Mehr Export wagen
Über Rüstungsexporte wird in Deutschland mit einer bisweilen merkwürdigen Mischung aus Emotion und Fakten diskutiert. Wie die heutige, nur scheinbar neue (und dennoch eifrig weiter verbreitete) Meldung der Bild-Zeitung zeigt: Über den geplanten Verkauf deutscher Fregatten an Algerien für 400 Millionen Euro war schon Anfang April in internationalen Medien und in Deutschland zu lesen. Und gerne vertrete ich bei der Debatte über die Rangfolge der weltgrößten Rüstungsexporteure die Meinung, dass es ein qualitativer Unterschied ist, ob man einem NATO-Partner und EU-Mitglied ein U-Boot liefert oder ob man für eine ähnliche Summe Schiffsladungen von Kalaschnikows in afrikanischen Bürgerkriegsgebieten abkippt …
Exportschlager Leopard-Panzer: Ein Leopard PSO (Peace Support Operations) im Static Display 2007 beim Deutschen Heer (Archivbild von der Informationslehrübung Nord 2007)
Vor dem Hintergrund scheint es mir um so wichtiger, die Fakten sauber im Blick zu behalten. Zum Beispiel die geplante Veränderung – offiziell: Entschlackung – der Regelungen für den Rüstungsexport, über die der Spiegel* heute berichtet: Das Außenwirtschaftsgesetz und die dazu gehörende Außenwirtschaftsverordnung sollen geändert werden.
In Zusammenarbeit mit dem Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit stelle ich für die Interessierten – und hier im Blog kann ich sagen: für die Kundigen – mal die Referentenentwürfe für das Gesetz und die Verordnung zum Lesen bereit. Für eine fachkundige Diskussion: bedeutet diese Gesetzesänderung auch Mehr Export wagen?
(Da ich, wie angekündigt, langsam in Richtung Urlaub abgleite: Ich werde die Kommentare am – morgigen – Montag in die Warteschlage leiten müssen; sie gehen aber nicht verloren und werden nach meiner Rückkehr freigeschaltet.)
Aussenwirtschaftsgesetz_Referentenentwurf_jun2012
Aussenwirtschaftsverordnung_Referentenentwurf_jun2012
Nachtrag: Eine Sprecherin des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums hat inzwischen dementiert, dass die geplante Gesetzesänderung Auswirkungen auf die Regeln für den Rüstungsexport habe. Diese Bestimmungen seien durch den Entwurf ausdrücklich nicht berührt.
Nun bin ich kein Jurist, aber selbst mir fällt auf, dass Rüstungsgüter, Waffen, Munition ausdrücklich im Gesetzentwurf erwähnt werden und selbst der Begriff Kriegswaffen fällt:
§ 9
Schutz der Sicherheit und der auswärtigen Interessen
(1) Im Außenwirtschaftsverkehr können Rechtsgeschäfte und Handlungen beschränkt oder Handlungspflichten angeordnet werden, um
1. die wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten,
2. eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker zu verhüten,
3. eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu verhüten,
(…)
(2) Beschränkungen oder Handlungspflichten nach Absatz 1 können insbesondere angeordnet werden für Rechtsgeschäfte oder Handlungen in Bezug auf
1. Waffen, Munition und sonstige Rüstungsgüter sowie Güter für die Entwicklung, Herstellung oder den Einsatz von Waffen, Munition und Rüstungsgütern; dies gilt insbesondere dann, wenn die Beschränkung dazu dient, in internationaler Zusammenarbeit vereinbarte Ausfuhrkontrollen durchzuführen,
2. Güter, die zur Durchführung militärischer Aktionen bestimmt sind,
(…)
4. den Erwerb inländischer Unternehmen oder von Anteilen an solchen Unternehmen durch Ausländer, wenn die inländischen Unternehmen
a) Kriegswaffen oder andere Rüstungsgüter herstellen oder entwickeln oder
b) Produkte mit IT-Sicherheitsfunktionen zur Verarbeitung von staatlichen Verschlusssachen oder für die IT-Sicherheitsfunktion wesentliche Komponenten solcher Produkte herstellen oder hergestellt haben und noch über die Technologie verfügen, wenn das Gesamtprodukt mit Wissen des Unternehmens von dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zugelassen wurde,
5. um wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten; insbesondere dann, wenn infolge des Erwerbs die sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder die militärische Sicherheitsvorsorge gefährdet sind;
(* Zwar werdenWebseiten deutscher Printmedien hier sonst grundsätzlich nicht verlinkt; es gibt aber Ausnahmen.)
Auf welchem Platz in der Rangliste wäre Deutschland, wenn man nur noch EU-Mitglieder beliefert? Nur noch NATO-Mitglieder beliefert? Lieferungen in Krisengegenden einstellt?
Da bin ich ja mal sehr gespannt was die Regierung da bastelt.
Der Aufschrei der Medien wird ja wieder groß sein…
Aber besser kann es ja (fast) nur werden, und solange es bei den beschriebenen Schritten bleibt:
– Wenn wir schon alle Probleme europäisch angehen ist es nur konsequent wenn wir die Exportrichtlinien angleichen. Neben den USA sind die EU-Staaten unsere Hauptkonkurrenten, westliche Technik wird also geliefert.
– Man sollte überlegen welche bisher nicht vorhandenen Fähigkeiten wir liefern.
Bsp. Saudi-Arabien / Leo: Wenn die Proteste in Bahren (selbst mit Panzern) niedergschlagen werden, braucht man hier den Leo 2A7 / MOUT?
Was kann der, was der M1 nicht kann?
Häuserkämpfe gab es ja nicht und Show-of-Force / Dinge plattwalzen kann jeder Panzer.
– Schiffe sind nur militärisch einzusetzen, man sollte sie daher an befreundete Nationen liefern können.
Ergo: Es liegt im DEU Interesse,
1. Arbeitsplätze zu erhalten (Subvention ist immer ein Argument)
2. Know-How im eigenen Land zu halten
3. Ein „verlässlicher Partner“ zu sein, nachdem es die NATO über 60 Jahre gibt sollte es hier keine Beschränkungen geben dürfen, es sei denn Spitzentechnologie / Die Marktführerschaft wird so gefährdet.
Das ist wieder Typisch deutsch wie können wir nur so was böses tun
Warum nicht falsche Moral bringt nichts , wenn wir nicht dann Frankreich USA bestimmt .
Leo 2 A 7 der ist schon überfällig , wie schnell das kommt drauf an am 10 .09.01 , es is doch eine Friedliche welt toll alles und 11.09.01 und wir kammen in den Krieg hinein der Langsam immer Kriegerischer wurde wenn das so ofiziel nie so gedacht war .
Und der Kosovo Brodelt wieder da ist nur eine ereignis am Tag x und die Bw steckt auch da im Krieg .
Bw ist überhaupt nicht Vorbreitet
Ergo: Es liegt im DEU Interesse,
1. Arbeitsplätze zu erhalten (Subvention ist immer ein Argument)
Deutschland benötigt dirngend Fachkräfte für die ziv Exportproduktion (siehe A400M,EF, die hindern mehr als dass sie Nutzen bringen)
Waffentechnologie macht weniger als 0,3% am Export aus!
2. Know-How im eigenen Land zu halten
-Inzwischen wird, bis auf die Munition, das meise Know How in der ziv Entwicklung und Forschung generiert. Wirklich innovative Entwicklungen die ziv nutzbar sind, bringt die Militärfproduktion nicht mehr hervor, maximal die Forschung und die wird eh vom Steuerzahler finanziert (ob die Produkte in den Export gehen oder nicht, siehe EADS)!
3. Ein “verlässlicher Partner” zu sein, nachdem es die NATO über 60 Jahre gibt sollte es hier keine Beschränkungen geben dürfen, es sei denn Spitzentechnologie / Die Marktführerschaft wird so gefährdet.
-Wer spricht von Beschränkungen für die NATO Partner?
Ergo: Es liegt im DEU Interesse, keine Waffentechnologie an nicht NATO Staaten zu liefern und langfristig ist eine Zurückhaltung in diesem Gebiet viel mehr von deutschem Interesse! Als die Staaten ihre Waffenexporte noch unter SiPo Gesichtspunkten trieben, wäre keiner auf die Idee gekommen an nicht Bündnisparter Waffen zu liefern! Selbst die USA liefert uns nicht alles! Aber die deutsche Rüstung liefert an andere Nationen Geräte die besser sind als die der Bw (Airbustanker, U-Boote, funktionierende Flugzeuge uvm) die Bw lebt mit den Prototypen und freut sich, dass sie die erten Exemplare bekommt :-). Die Ausgereiften gehen dann in den Export!
Dass die BW die Sachen nicht selbst so besitzt wie es andere kaufen ist ne andere Geschichte.
Schiffsexporte werden immer mit der strukturschwachen Küstenregion begründet, deshalb sollte auch TKMS an die VAE gehen: Als Türöffner in den arabische Markt.
Die Türkei hat nur nach langen Diskussionen 300 Leos bekommen, das ist der einzige Grnd warum sie den südkoreanischen K2 in Lizenz bauen.
Technologie wird im Gegenteil nicht beschränkt, ich frage mich immer noch warum wir Uboote mit Brennstoffzellen zum Lizenzbau freigeben.
Hans das ist ein gute Frage .
Weil man könnte das beschrenken auf nicht wichtige Bauteile und der rest nur über Deutsche Firmen
@Alarich: „wenn wir nicht dann [jemand anderes]“
Wieviele Verbrechen kann man mit dieser Ausrede NICHT begründen?
Verbrechen ist relativ
Syrien und der Böse Asad und wenn die wirklichkeit anders aussehen würde das Sunniten gibt die Waffen von Katar , Saudia Araien .bekommen und wenn die dann das verbrechen abschafen wird wohl das verbrechen gegen die Aleviten und Christen erst los gehen ?
wie böse war in Ägpten und jetzt wo sie frei sind wie vielle Chisten wurden ermordet
Also wer sind die Verbrecher die wir erklärd bekommen oder die
Naja wer wird Italien in 10 jahre regieren ,wenn X dann haben wir an Verbrecher Verkauft ???
@Alarich: Ich spreche gerade nicht über die Exporte an sich, sondern an die gängige Ausrede, nämlich eben diese. („Begründung“ mag man es nicht nennen.)
Wenn Syrien als Ausrede dient, warum liefert man dann keine Waffen an Saudische Oppositionelle (vielleicht Frauen?) oder Zapatistas? Wichtiger noch: An wen liefert man eigentlich? Um welche Summen geht es? Wieviele Arbeitsplätze hängen daran?
@Exportkritiker
USA bittet schon Lange an den M1 A1 SA bei denne geht um den erhalt der Produztion ( 70 M1 mindestens um wirtschaftlich ) die momentan nicht erreicht werden
Frankreich will den L auch im Arbischen raum Verkaufen ( nur er ist zu Schwach und der M 1 ist ein Spritfresser )
Die bessere Frage ist wohin das alles hin soll wenn die Franzosen mit den Deutschen den KPz 3 entwickeln wollen ( erster Plan soll bis Dez erstellt werden ) wenn wir das weiter Spinnen und in 10 Jahre der fährt und wenn die Franzosen den Verkaufen und wir nicht wie soll das dann gehen nur der Franz Teile?
oder werden die Franz am ende selber bauen ohne Deutsche firmen nur wir hatten auch die Entwicklungkosten
oder wir werden als nicht Vertraubar eingestuft , was uns dann ausschließt das wir mit einem Land was entwickeln , Boxer blieb nur die Niederlande übrig .
Dahin müßte die Diskusion gehen den es sind eineig Projekte die mit den Franzosen laufen , und der franzose wird sich überlegen ob er dan mit Deutschland entwickeln Lohnt
@Elahan:
+1
@Hans:
Für den Lizenzbau der U-Boote gibt es Materialpakete aus Deutschland und meines Wissens nach kommt der AIP-Antrieb (d.h. Brennstoffzelle) als BlackBox.
@all:
Selbst eine Angleichung der Rüstungsexportrichtlinien behebt nicht das Grundproblem des Westens, insbesondere Europas:
Die Überkapazitäten in der Rüstungsindustrie.
Deutschland ist ja nicht das einzige Land, was sein Heil im Export sucht. Selbst in den USA wird der Rüstungsexport als wichtiger Baustein zur Erhaltung der industriellen Basis gesehen.
Das führt doch zwangsläufig zu Situationen wie im Libyen, wo innerhalb weniger Wochen aus einem Exportzielland ein Waffenzielland geworden ist. Es sollen auch irgendwo noch Rafale-Modelle mit libyschen Abzeichen stehen…
Nicht zuletzt untergraben wir mit dem häufig einhergehenden Technologietransfer unseren eigenen technologischen Vorsprung.
Der Ausweg aus diesem Dilemma kann m.E.n. nur in einer Konsolidierung der europäischen Rüstungsindustrie liegen. Das kann und muss darin enden, dass einzelne Länder komplette Industriezweige abwickeln, damit überhaupt leistungsfähige Rüstungskerne in Europa erhalten bleiben. Wenn Deutschland seinen militärischen Flugzeugbau aufgibt, damit Frankreich seine Panzer bei KMW kauft, ist das immer noch besser als gemeinsam unter zu gehen.
Ich sehe keinen anderen Weg das Dreieck aus „politischer Souveränität, militärischer Effiktivität und ökonomischer Effizienz“ im Gleichgewicht zu halten.
(Autor des abschließenden Dreiklangs ist Christian Mölling von der SWP: http://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2011A56_mlg_ks.pdf )
OT:
Warum kann man aus SWP-Studien eigentlich nicht mal Textstellen rauskopieren, geschweige denn deren pdf-Dokumente markieren und kommentieren?
Eine Stiftung, die den Namen Wissenschaft im Titel trägt und eben solches Arbeiten mit den Texten unnötig erschwert!
@K.B
Im gegenteil es soll auch ein Groß Tranporter auch dabei sein
wie auch neue Ari und weitere Luftabwehr
es ist ein Ganzes Packet mit Projekte
Wo bleibt die einsatzfähige Spitzentechnologoie für die Truppen in Europa?
Wo ist der SiPo Ansatz zum Rüstungsexport außerhalb der NATO?
Wenn es einen gibt, wo ist dann die Grenze? Muss es überhaupt eine geben?
Wäre es nicht sinvoller und langfristig wirtschaftlicher sich innerhalb der NATO/EU abzustimmen? Zehrt der europäische Wettbewerb im Waffenexport nicht Ressourcen die eh zu knapp sind (Rohstoffe und Arbeitskraft)? Ist die Waffen Lobby evtl größer als es ihrem Anteil am Export zusteht? Kann es sein, dass die Gewinne in diesem Bereich ein anderes Verhältnis zum Umsatz haben als in anderen Industriegebieten? Wird die Bedeutung der Rüstungsindustrie überschätzt?
natürlich fehlt es an abstimmung, gerade innerhalb der europäischen staaten. jeder kocht sein eigenes süppchen. bedenkt man alleine den wahnsinn das mit dem gripen, der rafale und dem eurofighter innerhalb von 10 jahren DREI flugzeuge entwickelt wurden die allesamt mehr oder weniger das gleiche können dann kann man sich nur noch an den kopf fassen. alle investieren astronomische summen in die entwicklung und haben nachher kein geld mehr um das gerät in adäquaten stückzahlen zu kaufen und zu betreiben. (wir haben in der ausplanung ganze 116 EF in den einsatzverbänden…)
das kann man ewig so weiter führen, unsere bonsai armeen (auch franzosen und briten kürzen wo es nur geht) verschwenden ihre budgets in industriepolitischen wechselspielchen, mit der konsequenz das alle paar jahre irgendwelche „reformen“ nötig werden um den streitkräfteumfang an das sündhaft teure gerät anzupassen.
Ich bin ja gespannt, welche Auswirkungen ein künftiger Arms Trade Treaty auf diese Fragen haben wird. Die Verhandlungen laufen ja gerade, und Deutschland vertritt eine vergleichsweise robuste Position (Stellungnahme der BReg siehe hier: http://www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob/366850/publicationFile/3679/Trade-Arms-Treaty-nationale-StN-Mrz07.pdf).
In Kurzfassung: jede Menge Transparenz und Berichte, aber die Entscheidung zu Rüstungsexporten liegt nach wie vor bei jedem Staat selbst (ergo: Russland bspw. kann nach wie vor Flugabwehrsysteme in Kristenregionen liefern). Und da das schon eine der strengeren Positionen ist, dürfte ein ATT (falls er denn zustande kommt) eher noch verwässerter werden.
Wie schätzt das die kundige Leserschaft dieses Blogs ein? Wird sich durch den ATT für deutsche bzw. NATO-interne Rüstungexporte etwas ändern? Und wenn ja, was?
@All und insbesondere Allarich
„wenn die Franzosen mit den Deutschen den KPz 3 entwickeln wollen ( erster Plan soll bis Dez erstellt werden ) “
Giebt es dafür irgendeinen haltbaren, nicht längst widerlegten Beweis bzw eine Quelle welche im Kontext zur aktuellen Reform steht.
Dann reihe ich mich mal mit einer interessanten Info in die Warteschlange :-)
Interview Jan Grebe: UN-Konferenz zur Begrenzung des internationalen Waffenhandels
siehe (google) unter NDR Info Das Forum 14.07.2012 /19.20-19.50 Uhr STREITKRÄFTE UND STRATEGIEN.
„…verhalten optimistisch, dass man einen starken und robusten weltweiten Waffen-handelsvertrag am Ende des Monats sieht.“