Berufliche Unsicherheit und noch immer Munitionsmangel
Wenn der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hellmut Königshaus, am heutigen Vormittag seinen Tätigkeitsbericht vorlegt, sind viele der von ihm beklagten Mängel Dauerbrenner – bis hin zum Fehl an Übungs- und Gefechtsmunition. Hier schon mal die (vorab mit Sperrfrist 10.30 Uhr) veröffentlichte Mitteilung dazu:
Der vorliegende Bericht ist der 53. in der Reihe der Jahresberichte der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages. Er versteht sich als Teil einer kontinuierlichen Unterrichtung des Deutschen Bundestages, insbesondere des Verteidigungs- und des Haushaltsausschusses. Angesichts der gravierenden Veränderungen der Bundeswehr durch die eingeleitete Neuausrichtung richtet der Bericht den Blick auch nach vorne und spricht Herausforderungen an, die sich aus der Aussetzung der Wehrpflicht, der Verkleinerung der Streitkräfte und der Standortentscheidung ergeben.
Innere Lage der Streitkräfte
Die innere Lage der Streitkräfte ist grundsätzlich stabil. Ungeachtet dessen stößt man bei Soldatinnen und Soldaten fast aller Dienstgradgruppen in weiten Teilen auf eine schlechte Stimmung und eine tiefgreifende Verunsicherung, die vor dem Hintergrund der Neuausrichtung insbesondere mit der Ungewissheit über die eigene Zukunft zu tun hat. Dennoch ist noch immer eine hohe Leistungsbereitschaft und Motivation zu spüren.
Besonderes Augenmerk galt auch im vergangenen Jahr dem Thema Rechtsextremismus. Vorfälle dieser Art müssen von der Truppe als „Besonderes Vorkommnis“ (BV) gemeldet werden. Mit 63 gemeldeten BV war ihre Zahl im Berichtsjahr erneut rückläufig. Alle Vorgänge wurden nach hiesigen Erkenntnissen von der Truppe eingehend untersucht und geahndet. Bei den abschließend geklärten Fällen handelt es sich ausschließlich um sogenannte„Propagandadelikte“.
Einsparungen zulasten der Soldatinnen und Soldaten
Schwerpunkte des Berichts sind neben den allgemeinen Bedingungen des Dienstes in den Streitkräften die Einsätze und die damit verbundenen Fragen der Ausbildung und Ausrüstung, die Nachwuchsgewinnung, der Sanitätsdienst und die Versorgung Verwundeter, Traumatisierter und Hinterbliebener. Alle diese Bereiche berühren Fragen der Vereinbarkeit von Dienst und Familie und der Attraktivität des Dienstes. Die im Bericht aufgelisteten Defizite machen abermals deutlich, dass die Bundeswehr – zumindest nach Einschätzung großer Teile der Truppe – seit Jahren strukturell unterfinanziert ist und Einsparungen erfahrungsgemäß zulasten der Soldatinnen und Soldaten gehen.
Mit der Neuausrichtung ist auch das Standortkonzept überarbeitet worden. Die Chance, langfristig durch eine regionale Zusammenfassung von Verbänden und Schulen lange Anfahrtswege und Abwesenheiten von der Familie zu reduzieren, wurde dabei leider vertan. Deshalb bleibt es bei der sehr hohen Quote an Pendlern in der Bundeswehr. Etwa 70 Prozent der Soldatinnen und Soldaten pendeln mittlerweile zwischen ihrem Wohn- und Dienstort, viele von ihnen über mehrere hundert Kilometer. Dies bringt erhebliche Belastungen für die Betroffenen und ihre Angehörigen mit sich. Eine Folge dieser häufigen Abwesenheit von zu Hause sind zum Teil extrem hohe Trennungs- und Scheidungsraten – in einzelnen Bereichen liegen diese bei bis zu 80 Prozent. Zunehmend fällt es vielen Soldatinnen und Soldaten aufgrund der häufigen und langen Abwesenheit schwer, überhaupt ein soziales Umfeld aufzubauen. Das ist eine Entwicklung, die das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform gefährdet. Zur Verbesserung der Situation der Pendler sollen nach dem neuen Standortkonzept freiwerdende Liegenschaften als Pendlerunterkünfte genutzt werden. Bisher fehlen dafür aber Haushaltsmittel. Die für Baumaßnahmen im Haushalt vorgesehenen 785 Mio. Euro sind bereits anderweitig verplant, neue Baumaßnahmen können daher zunächst nicht in Angriff genommen werden.
Auch wenn die Zahl der Bewerber für den freiwilligen Dienst in den Streitkräften nach Angaben des Ministeriums derzeit noch ausreichend ist, die allgemeinen Rahmenbedingungen für den Dienst sind es nicht. Nach wie vor gibt es beispielsweise erhebliche Beförderungsstaus wegen fehlender Planstellen. Allein durch das angekündigte Reformbegleitgesetz werden diese Rahmenbedingungen bei weitem nicht ausreichend verbessert.
Sorgen bereitet weiterhin der Sanitätsdienst. Trotz Verbesserung der Nachwuchsgewinnung ist die Personallage nach wie vor unbefriedigend. Ohne Rückgriff auf private Ärzte und Einrichtungen könnten die freie Heilfürsorge und die Versorgung im Einsatz nicht gewährleistet werden. Das aber ist der Kernauftrag des Sanitätsdienstes.
Verbesserte Versorgung, aber Verfahren zu lang und kompliziert
Deutlich verbessert hat sich im Berichtsjahr die Versorgung der Soldatinnen und Soldaten. Mit dem Einsatzversorgungsverbesserungsgesetz hat der Gesetzgeber die Absicherung im Falle von Verwundung, Traumatisierung und Tod erheblich erweitert. Das haben die Soldatinnen und Soldaten mit großer Zustimmung und Genugtuung zur Kenntnis genommen. Massive Probleme gibt es allerdings bei der Geltendmachung von Ansprüchen. Die Verwaltungsverfahren bei Versorgungsfällen sind zu kompliziert, sie dauern zu lange und es müssen zu viele Stellen beteiligt werden. Hier ist dringend Abhilfe nötig. Die Betreuung und Versorgung Verwundeter und Traumatisierter muss zentralisiert werden und vom Dienstherrn aktiv und umfassend wahrgenommen werden. Ein Problem sind dabei die immer noch unzureichenden Behandlungskapazitäten, weil es zu wenig Psychologen und Psychiater in der Bundeswehr gibt. Die Zahl der Traumatisierten steigt dagegen nach wie vor an und hat im vergangenen Jahr mit 922 einen Höchststand erreicht.
Mehr geschützte Fahrzeuge, weniger Flugstunden, Munitionsmangel in der Ausbildung
Der Dienst in den Streitkräften wurde im Berichtsjahr einmal mehr von den Auslandseinsätzen bestimmt. Mit der Umsetzung des Partnering-Konzeptes in Afghanistan hat sich die Gefährdung der Soldatinnen und Soldaten verändert, geringer geworden ist sie nicht: Im vergangenen Jahr verloren sieben Soldaten im Einsatz ihr Leben, 63 Soldaten wurden verwundet, zum Teil schwer. Darunter waren 19 Soldaten, die bei den Zwischenfällen an der kosovarisch-serbischen Grenze verwundet wurden.
Angesichts der mit dem Einsatz verbundenen Risiken haben die Soldatinnen und Soldaten Anspruch auf die bestmögliche Ausbildung und Ausrüstung. Dies war im vergangenen Jahr unter anderem aufgrund von Mängeln in der Ausbildung leider nicht immer gewährleistet.
Während in Afghanistan im vergangenen Jahr deutlich mehr geschützte Fahrzeuge in den Einsatz gebracht und auch die Bewaffnung verbessert werden konnte, hat sich die Situation beim Lufttransport nochmals verschlechtert. Statt acht standen in Afghanistan nur noch sechs Hubschrauber des Typs CH-53 zur Verfügung. Die Zahl der Hubschrauberflugstunden im Einsatz musste von 1.600 auf 1.200 reduziert werden. Die Bergung von Verwundeten und die Luftnahunterstützung kann überhaupt nur durch die Verbündeten sichergestellt werden. Alarmierend war im Berichtsjahr ein in der Ausbildung aufgetretenes Fehl an Handfeuerwaffen und Übungs- sowie Gefechtsmunition für diese Waffen. Trotz „Poolbildung“ und „Engpassmanagement“ kam es zu nicht unerheblichen Einschränkungen der allgemeinen sowie der einsatzvorbereitenden Schießausbildung.
„Eine Folge dieser häufigen Abwesenheit von zu Hause sind zum Teil extrem hohe Trennungs- und Scheidungsraten – in einzelnen Bereichen liegen diese bei bis zu 80 Prozent.“
Das ist ja Wahnsinn. Wie will man bei solchen Verhältnissen brauchbaren Nachwuchs gewinnen und halten?
Hier ist der komplette Bericht:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/084/1708400.pdf
Und-wie in jedem Jahr-muss man auch hier wieder fragen:
Wen interessiert dieser Bericht?
Die Soldaten interessieren sich brennend dafür-vor allem, weil sie dort endlich einmal das Gefühl bekommen, das man ihnen zuhört (auch, wenn der Wehrbeauftragtenbericht nichts ändern kann).
Den (meisten) Politikern ist der Bericht noch nicht einmal wert, ihn überhaupt zu lesen….
@Huey: Würde ich so nicht sagen.
Spätestens morgen wird wieder die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ gefordert. Mit Vehemenz.
Leider wird es damit auch wieder aufhören….
„Wir hofften auf das Beste, aber es kam wie immer“. U.a. Pjotr Kropotkin
„Zur Erfüllung der dem Wehrbeauftragten übertragenen Aufgaben hat er nach dem Gesetz ein umfassendes Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht gegenüber dem Bundesminister der Verteidigung und allen ihm unterstellten Dienststellen und Personen. Über die Tragweite dieses Rechts gab es im Verlauf des Berichtsjahres zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und mir unterschiedliche Auffassungen. Erfreulicherweise konnten diese Differenzen zwischenzeitlich“
„Wo Fehlverhalten auftrat, taten sich manche Vorgesetzte schwer, dies einzugestehen, Konsequenzen in dem gebotenen Umfang zu ziehen und die Gefahren zu erkennen, die sich aus schwindendem Vertrauen der ihnen unterstellten Soldaten ergeben.“
„In zahlreichen Stellungnahmen sahen sich höhere Disziplinarvorgesetzte dazu veranlasst, bei erheblichen Dienstpflichtverletzungen die im nachgeordneten Bereich durchgeführten Ermittlungen und getroffenen Maßnahmen als unzureichend zu rügen. In den beanstandeten Fällen wurden förmliche Ermittlungen weder gemäß den Vorgaben der Wehrdisziplinarordnung durchgeführt, noch wurden Förmlichkeiten beachtet, bisweilen wurde überhaupt nicht ermittelt. Disziplinar wurde oftmals auch dann nicht eingeschritten, wenn es zwingend geboten gewesen wäre.“
„Im Rahmen der eingeleiteten Überprüfung wurden Unsicherheiten und Defizite in der konkreten Anwendung von Einsatzregeln sichtbar. Zudem war eine zu geringe Akzeptanz der Regeln zu konstatieren. Beteiligten vor Ort wurde die Verbesserung der Handlungssicherheit durch Nachschulungen angeboten.“
hajo…der Fisch fängt immer vom Kopf her an zu stinken… und damit ist die Frage, wen der Bericht eigentlich interessiert doch eher nebensächlich, da eben jene, die er interessiert, regelmässig nicht die sind, die es ändern könnten.
Geht man dann noch vom Prinzip „Führen durch Vorbild aus“, dann muss man sich wohl kaum wundern, warum man ist, wo man ist.
„Disziplinar wurde oftmals auch dann nicht eingeschritten, wenn es zwingend geboten gewesen wäre.“
Tja, und da fangen meine Probleme mit der Selbstauffassung des Wehrbeauftragten von seiner eigenen Aufgabe an!
Wer ist er, dass er sich über das gesetzlich geschützte Recht des Disziplinarvorgesetzten erhebt ALLEINE und ohne Beeinflussung von aussen in diesen Fragen entscheiden zu können?
@Koffer:
Ich verstehe Deinen Punkt. Der trifft leider nicht genau, denn es handelt sich bei den vom Wehrbeauftragten genannten (und später ja auch entsprechend aufbereiteten) Geschehnissen um Verfehlungen, bei denen eine Abgabe an die StA erforderlich gewesen wäre.
@Koffer: Ist das nicht gerade der Kernauftrag des Wehrbeauftragten? Wenn Disziplinarvorgesetzte in Ausübung ihrer Disziplinargewalt gegen die Grundsätze der Inneren Führung verstoßen, ist dies wohl eine Angelegenheit, die das Hilfsorgan des Deutschen Bundestages bei der parlamentarischen Kontrolle, oder?
@Koffer: der Disziplinarvorgesetzte ist zwar prinzipiell frei in seienr entscheidung, aber die Dienstpflichten sind nunmal in den Vorschriften und Gesetzen festgelegt und ggf. auch verbindlich abgabepflichtig, sofern der Rechtsberater nicht wegen irgendwelcher Gründe darauf verzichtet… solche Sachen muss man in der Regel in jedem Fall erstmal abprüfen und das heisst ermitteln.
Ihre These hat ausserdem einen Schwerwiegenden Fehler…der Disziplinarvorgesetzte ist nicht gänzlich allein in seienr Entscheidung, denn sonst gäbe es nicht die Möglichkeit Disziplinarmaßnahmen im nachhinein aufheben zu lassen. Er unterliegt damit einer Kontrolle und nur wenn erim Prinzip garnichts macht, greift eben jene nicht. Wenn dann der nächsthöhere Disziplinarvorgsetzte zu dem Schluß käme, dass der Disziplinarvorgesetzte damit seine Pflichten verletzt hat, könnte er ihn ebenso maßregeln.
Genau deswegen kann man sich unter anderem gegen Disziplinarmaßnahmen auch beschweren.
@paramedic
Eine Abgabe an die Staatsanwaltschaft ist eine genauso eine Entscheidung des Disziplinarvorgesetzten wie die Höhe des Disziplinarmaßes. Wenn ein geschädigter/ betroffener Soldat seinen Schädiger selbst anzeigen will, dann ist das seine Sache und kann ihm auch nicht durch den Chef verboten werden. Aber es ist nicht Aufgabe des Wehrbeauftragten im fernen Berlin über eine Abwägungsentscheidung eines Kompaniechefs in einer dizisplinaren Frage zu urteilen.
@tom_weinreich
In der Tat ist die Aufgabe des Wehrbeauftragten genau das was Sie schildern: als Hilfsorgan des BT die Innere Führung zu überwachen.
Wenn Sie es so wollen, der BT hat damals den Wehrbeauftragten geschaffen um dem Schleifertum und möglichen Militärcoups vorzubeugen.
Aber in den letzten Jahrzehnten hat sich der Wehrbeauftragte immer mehr zu einer „Superrevisionsinstanz“ gewandelt.
Das widerspricht Wortlaut und Geist des GG und des ausführenden Gesetzes.
Als ein mutiger DivKdr dies vor einigen Jahren mal anbrachte und dem Wehrbeauftragten mitteilte, das ihn die Frage in die er sich konkret gerade einmischen würde nichts angehen würde, ist das BMVg leider eingeknickt und hat den gesamten Dienstbetrieb und damit ALLES zu Fragen der Inneren Führung erhoben.
Ich hatte die Freude den 1. Beamten des Wehrbeauftragten (immerhin B8 oder B9 besoldet glaube ich) auf diese Frage mal anzusprechen und nach einigem Winden und Ausreden, hat er zugegeben, dass man sich vom Wortlaut und Geist des Gesetzes weit entfernt habe, aber dies sei in der Zwischenzeit „weit geübte Praxis“ und außerdem „zum Wohle der Soldaten“.
Nun hat er in beiden Fällen ja recht, aber dann muss halt das Gesetz geändert werden. Eine Aufgabenerweiterung am Gesetz vorbei kommt einem Beamten (genausowenig wie uns Soldaten) einfach nicht zu.
@V
Aus guten Gründen können höhere Vorgesetzte Disizplinarmaßnahmen nur herabsetzen, aber NIEMALS verschärfen. Das geht sie einfach nichts an!
@all
Ergänzend dazu das Interview mit dem Wehrbeauftragten in der Welt
http://www.welt.de/politik/deutschland/article13831992/Gorch-Fock-Vorgang-fuellt-mehr-als-acht-Leitz-Ordner.html
Tss, tss, warum muß er wohl in Sachen „Gorch Fock“ nochmal so nachtreten?
@thetis:
Wo tritt er denn nach? Er wird danach gefragt und sagt kurz und sachlich, dass er nicht falsch gehandelt/bewertet hat, dass die Sache für ihn weitestgehend abgeschlossen ist, dass die militärische Führung den Vorgang sogar noch kritischer sieht als er. Und natürlich, dass er die Umsetzung der Maßnahmen im Auge behält – also seinen Job macht.
Ich sehe kein Nachtreten!
Sie haben ja Recht, ich habe nicht die Wahrnehmung eines unbefangenen Lesers.
Wo kommt denn der mun Mangel her? ich denke es wurde nachgekauft? MEN scheint doch alles in allen erdenklichen Mengen zu produzieren. Fehlt schlicht wieder Geld?
@Koffer: Die Entscheidung über die Abgabe an die Staatsanwaltschaft ist dem Disziplinarvorgesetzten nicht gänzlich freigestellt.
Im „Abageberlaß“ ist dies ganz genau gergegelt. Dort ist auch festgelegt, was nach sorgfältiger Abwägung nicht abgegeben werden muss.
@ME
„Im “Abageberlaß” ist dies ganz genau gergegelt. Dort ist auch festgelegt, was nach sorgfältiger Abwägung nicht abgegeben werden muss.“
1. Natürlich ist mir der Abgabeerlass bekannt.
2. Rechtlich gesehen habe ich damit durchaus meine Probleme.
3. Unabhängig davon, hat dieses rechtliche Detail, aber gar nichts mit der hier diskutierten Frage zu tun! Es ist nämlich so oder so keine Angelegenheit, die den Wehrbeauftragten betrifft.
Wenn es eine Frage ist in der der KpChef einen Ermessensspielraum hat (Nötigung eines gleichgestellten Kameraden), dann ist es sein gutes Recht dieses Ermessens auszuüben. Das geht den Wehrbeauftragten gar nichts an. Wenn ein „geschädigter“ Soldat dann Strafantrag oder eine Strafanzeige stellen will ist das wiederum das Recht dieses Betroffenen.
Wenn es eine Anlage 2 Straftat ist (z.B EA im Erstfall), dann stellt der KpChef das Einvernehmen mit dem DivKdr. Auch dies geht den Wehrbeauftragten gar nichts an.
Und bei einer Anlage 1 Straftat (z.B. besonders schwerer Fall der Misshandlung eines Untergebenen) MUSS der KpChef abgeben. Auch diese Frage geht den Wehrbeauftragten nichts an.
Also nochmals: Warum mischt sich jemand in eine Frage ein, der per Gesetz als Hilfsorgan des BT eingesetzt wurde um gegen Schleifertum und Militärputsche zu wirken?!
Der WBdBT wird durch u.a. aufgrund des in der ZDv 10/13 (http://pingwins.ucoz.de/_ld/0/18_ZDv10_013.pdf , ggf. veraltet) enthaltenen Verteilers von Besonderen Vorkommnissen unterrichtet. „Einmischen“ würde ich das nicht nennen.
Weiterhin:
§1 Abs. 3 WBeauftrG:
„Der Wehrbeauftragte wird nach pflichtgemäßem Ermessen auf Grund eigener Entscheidung tätig, wenn ihm bei Wahrnehmung seines Rechts aus § 3 Nr. 4, durch Mitteilung von Mitgliedern des Bundestages, durch Eingaben nach § 7 oder auf andere Weise Umstände bekannt werden, die auf eine Verletzung der Grundrechte der Soldaten oder der Grundsätze der Inneren Führung schließen lassen. Ein Tätigwerden des Wehrbeauftragten nach Satz 1 unterbleibt, soweit der Verteidigungsausschuss den Vorgang zum Gegenstand seiner eigenen Beratung gemacht hat.“
Stichworte „in eigener Entscheidung, auf andere Weise, Verletzung Grundrechte“. Letzteres kann einiges bedeuten.
@Thomsen
Das ist doch genau das was ich meine!
Der Wehrbeauftragte hat zwei klare und eindeutige Aufgaben: 1. Schutz der Grundrechte der Soldaten/ Grundsätze der Inneren Führung und 2. Ustg des BT bei der parlamentarischen Kontrolle.
Also mal im Landserdeutsch: Gegen das Schleifertum und Militärputsche.
Die Frage ob und wie ein KpChef seine Befugnisse ausübt ist nicht umsonst gesetzlich unter Schutz gestellt.
Das geht den Wehrbeauftragten schlichtweg im Normalfall nichts an. Natürlich sind auch Situationen denkbar, wo die Grundsätze (!) der Inneren Führung oder Grundrechte von Soldaten gefährdet sind (denn um Militärputsche ging es im vorliegenden Fall ja vermutlich nicht ;) ), aber im Regelfall fällt das nicht in seinen Bereich.
Und ganz konkret: Wenn ein KpChef entscheidet von seinem Recht Gebrauch zu machen ein Dienstvergehen NICHT an die Staatsanwaltschaft zu melden, dann hat er (wie von ME ja bereits angemerkt, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Abgabeerlasses) hierzu jedes Recht.
Und wenn ein „geschädigter“ Soldat unabhängig davon Strafanzeige/Strafantrag stellen möchte, dann hat dieser Soldat auch hierzu jedes Recht.
Aber was hat das mit dem Wehrbeauftragten zu tun?
Ich wollte nur deutlich machen, dass die Freiheit des Disziplinarvorgesetzten nunmal nicht unendlich ist.
Und bedeutet die Freiheit des Diszpilniarvorgesetzten nicht viel mehr, dass er, sofern er korrekt ermittelt hat und in der Entscheidung ist, ob und wie er ahndet, dann zu diesem Zeitpunkt entscheiden kann, was er – aus nachvollziehbaren Gründen – dann tut?
Bemängelt wird doch hier vielmehr, dass die Entscheidungen oftmals eben nicht nachvollziehbar sind. Sei es, dass gar nicht erst ermittelt wurde oder am Ende eine in keinem Verhältnis zum begangenen Dienstvergehen stehende Entscheidung steht.
Ich sehe das „Einmischen“ hier als berechtigt an, da es für mich schon die Grundsätze der Inneren Führung verletzt, wenn…
– Disziplinarrecht bei höheren Dienstgraden milder oder nicht angewendet wird
– Fehler im Verfahren begangen werden
– Entscheidungen absolut unverhältnismäßig sind
Im Gegenzug hat der Wehrbeauftragte in vergangenen Jahren auch bemängelt, wenn Vorgesetzte durch das Befehlen von festen Beträgen für bestimmte Vergehen (Kistenschuß – 500 Euro als Bsp) nun wirklich den Disziplinarvorgesetzten in seinen Rechten beschnitten haben.
@ME
„Und bedeutet die Freiheit des Diszpilniarvorgesetzten nicht viel mehr, dass er, sofern er korrekt ermittelt hat und in der Entscheidung ist, ob und wie er ahndet, dann zu diesem Zeitpunkt entscheiden kann, was er – aus nachvollziehbaren Gründen – dann tut?“
Da haben Sie natürlich recht.
Ich habe immer nur Bauchschmerzen, wenn sich in solchen Fragen der Wehrbeauftragte „einbringt“.
Denn das ganz praktische Problem ist doch, dass auf junge und unerfahrene KpChefs ein immenser Druck aufgebaut wird, sobald eine Eingabe läuft. Alle Zwischenebenen laufen Amok und der Chef (der ja auch eine Million andere Dinge zu tun hat), muß plötzlich minutiös und auf dem Niveau eines Staatsanwaltes ermitteln.
Aber gerade hierfür war die WDO ja niemals gemacht. Mein Rechtslehrer an der OSH sagte mal, die WDO sei in den 50er kriegstauglich konzipiert worden. Im Notfall könne man alles was die WDO betreffen würde auch auf einem Meldeblockzettel im Schützengraben machen…
Und genau diese Einfachheit kommt halt völlig in eine Schieflache, sobald der Wehrbeauftragte im Spiel ist.
So gut das ist, wenn wirklich ernste Vorgänge zu prüfen sind, so ärgerlich ist es, wenn einfache Vorgänge plötzlich unglaublich aufgebauscht werden…
Heute, 27.01.2012 bekomme ich an meinem Wohnort Post von der Wehrbereichsverwaltung gesendet mit der Deutschen Post. Auf dem Umschlag steht „PERSÖNLICH! PERSONALANGELEGENHEIT!“.
Inhalt: Meine Bezügeabrechnung für Februar 2012.
Im Adressfeld der Abrechnung steht dann mein Name und als Einheit, „Aufgelöste Organisationseinheit“ !!!
Dabei war ich heute von 06:11h bis 13:12h (Zeiterfassung) in einem/meinem Büro einer Militärischen Anlage!
Habe ich etwas verpasst??? Der Frust steigt mit solchen Aktionen jeden Tag etwas mehr!
@Berufssoldat
Ja und? Wenn man wegen solcher, witziger Kleinigkeiten schon Frust hat, dann frage ich mich was passiert, wenn es knallt…
Das ist ja fast schon wir die „Empörung“ der Presse als neulich Kinder fälschlicherweise ein Werbeanschreiben der Bw bekommen haben.
So etwas passiert halt. Ich meine mich zu erinnern, dass sogar der Vater des heutigen IBuK nach seiner Pensionierung eine V-Einplanung als Feldkoch erhalten hat ;)