US-General nach Kritik an Karzai gefeuert
Das ging fix: Erst am (gestrigen) 3. November hatte der US-Generalmajor Peter Fuller, stellvertretender Kommandeur der NATO-Ausbildungsmission in Afghanistan, Kritik am Verhalten afghanischer Regierungsmitglieder und auch an Präsident Hamid Karzai geübt. Noch nicht mal einen Tag später reagierte der ISAF-Kommandeur, US-General John Allen: Fuller wurde von seinen Aufgaben entbunden. Diese unglücklichen Kommentare spiegeln nicht unsere stabile Beziehung zur Regierung von Afghanistan wieder, zu ihrer Führung, oder zu unserem gemeinsamen Bekenntnis, hier in Afghanistan Erfolg zu haben.
Und was hatte Fuller – übrigens bei einem Heimatbesuch – so schlimmes gesagt? Im Gespräch mit dem Online-Magazin Politico hatte er beklagt, die afghanische Regierung sei fern der Realität – unter anderem mit ihren Wünschen nach Waffen- und Ausrüstungshilfe. Ohne anzuerkennen, was die USA ihnen schon alles an Hilfe geboten hätten.
(Foto: U.S. Army/NATO Training Mission Afghanistan)
Es hat sich also nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch bei den Amerikanern NICHTS verändert..
Jeder, der „die Wahrheit“ sagt (bzw. Tatsachen ausspricht, die nicht „politisch opportun“ sind), wird „mundtot“ gemacht…
Das gab es schon im Mittelalter…..die Menschheit entwickelt sich also nicht immer auch wirklich weiter…
„You can teach a man how to fish, or you can give them a fish,“ Fuller was quoted as saying. „We’re giving them fish while they’re learning, and they want more fish! (They say,) ‚I like swordfish, how come you’re giving me cod?‘ Guess what? Cod’s on the menu today.“ [By L. C. BALDOR – Associated Press]
Besteht offentsichlich eine Diskrepanz zwischen dem rauhen, sarkastischen Ton in der Army und der feinen, ausdifferenzierten Tonalität der Politik? – das Führungspersonen nach unangebrachten Aussagen entlassen oder ihres speziellen Amtes enthoben werden, stellt sich für uns als (aufs Militärische bezogen) unangemessen dar.
Interessant ist/wäre wohl zu erfahren, was im Hintergrund passiert ist und ferner muss die Wahl des Mediums hier erneut genau betrachtet werden. Es gibt doch durchaus Parallelen zur Causa McChrystal.
muss die Wahl des Mediums hier erneut genau betrachtet werden.
McChrystal hatte dem Rolling Stone Interview zugestimmt wohl wissend das das Magazin gerne mal Skandale aufdeckt. Fuller hat Politico, übrigens politisch auf einer anderen Seite als Rolling Stone, ebenso freiwillig das Interview gegeben.
Das man als Soldat, wie auch in anderen Berufen, in solch hohen Positionen nicht alles sagen darf was man denkt ist doch normal. Wenn man dennoch meint das machen zu müssen dann bitte „off the record“. Wer zu blöd ist sich daran zu halten der gehört n.m.M. zurecht gefeuert.
Sie missverstehen mich. Der Gedanke (war es in diesem Forum?) der damals schon kommuniziert wurde und der nachwievor Gültigkeit bestitzt, da nicht wirklich schlüssig widerlegt, ist:
Fuller nun, als auch McChrystal damals, wählten diesen Weg, um aufrecht aus einer gänzlich hoffnungslosen Sache herauszukommen.
Sie sind beide echte Army-Gewächse, McChrystal mehr als Fuller, die nicht das Politische wollen (wollten), es aber bekamen. Solch eine ‚Berufung‘ kann durchaus das Karriereende (im Sinne des Erfahrenden) bedeuten, unabhängig, ob Erfolg oder Misserfolg mit der Mission verbunden wird.
Keine der beiden war wohl so naiv zu glauben, dass wirklich unangebrachte Aussagen ohne jegliche Konsequenzen blieben.
Das ist die versteckte Nachricht, die wirklich von Interesse ist. Es wird doch auch hier ständig daraufhingewiesen, dass nur die politisch-korrekten Goldränder sich in die ‚Talkshows‘ begeben, der Hauptmann, Hauptfeldwebel micht echter Sicht der Dinge hingegen nicht. Wenn man die Zeichen lesen will. Wir haben Teilerfolge aber die Gesamtmission wird scheitern – es will nur keiner hören.
Im Endeffekt bestätigt Fuller nur das, was der britische Botschafter einem franzözischen Gesandten bereits 2007 erklärt hat.
Der Krieg in AFG ist militärisch nicht zu gewinnen. Die Regierung Karzai ist unfähig das Land auf Dauer politisch zu stabilisieren und zu korrupt um eine Autorität im Lande darzustellen. Es wird nur eine Frage der Zeit und des Preises sein, wann die Taliban wieder mit am Kabinettstisch sitzen werden. Als ferngesteuerte Vasallen von Pakistan, die sich ihren Hinterhof vom indischen Einfluss frei halten wollen.
Ja, wegen zu großer Realitätsnähe haben auch schon Generalfeldmarschall Rommel und Oberst Graf Schenk zu Stauffenberg abtreten müssen. Damals allerdings mit noch drastischeren Konsequenzen.
@ b
Gen Fuller ist sicher nicht „zu bloed“ zu erkennen, wem er welche Interviews gibt und welche Konsequenzen daraus entstehen koennten.
Warum eigentlich darf man ab gewissen Positionen nicht mehr alles sagen?
Ist das wirklich so schlimm, sofern das, was man sagt, die Wahrheit ist und eine reale Lage wiedergibt, vor der andere „Entscheidungstraeger“ die Augen verschliessen und sie ueber-diplomatisch verklausulieren? Klar, es mag Grenzfaelle geben und dann ist Schweigen 100%ig Gold.
Wenn dieses nichtssagende Verklausulieren wenigstens dann immer zielfuehrend waere, ok, dann will ich mal nichts mehr schreiben.
Doch so richtig vermag ich nicht zu erkennen, dass sich das Konzept „Nicht alles sagen, was man denkt“ bewaehrt hat. Dann doch lieber Rueckgrat beweisen, eigene Meinungen artikulieren und fuer sie einstehen..
Bei b muß es sich ja wohl um einen Generalstabsoffizier handeln, oder aber um einen Beamten des Ministeriums…. so schlecht der Komentar, da kotze ich ja gleich….General Fuller sagt wenigstens etwas, und schweigt nicht wie der Großteil unserer Führung!!!!
@michel d
Wäre nett, wenn so ein Ton hier nicht zur Gewohnheit würde. Persönliche Angriffe sind nicht nötig.
Warum eigentlich darf man ab gewissen Positionen nicht mehr alles sagen?
Weil es das Primat der Politik gibt und Fuller mit seinen Äußerungen die Grenzen zur Politik eindeutig überschritten hat. Das steht ihm nicht zu. Als Manager in der freien Wirtschaft steht es mir auch nicht zu an der Geschäftsleitung vorbei mal eben vor der Presse über Kunden, Lieferanten oder auch nur den Wettbewerb zu lästern.
Zum Hintergrund:
Es findet in den nächsten Wochen eine große Jirga statt die u.a. darüber entscheiden soll ob und unter welchen Bedingungen U.S. Truppen nach 2014 in Afghanistan bleiben sollen. Karzei wird die Jirga natürlich manipulieren. Fuller hat mit seinen Äußerungen die Chancen für einen, aus U.S. Sicht, positiven Ausgang erheblich gesenkt.
Zur Jirga siehe Thomas Ruttig: The upcoming jirga: an agenda with possible backdoors
@ b
Wenn Politiker durch ihre Politik integer, vernuenftig und offen und nachvollziehbar sinnvolle, zielfuehrende Entscheidungen herbeifuehren oder Prozesse in Gang setzen, die jeder „normal“ denkende Mensch verstehen und auch ueberwiegend mit ihnen einverstanden sein kann, dann gilt das beruehmte und sehr maechtige Wort vom „Primat der Politik“ ohne Zweifel.
Ist das aber nicht der Fall, verliert das Primat einen Teil seiner – wichtigen, notwendigen – Berechtigung und aehnelt einer Phrase. Phrasen aber sind zumeist nutzlos und sollten durch Wahrheiten und Aufrichtigkeit ersetzt werden. Egal, von wem diese kommen.
Es gibt allerdings auch Grenzen, da stimme ich Ihnen zu, zaehle aber Gen Fuller nach wie vor nicht dazu.
@ micheld
Wen bitte meinen Sie mit „Führung“? Im Bezug zu AFG fallen mir aus deutscher Sicht nur der Bundestag und die Bundesregierung ein; natürlich auch das AA als führendes Ministerium für den AFG Einsatz … die Soldaten der Bundeswehr sind „Ausführende“ … da besteht schon ein Unterschied.
PS: Ich bin (auch) kein Generalstabsoffizier oder angehöriger irgendeines Ministeriums