte „Re-Engineering“ zu helfen (Angeblich haben sie US-amerikanische Flugzeuge über ihren engen Freund Pakistan erhalten, sowjetische Modelle haben sie jedenfalls in großer Stückzahl kopiert).
Ich habe mich einmal ein wenig mit dem Thema befasst und es scheint als ob China in einigen Jahrzehnten die technologische Lücke zu den USA schließen oder zumindest deutlich verkleinern könnte. Seit Ende der 1990er wird der technologische Vorsprung der USA jedenfalls sukzessive kleiner. Das stellt eine Bedrohung dar, die zunächst weniger für uns Europäer und mehr für Länder wie z.B. USA, Südkorea, Japan und Taiwan relevant ist.
Doch sehen wir einmal ab von dem wohl nur in Ostasien wahrscheinlichen Fall einer Konfrontation Chinas mit einem/mehreren westlichen Staat/en (z.B. um Seegebiete und Inseln, in Bezug auf Nord- und Südkorea oder um die Insel Taiwan): Wenn die Chinesen westliche Rüstungsgüter kopieren, könnten unsere Rüstungskonzerne ganz schnell ganz hohe Verluste machen. Das ist auch für uns wichtig und da liegt meiner Meinung nach auch der Hund begraben. Zwar könnten die Rüstungskonzerne mit großen Verkäufen kurzfristig sagenhaften Reibach machen – falls die Chinesen überhaupt große Stückzahlen wollten. Einige Jahre später wären aber ähnliche Rüstungsgüter aus China auf dem Markt und das zu deutlich günstigeren Konditionen (Siehe die chinesischen Waffenexporte in den Sudan).
Mit freundlichen Grüßen
Sunziwitz
Mit BAEs besonderen US Beziehungen wird das Fusionierte Unternehmen hinterher auch nur das nach China Exportieren können, was die USA erlauben. Die USA hatten noch nie irgendwelche Skrupel Ausländische Unternehmen hart abzustrafen. Ausländisches Recht interessiert den USA auch nur zweitrangig. Bei reinen Technologietransfer bleiben die Gewinne aus den China Geschäft sowieso überschaubar.
EADS wurde doch erschaffen, um Daimler eine Chance zu geben aus dem Luftfahrtgeschäft auszusteigen. Um das sicherzustellen gab es auch dicke und vor allem sehr rentable Auftragspackete von der Bw. Für Daimler ist EADS nur eine Finanzbeteiligung, daher dürfen die Franzosen da frei schalten und walten. Die Fusion EADS/BAE dürfte wohl eher ein Enders Bailout sein, um seinen Stuhl zu retten. Enders versucht ja schon länger den Bund aus dem EADS Konstrukt zu drängen. Die Fusion droht zwischen Berlin, Paris und Washington zerrieben zu werden. Scheitert die Fusion, dürfte nicht nur sein Stuhl weg sein. Wenn die Bw die Verträge für das Zukunftsprogramm vom EF nicht unterschreibt, leidet da vor allem BAE darunter. Wenn der Bund die Renditen aus Staatsaufträge nach unten verhandelt, dürfte das EADS Aktienpaket von Daimler wertlos werden. Bei der Fusion werden alle auf Zeit spielen, wer sich zuerst bewegt, der Verliert. Aufgegeben wird erst, wenn man schon alles verloren hat.