RC N Watch: Schluss mit dieser Art von Polizei?
Die vor allem von den USA angeschobenen Programme für örtliche Polizeikräfte und Milizen im Norden Afghanistans scheinen nun erst mal gestoppt zu werden. Nach den örtlichen Medien sind jetzt auch Wall Street Journal und New York Times darauf eingestiegen: Die so genannten CIP (Critical Infrastructure Protection)-Kräfte, die gegenüber der Bevölkerung mehr Teil des Problems als Teil der Lösung sind und waren, sollen so nicht weiter arbeiten können.
Das klänge alles ganz gut, wenn man die Ankündigung der Regierung in Kabul wirklich Ernst nehmen könnte. Denn es klingt wie eine Posse : Präsident Hamid Karzai, so heißt es, habe von der Existenz dieser – immerhin von den USA initiierten und finanzierten – CIP-Kräfte erst durch die Frage in einem Interview des Spiegels erfahren – der auch einen ausführlichen Bericht über das Machtspiel im Norden hatte:
SPIEGEL: In the last two years, private militias have popped up in many parts of the country in order to provide local security against the Taliban. Recently, reports have increased that these militias are terrorizing locals.
Karzai: All of these militias are illegal. Anything which is outside the purview of the Interior Ministry is illegal and has to be removed from the country. We will go after them.
SPIEGEL: And yet many of these militias have been set up with the support of ISAF, for example the one known as CIPP which is to protect infrastructure.
Karzai: What is that? (Karzai interrupts the interview to call for his security advisor, Rangin Dadfar Spanta.)
SPIEGEL: Many of the militias are, for example, protected by US Special Forces. Afghan courts have said they are powerless to pass judgement on the crimes they might commit.
Karzai: There you see where the problem is. We have been telling the Americans they have to stop doing this. Any force not under the command of the Interior Ministry or the Ministry of Defense has to go away. If there are foreign forces, it is a breach of Afghan sovereignty. This is a very important point of the tensions we have with the Americans.
Na dann. Das lässt Verheißungsvolles erwarten.
Nachtrag: Offiziell ist das bei der NATO noch nicht angekommen. Das Programm werde zwar überprüft, eine Bitte, es zu beenden, gebe es aber nicht, zitiert die Agentur Reuters eine ISAF-Sprecherin.
Kann es sein, dass der „Bürgermeister von Kabul“ nicht wirklich mitbekommt, was in Teilen des Landes tatsächlich abgeht?
Für mich ist jedenfalls Fakt, dass Afghanistan Lichtjahre von dem entfernt ist, was man klassisch als „Souveränität“ bezeichnet!
Da sieht man wieder, wie realitätsfern Herr Karzai ist. Ihm ist das Problem aus Unkenntnis nicht bekannt und dann dreht er es exakt um. Die US-Spezialkräfte sind in diesem Fall nicht das Problem sondern Teil der Lösung.
Diejenigen Kräfte, die von US SF gepartnert und ausgebildet werden, sind tatsächlich lokale Freiwillige, einigermaßen gut ausgebildet und in die Bevölkerung eingebettet. Leider gibt es nicht genug US SF, um das überall zu machen. Das Problem sind diejenigen ALP, LSF, CIP, etc., die nicht ausgebildet werden und von den AFG geführt und bezahlt werden. Genau das passiert nämlich nicht: Die AFG Polizei bildet sie nicht aus, rüstet sie nicht aus, führt sie nicht und bezahlt sie auch nicht! Weil das Ministerium in KABUL die Gelder nicht frei gibt. Ergebnis: Die Freiwilligen aus der Bevölkerung gehen nach Hause und die privaten Milizen lokaler Machthaber bleiben, weil sie von jemand anderem ausgerüstet, geführt und bezahlt werden, als ALP aber legitimiert sind. Und die plündern dann die Bevölkerung mit angeblicher Legitimität aus. Die Polizei interessiert das nicht und die Gerichte können gegen den Einfluss der lokalen Machthaber nichts machen können, wollen es aber nicht zugeben und schieben es auf die ISAF. Die ISAF steht daneben und kann nichts tun, weil das Programm afghan-lead ist und eben keine eigenen SF dabei sind.
Aber ich höre schon unsere Oppositionspolitiker sich über die SF herkriegen, wie böse sie doch sind und die armen AFG unterdürcken. Und ein Glück, dass unser KSK das nicht darf…
Herzlichen Glückwunsch an den SPIEGEL; durch unkommentierte Darstellung einer einseitigen, fachlich falschen und politisierten Meinung wurde erneut zur Realitätsferne der derutschen Öffentlichkeit beigetragen.