„Die Lage ist explosiv“ (mit Updates)
Noch gibt es keine aktuellen Nachrichten aus dem Kosovo – vor allem dazu, wie sich die Lage angesichts der angekündigten Übernahme der Grenzübergänge zu Serbien durch EULEX und kosovarische Zöllner entwickelt.
Als Nachtrag zur vergangenen Nacht noch aus New York von der Sitzung des UN-Sicherheitsrats, laut AFP:
Edmond Mulet, UN assistant secretary general for peacekeeping, gave the Security Council details of the new border tensions.
„Today we were informed that at 9:00 pm local time (Thursday night) gate one was closed by KFOR due to approximately 100 Kosovo Serbs gathered there,“ Mulet said, referring to Jarinje.
„Although not officially closed, gate 31 has been sealed off by a Kosovo Serb-owned truck completely blocking the road,“ he added.
Im Laufe des Tages wird es sicherlich weitere Informationen geben, bis dahin empfehle ich den Bericht des Kollegen Lorenz Hemicker über seinen Besuch beim – überwiegend von der Bundeswehr gestellten – Bataillon der Eingreifreserve:
Die Updates hier mal so, wie die Meldungen einlaufen:
Reuters: Kosovo, EU deploy customs, police in restive North (noch ohne Auswirkungen)
Die serbischen Agenturen Beta und Tanjug via B92:
EULEX transport helicopters carrying EULEX customs and police officers landed at the Jarinje and Brnjak crossings around 8:20 CET on Friday. German KFOR troops told reporters at the Jarinje checkpoint that only EULEX officers had been deployed and that Kosovo customs and border police officers were not among them.
Reuters-update: ... but there were no incidents.
Weitere aktuelle Fotos von der Grenze bei Tanjug.
Radio Free Europe zeigt ein unkommentiertes Video von der Grenze, ein weiteres, aus ähnlicher Perspektive augenommen und mit mehr Bildern deutscher Soldaten, gibt es vom Balkan Investigative Reporting Network auf YouTube. (Letzteres binde ich hier jetzt ein, weil da die Rechtelage weniger problematisch ist.)
Der FAZ-Kollege Stephan Löwenstein verweist darauf, dass die Bundeswehr zwei Pionierpanzer in den Kosovo verlegt (hat), geplant ist außerdem die Verlegung von Wasserwerfern.
Am Freitagnachmittag schien die Lage nach den vorliegenden Meldungen ruhig – ob das so bleibt, wagt niemand vorherzusagen.
Die International Crisis Group macht Vorschläge zur langfristigen Entschärfung der Situation.
Interessante Sichtweise der Wirtschafts-Nachrichtenagentur Bloomberg: Kosovo Lifts Trade Embargo on Serbian Products as Tensions Ease
Klar ist, dass neben den Offiziellen der EU-Mission EULEX auch kosovarische Beamte an den Grenzübergängen anwesend sind. Was das bedeutet, wird unterschiedlich bewertet: Nur das EULEX-Personal habe an der Grenze operative Aufgaben, zitiert die serbische Agentur Tanjug den EU-Sprecher. EULEX habe bestätigt, dass kosovarische Zöllner, sowohl albanisch- als auch serbischstämmig, an den Grenzübergängen anwesend seien, betont die albanisch-kosovarische Presse. De facto sind die beiden umstrittenen Übergänge Jarinje und Brnjak heute nur von symbolischer Bedeutung – der wieder aufgenommene Warenverkehr läuft über einen ganz anderen Grenübergang.
Eine Zusammenfassung des (zumindest bis zum späten Nachmittag) ruhigen Tages bei BalkanInsight: Kosovo Serbs Hold Fire Over Border Takeover
„Heiliger Krieg“ in der serbischen Version:
In a worrying sign of mounting tensions, the head of the Serb Orthodox Church, Patriarch Irinej, called upon Serbs to stay on and sacrifice themselves for Kosovo.
„If you are in a situation to shed blood, know why you are doing this. It is not in vain,“ Irinej told Serb faithful in the Serb-run part of the ethnically split town of Mitrovica. „It is sacred martyrdom in defense of the holy land. Stay and fight on this holy land for you will not find a better one.“
(Quelle:AP)
@Prediger
Link? (finde diese AP-Meldung derzeit nicht – oder ist sie schon älter?)
http://www.cbsatlanta.com/story/15475649/nato-chief-urges-kosovo-serbia-for-restraint
Die Lage ist wahrhaft explosiv. Volksaufstände scheinen in Mode gekommen zu sein. Im arabischen Raum hätten schon die Panzer gesprochen. Ich bin gespannt, wie wir dieses Problem gewaltlos lösen werden.
Keine der Parteien, kann die andere Seite langfrisitg mit wirtschaftlichen oder politischen Mitteln überzeugend in Schach halten. Es gibt ein erhebliches Ungleichgewicht, gepaart mit ethnischer und religöser Komponente. Zusätzlich noch ein immerfort glimmender Konflikt mit bekannten historischen Tatsachen.
„Ich bin gespannt, wie wir dieses Problem gewaltlos lösen werden.“ Gar nicht.
Es wird Gewalt geben, nur eine Frage der Zeit. Lediglich das Ausmaß lässt sich noch steuern, dies wiederum nicht mit den dort vorhandenen Kräftedispositiv.
Also mal zur Klarstellung:
Am 27.07. kommt es zur ersten großen Auseinandersetzung an der Grenze – mit Straßensperren in den darauf folgenden Tagen.
Dann dauert es bis zum 16.09. dass zwei Pionierpanzer in Pristina eintreffen (wohlgemerkt noch nicht am Einsatzort innerhalb des Kosovos).
Und nach geschlagenen zweieinhalb Monaten gibt es dann vielleicht noch zwei Wasserwerfer für die Truppen.
In Anbetracht, dass es bis jetzt noch keine Nachrichten von der Hubschrauber-Front gibt, wird eine Verstärkung in dieser Hinsicht wohl nicht vor 2012 erfolgen…
Läuft wie in Afghanistan ab. Die Deutschen sind nicht in der Lage, präventiv und für den Fall der Fälle schweres Gerät bereitzustellen. Es muss erst richtig krachen, bis geeignetes Material zur Verfügung gestellt wird.
Naja, mal sehen. Die aktuellen duetschen Kommandeure dort setzten ja erfolgreich auf Deeskalation, vielleicht gelingt es ja noch einmal, die Spannungen auf Verhandlungswege zu lösen – zumindest mittelfristig. Ich denke, diese Blockaden können ja auch nicht ewig gehalten werden. Die Zeit dürfte also auf deutscher Seite sein.
@MD. | 16. September 2011 – 16:57
Zitat: “ “Ich bin gespannt, wie wir dieses Problem gewaltlos lösen werden.” Gar nicht.
Es wird Gewalt geben, nur eine Frage der Zeit. Lediglich das Ausmaß lässt sich noch steuern, dies wiederum nicht mit den dort vorhandenen Kräftedispositiv.“
Die gewaltfeie Lösung von Aufständen fordern wir von anderen Staaten. Selbst bei bewaffneten Aufständischen. Nun haben wir Gelegenheit diesen zu zeigen wie es geht.
Ich glaube langsam, meine Zeit bei der OSZE von Januar bis 19.03.1999 war doch nicht so erfolgreich.
Merkwürdig, aber damit muss ich wohl leben.
Und uns haben sie gesagt dass wir erfolgreich waren, die Evakuierung damals war nur ein kleiner Einschnitt.
Das eingelagerte ORF-Material ohne Wasserwerfer – trotz CRC-Auftrag???
Sie Soldaten sind auch in der pers. Ausrüstung auf dem Stand von 10 Jahren (Mehler-Weste?!)
Aber bald wird es mit noch weniger ja noch viel besser..
Wenn man neues Gerät, also nicht nur den Prototypen, in die Truppe einführt, dann finde ich es in der Truppe im Inland besser aufgehoben, als in irgendeinen Depot im Ausland. Oder sollen die ganzen Fehler bei der Einführung von Material (keine Verfügbarkeit/Ausbildung im Inland, lediglich Kurzeinweisung im Ausland irgendwann nach Ankunft) beim WaWe wiederholt werden?