Die Deutschen machen nur Gefangene
Die öffentlich strittig diskutierte Äußerung der Bundeskanzlerin zum Tod von Osama bin Laden hatte eine Frage offen gelassen, auf die ich nach dem Statement von Angela Merkel hingewiesen hatte: Was gilt für die Deutschen – nur Festnahme oder auch Tötung?
Auch wenn die Regierungschefin bislang die Antwort schuldig blieb, für den Einsatz in Afghanistan hat sie Hans-Werner Fritz, bis vor drei Monaten ISAF-Regionalkommandeur Nord am Hindukusch, beantwortet. In Stadtallendorf, wo er jetzt wieder die Division Spezielle Operationen leitet, sagte er nach einem Agenturbericht:
Angesichts der Tötung des Terroristenführers Osama bin Laden bei einer US-Kommandoaktion verwies Fritz darauf, dass es in der von ihm geführten Division Spezielle Operationen ebenfalls Einsatzkräfte gebe, die besonders zur Aufspürung gesuchter Personen ausgebildet seien. «Der Unterschied bei unserer Division besteht darin, dass die Einsatzkräfte nur Gefangene nehmen.»
Zu Fritz‘ Division gehört übrigens auch das Kommando Spezialkräfte.
@Politikverdruss
„“Was deutsches Recht ist bestimmen die deutschen.” Ist das wirklich so? Denken Sie mal an die Vorgaben der EU!“
Da ist leider etwas dran. Das grundgesetzliche „alle Gewalt geht vom Volke aus“ ist defacto längst ausser Kraft gesetzt worden. Wo anders nennt man das Staatsstreich, bei uns nennt man das „europäische Integration“, und die ist ja laut Bundeskanzlerin „alternativlos“, weshalb Sie und ich (und unsere Kinder und Enkelkinder) zwar zahlen dürfen, aber ansonsten die Entscheidungen der EU demütig zur Kenntnis zu nehmen haben.
Bevor wir uns sonst wo verirren will ich noch kurz zum Thema meinen Senf geben.
Die ganze Diskussion um den Tod bin Ladens ist doch lächerlich.
Der Unterschied von Fritz‘ Division zu den US-Kräften besteht doch vor allem darin, dass Fritz überhaupt nicht in der Lage ist, eine solche Operation, wie die diskutierte, durchzuführen! Wenn man die Kräfte ans Objekt hätte bringen können, hätte man die eigenen Einsatzkräfte in höchste Gefahr begeben, wenn man eine „Ich will ihn lebend“-Parole ausgegeben hätte.
Ich kanns nicht mehr hören.
Als ob man sich bei einer solchen Operation noch irgendwas wünschen könnte. Die sollen mal alle ganz froh sein, dass überhaupt ein Zugriff gelungen ist.
Nur um den Punkt mal zu unterstreichen: Das was Fritz da erklärt ist völlig unseriös und (wenn ich das jetzt nich in den falschen Hals bekommen habe) deutet eine Arroganz an, die nur so durch die Decke schießt, welche aber bei vielen Deutschen in dieser Diskussion zu beobachten ist. Er war nicht da und ich wette, niemand hat ihm danach Details erzählt. Er hat garantiert nie mit einem beteiligten Operator gesprochen. Falls bin Laden ohne weiteres verhaftbar gewesen wäre, hätte man es bestimmt auch gemacht. Nur hatte man, wie es streng geheime Spezialoperation öfters mal mit sich bringen, nicht die Zeit, auf den Verhandlungsführer zu warten und bin Laden weich zu quatschen. Man hat also die einmalige Chance, den Feind Nr. Uno aus dem Spiel zu nehmen und möchte natürlich nicht riskieren, dass die Situation kompliziert und undynamisch wird und ein Operator verletzt oder getötet wird, zumal gerade ein Helikopter schrott gegangen ist.
Ergo: Wer sich darüber erregt, dass bin Laden von den pösen pösen Amis umgenietet wurde, anstatt in Plüschhandschellen ausgeführt zu werden, sollte sich mal ernsthafte Gedanken machen. Vor allem über sich selbst und seine Kompetenz.
Ende :)
@Delta
@Politikverdruss
““Was deutsches Recht ist bestimmen die Deutschen.” Ist das wirklich so? Denken Sie mal an die Vorgaben der EU!”
Na klar bestrimmen es die Deutschen, denn sie haben die Macht an das Parlament gegeben (dumm nur, dass niemand gefragt wurde ob er diese so will…aber auch das Thema ist hier nicht richtig.)
Aber wem es nicht paßt, kann sich ja auf demokratischem Weg wehren.
(Nach dem Motto: Trommeln wollen sie alle, aber keiner will die Trommel tragen!)
@Niklas
Ihr Senf ist auf dem falschen Thema gelandet!
Es geht hier nicht um OBL, den haben die Amis erledigt und somit ist er Geschichte!
Es geht um die Zukunft.
Die Frage ist nicht: Was hätten die Deutschen gemacht, sondern:
Was gilt (nicht was galt) für die Deutschen – nur Festnahme oder auch Tötung?
Auch wenn die Regierungschefin bislang die Antwort schuldig blieb…..
Da hilft auch kein Blick ins Völkerrecht! Denn den Handlungsspielraum, den dieses bietet, dürfen die Soldaten der Bw nicht ausschöpfen!
Dann mag ich wohl daneben gekleckert haben :)
Hatte zum Thema OBL noch nichts geschrieben. Von daher war das wohl mal eine Sammlung. Was wir Deutschen machen werden?
Stellt sich diese Frage überhaupt?? Kann man in einem militärischem Umfeld, bei schwer bewaffneten Gegnern, polizeiliche Maßstäbe ansetzen??
Wer das tut riskiert vor allem eigene Leben. Von daher handelt es sich doch bei den Verantwortlichen von Grund auf um ein Missverständnis. Was ist das Ziel solcher Operationen? Einen Spieler vom Feld zu nehmen oder Informationen zu erlangen?
Wenn es Antwort a ist, sollte man sich nicht auf Festnahmen versteifen, weil es sonst unnötig gefährlich wird.
Es kommt halt ganz drauf an. Wenn ich zielorientiert handeln möchte, dann sterben im Krieg nunmal Gegner ^^ Wenn ich glaube, Jesus Christus von Nazareth zu heißen, dann sollte ich mich am besten um die eigenen Schäfchen kümmern und die Hände von Spezialoperationen lassen. Deshalb stellt sich die Frage für Deutschland momentan nicht. Weil wir ja seit neuestem allesamt Nonnen sind.
@Niklas
„Wenn ich zielorientiert handeln möchte, dann sterben im Krieg nunmal Gegner“
Ziel in einem Krieg ist es nicht zu töten, sondern dem Gegner seinen Willen aufzwängen…..(Wurde schon einmal geschrieben)
Ziel der Bw ist die BRD zu Verteidigen um das Land sicher und friedlich zu halten. Sollte ein Land die BRD oder eines seiner Verbündeten angreifen, müss die Bw sich zur Wehr setzen. Terroristen zu bekämpfen ist nicht die Aufgabe der Bw. Dafür haben wir andere Kräfte und die arbeiten effektiver.
Die Angriffe auf das WT konnten nicht durch das Militär verhindert werden und das Militär verhindert auch nicht die Nachfolgenden. Wer sie verhindern will braucht eine gute BundPol und gute Geheimdienste.
Militär schafft keine Sicherheit vor Kriminellen/Terroristen, Eher ist das Gegenteil der Fall, siehe AFG/Irak/Russland/Palestina/Israel uvm.
Für erfolgreiche Terrorbekämpfung gibt es genügend Bsp und noch mehr Bücher. Keines der mir bekannten schlägt den Einsatz von herkömlichen Streitkräften vor. Hätte man dies zu Beginn des Konfliktes in AFG beherzigt, wäre uns viel erspart geblieben.
Vernetzte Sicherheit ist der Schlüssel zum Erfolg.
@Elhanan
„Militär schafft keine Sicherheit vor Kriminellen/Terroristen, Eher ist das Gegenteil der Fall, siehe AFG/Irak/Russland/Palestina/Israel uvm.“
Die Israelis haben v.a. durch militärisches Vorgehen die Zahl der Anschläge gegen sie im Vergleich zum Höhepunkte 2002 um ca. 95Prozent reduziert. Wenn das kein Erfolg ist, wie sieht Erfolg dann aus?
@ Delta und Elhanan
Ihr vergleicht gerade Äpfel mit Birnen und das wird den beteiligten Sicherheitsorganen nicht gerecht.
Grundsätzlich ist jedes Militär nach entsprechender Ausstattung in der Lage, auch Polizeigewalt auszuüben und Geheimdienstätigkeiten durchzuführen. Das ist aber schlicht eine Kostenfrage, ob der Tatortermittler auch noch sein soldatisches Handwerk auch noch beherrschen soll. In Deutschland zudem noch eine moralische bzw. historische Frage. Es bietes sich also durchaus an, die Sicherheitskräfte zu teilen, ihre Fähigkeiten an das ihr bestimmte Umfeld zu spezialisieren.
In den genannten Ländern von euch beiden ist das aber nur bedingt möglich, da der Kriminelle um die Ecke mit Panzerabwehrrakten und Mörsern sowie IEDs sich wehrt. Daher kann man dann entweder die Polizei aufrüsten, das Militär breiter aufstellen oder eine Mischung von beidem. Aber das alles kostet Geld, Willen und Durchhaltefähigkeit sowie die Beherzigung elementarer Grundsätze:
1. Haben ist besser als brauchen.
2. Reserven bilden ist Aufgabe aller Führungsebenen.
Das AFG gescheitert ist weil dort Militär war, das ist wirklich lächerlich. AFG ist gescheitert, weil u.a. gerade am Anfang zu wenig Militär in der Fläche war, man zu Karsei und Konsorten keine Alternative hatte (Stichpunkt Reserven) und man keinen Willen hatte, das Ganze wirklich zum Erfolg zu führen.
Und selbst wenn es das alles gegeben hätte, dann glaube ich doch, das man AFG in seinen derzeitigen Grenzen nicht dauerhaft heilen kann.
@Delta
„Die Israelis haben v.a. durch militärisches Vorgehen die Zahl der Anschläge gegen sie im Vergleich zum Höhepunkte 2002 um ca. 95Prozent reduziert. Wenn das kein Erfolg ist, wie sieht Erfolg dann aus?“
Das ist Ihre Schlußfolgerung ein Erfolg läßt sich aber erst am Ende eines Konfliktes absehen. Militärisches Vorgehen ist kurzfristig meist mit einem Erfolg verbunden siehe Syrien ob dies nachhaltig sein wird glaube ich nicht.
@Roman
„Grundsätzlich ist jedes Militär nach entsprechender Ausstattung in der Lage, auch Polizeigewalt auszuüben und Geheimdienstätigkeiten durchzuführen. Das ist aber schlicht eine Kostenfrage, ob der Tatortermittler auch noch sein soldatisches Handwerk auch noch beherrschen soll.“
Das ist immer so! Wenn sie genügend Zeit und Geld haben können sie aus jedem einem Grenadier einen Piloten machen oder aus einem Pionier einen Koch.
Es wird immer eine Frage der Ausstattung, Ausbildung sein was sie nicht geben können ist Erfahrung.
@Elahan
„ein Erfolg läßt sich aber erst am Ende eines Konfliktes absehen. Militärisches Vorgehen ist kurzfristig meist mit einem Erfolg verbunden siehe Syrien ob dies nachhaltig sein wird glaube ich nicht.“
Gemessen an utopischen Kriterien erscheint natürliches jegliches militärische Handeln, das in den Niederungen der Realität stattfindet, als unbefriedigend. Wo Sie gerade Syrien erwähnen: Gerade die Syrer haben früher demonstriert, wie „nachhaltiges“ militärisches Handeln aussieht, Stichwort Hama. In sofern mangelte es dem israelischen Vorgehen tatsächlich bislang an „Nachhaltigkeit“.
@Delta
Genau, wer in ein Land einmarschiert, aus welchen Gründen auch immer und mit utopischen Zielen den Einsatz begründet, muss sich nicht wundern, wenn er dann an diesen gemessen wird!
Man entzieht dem Terrorismus eben nicht die Grundlage indem man ihn nur militärisch bekämpft. Man muss ihm die Beweggründe, Ausbildungsmöglichkeit, Unterstützung und Mat-Versorgung entziehen.
@ Elhanan
Lieber Kamerad, sie werfen da etwas durcheinander.
„Ziel in einem Krieg ist es nicht zu töten, sondern dem Gegner seinen Willen aufzwängen…“
Ja, wenn wir im strategischen Rahmen denken. Hat aber nichts mit den dazu nunmal nötigen taktischen oder operativen Maßnahmen zu tun. Deshalb ist Krieg nunmal Krieg und keine Verhandlung. Um das Ziel der Willensbrechung oder -aufzwingung zu erreichen wird der Feind solange abgeschliffen, bis er nicht mehr kann.
„Dafür haben wir andere Kräfte und die arbeiten effektiver.“
Da sich der Feind in diesem Fall im Ausland befindet, ist es die Aufgabe der Bundeswehr sich um ihn zu kümmern. Niemand sonst.
Ich kann auch Romans Statement zur Ursache der zähen Situation in Afghanistan nur zustimmen. Momentan kämpfen wir gegen die dritte oder vierte Charge Taliban.
Hätte unsere Allianz die erste Garnitur komplett, schnell und eindrucksvoll vernichtet und wäre dann abgeduftet, hätte sich keine solche Situation ergeben.
„Das ist Ihre Schlußfolgerung ein Erfolg läßt sich aber erst am Ende eines Konfliktes absehen. Militärisches Vorgehen ist kurzfristig meist mit einem Erfolg verbunden siehe Syrien ob dies nachhaltig sein wird glaube ich nicht.“
Das treffende, später geäußerte, Stichwort bezüglich Syrien war Hama. Das hat nichts mit dem Zirkus von diesem Jahr zu tun. Damals hat die syrische Armee die großteils von Mitgliedern der Muslimbruderschaft bewohnte Stadt Hama vernichtet. Und zwar richtig. Kessel gebildet, Bombardement, Artilleriegewitter. Da sind, wenn ich jetzt nicht irre, bis zu 30.000 Leute draufgegangen, was bisland als Musterbeispiel der harten Tour der Aufstandsbekämpfung gilt. In Syrien war danach 30 Jahre lang totenstill. Keine islamistische Organisation hat seit dem mehr eine nenneswerte Struktur dort aufgebaut.
Letztenendes hat der Hausbesuch bei bin Laden aber weder etwas mit Hama zu tun oder mit den fortwährenden, defensiven Terrorabwehrmaßnahmen durch Polizei und Geheimdienst. Es geht darum, die Vorbereitungen terroristischer Aktivitäten (bitte nicht mit Kriminalität gleichsetzen) auch in anderen Ländern aktiv einzuschränken.
@Niklas
Dann sollte man aber fairerweise auch das andere Beispiel von van Crefeld nennen (was in AFG durchaus auch greifen könnte): Nordirland.
Er stellt meines Wissens nach das britische Durchhalten trotz Verlusten durch den/die Gegner ohne Gewaltexesse der britischen Kräfte (meines Wissens nach größtenteils Armee) als das Musterbeispiel der Konfliktbeendigung durch westliche Demokratien heraus.
Quasi ein, wir bleiben bis hier Ruhe eingekehrt ist und gehen erst dann wieder nach Hause zurück.
@ all
Bitte jetzt keine Haarspaltereien wegen der Formulierung Gewaltexess. Ich beziehe mich damit auf Aktionen wie in Hama.
@Niklas
Sie können gerne Ihre Meinung vertreten und die kann auch anders sein als meine aber werfen sie mir nicht vor, dass ich da etwas durcheinander werfe.
„Hat aber nichts mit den dazu nunmal nötigen taktischen oder operativen Maßnahmen zu tun“
Genau Recht ist nicht taktisch sondern strategisch. Es geht in hier nicht um die taktische Bewertung der Operation gegen OBL. Sondern es geht um die Frage: was gilt für die Deutschen – nur Festnahme oder auch Tötung? Die Antwort legt die Strategie fest.
„Deshalb ist Krieg nunmal Krieg und keine Verhandlung.“
Man kann die Dinge einfach sehen auch wenn sie kompliziert sind.
Ein Krieg besteht auch aus militärischen Handlungen mit Waffengewalt aber eben nur auch. Fast alle Militärischen Konflikte werden begleitet und enden mit Verhandlungen.
Wem egal ist wie hoch die Opfer auf beiden Seiten sind kann die alte Form der Konfliktbewältigung wählen. Ich bin aber der Meinung, dass die Art und Weise wie wir den Kalten Krieg überstanden haben eine besser Alternative für die Zukunft zeigte.
„Da sich der Feind in diesem Fall im Ausland befindet, ist es die Aufgabe der Bundeswehr sich um ihn zu kümmern. Niemand sonst.“
Auch das mag ihre Meinung sein, die Wirklichkeit ist aber anders. Im Krieg isind immer Politik, Wirtschaft, Bundespolizei o.ä. Geheimdienste, Vermittler, Organisationen, Diplomaten uvm eingebunden. Vernetzte Sicherheit ist die Möglichkeit mit geringen Mitteln langfristig Erfolge zu erziehlen und am Besten ist es wenn Konflikte sich erst garnicht zu Kriegen entwickel.
Aber so ist es in der Natur nicht der stärkste, überlebt sondern der fitteste!
Wenn jemad glaubt mit der kurzen Prozess Methode langfristig zu überleben der sollte sich die militärischen Möglichkeiten der Russen und Chinesen betrachten.
In Syrien werden wir nie eingreifen und wenn hunderte Terroristen aus diesem Land kämen.
„Letztenendes hat der Hausbesuch bei bin Laden aber weder etwas mit Hama zu tun oder mit den fortwährenden, defensiven Terrorabwehrmaßnahmen durch Polizei und Geheimdienst.“
Wie schon geschrieben, es geht nicht um OBL und was die USA. Aber gerade die USA setzt im Konflikt viel Personal und Material durch Firmen, CIA und anderer Organisationen ein.
„Es geht darum, die Vorbereitungen terroristischer Aktivitäten (bitte nicht mit Kriminalität gleichsetzen) auch in anderen Ländern aktiv einzuschränken.“
Auch das ist ihre Meinung und kein Fakt. Terroristen sind rein rechtlich Kriminelle (was sind sie sonst?) und die Anschläge wurden in Europa vorbereitet und geplant, bezahlt zumeist mit saudischem Geld. Wer Terroristen, die für und in der BRD gefährlich werden könnten ,bekämpfen möchte sollte den verantwortlichen Sicherheitskräften das erforderliche Personal und die Mittel geben. Die Sicherheit von Deutschland wird in Europa gewährleistet und gesichert.
Vielleicht interessant im Zusammenhang mit dieser Diskussion: Gerade neu erschienen.
http://www.humansecuritygateway.com/documents/SSI_TheMilitarysRoleinCo
unterterrorism_ExampleandImplicationsforLiberalDemocracies.pdf
Abstract : The author examines historical and contemporary examples of military involvement in counterterrorism, outlining the specific roles which the armed forces of liberal democracies have performed in combating terrorism, both in a domestic and international context. He describes the political, strategic, conceptual, diplomatic, and ethical problems that can arise when a state’s armed forces become engaged in counterterrorism, and argues that military power can only be employed as part of a coordinated counterterrorist strategy aimed at the containment and frustration—rather than the physical elimination—of the terrorist group(s) concerned.
@Orontes
Danke, ein guter Beitrag der die Diskussion eher weiter bringt!
„….that military power can only be employed as part of a coordinated counterterrorist strategy aimed at the containment and frustration—rather than the physical elimination—of the terrorist group(s) concerned“
@Elahan
Volllständige physische Vernichtung einer Organisation gab es in der Tat (soweit ich mich erinnere) nur beim „Schwarzen September“, und da hat nicht das Militär operiert, sondern ein Geheimdienst. Aber physische Vernichtung ist, wenn im Rahmen einer Politik betrieben, auf strategischer Ebene ja nur ein Mittel und nicht das Ziel. Man braucht in der Regel gar nicht alle Terroristen zu töten, um das Ziel zu erreichen, sie zur Einstellung oder Änderung ihres Handelns zu bewegen. Die Hamas ist ein gutes Beispiel: Diese stellte ich glaube 2004 Selbstmordattentate bis heute ein,nachdem die Israelis einige ihrer höchsten Führer getötet hatten. Ein klassisches Beispiel erfolgreicher militärischer Gewaltanwendung im clausewitzschen Sinne zur Durchsetzung des eigenen Willens.
Auf taktisch-operativer Ebene hingegen geht es durchaus um vollständige physische Vernichtung bestimmter Zellen, bei denen man möglichst alle Mitglieder töten oder gefangennehmen will.
Am Beispiel Afghanistans: Man wird nicht alle Taliban/HIGs/HQNs töten müssen um diesen den eigenen Willen aufzuzwingen, aber möglicherweise muss man sehr viele ihrer Zellen zerschlagen, damit ihre Führung ihre Strategie ändert.
@ Orontes
Ohne jetzt im Palästina-Konflikt wirklich ausreichend „drin“ zu sein, aber weil das Hamas-Beispiel schon ein paar mal kam:
Der Erfolg militärischer Gewaltanwendung darf dann doch bezweifelt werden, immerhin gelang es weder die Raketenangriffe, noch die Angriffe auf israelische Soldaten zu stoppen.
Umgekehrt wurden nach einem von Ägypten vermittelnden Waffenstillstand die Raketenangriffe von Juni bis Dezember 2008 weitgehend ausgesetzt. Danach kam dann der Gaza-Krieg – angeblich um Raketenbeschuss zu stoppen.
In meinen Augen zeigt der Gaza-Konflikt am ehesten, in welche Sackgasse man gerät wenn man sich allein auf militärische Mittel ohne eine politische Strategie verläßt.
Detail am Rande:
März diesen Jahres gab es wieder einen Anschlag auf einen Bus
@Orontes
„Auf taktisch-operativer Ebene hingegen geht es durchaus um vollständige physische Vernichtung bestimmter Zellen, bei denen man möglichst alle Mitglieder töten oder gefangennehmen will.“
Unstrittig! Die Frage ist nicht ob man Terroristen töten darf, sondern nach welchem Recht. Die Hamas ist eben kein gutes Beispiel, denn der Konflikt ist nicht zu ende und die Ursach warum gegen Israel Gewalt angewendet wird auch nicht.
Der Umgang mit Terroristen und die Inkaufnahme von Unbeteiligten Opfern spielt eine große Rolle in und vor allem nach einem Konflikt (Südafrika, Spanien, Argentinie, Deutschland uvm). Der rechtsstaatliche Umgang z.B. mit der RAF/SS hat zum Erfolg geführt. Es ist nun mal eine Frage des Glaubens ob es eine Rechtfertigung gibt ein Gesetz selektiv anzuwenden oder nicht. Ich glaube nicht das es erfolgversprechend sein kann Gesetze von Fall zu Fall anzupassen. Wer in der BRD einen Menschen tötet hat bei Notwehr das Recht auf seiner Seite! Wer einen Banküberfall mit Geiselnahme dadurch beendet, dass er die Bank in die Luft jagt hat, danach auch erst einmal Ruhe, nur das ist nicht mein Ansatz Konflikte zu lösen.
@J.R.
„Der Erfolg militärischer Gewaltanwendung darf dann doch bezweifelt werden, immerhin gelang es weder die Raketenangriffe, noch die Angriffe auf israelische Soldaten zu stoppen.“
Das ganze verläuft nach ungeschriebenen Regeln, nach denen die Hamas ein Minimum an Angriffen durchführen oder zulassen muss, um ihre Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren. Die Hamas ist dabei sehr vorsichtig die Grenze der israelischen Toleranz nicht zu überschreiten, außer sie befindet sich in einer Situation, in der sie aus verschiedenen Gründen auf eine militärische Reaktion Israels hofft, z.B. um interne Streitigkeiten dadurch zu lösen. In diesem Fall wird das eigene Vorgehen vorsichtig soweit eskaliert, dass es eine israelische Reaktion im erwarteten Umfang erzeugt wird. Meistens machen die Israelis wie geplant mit, und beide Seiten bekommen was sie wollen: Die Hamas kann glaubwürdig erklären, als einzige Bewegung den „Widerstand“ zu repräsentieren, während die Israelis behaupten können, „entschlossen den Terrorismus zu bekämpfen“.
Vor 2004 waren diese Regeln noch anders: Da setzte die Hamas (im Wettbewerb mit anderen Fraktionen) Gewalt mit wesentlich offensiveren Zielen ein, während die Israelis ihre Glaubwürdigkeit an den „Friedensprozess“ geknüpft hatten. Die israelische Leistung war es, die Regeln zu ändern, in dem man seinerseits wieder eskalierte, bis die Hamas nicht mehr weiter gegeneskalieren konnte und ihr nur stillschweigende Konzessionen übrig blieben.
Das gleiche würde auch gegenüber den momentan eher harmlosen Vorfällen funktionieren, wobei die Israelis dann das Problem verstärkten internationalen Drucks hätten, und das bei einer US-Regierung, die hier sensibler ist als ihre Vorgänger. Deshalb dulden die Israelis es. Der Anschlag auf den Bus im März bewegte sich auch noch im Rahmen des tolerablen: Kleiner Sprengsatz, kein Selbstmordattentäter etc.
Irgendwann wird eine Palästinenserfraktion sich wieder stark genug fühlen oder meinen, irgendwie von einer militärischen Konfrontation zu profitieren (z.B. weil sie eine anderen Fraktion schadet). Dann gibt es wieder extremere Anschläge, auf die die Israelis vermutlich wieder extremer reagieren werden und damit entweder (wie früher) Erfolg haben oder scheitern und es wie 2000 zu einer größeren Eskalation kommt, bis sich vorübergehend wieder die militärische Überlegenheit Israels durchsetzen wird, aber nicht so weit, dass die Gegenseite besiegt ist.
Die Ägypter werden künftig deutlich weniger kooperativ sein und als Partner den Israelis zur Verfügung stehen. Wahrscheinlicher ist es, dass sie das Thema „humanitäre Krise in Gaza“ bzw. „zionistische Besatzung“ wieder stärker aufgreifen werden, wenn man sich anschaut, welche politischen Kräfte in Ägypten an Einfluss gewinnen.
Der außenpolitische Druck auf Israel zur militärischen Zurückhaltung aus Europa steigt zudem in dem Maße, indem dortige Parteien Rücksicht auf migrantische Wählergruppen nahöstlichen Hintergrunds nehmen müssen und sich das politische Klima gleichzeitig weiter moralisiert.
Langfristig haben dann die Israelis u.a. aufgrund der demographischen Situation die schlechteren Karten. Die Araber wissen dass und werden schon deshalb weitermachen. Die Israelis wissen es auch, weshalb sie verzweifelt versuchen, Juden zur Einwanderung nach Israel zu bewegen, um sich noch etwas Zeit zu kaufen.
Irgendwann sind die staatstragenden Juden gegenüber Orthodoxen (kosten viel Geld und dienen nicht in der Armee) und israelischern Arabern (lehnen den Staat meist ab) in der Minderheit. Die Armee wird dann kaum noch finanziell und personell aufrechterhalten werden können, und die Wirtschaft leidet unter den Lasten der Versorgung der staatsablehnenden Gruppen. Dann kommt die große Stunde militanter Palästinenser: Anschläge werden dann die Situation in Israel so verschlechtern und die Sicherheitskräfte überfordern, dass (wie schon 2000 erhofft) die Juden, die es sich leisten können, verstärkt nach USA oder Europa auswandern. Die, die übrig bleiben, werden es immer schwerer haben und am Ende als Flüchtlinge in Europa Aufnahme finden oder als Minderheit in einem arabischen Palästina leben. Dann ist der Nahostkonflikt gelöst.
Nur meine persönliche geopolitische Meinung.
@ Orontes
„In meinen Augen zeigt der Gaza-Konflikt am ehesten, in welche Sackgasse man gerät wenn man sich allein auf militärische Mittel ohne eine politische Strategie verläßt.“
Wohl gab und gibt es nach wie vor bei den israelischen Autoriäten eine, jedoch häufig wechselnde Strategie, die jedoch nur sehr begrenzt erfolgreich waren und sind.
Die hinter den Strategien und ihr vorgelagerten Grundprobleme sind es meiner Einschätzung nach, die es bislang verunmöglicht machten, die Region zu befrieden. Der Einsatz militärischer Mittel wird immer dann in die Sachgasse führen, wenn a) wenig Aussicht auf Erfolg besteht und b) die Situation nach einem Einsatz (Intervention) schlechter ist als vor dem Einsatz (Intervention).
Wie es in Libyen ausgehen wird ist ebenso fraglich, weil nicht hinreichend klar ist, welche Kräfte eigentlich unterstützt werden. Was kommt nach einem Regimewechsel in Libyen?
Interessant: Jürgen Rose, (trug als Angestellter der Bw die Uniform eines OTL) und einer der führenden Kader des „Darmstädter Signals“, schreibt über die „Konzentrationslager“ Bagram und Guantanamo.
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16504&css=print
@ König /Orontes
Gute Analyse bzw. Vorausbetrachtung des Konflikts. Es täte gut, wenn immer so an ein Problem herangegangen wird, bevor man die Hunde von der Kette lässt.
Im Fall Israels denke ich jedoch, das eines Tages die IDF die Palestinensergebiete wieder besetzen und dann säubern wird. Sicherlich wird es hunderte tote Soldaten und tausende getötete Militante geben. Damit wird ein Flüchtlingsstrom ausgelöst, wie es ihn seit Jahren nicht gegeben hat, aber im in Anbetracht der Alternative wird der IDF kaum eine Wahl bleiben. Und in Zukunft wird es immer schwerer werden, sich die Arsenale von den USA befüllen zu lassen.
@Orontes,
vielen Dank für den Einblick in den „grauenhaften Artikel“ eines sehr zweifelhaften ehemaligen Offiziers der Bundeswehr, der selbst vom Wehrexperten der SPD, Herr Arnold, die Empfehlung erhielt, die Streitkräfte doch zu verlassen. Ein Offizier vom KSK war da schon etwas direkter und drohte:„Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.“ Den Schluss des „Artikels“ sollte man Herrn Broder zur Kenntnis geben, damit der sich für die „Sudelei“ wenigstens revanchieren kann.
@Politikverdruss
Zitat Kommandooffizier: „Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht.“ “
Leider sind es genau solche Reaktionen, die Rose provozieren will, so wie Günter Wallraff („IM Wagner“) noch zur Zeit seiner bis heute nicht abschließend aufgeklärten Ostkontakte nichts unversucht ließ, die Bundeswehr durch gezieltes Schadverhalten soweit zu provozieren, dass sie reagieren musste und er dann wieder Material für irgendwelche Faschismusvorwürfe hatte.
Rose könnte man als isoliertes Problem betrachten, wenn er seine Gruppierung „kritischer Soldaten“ nicht von den Medien regelmäßig breiten Raum eingeräumt bekämen und sich auch in scheinbar renommierten Kreisen größtenteils kritiklos darstellen könnten. Eine Gegenbewegung dazu ist leider nicht erkennbar.
Wenn aber in Deutschland tatsächlich eine solchen Tendenzen entgegenwirkende handlungsbereite „neue Generation von Offizieren“ gäbe, dann täte diese m.E. gut daran, nicht über jedes Stöckchen zu springen, das der Gegnen ihnen in kalter Berechnung hinhält.