Nachwuchswerbung? Bei solchen Briefen…
Oh weh. Jetzt hab‘ ich mal einen dieser Briefe in die Hand bekommen, die die Kreiswehrersatzämter in diesen Tagen an junge, einstmals wehrpflichtige Männer schicken. Bevor Sie Ihren weiteren Lebensweg nun ohne die Bundeswehr planen, sollten Sie weiterlesen! empfiehlt ihr freundliches Kreiswehrersatzamt. Und warum? Wegen Weiterbildung und Vielfalt der beruflichen Chancen in der Bundeswehr. Aha. Und Geld gibt’s dafür auch noch!
Das Wort Soldat kommt in diesem Brief nur in dem Zusammenhang ohne sich als Soldat auf Zeit verpflichten zu müssen vor. Dass dieser Laden, der so hübsch seine Zukunftsorientierung herausstellt, übrigens Soldaten sucht, wird ja in diesem Schreiben nicht so direkt erwähnt. Vielleicht sollten die das mal sagen? (Dafür erklären sie dem jungen Mann, dass er natürlich noch wehrpflichtig ist. Und nur nicht mehr kommen muss, aber jetzt ’ne Chance hat. Und diese coole Ansprache der Zielgruppe… die sich bestimmt freut, dass die Reform der Bundeswehr voranschreitet.)
Ja der Herr Krauskopf .. bis bald… Von so einem Jugendslang fühle sogar ich mich angesprochen. Ich wollte schon immer den 4. Bildungsweg beschreiten und dann mal Rechtsanwalt und später Bundeskanzler werden. Wenn das so einfach ist, werde ich mich wohl melden – Erfahrung aus dem ROTC Training in Quantico bringe ich auch mit.
Wer bislang dachte, die von einer externen Agentur erstellte Werbung sei schlecht, wird hier eines „besseren“ belehrt.
Zumal für denjenigen, der bisher von der Bw noch nicht viel Ahnung hat, es auch ein wenig verwirrend sein dürfte: Freiwillig bis zu 23 Monate dienen, ohne sich auf Zeit verpflichten zu müssen? Könnte ja meinen, man kann jederzeit aussteigen, wenn man keinen Bock mehr hat…statt gleich auf die Möglichkeit SaZ4 und aufwärts hinzuweisen (wo es auch mehr Geld gibt). Na ja…
Bettelbrief ist noch schmeichelhaft….
Göttergleich!
Und „Engagement“ is auch nich schlecht … leiste ich als BS auch ein Engagement, quasi wie im Theater? Bin ich gar vielleicht Schauspieler?
Und die mit mindestens Acht-Meilen-Stiefeln voranschreitende Reform erst … Herrlich.
Bis bald :)
(Volker Pispers sagt ja immer in seinem Kabarettprogramm „Bis neulich“ – so eine KWEA-Werbung kommt dem doch schon ordentlich nahe)
Wer sagt denn, dass der Inhalt des Textes so vom Kreiswehrersatzamt kommt? Vielleicht hat ja auch jemand anderes hier die Vorgaben erstellt, so dass ein kleines Amt in seiner „beschränkten“ Weißheit daran nicht mehr herangehen darf, zwecks eigenoptimierung?
Ich bin erst 17 und habe daher das Glück, diesem Spaßverein nicht mehr vollends verpflichtet zu sein – Aber so einen lustigen Brief habe ich trotzdem bekommen, nur die Personenkennziffer fehlte. Ich habe lang nicht mehr einen solch wehleidigen Text gelesen, ist ja aber kein Wunder, wenn denen das ganze potentielle Kanonenfutter wegläuft…
Das kann ja nicht klappen. Es fehlt ein wichtiger Anreiz:
„Wenn Sie innerhalb der nächsten 24 Stunden arufen, erhalten Sie DIESE selbstreinigende Butterbrotdose GRATIS dazu. Ebenso die CD „Besser Rasenmähen mit Rolf“…
Vielleicht bringt uns die Reform ja neue Stellen. Wehrdienstberatungsentertainer bei QVC. A11 besoldet. Und jeder kriegt ne blau getönte Brille!
@ pg
Jaja immer diese Besserwisserei. Klar beim Bund dienen nur Kerle, hin und wieder auch mit Röckchen. Ansonsten hat Man(n) in Quantico auch nix verloren.
Derweil sind wir froh, dass keiner hier so wirklich in das gesuchte Raster fällt oder sind hier Jobsuchende unterwegs???
Ich habe damals meinen Wehrdienst geleistet, weil ich mit Tarnschminke im Gesicht und Gewehr im Anschlag durch den Wald laufen wollte. Ich habs gemacht und ich hatte meinen Spaß dabei.
Wir Männer sind doch schon damals mit Spielzeugpistole rumgelaufen und haben Krieg gespielt, oder Kriegsfilme geguckt, oder Kriegspiele gespielt…
Einen Ansatz der diese niedrigen Instinkte von uns Jägern ansprechen würde, könnte erfolgreicher sein…
Ansprache hin oder her. Der Sold ist ein Witz. Wenn man anfangen würde anständig zu entlohnen, täte sich da vielleicht auch was. Trotz des schlimmen Behördensprech.
Die „Entlohnung“ bei der Bundeswehr ist-inklusive aller sonstigen „Dienstleistungen“-mehr als ausreichend.
Wenn der 18jährige Mannschaftssoldat, der bis dahin noch bei Mutti wohnte, nun mit 1500 Euro im Monat netto nicht seine schicke Eigentumswohnung, den 3er BMW und die superstereoanlage auf einmal abbezahlen kann, ist das kein Indiz dafür, das die Bundeswehr schlecht zahlt.
Für die „Leistungen“, die ein Soldat im Routine(Gammel)Dienst ableistet, reicht das allemal….
@huey
Sie haben Recht, die Bezahlung ist durchaus hoch und kann sich sicher auch im Vergleich sehen lassen.
Aber Routinedienst mit Gammeldienst in einem Wort zu nennen und die Arbeit der Soldaten, die diesen Routinedienst durchfuehren, mit Leistung in Anfuehrungszeichen zu umschreiben, passt vielleicht dann nicht mehr ganz.
Bis vor kurzem wurde die Arbeit der Wehrpflichtigen-vor allem im Bericht des Wehrbeauftragten-immer nur als „Zeit totschlagen“ oder „Gammeldienst“ umschrieben..
Wenn man nun weiterhin Menschen sucht, die ihre (mindestens weniger als) 24 Monate bei der Bundeswehr „totschlagen“ wollen, läuft es genau darauf hinaus.
Die Bundeswehr ist zum größten Teil nur mit einem beschäftigt: Mit sich selbst.
Man verwaltet und bürokratisiert sich zu tode-gerade darum BRAUCHT man ja auch so viele Soldaten, und gerade DARUM sind nur so wenige für Auslandseinsätze zur Verfügung-weil sonst der (selbst inszenierte) „Verwaltungskram „“zu Hause“ liegen bleiben würde..
In einer Armee rechnet man i.d.R. mit 8 Soldaten „in der Etappe“, damit 1 Soldat „an der Front“ seinen Dienst leisten kann.
Bei 10.000 Soldaten im Einsatz wären das also insgesamt 90.000 Soldaten….wie viele hatte die Bundeswehr noch mal?
Aber das war ja auch nicht das eigentliche Thema…
Menschen gehen nicht zur Bundeswehr, um „das große Geld“ zu verdienen.
Sicherlich-Soldaten sollen und müssen für ihren Dienst am Vaterland entsprechend entlohnt werden.
Allerdings sollte das Gehalt nicht der einzige oder hauptsächliche Grund für diesen Dienst sein..
Warum verpflichten sich junge Männer bei der Fremdenlegion?
Nicht wegen des Gehalts….das ist (gelinde gesagt) ein Witz…
Also muss es doch um etwas vollkommen anderes, nicht-monetäres gehen….aber das hat die Bundeswehr im 21. Jahrhundert immer noch nicht begriffen…..
OT
@huey
Ich weiss nicht, warum sich Maenner bei der Fremdenlegion bewerben – ich glaube auch, dass ein Vergleich zwischen Fremdenlegion und Bundeswehr und eine sich daran anschliessende Betrachtung der Probleme der Bundeswehr nicht unbedingt funktionieren.
Aber warum kann es in der Bundeswehr nicht Soldatinnen und Soldaten geben, die ganz simpel nur fuer gutes Geld arbeiten und doch beste Leistungen im Sinne des Auftrages zeigen?
Wie hasse ich es immer, wenn bei „Ich mache meinen Job“ der Vorgesetzte verstoert und erregt aufblickt, weil „Bund und Job“ geht natuerlich gar nicht? Warum nicht? Eine nachzuvollziehende Antwort habe ich bisher nicht erhalten. Wohlgemerkt, die Leistungen muessen stimmen!
Andererseits versucht die Bundeswehr doch durchaus, den Ehrendienst, den Dienst am Vaterland und fuer die Gesellschaft immer mehr zu betonen und in den Vordergrund zu ruecken. Wenigstens da hat der alte BM einiges bewegen koennen und es wird ja weiterhin bewegt.
Aber ein Problem bleibt: Die Bundeswehr kann immer wieder versuchen, sich in den Mittelpunkt der oeffentlichen Wahrnehmung zu platzieren. Nur auf die Anerkennung ihrer Arbeit durch die Gesellschaft muss dann gewartet werden in der Hoffnung, dass es diese Anerkennung ueberhaupt gibt. Die Bundeswehr ist also leider in einer eher passiven Rolle.
Ich denke, es kommt auf einen Mix in der Vermittlung zwischen Ehrendienst und guter Bezahlung an – der Brief vom KWEA aus Berlin Gruenau mixt da nicht wirklich gut und ist im Moment LEIDER eins von zu vielen schlechten Beispielen (neben anderen suboptimalen Veroeffentlichungen seitens der Bw-Nachwuchswerbung).
OT Ende
Just for the record (@ Sascha Stoltenow). Yup, der Brief ist schlecht. However, gegenüber dem, was noch vor einigen Wochen verschickt wurde, ist das eine Steigerung um 100%. Es geht also irgendwie aufwärts. Ich wette, das wird bei Govermedia bestimmt ein Workshopthema, oder?
Was ist eigentlich dieses Govermedia, von dem alle reden? (Bislang hat mich die AIK weder einer Einladung noch auch nur einer Pressemitteilung für würdig befunden…)
Ich höre ja, dass dieses Govermedia nicht sicher sein soll. Habe ich im Internet gelesen. Auf diesem „Twitter“
http://www.govermedia.de/index.php/startseite.html
Warum sollen wir eigentlich den Vaterlandsgedanken ansprechen, wenn die Bevölkerung sich nicht für ihre Streitkräfte interessiert?
Nur mal so einen Gedanken in den Raum geworfen…
Ich habe es schon mal geschrieben irgendwann…..
Im meinem Freundes-Bekanntenkreis will man nicht zur BW, ich spreche hier vom Mittelstand.
Gründe: Zu wenig Gehalt, zu weite und lange Lehrgänge, zuviel Bürokraten, zu weite Stationierung.
Das ist das Heufigste, was mir gesagt wird aus dem Freundeskreis. Jedenfalls bilden die sich lieber zivil weiter, sind bei Ihren Freunden / Familien und verdienen spätestens ab „Meister“ im freien Betrieb deutlich mehr als ich.
Kann ich gut nachvollziehen.
Als ich eintrat, da hatte ich nicht-monitäre Ziele und es war gut. Aber jetzt nach 6-7 Jahren im Verein, im Zuge von Versetzungen, von Familienplanungen etc., würde ich micht nicht mehr dafür entscheiden. Man „verliert“ einfach zuviel….und „Ehre“ ernährt keine Familie…
MkG
PS: Was ich klasse fände wäre: Wenn einer versetzt wird, steht man vor dem „Problem“, dass evtl. die Frau mitziehen möchte und es sehr schwierig ist, einen neuen Beruf für die Frau zu finden. Die BW müsste da mit unterstützen etc.
Und wie schauts mit den Kindern aus? Alles sehr schwierig.
@UmPp: Guter Beitrag. Sehr guter Beitrag. Wenn ich könnte, würde ich den re-tweeten. (Obwohl ich höre, dass dieses „Twitter“ nicht sicher sein soll.)
@UmPp
Danke für den Beitrag, ich denke er deckt einen Teil der Problem sehr schön ab. Ob und (meiner Meinung nach) das in vielen Bereichen bei der BW die Attraktivität bzw. der Anreiz sich zu verpflichten fehlt wurde hier im Blog des öfteren diskutiert.
Es fehlt (immer noch und wieder) eine Strategie, wie man „die richtigen“ anspricht. Ob das nun mit besonderen Leistungen ist, die mit der Privatwirtschaft konkurrieren können oder durch besondere Förderung, die in der Wirtschaft ungenutztes/weniger gefördertes Potential mancher Bewerber aktivieren. Und ich befürchte stark, es wird sich nichts ändern und man wird einfach mit diskussionswürdiger Werbung die Jugend und junge Erwachsenen beschallen ohne sie zu erreichen.
Dazu poste ich nur mal ein Video:
http://www.youtube.com/watch?v=BNsrK6P9QvI
Vielleicht sollte die Bundeswehr so agieren wie das ZDF.
http://gutjahr.biz/blog/2011/04/zdf-twitter/
@Wiegold
Gibt es denn jemanden, der einen Twitter-Bundeswehr-Account betreibt und ähnlich professionell arbeitet, wie die beiden Jungs aus dem genannten Beitrag?
Nur mal so zur Anregung die Seiten der US Army Standorte hier um die Ecke von Würzburg in Katterbach und Schweinfurt.
Nicht nur optisch schon Welten entfernt.
@ UmPp
Die bieten Ihren Soldaten quasi ein All-Inclusive Paket. Kindergärten, Schulen, Freizeitangebote, Jobvermittlungshilfe für die Frauen und Angehörigen, Wohnunterkünfte für alle(Offiziere wohnen generell außerhalb der Kaserne).
Ein OLt bekommt da mal eben locker bis zu 1500 € Mietkosten für seine kleine Penthouse Wohnung bezahlt.
http://www.ansbach.army.mil/sites/local/
http://www.schweinfurt.army.mil/
@Jugendoffizier
Es gab mal einen solchen Twitter-Account. Der wurde dann vom BMVg geschlossen.
(Geben Sie spaßeshalber mal ein:
http://twitter.com/bundeswehr
War der denn auch qualitativ ansprechend? Ich muss das irgendwie verpasst haben…
Es gibt auch Twitter-Accounts für die PRT’s von ISAF…
@ flosch: waren Sie mal in diesen Liegenschaften? US oder von mir aus auch weiter nördlich bei den Briten.
Mich hat es jeden morgen geschaudert, wenn ich mir meine Familie in einer Siedlung wie z.B. BERGEN-HOHNE hinter Sichtschutz und S-Draht vorgestellt habe. Von den „Panzersperren“ in VILSECK und Co. mal ganz zu schweigen.
Wohnungsfürsorge ist einer der richtigen Wege (wobei die Bundesdarlehenswohnungen ja fast alle ausgelaufen sind, voller Weitsicht mal wieder), Kindergartenplätze ebenfalls. Nur daß das alles nix bringt, wenn ein ehemals in der Fläche präsente Armee reduziert wird. Da können die Wohnungen noch so günstig sein, wenn man eh alle zwei Jahre versetzt wird und in diesen zwei Jahren noch vier bis sechs Monate im Container oder Zelt übernachten muss bleibt auf der Haben-Seite nicht viel übrig.
@ Thomsen
Kenne BERGEN-HOHNE und KATTERBACH.
Ich möchte das meiner Familie auch nicht zumuten. Mir ging es einfach um das Angebot und die Fürsorge und die spielt nunmal in einer anderen Liga.
Man muss natürlich dabei bedenken, dass bei denen aufgrund des Lebens auf der Base das ganze auch anders konzipiert sein muss. Hat in Hinblick auf die Einsätze meiner Meinung auch gewisse Vorteile wenn die Frauen der Soldaten zusammen an einem Standort sind, während die Männer im Einsatz sind. Das sind dann übrigens auch mal 12 Monate mit 2 Wochen Erholungsurlaub. Anders würde das bei denen mit der Dauer des Einsatzes und den Familien vermutlich auch nicht funktionieren.
Ich hatte kürzlich die Gelegenheit, mit meinen alten Kameraden aus der aktiven Zeit nach 7 Monaten KUNDUZ zu reden. Erstens fragen die sich, wie die Amis sowas sieben Monate aushalten (bitte schrei jetzt keiner auf „Das ist ja eine richtige Armee!“, etc., meine Leute wissen was sie zu tun hatten), zweitens treten wie nach jedem Einsatz die üblichen Kollateralschäden auf: Beziehunsgkrise da, Scheidung hier, wie immer also. Fehlt nur noch daß sich wieder einer bei einem Vekehrsunfall nach dem Einsatz den Schädel einrennt. Neu waren jetzt „lediglich“ drei Gefallene. Also ob der normale Zirkus nicht schon reicht. Um mal den Bogen zum Thema zu kriegen: man muss ja nicht damit werben, aber als Nachwuchsgewinnungspersonal sollte man Antworten auf Fragen in diese Richtung haben.
Bergen-Hohne sah immer wirklich ungemuetlich aus (auch wenn die Vorbeifahrt im Panzerturm bei minus 15 Grad auf der Ringstrasse Richtung Fischteische oder so auch nicht wirklich Besseres verhiess oder gemuetlicher war;-).
Allerdings kenne ich die amerikanischen zivilen Erkundungsteams, die Rahmenbedingungen fuer ihre Soldaten vor Ort eruieren – das ist mir so auf deutscher Seite mit der Intensitaet noch nicht untergekommen.
Solange die Bw z. B. Versetzungstermine nicht mit den unterschiedlichen Zeiten der Schulhalbjahre in den Bundeslaendern koordinieren kann (oder will!),
solange die Personalfuehrung die Frage nach Arbeitsmoeglichkeiten fuer die Partnerin sueffisant kontert mit: „Aehm, tja wissen Sie, aehm, aber Ihre Wohnung … da koennen Sie richtig grosse auswaehlen.“ – Raum Eggesin naemlich –
und solange mit viel Tamtam Kinderbetreuungszimmer zuallerallererst im BMVg (natuerlich) durch Parl. Sts eingerichtet werden und Familienbetreuung in der Flaeche nach wie vor eher vor sich hin duempelt und nicht vorankommt,
solange wiegt die wirklich nicht schlechte Bezahlung diese Nachteile tatsaechlich nicht auf.
Andererseits wird vermutlich der FWDL in seiner Dienstzeit nicht so haeufig versetzt werden, das gilt mehr ab SaZ aufwaerts – und das KWEA kann in seinem schlechten Lockbrief dann wirklich ganz profan mit Geld Nachwuchs zu werben versuchen.
Ich frage mich, wie soll die Gesellschaft unsere Soldaten im Einsatz unterstützen, wenn die Bundeswehr selbst das Thema so ausklammert. Hier scheint es einen grundsätzlichen Konflikt in der Organisation zu geben und das ist wieder schlecht für uns Soldaten.
Und um Thomsens Kommentar einmal aufzugreifen:
Wer „über den Tellerrand“ zu anderen Armeen hinüberschaut, sollte auch gänzlich hinüberschauen, und sich nicht nur die Rosinen rauspicken.
Stehzeiten im Auslandseinsatz von 12-15 Monaten (USA), Auslandsverwendungen von 2-3 Jahren (USA), usw….
Die Bundeswehr tut sehr viel für ihre Soldaten:
Umzugsbeihilfe, Mietkostenzuschuß, Maklerprovision, Übernahme evtl. „Doppelmietbelastungen“, Zuschüße für Babyausstattungen/Herdanschaffungen usw…
Wenn hier einige die Bundeswehr gerne als „Job“ sehen möchten-bitte sehr….
Jeder andere Job mit „Aussendienstmitarbeitern“ (Handelsvertreter, Fernfahrer, Köche) bietet weitaus „schlimmere“ Bedingungen für die Familie in Bezug auf „nicht-zuhause-sein“ und Arbeitszeiten, als die Bundeswehr-und das ohne finanzielle Vergütung von Überstunden, DZUZ, verbilligtes Kantinenessen usw…….
Außer monetären Lockrufen gibt es leider nicht viel. Die ZAW-Schiene und Ähnliches noch, richtig. Anderereseits, wenn jetzt irgendwann mal der Nachwuchswerber auch noch das erzählt (erzählen kann!!!) was tatsächlich auf Kandidaten zu kommt wäre schon viel geholfen. Wenn aber zu Werbezwecken lieber Leute auf solche Dienstposten „mit Außenwirkung“ gesetzt werden, die zwar der potentiellen Freiwilligenzielgruppe entsprechen (getreu dem Motto „Seht her, ich bin so wie ihr und bin auch bei dem Verein!“), jedoch keine Ahnung vom Alltag in der Truppe haben lassen sich solche Reibungspunkte nicht vermeiden. Ob das wieder ein zutätowierter FSchJg-StFw sein muss wie bei mir vor 15 Jahren… i woas ned. ;-)
Wer über die Nachwuchswerber der Bundeswehr berichtet, sollte nicht gleich alle über einen Kamm scheren, nur weil man selber vor ettlichen Jahren mit der Shanghai-Methode gefangen wurde.
Hier hat sich sehr viel getan und meine Kameraden im Büro nebenan machen einen sehr guten Job, der auch durch die Truppe vor Ort gelobt wird.
Der regelmäßige Austausch zwischen Truppe und Nachwuchswerbern wird hier gelebt und auch von der Truppe begrüßt.
@huey
„und das ohne finanzielle Vergütung von Überstunden, DZUZ, verbilligtes Kantinenessen usw…“
Ironietag vergessen ?
@ Jugendoffizier:
Ich verfüge halt über diverse Erfahrungswerte zum Thema Schnellentlassungen nach §55 SG aufgrund von persönlichen Eigenschaften der SaZ auf Probe, die mich manchmal sehr stark zweifeln ließen an der Auswahl.
Die „Standleitung“ zur SDBw bzw. der G1-Abteilung der Division war aus der Situation heraus geboren.
„Der durch die Truppe vor Ort bestätigt wurde…“ – dann sind sie anscheinend an einer der wenigen Stellen die, die das von sich behaupten kann.
Ich als Angehöriger dieser „Truppe“ war überwiegend entsetzt, was man mir als SaZ in die Kp geschickt hat und vor allem WIE, bzw. mit welchen Argumenten, die Damen und Herren shanghait wurden! Von wegen früher, das war 2010! „Blabla, machen sie erstmal SaZ 4, dann können sie immer noch Fw werden, blabla“ war noch der harmloseste Spruch des Werbers. Historisch gesehen könnten wir auch gleich wieder Soldatenklau spielen und / oder die „Bewerber“ sofort in der Disco nebenan abschleppen. Dann müssen sie sich wenigstens nicht pseudymäßig im ZNWG melden…
Standleitung zur SDBw und G1 / RB im Kdo war auch für mich Pflicht und leider Alltag.
@Voodoo
Anhand meines Pseudonyms und meiner getätigten Aussage lässt sich leicht erkennen, dass ich diese Behauptung für meine Tätigkeit nicht treffen kann, da ich in einem anderen Bereich nach aussen hin tätig bin.
Und wenn Ihre persönliche Frustation derart hoch über die Nachwuchswerbung in Ihrem Bereich war, haben Sie ja auch sicherlich das persönliche Gespräch gesucht oder?
Bei meinen Kollegen nebenan wird es jedenfalls gepflegt – besonders in die Truppe hinein.
Die Frage ist doch-wie kann die Bundeswehr (qualifizierten) Nachwuchs gewinnen?
Mehr Geld?
Sehe ich als Steuerzahler nicht ein-nicht, solange hunderttausende und Millionen von Euro (nicht nur, aber auch) bei der Bundeswehr „verpulvert“ werden..
Mehr Qualifikationen?
Andere Verpflichtungssysteme?
Ich denke, vor allem mehr TRANSPARENZ würde der Bundeswehr helfen.
Zeigen, das es eben nicht (nur) auf den „Kämpfer“, sondern auch auf die Soldaten in den Hintergrundverwendungen (Kfz-Instandsetzung-wo es eine solche noch gibt, Personalführung, Nachschub und Logistik, Küche etc.) ankommt…..
Tage der offenen Tür, die diesen Namen auch verdienen.
Mitflüge in militärischen Luftfahrzeugen im Rahmen solcher Veranstaltungen, Panzerfahren auf dem Übungsgelände anstatt „statische Waffenschau-aber nur anfassen, wenn sie über 18 sind!“…….
In manchen Gemeinden stellt die Truppe vor Ort regelmässig Abordnungen zu bestimmten Anlässen, und auch die Soldaten sind fest integriert.
Es ist interessant zu sehen, das aus diesen Gemeinden (scheinbar) mehr Bewerber FÜR die Bundeswehr zu finden sind, als an Standorten, wo die Bundeswehr sich abkapselt, (und ihren Soldaten u.a. verbietet, in Uniform die Kaserne zu verlassen)…
Aus eigener Erfahrung kann ich aber zu dem vorletzten Punkt (Akzeptanz in der Gesellschaft u. Bewerber) sagen daß sich das spätestens mit dem Auftreten von Zinksärgen erstmal erledigt hat. Da konnten wir im Vorfeld noch so deutlich von der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit von Ausfällen sprechen, das will keiner hören.
Auch dieser Brief schreit potentielle Bewerber wieder an: „Werde Teil einer Verwaltungsreform!“ Na toll. Und die Abschlußfloskel „Bis bald!“ ist derart hanebüchen, dass ich mich an die Zeit erinnern muss, als Rekruten nach ihrer Grundausbildung im Zentrum Operative Information in meiner Einheit aufschlugen: „Ja hallo, ich bin der Frank, ich bin der Andreas, und ich bin der Markus.“ – „Ja. Hallo! Und ich bin Hauptmann Stoltenow und wir sind hier beim Militär, Gefreiter A,B,C.“
@ Jugendoffizier
Das habe ich selbstverständlich. Mehrmals sogar, danach dann in Verbindung mit meiner übergeordneten Führung – Erfolg: Nein. Tenor: Wir wissen nicht, was sie wollen, wir machen alles richtig. Oder: Wir haben ihnen schon die besten geschickt.
Wir haben letzten Sommer prophezeit, das der Karren bald vor die Wand fährt, nämlich dann, wenn ein(e) Bewerber(in) sich mal beim Wehrbeauftragten erkundigt, warum ihr vor der Einstellung so dreist ins Gesicht gelogen wurde. Und tadaa – es ist soweit. Nur jetzt rotieren andere Stelle weit über den betroffenen und der Inspizient für Nachwuchsgewinnung hätte gerne mal vorgetragen. Edit: Was der ganze Vorgang im Zeitalter sozialer Netzwerke für die Außendarstellung und Nachwuchsgewinnung an sich bedeutet, muss ich ja wohl niemandem erklären, oder?
Die einzige Stelle, von der ich sagen würde, das sie unverändert gut arbeitet, ist die OPZ. Da liegt es dann eher am Bewerber, wenn man mal eine faule Frucht erwischt.
@huey. Das ist tatsächlich die Frage : WIE zum Donnerwetter nochmals.
Mit Verwaltung allein geht das nicht, aber doch für Teile, denn das muss auch gemacht werden. Ich bin in einem sehr spezialisierten Bereich, der IT. Früher belächelt, mittlerweile überall dabei, auch vorne dabei. Wir müssen immer noch den Abenteurer, Hacker, Selbstverliebten, Sportler, Ich-versuch-mal-was-und-mach-mal-ein-paar-Jahre-beim-Bund, Intellektuellen, Macher etc. ansprechen und das ist eben vielschichtig.
Dabei ist die Sprache kernig, wir können in unübersichtlichen Lagen bestehen, improvisieren. Für einen adequate Werbung müssen wir es schaffen Emotionen aufzurufen, Patriotismus scheint ja auszufallen. Und die Einsatzrealität ist eine davon. Was die Familie angeht, da kann ich ein Lied davon singen, muss noch sehr viel passieren. Aber solange nur eine Verwaltungsreform beworben wird, wird das was angeboten ist, ausreichen (ich lache). Soldat sein heißt sich schmutzig machen und den Karren aus dem Dreck holen, solange das aber nicht vorgelebt wird – Fehlanzeige. Leider gehen gesellschaftliche Mindeststandards für einen gute Werbung der Streitkräfte schon baden in einem Land wo die Weichheit Mode ist und alles andere zerredet wird.
@Herr Stoltenow: Wie ironisch. Meine Situation war genau andersrum.
@Nico: Diese Erfahrung kann ich wiederum auch teilen. Ich bin ja als Fallschirmjäger nach Andernach gekommen, was den ein oder anderen verwirrte. Als ich das beobachtet Verhalten als „Radio Hand am Sack“ beschrieb, meinte ich eine erste Entfremdung („Instant Dislike“) zu verspüren ;-) Die Rache kam dann subtil (für OpInfo-Verhältnisse), „nein, es besteht keine militärische Notwendigkeit, dass Sie Ihren Springerschein erhalten.“ (Warum bspw. die Sprungausbildung heute im Zusammenhang mit EKT ein Thema ist, zeigt, wie grundverschieden unsere Vorstellungen waren.
@huey
Über die Zuschüsse für Babybklidung, Ersteinrichtung der Wohnung etc. kann ich nur lachen. Das ist abgeschafft worden. Ist ja nur für Familien wichtig.
Mir fällt auf, dass die Erwartungshaltung an die Institution Bundeswehr sehr hoch zu sein scheint. Man scheint ein Kosten-Nutzen-Gleichgewicht zu erwarten wenn nicht sogar zu fordern. Opfer, wie Wochenendbeziehungen, abgelegene Standorte, zu geringe Entlohnung scheinen höhere Wichtung zu erhalten, als der Glaube an Berufung für gewisse „Berufszweige“ (Soldat, Lehrer, Arzt, Eltern,….). Die Realisierung einer Berufung bedeutet auch, dass 100% das Maximum sind und man nicht für jeden Lebensbereich 100% geben kann. Nur eben in der Summe. Prioritäten sollten dann auch gelebt werden.
Der Verlust der Ideale und der Motivation bei den Aktiven und Ehemaligen scheint zum einen begründet in der Virulenz des Klagens und Jammerns und in den leider zu vielen Beispielen durchschnittlicher Vorgesetzter, denen meist auch wieder nur durchschnittliche zukünftige Vorgesetzte folgen werden .
Bezüglich der Nachwuchsgewinnung sollte die Werbung gezielt auf die Menschen ausgerichtet sein, die sich mit dem Ideal „Soldat“ identifizieren können und wollen und den Leistungsanspruch auch erfüllen können.