Aufentern über festem Grund
Aus dem öffentlichen Bewusstsein der Menschen, die nicht nahe an der Küste leben, ist es vermutlich schon wieder verschwunden: Es gab nach dem Tod von (weiblichen) Offiziersanwärtern ziemlichen Ärger um die Ausbildung auf der Gorch Fock, dem Segelschulschiff der Deutschen Marine.
Eine Konsequenz ist seit ein paar Tagen sichtbar: An der Marineschule Mürwik steht jetzt ein Übungsmast, an dem die Offiziersanwärter auf die seemännische Ausbildung auf einem Segelschiff vorbereitet werden.
Ausbilder der Gorch Fock auf dem „Übungsmast“ an der Marineschule Mürwik. Für die Gorch-Fock-Vorausbildung der Offizieranwärter, wurde an der Marineschule Mürwik ein Übungsmast aufgestellt (Höhe 28m, Gewicht 9t). (Foto: Bundeswehr/Björn Wilke via flickr unter CC BY-ND 2.0 Lizenz)
Schön, dass Sie daran erinnern!
Wie auf dem Foto gut zu erkennen ist, sind die aufenternden Soldaten mit einem dünnen Drahtseil an der oberen Saling des Übungsmastes gesichert. Bin mal gespannt, ob das künftig so auch auf der „Gorch Fock“ realisiert werden soll.
Das Oberlandesgericht Schleswig wies übrigens vor 10 Tagen einen Antrag auf Klageerzwingung der Eltern der 2008 auf der Gorch Fock tödlich verunglückten Jenny Böken zurück. Die Staatsanwaltschaft Kiel hatte die Ermittlungen gegen den Kapitän und den Schiffsarzt eingestellt.
(Link auf Artikel im Focus nicht möglich).
Die Mutter von Jenny Böken wurde übrigens gestern in einem Artikel auf bundeswehr.de ( http://is.gd/rPHeiJ ) erwähnt:
Jede Ausbildung die nutzt ist gut. Ob sie nutzt sollen Fachleute aus der Marine bewerten. Und diesen soll man diesmal bitte intensiver zu hören als man es seinerzeit gegenüber dem seinerzeitigen Kapitän der Gorch Fok nachweislich und öffentlich nachvollziehbar tat bzw.: Sachzwänge gut und verstehbar, aber irgendwo muss man Konsequenzen aus Lerngruppenanalysen ziehen können.
Die jungen Soldaten haben es sich verdient, gerade weil sie noch (dienst)jung sind.
dass das wohl politisc h notwendig ist, sehe ich zähneknirschend ein. Mehr nicht.
Ich habe seinerzeit meine Handlungssicherheit nicht aus den gesicherten Phasen gezogen, sondern gerade aus dem ungesicherten Aufstieg. Und ganz nebenbei meine ausgeprägte Höhenangst/Fallsucht besiegt. Nur einmal wurde es gefährlich: ´nach ein paar Monaten, als ich technisch sehr sicher war – und übermütig wurde.
Besser wäre es wohl gewesen, wenn man den damaligen Kdt vor dessen Absturz gerettet hätte…
Boeken setzt sich auch fuer eine bessere Absicherung für Partner ohne Trauschein ….? Seit wann hindert einen der Dienstherr, einen Trauschein zu bekommen?
Und ansonsten, wenn man das (Ehe) nicht eingehen will, hilft eine Lebensversicherung und ein Testament….muss man halt nur selbst bezahlen…..
@ Sönke Marahrens | 22. Juni 2012 – 17:48
Auf solche Aussagen sollten Sie nur antworten, wenn Sie in der Lebenswirklichkeit 2012 angekommen sind … leben Sie (geistig) noch in den 50igern oder sind Sie Pfarrer?
Bei allem Respekt: Vielleicht sollte sich mit Hinblick auf andere Vorfälle mit ähnlicher öffentlicher Aufmerksamkeit auch mal jemand dafür einsetzen, dass vorhandene Standards u.a. bei Personalauswahl und Tauglichkeitsuntersuchungen eingehalten werden bzw. diese Standards nicht immer weiter reduziert werden.
Vielleicht hätte man auch einfach das nutzlose goldene Kalb abschaffen sollen? Teambuilding und die Sozialisation an die Seefahrt kann man auch mit dem Erlernen wirklich nützlicher Fähigkeiten für die spätere Laufbahn verbinden UND dabei auch noch Geld sparen.
@MFG
Mit einem „Aufentern“-Simulator in der OHG anstelle der Schuhputzmaschine? Ich fand ja auch schon immer, daß diie Hindernisbahn gegen meine Menschenwürde verstößt (bzw. gegen die der unfreiwilligen Zeugen dieses Dramas).
@Heiko Karmann
Ich bin weder Pfarrer noch lebe ich in den 50er Jahren, ich stelle mir aber die Frage, warum soll der Staat (und damit der Steuerzahler) ein finanzielles Commitment für eine Partnerschaft uebernehmen, für das der Betroffene im Leben nicht bereit war, es in irgendeiner Form dauerhaft zu legitimieren ( und damit zum Ausdruck zu bringen, dass es ihm/ihr mehr bedeutet als eine Lebensabschnittsgemeinschaft) sei es als Ehe oder als Lebenspartnerschaft!
Und wo ist das Problem, wenn ich, aus welchen Gruenden auch immer, zu diesem Commitment nicht bereit bin, ich dann meinen Partner eben privat absichere?
Sönke Marahrens | 22. Juni 2012 – 19:14
Kommen Sie im Jahre 2012 an und denken Sie drüber nach, wer die Bevölkerung mit der Steuerklasse 1 ist; dann erledigen sich Ihre Anmerkungen….
Noch eine Anmerkung: Sie leiteten ein „Boeken setzt sich auch fuer eine“; meinen Sie nicht das eine Mutter, eine Soldatenmutter, die ihr Kind verloren hat … nicht auch als „Frau Boeken“ genanntr werden sollte. Aber vielleicht haben Sie es ja nicht so mit Stil und Form.
@Heiko Karmann
1. Ich bin geblendet von ihrer Logik! Aber verstehen tue ich Sie immer noch nicht!
WIe unterscheiden wir denn dann zukünftig, ihrer Logik zufolge muesten dann ja alle verflossenen Anspruch haben? Oder wird der gemeinsame Mietvertrag zur neuen Beziehungsurkunde?
2. Ist mein Satz ein Zitat aus dem obrigen Zitat, das ich aufgegriffen habe. Beschweren Sie sich also beim dortigen Verfasser….
@T.W. können Sie bitte in meinem ersten Post „[Frau] …. “ ergänzen ?
@Prediger
Mit kleinen, preiswerten „Schulbooten“ vielleicht? Z.B. mit zwei mehr oder weniger demilitarisierten Minenjagdbooten?
Ihren Sarkasmus können Sie sich auch sparen – ich kann ganz gut beurteilen, was ich auf dem Kahn Nützliches gelernt habe, das ich nicht irgendwo anders hätte lernen können: nichts.
Ich glaube beinahe, dass Sie mich nicht verstehen wollen: Ich behaupte nicht, dass man auf der Gorch Fock nichts lernte, sondern dass man alle „Gorch-Fock-Lerninhalte“ (also Teambuilding und Sozialisation an Seefahrt) den OAs preiswerter vermitteln könnte UND dabei noch Fachwissen unterbringen könnte.
Ja, Ausbildung war mal ein hohes Gut! Flugstunden eines Geschwaders 2008 ca 6000 h pro Jahr, 2013, 3000h für die ganze Tornado Flotte der Luftwaffe! Bei der Ausbildung wird, außer in der Medienwirksamen, gespart wo es geht!
Dieser Übungsmast ist ja schön und gut – beruhigendes Wasser auf den Mühlen derjenigen Oberbetroffenen, die irgendeine Konsequenz forderten.
Fakt ist:
Festhalten muss der OA sich nach wie vor können, ob mit Übungsmast oder ohne – ich hätte eher die Aufweichung der Eignungstests nach unten ins Visier genommen oder die allgmeinen Fitnessvoraussetzungen nach oben geschraubt (s. @ Orontes).
Das komische weiße Schiff ist nicht so schlecht, wie man es gerade seitens der sensationsheischenden Presse immer darzustellen versucht.
Leider tut es weh, heutzutage jemandem – vlt. auch der leider zu Tode gekommenen – persönliche Unfähigkeit zu bescheinigen – dieses zu tun, wäre ja völlig daneben und auch gar nicht angebracht, weil allen permanent gesagt wird, sie seien alle „gut“ und richtige „Knaller“. Wehe dem Chef, der zu einem seiner Untergebenen (SIC!) sagt, er/ sie sei für diesen Beruf nicht geeignet. Die nächste Stufe ist der Wehrbeauftragte – der aber leider nur bzw. nun die Tauglichkeit des Chefs anzweifelt, dieses beurteilen zu können.
Theoretisch kann der Marine nichts – und auch niemandem sonst – mehr etwas Schlimmes widerfahren. *Beissende Ironie aus*. Nun möge man verbal auf mich einschlagen. Nahezu 15.000 unfallfrei Ausgebildete sind zudem auch nicht zu von der Hand zu weisen. Das vlt. etwas anderes auf dem Dampfer falsch lief, ist davon unberührt.
@ Deichpirat:
Auch ich habe diesen Dampfer „überlebt“ – auf der Saling ist das Anschekeln allerdings völlig überflüssig, da nach Ankommen auf den Salingen sofort wieder „ausgelegt“ wird, d.h. die Segelstationen auf den Rahen besetzt werden. Erst auf der Segelstation wird sich fest- oder angeschekelt bzw. gesichert.
Das Aufentern im Überhangbereich der Saling ist m.E. der kritische Teil – aber der Grundsatz „eene Hand för di, de anner för’t Schipp“ und eine gewisse Grundfitness helfen aus meiner Sicht, auf der Gorch Fock gesund zurechtzukommen.
Dieser Beitrag war übrigens ‚mal völlig Non-PC.
Die MSM kann mit diesem Mast erstmal nichts anfangen und nahezu alle an der MSM weigern sich Verantwortung fuer dieses Ausbildungsinstrument zu uebernehmen. Dies ermoeglicht erstmal den besseren Austausch von Ausbilder der GoFo mit der MSM und damit vielleicht auch einem besseren Arbeitsverhaeltnis mit- und zueinander. Darueber hinaus ermoeglicht es, die Offizieranwaerter koerperlich zu trainieren. Grundsaetzlich eine gute Sache. Ich bin nicht der Auffassung, dass die Auswahlkriterien geaendert werden sollten. Wir koennen nur bewerben, was auf dem Arbeitsmarkt verfuegbar ist. Allerdings sollten wir danach bedeutend Raum und Zeit auf die sportliche Foerderung legen. Dies sollte im Sinne eines Sperrfachs angelegt sein. Ganz im Sinne der Gleichberechtigung.
@ Elahan
Die Flugstunden eines Geschwaders Mitte der 80er Jahre waren 9000 – 10000 Std / Jahr, im Regelfall 3 Sorties pro Tag, vormittags, nachmittags und Nachtflug.
Das bedeutet im Vergleich EIN Geschwader hat im kalten Krieg in 4 Monaten soviele Flugstunden absolviert, wie jetzt die ganze Tornado-Flotte ( 2008 waren das noch 4 Geschwader + Holloman ) in einem ganzen Jahr.
Hauptsache der Eindruck nach Außen wird aufrechterhalten ! The show must go on !
@ Mittendrin 41 | 23. Juni 2012 – 1:02
„Das komische weiße Schiff ist nicht so schlecht, wie man es gerade seitens der sensationsheischenden Presse immer darzustellen versucht.“
Sie sollten bitte nicht die Tatsachen verdrehen. Die Negativinformationen kamen ja wohl von Soldaten der Bundeswehr an die Presse und wurden dann später durch das Verhalten des damaligen Ministers und anderen Spitzenmilitärs auch im negativen belassen …. „die Presse“ hat nur aufgesammelt und weiterverbreitet. Der „schwarze Peter“ liegt/lag hier eindeutig bei der Bundeswehr bzw. dem BMVg.
@ H.K.
Meinen Sie wirklich, dass die – Ihrem Dafürhalten nach neutrale – Presse hier nur „aufsammelt und weiterverbreitet“ hat?
Mitnichten – dieses „Ding“ konnte seitens der Marine gar nicht mehr schnell genug entschärft werden – die zeitweilige Sendepause hat allerdings nicht zur Beruhigung/ Aufklärung beigetragen , d’accord.
Die Berichte über anscheinende Saufgelage im Anschluss an den Tod sowie die – im Nachhinein festgestellte- haltlose Anschuldigung von sexuellen Belästigungen im Nachklapp wurden unkommentier/ unkontrolliert von der Presse „weiterverbreitet“ – das ist sensationsheischend und nicht seriös.
Die Presse ist am Umfang des Vorgangs nicht so unschuldig, wie Sie sie darzustellen versuchen. Auch war ein deutlicher Unterschied in den Berichten – vergleichen Sie dazu die Berichte der „Kieler Nachrichten“ mit denen der FAZ, der SZ, mit denen des SPON, mit denen der Frankfurter Rundschau. Da haben Sie die gesamte Bandbreite.
Auch später entkräftete Berichte von abgebrochenen Offiziersanwärtern, die in diesem Zusammenhang als Trittbrettfahrer auftraten, wurden von Teilen der Presse ungefiltert und dankbar „aufgesammelt und weiterverbreitet“.
Etwas mehr Differenziertheit wäre Ihrerseits angebracht.
Da rollt der nächste Ausbildungskandal auf die Bw zu! Jetpiloten mit so geringen Flugstunden, dass man damit noch nicht einmal einen Sportflieger sicher betreiben darf!
Wenn der Nächste Zwischenfall in der Presse steht wird man Fragen stellen! Der einige Bomber der Lw wird kaputtgespart auch bei den Ersatzteilen. Es ist eine Schande, zudem der Tornado Fähigkeiten besitzt, die Lfz neuerer Generation nicht besitzen! Mit Aktuallisierung ist er weit über 2025 relativ kostengünstig im EU Rahmen einsetzbar.
@Elahan,
Nicht nur die Luftwaffe fliegt nicht, alle fliegende Waffensysteme der Bundeswehr, egal aus welcher Teilstreitkraft, verkommen zu Bodendienstgeräten. Immerhin veringert das drastisch die Zahl der Flugunfälle. Die Piloten die dann allerdings noch in die Luft gehen, können sich angesichts ihrer spärlichen Übungsmöglichkeiten ggf. noch mit Galgenhumor retten: No risk no fun.
@all,
was machen wir eigentlich, wenn trotz aller Absicherungen und tausendfacher Übungsaufstiege doch wieder jemand aus dem Mast fällt?
@BausC
„was machen wir eigentlich, wenn trotz aller Absicherungen und tausendfacher Übungsaufstiege doch wieder jemand aus dem Mast fällt?“
Hoffentlich über die eigentlichen Probleme reden, u.a. den Abbau oder die politisch gewollte Ignorierung von Standards bzgl. körperlicher Leistungsfähigkeit.
Und ganz ohne Risiko kann es Ausbildung für ihrer Natur nach risikobehaftete Tätigkeiten ohnehin niemals geben. Natürlich ist jeder Unfall einer zuviel, aber selbst bei strengsten noch realistischen Sicherheitsbestimmungen gibt es immer noch ein Restrisiko, dass man nur um den Preis mangelnder Einsatznähe der Ausbildung und um den Preis von höheren Verlusten im Einsatz weiter reduzieren könnte. Über die Jahre gab es immer wieder Unfälle (auch nach den öffentlich so stark wahrgenommenen und von Aktionismus begleiteten Gorch-Fock-Unfällen) die nur von der Öffentlichkeit weniger zur Kenntnis genommen wurden.
Diesen auch bei Verbündeten vorhandenen Wahrnehmungsunterschied bei Verlusten haben übrigens auch militante Islamisten bemerkt, die z.B. im Südirak zeitweise gezielt versuchten, britische Soldatinnen gefangen zu nehmen, weil man sich von deren Enthauptung vor laufender Kamera besondere psychologische Wirkung versprach.
… und wieder das Wiegold Syndrom …
@ Frank
… und das waere gleich nochmal? Ich wuerde Ihren Kommentar gerne verstehen.
Wiegold Syndrom/Effekt = Immer wenn TW nicht da ist, passiert etwas von sicherheitspolitischer Relevanz.
Diesmal der Abschuß der türkischen Phantom durch die syrische Luftverteidigung.
oki
@JCR
Turkish plane may have been in Syrian airspace when shot down, says Turkish president Abdullah Gul
Turkey has conceded that the Turkish plane shot down by Syrian air defences may have crossed into the country’s airspace at the time.
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/syria/9350778/Turkish-plane-may-have-been-in-Syrian-airspace-when-shot-down-says-Turkish-president-Abdullah-Gul.html
Also kein Artikel 5 und wir können weiter das Wochenende genießen.
Och, ich hab das gestern abend schon mitgeplottet, wie man auf meinem Twitter-Stream sehen konnte ;-)
Aber in der Tat: Es war alles noch so vage und widersprüchlich, dass ich keinen Eintrag dazu gemacht hatte.
Aber da es hier sowieso OT wäre, habe ich einen neuen Thread dazu gestartet…