Der Blick von Greenpeace
Die Münchner Sicherheitskonferenz wandelt sich ja beständig, und zu den traditionellen Themen der so genannten harten Sicherheitspolitik sind längst andere wichtige Fragen hinzugekommen. Zum Beispiel Umwelt und Energie als entscheidende Faktoren von Sicherheit.
Deshalb ist es vermutlich nur folgerichtig, dass heute auf der Konferenz auch der Executive Direktor von Greenpeace, Kumi Naidoo, auftrat. Der nicht unbedingt neue, aber unter Sicherheitspolitikern eben selten diskutierte Aspekte einbrachte. Und zum Beispiel darauf verwies: Dafur was the first climate induced ressource war.
Naidoos Statement lohnt das Anhören:
Die Position von Greenpeace ist nicht seriös. Es geht offenbar in erster Linie darum, dem eigenen Aktivismus neue Aktionsfelder zu eröffnen. Solche Versuche von Aktivistenseite gibt es je nach vorherrschender Mode alle paar Jahre mit anderen Akzenten. Je nach Ausrichtung führt man alles Konfliktgeschehen auf einzelne Faktoren aus dem Aktionsfeld zurück, in dem man sich bewegt. In den 60ern waren es „Kolonialismus“ und „Kapitalismus“. In den 70ern waren „Überbevölkerung“ und „Grenzen des Wachstums“ in Mode. Vor ein paar Jahren waren es die Entwicklungshelfer, die hinter jedem bewaffneten Konflikt Faktoren aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit vermuteten und alle anderen Faktoren ausblendeten. Aktuelles Beispiel für Reste dieser Modeströmung sind Stimmen aus der Somaliadiskussion, denen zufolge Piraterie angeblich nur durch „Beseitigung sozialer Ursachen an Land“ bekämpft werden könne. In einem anderen politischen Lager waren Aktivisten sehr erfolgreich, die alles Geschehen auf mangelnde Verbreitung von Demokratie zurückführen, weshalb wir immer noch in Afghanistan sind. Wenn Greenpeace mit dieser Kampagne Erfolg hat: Vielleicht ordnet die Bundesregierung ja demnächst an die Heizung runterzudrehen, um über die CO2-Reduzierung die Taliban zu schwächen?
Selbst wen man aber bereit ist, wissenschaftliche Standards dem eigenen Aktivismus zu opfern und Korrelationen als Kausalzusammenhänge zu verkaufen, funktioniert der PR-Versuch von Greenpeace nicht: http://www.nature.com/news/2010/100906/full/news.2010.451.html
Das Thema wird uns aber dennoch einige Zeit begleiten, weil man mit dem Thema auf verschiedenen Forschungsgebieten gut öffentliche Gelder erschließen kann. Irgendwann wird dieses Modethema dann von einem abgelöst werden. Die bis heute in manchen Kreise populäre „Studie“ zu den „Grenzen des Wachstums“, die über Jahre die Diskussion prägte, wird heute übrigens in manchen Statistik-Grundseminaren als Beispiel dafür angeführt, wie man mit unsachgemäßem Umgang mit statistischen Modellen politische Manipulation betreiben kann.
Immerhin muß man der Münchener Sicherheitskonferenz Respekt dafür zollen, mit der Einladung von Greenpeace die nicht immer friedlichen Aktivisten erfolgreich ruhig gestellt zu haben, die die Konferenz sonst gerne stören. Die Mobilisierung gegen die Konferenz ist dieses Jahr so schwach wie selten zuvor.
@Orontes
Also, verehrter Orontes, „Modethemen“ rennen doch wohl auch die ach so konservativen Streitkräfte hinter her. „Vernetzte Sicherheit“ ist ein gutes Beispiel dafür … „Gerechte Verteilung“ würde mehr bewirken.
Gut das es Greenpeace gibt … denn saubere Umwelt und Frieden in der Welt wollen wir doch alle!
@Orontes:
Ihr Argument läßt sich zusammenfassen als „Wer einen Hammer hat, sieht überall Nägel“. Und das gilt auch für die Verfechter von robuster, zupackender Außen- und Sicherheitspolitik. TW nennt es schon richtig: es sind „selten diskutierte Aspekte“ – die die robusten Sicherheitspolitiker gern vernachlässigen, mit dem Hinweis darauf, dass das alles nicht konkret und wichtig genug ist, wenn erst die Fetzen fliegen.
Der verlinkte Nature-Artikel weist darauf hin, dass das Thema „hotly disputed“, heftig umstritten, sei – also nicht unbedingt ein Beleg für Ihren Standpunkt.
Ich bin, nebenbei, an den konkreten Statistik-Grundseminaren (Uni, Dozent?) interessiert, in denen „Grenzen des Wachstums“ als Beispiel für unsachgemäßen Umgang mit statistischen Methoden dient. (Das Nennen dieser Studie nebst Seminar-Argument in der Diskussion ist ein klassischer strawman, oder?)
Es ist sicherlich angebracht, Umweltfragen in der sicherheitspolitischen Diskussion nicht unberücksichtigt zu lassen. Aber davon abgesehen scheint mir das auch ein Modethema zu sein.
Vor ein paar Jahren ertönten im Blätterwald schrille Kassandrarufe, die Kriege der Zukunft würden im Nahen Osten und auch sonst um Wasser geführt. Ganz so ist es ja bisher nicht eingetreten, die kriegerischen Auseinandersetzungen drehten sich um andere Fragen.
Mit dem Themenkreis Darfur bin ich im einzelnen nicht so vertraut, aber ich denke, dass hier ethnische und vor allen Dingen religiöse Konflikte die Hauptrolle spielen.
Die Umschreibung „Wer einen Hammer hat, sieht überall Nägel” finde ich schön, sie ist anschaulicher als „monokausal“.
@Heiko Kamann
Ja, „vernetzte Sicherheit“ ist m.E. ein gutes Beispiel für eine strategische Modeerscheinung. Wie bei Moden in der Kleiderwelt hüllt man die eigene Konzeptlosigkeit stets eine Zeit lang in schicke Wortkostüme, bis unter der sich abnutzenden, fadenscheinig werdenden Hülle der dürftige Kern sichtbar wird und die nächste Mode gebraucht wird. Im Gegensatz zu den monokausalen Vorstellungen der Aktivisten war diese Mode aber so nebulös, das man praktischerweise alles in ihr unterbringen und alles mit ihr rechtfertigen konnte. Jeder wählt eben die Mode, die seinen institutionellen Interessen am besten passt.
Zum Thema „Grenzen des Wachstums“ und Manipulation durch Statistik: Das zugrundeliegende Modell beruht auf simpelster Extrapolation, die jegliche regulierenden Faktoren wie technischen Wandel und andere Faktoren ignoriert. Alle Prognosen des Modells lagen dementsprechend daneben und kamen dem realen Verlauf nicht einmal nahe. Mit dem Modell hätte man den bevorstehenden Zusammenbruch jedes beliebigen Systems prognostizieren können.
Die „Klimakrieg“-Methode von Greenpeace bestätigt sich auf ähnliche Weise stets von selbst: Irgendwo findet man immer eine Korrelation z.B. zwischen Wetter und Kampfhandlungen. Ich kann mit der Greenpeace-Methode auch den Afghanistan-Einsatz und fast jeden anderen bewaffneten Konflikt problemlos zu einem „Klimakrieg“ umkonstruieren. Mit Wissenschaft hätte das aber nichts zu tun.
@ Orontes
Sicherlich betreibt Greenpeace auch Werbung um Spenden einzunehmen um als Organisation wirksam zu bleiben. Dies ist jedoch kein Grund sich mit den vorgebrachten Argumenten nicht auseinanderzusetzen.
Wir im reichen Europa können uns schlecht vorstellen, dass Kriege um Wasser geführt werden, weil bei uns kommt es ja einfach aus der Leitung.
In Südspanien und Süditalien schaut dies schon etwas anders aus. Ganz gewiss anders ist es in den Ländern der Sahel-Zone. Insofern geht es im Dafur-Konflikt natürlich um Ressourcen, nämlich um Ackerboden und Wasser, letztendlich um Lebensgrundlagen. Die Kriege, die um Wasser geführt werden, sind nur nicht so spektakuär wie die Kriege, die um Öl geführt werden. Irak und Lybien ist eben sichtbarer, wie der Konflikt in Dafür, der Kaschmir-Konflikt der sich auch um die Wasserresourcen zwischen Indien un Pakistan dreht oder die Besetzung Tibets durch China um an die Oberläufe der Flüsse zu kommen. Israel setzt das Wasser des Jordans als strategische Waffe gehen die Palästinenser ein, indem sie es künstlich verknappen und selber im unanständigen Wasserüberfluss leben. Bhutan und Bangladesch streiten ums Wasser, die Türkei und Syrien, bzw. Irak um das Wasser des Euphrat. Lauter „low intensity“ Konflikte, die in der Zukunft aufgrund der demografischen Entwicklungen in Asien und Afrika zunehmend heftiger werden dürften.
Es gibt mit Sicherheit einmal ein Nach-Öl Zeitalter aber niemals ein Nach-Wasser Zeitalter !
Es ist „das“ zentrale Problem der Gegenwart und der Zukunft und Hand aufs Herz – wenn die Nato 2014 aus AFG abziehen wird, dann hat der Einsatz mit Sicherheit mehr als 20 Mrd Euro gekostet, mit welchem Ergebnis ?
Der Bürgerkrieg wird wieder beginnen, die Mrd Dollars und Euros der Entwicklungshilfe in AFG sind großenteils in der Korruption oder in der Entwicklungshilfeorganisation versickert und nur in einem kleineren Anteil im Land investiert worden.
Was hat uns dieser Einsatz dann gebracht ?
Das die Trainingscamps der Terroristen und die Madrassas, als geistige Brandstifter des islamischen Terrorismus, dann in Pakistan statt in AFG sind, also östlich der Durand-Linie in den FATAs statt westlich davon in AFG ?
War es das dann wert ?